Bouldertraining mit Japans Teamcoach

Bouldertraining
Bouldertraining mit Japans Teamcoach

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Zuletzt aktualisiert am 12.06.2024
Japanisches Nationalteam Trainingslager Gaswerk Wädenswil
Foto: Vladek Zumr

Wie man beim Bouldern die richtigen Bewegungen lernt

Bouldern ist in Japan noch beliebter als bei uns in Deutschland, es gibt eine große Szene und damit eine gesunde Konkurrenz. Dazu trainiert das japanische Nationalteam hauptsächlich an der Wand und weniger isoliert im Kraftraum. Beim Bewegungsgefühl und der Bewegungsqualität ist das japanische Team top. Ihre gute Beweglichkeit ist dabei sicher von Vorteil. In Japan gehört Dehnen zum Kletteralltag einfach dazu. Außerdem gibt es einen Mentalitätsunterschied: In Deutschland ringt man einen Boulder irgendwie nieder, dann ist er abgehakt. Die Japaner versuchen, einen Boulder schön und effizient zu klettern und probieren so lange, bis ihnen das gelingt. Erst dadurch lernst du, dich gut zu bewegen.

Japanisches Nationalteam Trainingslager Gaswerk Wädenswil
Vladek Zumr

Beim Bouldern den Fokus auf den Lernprozess, nicht auf schnellen Erfolg legen

Es gibt einige Dinge, die man sich in Japan abgucken kann. Vor allem in Sachen saubere Bewegungen. Es geht nicht nur darum, einen großen Motor zu haben, man muss auch fahren können. Deshalb steht gute Technik und effizienter Kletterstil an erster Stelle. Und das lernt man in erster Linie an der Wand, an schweren Bouldern. Dabei sollte man nicht hauptsächlich den Wert auf den Durchstieg legen, sondern darauf, was man an einem Boulder gelernt hat.
Bei uns in Deutschland geht es oft darum, Erfolg zu haben und Boulder schnell hochzukommen – fast egal wie. In Japan ist das Hauptziel, besser zu werden. Entsprechend mehr wird an Schwächen gearbeitet und an Bewegungen gefeilt. Wenn es schlecht läuft, heißt es bei uns schnell: die Bedingungen, der Routenbau oder irgendwas anderes Externes hat Schuld. In Japan sucht man eher bei sich, und fragt zuerst: Wie kann ich besser werden und meine Schwächen bearbeiten? Was ist meine Lektion daraus?

Japanisches Nationalteam Trainingslager Gaswerk Wädenswil
Vladek Zumr

Beweglichkeit ist beim Bouldern unabdingbar

Was in Deutschland auch gern vernachlässigt wird, ist gründliches Warmup und Beweglichkeit. Das kann man belächeln, aber es hilft erstens, den Bewegungsradius zu vergrößern und effizienter zu klettern, und zweitens ist es aktive Verletzungsprävention. Akiyo Noguchi war 15 Jahre an der Weltspitze und kein einziges Mal verletzt. Aber sie hat ein extrem gründliches Warmup durchgeführt und dadurch ihr Nervensystem auf alles vorbereitet. Denn wenn wir nicht gewöhnt sind, extreme, endgradige Gelenkpositionen zu kontrollieren, steigt die Verletzungsgefahr.

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IFSC Eddie Fowke

Je schwieriger die Boulder, desto kleiner sind die Bereiche, in denen man sich stabil und kraftsparend bewegen kann. Da kann Beweglichkeit in Schulter und Hüfte wahre Wunder bewirken.
Beim Bouldern lohnt sich auch, den Fokus darauf zu legen, nicht von Griff zu Griff, sondern von einer Körperposition zur nächsten zu klettern. Das erfordert ein großes Bewegungsrepertoire, Entscheidungsfreudigkeit und Gespür. Das lässt sich auf vielfältige Weise üben und trainieren. Das japanische Team macht viel ohne Hände: Laufstarts in geneigte Wände oder Plattenschleichen ohne Griffe, das schult die Koordination und Effizienz beim Klettern.

Kraft, Technik und Mentales müssen trainiert werden

Um mental besser zu werden, die Onsightkompetenz und Stressresistenz zu stärken, bieten sich Flashgames (s. letzte Übung in der Fotostrecke) an. Aber letztlich geht es natürlich darum, dass man schaut, Fahrtechnik, Steuerung und Motor (also Kraft) im Zusammenspiel zu entwickeln.

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IFSC Eddie Fowke

12 Übungen: Bouldertraining aus Japan

Reflexive Balance

Im modernen Bouldern zwingend, aber auch fürs reguläre Klettern eine wichtige Fähigkeit: Zügig und präzise eine Position zu stabilisieren, notfalls auch ohne Griff. No-Hand-Training hilft, das Gewicht optimal auf die Füße zu bringen.

Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz

Präzision und Effizienz

Projektieren und schwere Bewegungen verbessern unsere Fähigkeiten, besonders wenn wir alles richtig machen müssen, um die Züge zu schaffen.

Japanisches Nationalteam Trainingslager Gaswerk Wädenswil
Vladek Zumr

Propriozeption

... beschreibt Wahrnehmung und Kontrolle von Körper und Gliedmaßen im Raum sowie dem Empfinden für Spannung, Kraft und Geschwindigkeit. Ihr Training verbessert die koordinativen Fähigkeiten.

Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz

Beweglichkeit in Schulter & Hüfte

Je weniger Griffe und Tritte verfügbar sind, desto wichtiger wird Mobilität, um hoch anzutreten und effiziente Positionen einnehmen zu können.

Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz

Reise durch die Halle & Flashgame

Mentale Stärke sowie unter Druck sauber zu klettern, lässt sich mit diesen Übungen trainieren. Auch fürs Felsklettern ist es hilfreich, die Nervosität kontrollieren zu können und vielfältige Fähigkeiten im Repertoire zu haben.

Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz
Bouldertraining mit Benny Hartmann, Trainer des japanischen Nationalteams
Christian Seitz

Der Autor: Benjamin "Benny" Hartmann (40)

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Vladek Zumr