Was haben eine Nussmischung und ein Lawinenrucksack gemeinsam? Den "Paranuss-Effekt", auch Inverse Segregation genannt: Schüttelt man einen Nussmix, treiben die großen (Para-)Nüsse obenauf, die kleinen Erdnüsse sinken nach unten. Prinzipiell das gleiche bezweckt das im Rucksack steckende Airbag-System, es vergrößert den Skifahrer quasi zur Paranuss. Statt in den Schneemassen zu versinken, bleibt er an der Oberfläche, was seine Überlebenschance maßgeblich erhöht.
Ausgelöst wird der Volumenzuwachs durch einen kräftigen Zug am Schultergurtgriff. So gezündet, füllen entweder eine Gasdruckkartusche aus Karbon (seltener: Stahl) oder ein elektronisches Hochleistungsgebläse einen oder zwei im Rucksack versteckte Ballone blitzschnell mit Luft. Den bei der Turbinenfraktion nötigen Strom liefern ein Akku oder ein Kondensator.
Preis versus Innovation
Steht der Preis beim Kauf an erster Stelle, führt kein Weg an den Kartuschenmodellen vorbei. Sie sind heute schon ab rund 850 Euro (inklusive Patrone) zu haben, etwa von Mammut, Arva, BCA und Ortovox. Die Patrone muss allerdings nach jeder Zündung durch eine frische ersetzt oder wiederbefüllt werden, wofür je nach Anbieter 35 bis 175 Euro anfallen. Bei den von Marken wie Black Diamond, Scott, Arc’teryx und Ortovox angebotenen Turbinenmodellen fängt der Spaß hingegen erst bei 1150 Euro an (siehe Ortovox-Beispiel im Video).
Dennoch geht der Trend mehr und mehr in Richtung dieser elektronischen Systeme. Nicht nur, weil die jüngste Generation mit der Gasdruckkonkurrenz in puncto Gewicht mittlerweile etwa gleichauf liegt – beide Systeme erhöhen das Rucksackgewicht nur um gut ein Kilogramm –, sondern auch, weil sie mit wichtigen Sicherheits-Features locken. Allen voran Mehrfachauslösungen: Die Ballone der Düsenvertreter lassen sich mit einer einzigen Akku- oder Kondensatorladung zwei- bis viermal hintereinander aufpumpen – ein Plus an Sicherheit bei wiederholten Lawinenabgängen sowie auf Mehrtagestouren. Darüber hinaus führen sie im Gegensatz zu ihren Patronenpendants einen Selbsttest durch, sobald man das System aktiviert.
Airbag-Neuheiten & Empfehlungen 2025
Egal welches System, von beiden Varianten gibt es eine Vielzahl an Modellen: vom kompakten Daypack bis zum geräumigen 45-Liter-Transporter. Auch wer verschiedene Größen braucht, wird fündig: Bei Ortovox, ABS, Arva und Black Diamond lassen sich an eine mit Airbags bestückte Rückenauflage verschieden große Packsäcke zippen. Das System von Mammut kannst du sogar in andere Modelle verpflanzen. Wer genau was anbietet? Das verraten wir dir hier:

ABS Vario Set Easy Tech - 10-40 Liter
Airbag-Pionier ABS setzt beim Kartuschenvertreter Vario Set Easy Tech auf zwei getrennte Luftsäcke mit je 85 Liter Volumen, was nicht nur die Sicherheit gegen Ausfall erhöht, sondern bei Verschüttung auch mehr "Auftrieb" generieren soll. An das Tragesystem mit Airbag-Unit lassen sich 10 bis 40 Liter große Packsäcke zippen – damit eignet sich der Vario für kleine wie für große Touren im Schnee (ab 2760 g, 859 € inkl. Kartusche)

Arva Airbag Tour Switch - 25-40 Liter
Tagestrip oder mehrtägige Gebietsdurchquerung? Beides! Beim Airbag Tour Switch von Arva kannst du das Tragesystem mit Airbag durch anzippbare Packsäcke zum individuellen Rucksack mit 25 und 40 Liter Inhalt kombinieren. Wie alle Modelle der Franzosen besitzt auch der Airbag Tour Switch einen Doppelballon mit getrennten Kammern, den eine Stahl- oder Carbonkartusche aufpumpt (ab 1980 Gramm, 689 Euro).

Scott Patrol Ultralight E2 - 25 Liter
Seit jeher stattet Scott seine Lawinenrucksäcke mit dem Know-how von Alpride aus – den Patrol Ultralight E2 25 für 1200 Euro (25 Liter) etwa mit dem ausgereiften E2-System. Im Vergleich zum Vorgänger E1 drückt ein kompakteres, leichteres Gebläse das Airbag-Systemgewicht auf magere 1140 Gramm. Die Turbine treibt ein Superkondensator an, der sich per USB-C-Anschluss oder mit zwei AA-Zellen nachladen lässt (1920 Gramm, 1200 Euro).

POC Dimension Avalanche - 25 Liter
POC, bekannt für hochwertige Schutzausrüstung wie Helme oder Protektoren, hat mit dem Dimension Avalanche Backpack (25 Liter) ebenfalls einen Lawinenrucksack am Start. Er verfügt über Alpride-E2-System (siehe Scott oben) sowie über Recco-Reflektoren, die das Auffinden durch Rettungsteams erleichtern. Mit an Bord: ein medizinischer ID-NFC-Chip mit Notfalldaten für Ersthelfer (3200 g, 1400 Euro).

