Pflege und Handling des Rucksacks
Die richtige Pflege eines Tourenrucksacks beeinflusst die Lebensdauer positiv. So empfehlen die Experten, den Rucksack, wenn er mit körnigem Dreck oder Sand in Berührung kommt oder beispielsweise ein zuckerhaltiges Getränk oder Proviant ausgelaufen ist, zu waschen. Wichtig: Mit etwas Seife und lauwarmem Wasser in einer Wanne und nicht in der Waschmaschine. Am wichtigsten sieht Jakob Zumbühl die trockene Lagerung. Deshalb ist es besonders relevant, dass der Rucksack nach einer Reinigung komplett austrocknen kann, bevor er wieder eingelagert wird. "Umstülpen, in die Sonne stellen, um Bakterien abzutöten und nicht im feuchten Keller lagern – sondern unbedingt trocken. Die PU-Beschichtung ist oft das Erste, was kaputt geht, wenn der Rucksack feucht wird oder bleibt." Ein Materialcheck vor langen Touren? Was man vor einer langen Wanderung oder vor einer Nutzung nach vielen Jahren im Keller tun kann:
"Vor einer langen Tour würde ich mir die Ansatzpunkte oben an den Schulterträgern und unten am Packsack ansehen. Die Träger gehören zu den wichtigsten Komponenten und lassen sich von Hand kaum nähen. Es sind einfach zu viele Stofflagen und Webbings, dort kommst du von Hand nicht durch – alles andere kannst du mit Nadel und starkem Faden unterwegs reparieren", sagt Jakob Zumbühl.

Jakob Zumbühl ist Produktmanager Backpack bei EXPED.
Löcher und Risse – wie helfe ich mir selbst unterwegs?
"Wenn ich ein paar Tage unterwegs bin, habe ich immer etwas Tape und Schnur dabei. Rund um den Reißverschluss gibt es bei unseren Rucksäcken immer kleine Schlaufen, damit du den Rucksack unterwegs behelfsmäßig zusammenhalten und mit einer Schnur schließen kannst. Ich habe auch ein kleines Näh-Set mit Nadel und einem starken Faden dabei." Wer auf Reisen keinen starken Faden zu kaufen findet, kann sich mit Zahnseide behelfen. Das sieht dann nicht ganz so schön aus, aber es hält auf jeden Fall.
Wer weiß, wie man die Hartteile aus einer Rucksackhülle entfernen kann – das ist nicht komplizierter, als einen defekten Fahrradschlauch zu ersetzen – der wird es auch schaffen, kleinere Rucksackreparaturen vorzunehmen. Im besten Fall nutzt man dafür aber eine robuste Nähmaschine und arbeitet mit einem Klebe-Patch oder Aufnäher. Diese befestigt man am besten von innen, wenn die Stelle zugänglich ist. Mehr als zwei Lagen Nylon-Bänder, das sind zum Beispiel die Webbings, an denen ein Schulterträger angenäht ist, können mit normalen Maschinen allerdings selten repariert werden. Da hilft oft nur eine starke Handnadel und eine kleine Zange um die Nadel auf der Rückseite herauszuziehen – so wird das Nähen dann oft zu einer schweißtreibenden Handarbeit. "Und trotzdem erfüllt es einen mit Stolz, wenn man so eigenhändig seinen liebgewonnenen Rucksack wieder herrichten kann", weiß Jakob Zumbühl.
Bei wasserdichten Rucksäcken braucht man eine Hitzepresse oder ein Bügeleisen. "Mit einem Bügeleisen kann man selbst einen Patch reinbügeln – unsere Werkstatt macht das aber schöner und besser. Sie hat dabei auch die Verarbeitungs-Temperatur für jedes Material unter Kontrolle. Zuhause mit dem Bügeleisen kann es schnell passieren, dass es zu heiss ist und den Stoff beschädigt. Oder das Bügeleisen ist etwas zu kalt eingestellt und man bekommt nur eine schwache Verbindung hin. Unsere Werkstätten machen die Ausbesserungen meistens in der richtigen Farbe und nutzen für das Rucksack-Innere und bei weiß beschichteten PU-Laminierung das entsprechende Material – das sieht dann gleichmäßig aus", erklärt Jakob Zumbühl.
Reparierbarkeit startet im Designprozess
"Reparierbarkeit ist wichtig, aber unser erstes Ziel ist nicht die Reparierbarkeit, sondern ein langlebiges und robustes Produkt zu entwickeln, das gar nicht erst repariert werden muss. Wir schauen bereits in der Entwicklung, also bei der Konstruktion und der Verwendung der Materialien, dass unsere Rucksäcke gut reparierbar sind. Meistens geht der Reißverschluss als Erstes kaputt. Wir konstruieren den Reissverschluss so, dass er gut auswechselbar ist – es braucht etwas mehr Stoff am Ansatz, um den Austausch zu erleichtern. Generell versuchen wir bei einfacheren Modellen so zu nähen, dass auch der Händler später reparieren kann und der Rucksack für eine Reparatur nicht verschickt werden muss.

