Bikepackerin Juliane Bötel
Den leichten Schlafsack auf einem Berggipfel ausrollen, irgendwo alleine in den Bergen – für Juliane Bötel ist genau das Luxus. Sobald die Temperaturen es zulassen, geht die 37-Jährige regelmäßig zum Bikepacken. Ihr bevorzugtes Ziel: die Alpen.

Meine Empfehlung für Einsteiger: "Sich wirklich auf das Abenteuer einzulassen. Das Handy ruhig mal in den Flugmodus schalten und wegpacken – auf keinen Fall von Instagram und Co. ablenken lassen. Erst dann startet ein Radabenteuer so richtig."
"Etwa einmal im Monat streue ich ein Overnighter-Wochenende ein. Ich wohne im Münchener Süden – da liegen die Berge ja vor der Haustür", erzählt sie.Die Bikepackingtaschen an ihr Specialized Crux oder Epic Hardtail packen und ein paar Stunden später und viele Höhenmeter weiter oben mitten in der Natur einschlagen – was für sie heute Routine ist, begann vor fünf Jahren: "Eine Freundin und ich sind damals durch Rumänien gefahren. Geschlafen haben wir auf Campingplätzen, aber das Gefühl, mit dem Rad zu reisen, hat mich sofort gepackt", erinnert sich Juliane, die einst als Radkurier in Berlin mit dem Radfahren begann und heute die Presseabteilung eines großen Radherstellers leitet. Bis zu 12.000 Kilometer radelt sie in einem guten Jahr und unternimmt auch gerne einmal größere Abenteuer: Zwei Jahre nach ihrer Rumänien-Reise fuhr sie alleine zehn Tage durch Montenegro und Bosnien, 2020 stand sie am Start des Atlas Mountain Race in Marokko – eine Knie-Operation später beim 200 Kilometer langen "The Rift" in Island und dem self-supported Bikepacking-Rennen "Badlands Gravel" in Spanien. "Ich mag das Gefühl, ins Ungewisse zu fahren. Auch wenn man alles vorher plant, es passiert immer etwas Unvorhergesehenes. Aber egal was kommt – ob Hungerast, Platten oder Gewitter –, man kommt immer irgendwie ans Ziel«, sagt Bötel. Ihr Tipp an Einsteiger lautet deshalb »einfach mal machen«. »Letztendlich macht den Reiz am Bikepacking aus, dass man minimalistisch unterwegs ist und so auch sich selbst neu kennenlernen kann. Der Alltag tritt in den Hintergrund, und das Leben wird unterwegs auf das Elementare reduziert: Schlafen, Essen – und Radfahren.« In Sachen Equipment rät sie Bikepacking-Interessierten entweder zu einem klassischen Gravelbike oder einem Hardtail, »wenn die Strecke anspruchsvoller ist«. Für sie außerdem ein Muss: Regenjacke, Gaffer-Tape und ein gutes Taschenmesser.
Gravelbike-Fahrerin Anke Eberhardt
Von Brauerei zu Brauerei oder Biwakieren in der Wildnis – in ihrer relativ kurzen Gravel-Karriere hat Anke Eberhardt schon einiges erlebt. Die Journalistin aus Garmisch-Partenkirchen ist seit 2018 auf Stollenreifen unterwegs, nachdem sie zum damals neuen Graveltrend recherchieren durfte. So kam sie auch zum Bikepacken.