Ortovox Avabag Litric Tour - 16-40 Liter
Ortovox, vormals bekannt für hochwertige Gasdruck-Airbags, setzt inzwischen ausschließlich auf Gebläserucksäcke. Die Oberbayern pflanzen das in Kooperation mit Arc’teryx entstandene, ultraleichte Litric-System in eine "Baseunit" mit Tragesystem, an die sich verschiedengroße Packsäcke mit 16 bis 40 Liter Inhalt andocken lassen. Unser Tipp für Tagesausflüge: der Avabag Litric Tour 30 mit 30-Liter-Zip-On (2410 Gramm, 1150 Euro, siehe Bild).

Arcteryx Micon Litric - 16-42 Liter
Das gemeinsam mit Ortovox entwickelte System zählt mit 1080 Gramm zu den leichtesten auf dem Markt. Was sich auch beim Allroundmodell Arcteryx Micon Litric 42 auswirkt, wiegt es doch nur 2160 Gramm – ein top Wert. Der Clou: Statt Akkus befeuert ein Superkondensator das Gebläse, das einen 150-Liter-Ballon füllt (42 Liter, 1450 €). Damit gaben die Kanadier im letzten Jahr ein beeindruckendes Comeback bei Airbag-Rucksäcken.

BCA Float E2 - 15-45 Liter
BCA bietet unter den Namen Float und Float E2 jeweils vier Modelle sowohl mit Gasdruck- als auch mit Gebläsetechnologie an – vom kompakten Daypack bis zum aus-gewachsenen 45-Liter-Transporter. Während die Float-Airbags durch wiederbefüllbare Stahlkartuschen aufgepumpt werden (ab 2756 Gramm, 775 Euro*), übernimmt bei den elektronischen Pendants die E2-Turbine von Alpride (siehe Scott oben) das Aufblasen (ab 2631 Gramm, 1250 Euro).

Deuter Alproof Lite - 22 Liter
Der Alproof Lite 22 (22 Liter) zählt zu den beliebtesten Lawinenrucksäcken von Deuter. Was zum einen am geringen Gewicht und den E2-Turbinen-Airbags von Alpride liegt (siehe Scott oben), zum anderen an der üppigen Ausstattung. Halterungen für Ski, Snowboard und Helm sind ebenso an Bord wie ein Safety-Fach und Materialschlaufen am Hüftgurt. Auch als Damenmodell Lite 20 SL (20 Liter) mit kürzerem Rücken erhältlich (ab 2400 g, 1200 Euro).

Black Diamond Jet Force Pro - 25 Liter
Abstecher abseits der Piste und kurze Touren sind das Metier des 25-Liter-Modell Jet Force Pro 25 von Black Diamond. Im Auslösefall füllt ein akkubetriebenes Gebläse einen 200-Liter-Ballon mit Luft – bis zu vier Mal mit einer Akkuladung. Das Besondere: Im sehr seltenen Verschüttungsfall entleert die Turbine den Airbag wieder, erzeugt damit einen luftgefüllten Hohlraum zum Atmen, der die Überlebenschancen erhöht (2870 Gramm, 1160 Euro).

Osprey Soelden Pro - 32 Liter
Ospreys bluesign-zertifizierter Soelden Pro geht ebenfalls mit Alpride E2-Gebläse (siehe Scott oben) an den Start. Er bietet 32 Liter Volumen und stimmige Features, wie etwa das Extrafach für Lawinensonde und -schaufel, die Materialschlaufe am Hüftgurt oder die Ski-, Snowboard- und Eisgerätehalterungen. Der Preis des Allrounders liegt bei 1250 Euro, das Gewicht bei 2840 Gramm.

Millet Triology E2 - 35 Liter
Elektronisches E2-Airbagsystem von Alpride (siehe Scott oben), 2560 Gramm leicht, dazu extrem strapazierfähig dank Dyneema-Gewebe und verstärkter Bodenpartie – der 35 Liter fassende Triology 35 E2 von Millet wendet sich an eifrige Skitouren-Fans. Ihnen bietet der Franzose viele praktische Details wie einen Rollverschluss oder Fächer Brille, Trinksystem & Co. Eine Innentasche bietet Platz für die Sicherheitsausrüstung. Und der Preis? Der liegt bei 1300 Euro.

Mammut Eiger Free 20 RA 3.0 - 20 Liter
Lawinenrucksäcke sind dir zu schwer? Mit dem Eiger Free 20 Removable Airbag 3.0 gibt es keinen Grund mehr, darauf zu verzichten. Der aufs Wesentliche reduzierte 20-Liter-Rucksack für flotte Freerides und ambitionierte Alpintouren von Mammut wiegt nur 1810 Gramm – mit Carbonkartusche! Viel dazu bei trägt das 1010 Gramm leichte Removable-Airbag-System 3.0, das sich entnehmen und in weitere Rucksäcke der Schweizer einsetzen lässt (955 € mit Kartusche).
Podcast zum Thema
Gasdruck oder elektronisch?
Die wichtigsten Vor- und Nachteile im Überblick:
GASDRUCK
günstig (ab ca. 700 Euro)
vielfach bewährtes System
keine Mehrfachauslösungen
Kosten für Gaspatronen
Mitnahme von Kartuschen auf Flugreisen nicht möglich
ELEKTRONISCH
Mehrfach- sowie praxisnahe Trainingszündungen ausführbar
Systemcheck beim Einschalten
so leicht wie Gasdruck-Systeme
Transport im Flugzeug zulässig
hoher Preis (über 1000 Euro)