Egal ob im Handel, bei einer Schneiderin, einem Schneider oder gar zu Hause: Wichtig ist, dass man alle Hartteile, den Rahmen, sowie harte Schaumstoffe, die den Rahmen verstärken, komplett herausnehmen kann – denn erst dann kommt man mit der Nähmaschine oder einer Hitzepresse, die getapte Nähte repariert, an defekte Stellen.
Bei den Alpinrucksäcken sind wir schon weit mit der Ersatzteil-Kollektion und bieten Verschleißteile wie Riemen und Schnallen für ältere wie aktuelle Modelle an. Dafür ist es besser, über lange Zeiträume möglichst ähnliche Teile zu verbauen. Wir versuchen beispielsweise den gleichen Steck-Schnallen-Typ möglichst oft einzusetzen und arbeiten vor allem im Bereich der Day- und Reisepacks und bei Wanderrucksäcken mit intern standardisierten Steckschnallen."
"Innovation stoppt nie, daher ist es gar nicht so einfach, die gleichen Bauteile über sehr lange Zeit einzusetzen. Eine kluge Entscheidung war von Anfang an, bei unseren Alpinpacks die Alu-Hooks einzusetzen, die wir selbst entwickelt haben. Sie kosten zwar sechs- bis zehnmal mehr als gängige Steckschnallen, aber sie gehen sehr selten kaputt. In manchen Bereichen müssen wir mit dem Mitbewerber preislich mithalten und können uns daher nicht jeden Traum erfüllen, da kommen dann auch gängige Steckschnallen zum Einsatz."
Während der Entwicklung sei es essenziell, im engen Austausch mit den Fertigungsstätten und den Reparatur-Stationen zu bleiben, um Reparaturen zu vermeiden, so Zumbühl. Einerseits müssten die Ergebnisse der Reparaturreports in die Überarbeitung der Rucksäcke einfließen, andererseits schauen sich die Entwickler:innen spätestens den zweiten Prototypen gemeinsam mit dem Werkstatt-Reparaturteam an. "Wir schauen uns gezielt Schwachstellen an und versuchen gleichzeitig, einen guten Kompromiss hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit und wichtigen Features herzustellen. Bei Schwachstellen verbessern wir die Konstruktion oder arbeiten mit besonders hochwertigen Materialien oder Fertigungstechniken".

„Ich staune immer wieder, was unser Reparaturzentrum in Zürich schafft, so Zumbühl. In den beiden Servicestellen in der Schweiz und in Deutschland werden jährlich rund 250 Rucksäcke repariert.
Wenn doch repariert werden muss
"Grundsätzlich sind Reparaturen bei Rucksäcken eher defizitär. Wir machen es trotzdem", so Zumbühl. Oft kommen stark gebrauchte, defekte Rucksäcke in die EXPED Reparatur-Werkstatt. Sie erzählen viele Geschichten von erlebten Abenteuern und sind lieb gewordene Lastenesel, die nicht einfach so ersetzt werden möchten. Diese werden dann oft trotz längst abgelaufener Garantie zu einem vereinbarten Kostenvoranschlag repariert, weil es der Kunde schlichtweg nicht übers Herz bringt, ihn zu ersetzen. Das sei natürlich die nachhaltigste Bindung zu einem Produkt, so Zumbühl.

Rucksäcke erzählen Geschichten: Der Icefall 50 von Roger Schäli hat offensichtlich so manche Abenteuer erlebt und war mit dem Schweizer Alpinisten schon an den Grandes Jorasses, am El Capitan, in Patagonien, in der Cassin Route am Badile und am Piz Palü sowie auf vielen weiteren extremen Klettertouren.
Am Hauptsitz in Zürich, in Deutschland und den USA unterhält EXPED eigene Reparaturwerkstätten, in denen ein professionelles Team defekte Produkte instand setzt, Ersatzteile anbietet und als Anlaufstelle für Reparaturanfragen arbeitet. In den anderen 40 Ländern arbeitet der Ausrüster mit autorisierten Distributoren zusammen, die Reparaturen und Serviceanfragen übernehmen.