Mein Tipp zum Einstieg: "Immer erst mal eine Testfahrt machen. Dann merkt man, wie schwer das Bike ist, ob irgendwas wackelt oder man noch mal Gewicht verlagern sollte. Und: wie lang man seine Tour überhaupt planen sollte, weil man das Gepäck bei der Fitness mit einkalkulieren muss. Ich finde: lieber kürzere Strecken planen und dafür mehr Spaß haben."
"Mein erstes Mal war ein Overnighter mit dem britischen Abenteurer Alastair Humphreys. Der Typ ist mit dem Rad um die Welt geradelt, und ich: Premiere", lacht sie und fügt an: "Ich war schon mit dem Packen total überfordert und habe alle Anfängerfehler auf einmal gemacht: zu viel mitgenommen, zu schwer, zu langsam." Ähnlich erfrischend war dann auch ihre nächste Tour: ein Trip durch Franken – von Brauerei zu Brauerei. Sie lacht: "Aus Platzgründen musste ich meinen Wahoo (Bike-Navi, Anm. d. Red) verkehrt herum neben dem Vorbau montieren – und musste immer umdenken: Rechts war links und links war rechts. Das hat anfangs gut funktioniert, aber irgendwann war der Kopf nicht mehr frisch und ich bin ständig falsch abgebogen." Dank der Einkehrstopps und dreier Freunde als Begleitung war die Tour dennoch lustig: »Wichtigstes Accessoire daher: die richtigen Leute!", so Anke. Inzwischen geht sie öfter zum Bikepacken – wenn auch wegen einer Kreuzbandverletzung gebremst. »Zwei Tage mit einer Übernachtung im Hotel sind für mich perfekt, weil man dann nicht so viel Gepäck dabeihat.« Zudem komme es ihr beim Bikepacking nicht auf Kilometer und Höhenmeter an, sondern auf das Erlebnis. Das gilt für sie auch für die Auswahl der Touren: »Oft hat man ja den Eindruck, man müsste erst gar nicht losfahren, wenn man nicht die Alpen überquert oder den Globus umrundet. Aber auch mit kürzeren Wochenendtrips hat man Abenteuer-Feeling und kann sich dann langsam zu größeren Touren steigern.
Leidenschaftlicher Bikepacker Martin Moschek
Stolze 52 Länder und über 90.000 Kilometer – Martin Moschek hat auf seinen Touren so gut wie alles erlebt. Seit über 30 Jahren ist der heute 47-Jährige leidenschaftlicher Radreisender – und inzwischen auch Bikepacker.
"In dieser Zeit ist das Fahrrad vom einzig möglichen Transportmittel zu einer Leidenschaft geworden", sagt Moschek, der als Jugendlicher in der DDR Radsport als Leistungssport betrieben hat. Inzwischen schätzt er aber den Abenteuercharakter seiner Touren und berichtet auf seinem Blog biketour-global.de ausgiebig über seine Reisen. "Beim Bikepacking begegnest du Menschen oder gerätst in Situationen, mit denen du im Vorfeld nicht einmal ansatzweise gerechnet hast. Abenteuer ist, was unerwartet passiert«, sagt er und verweist exemplarisch auf eines seiner unzähligen Erlebnisse auf einer Tour durch Kenia und Tansania im Jahr 2019: »Nach einem anstrengenden Tag in Staub und Hitze fuhr ich an den Hängen des Kilimandscharo entlang. Es wurde langsam dunkel und ich erreichte einen einsamen Zeltplatz, wo ich der einzige Gast war. Im Kerzenschein gab es ein tolles Abendessen, und am nächsten Morgen zeigte sich der Kilimandscharo in ganzer Pracht und ohne Wolken. Das war die Belohnung für all die Anstrengungen."

Mein Tipp für Einsteiger: "Zum einen sollte man immer hinterfragen, ob man wirklich all das Gepäck braucht, das man eigentlich mitnehmen möchte. Dieser Check erspart mir bis heute viele unnötige Kilos", sagt Martin. "Und zum anderen sollte man sich nie zu viel zumuten oder sich von anderen unter Druck setzen lassen. Nicht jeder ist Jonas Deichmann und muss einen neuen Weltrekord aufstellen. Beim Bikepacking kommt es auf die Erlebnisse an, die man unterwegs sammelt, und nicht auf die Kilometerleistung oder auf die Geschwindigkeit."
In Sachen Ausrüstung setzt Moschek meist auf sein Salsa-Fargo-Titan-Gravelbike sowie einen Mix aus Revelate-Designs- und Ortlieb-Taschen. "Immer dabei sind zudem ein GPS-Gerät, eine Regenjacke sowie eine Ersatz-Sattelklemme. Letztere deswegen, weil mir unterwegs mal eine Sattelklemme gebrochen ist – und plötzlich war das gesamte Rad nutzlos."
FAQs zum Thema Bikepacking
Welches Bike fürs Bikepacking?
Um den "Spirit" des Bikepacking zu erleben, ist jedes Bike mit grob profilierten Reifen geeignet. Ob Tourenfully, Enduro, Hardtail, oder Fatbike – Hauptsache, das Bike kann mit mehreren Taschen bestückt werden, um die Campingausrüstung darin zu verstauen. Fullsuspension-Bikes haben den Vorteil, dass die Taschen – an Lenker, Sattelstütze und Rahmen befestigt – zur gefederten Masse des Bikes gehören. Immer mehr Radfans nutzen auch ein Gravelbike (offroadtaugliches Rennrad) als Bikepacking-Bike.
Was muss man fürs Bikepacking am Bike ändern?
Wenig, denn Bikepacking-Taschen werden ohne Schraubverbindungen oder Gepäckträger, sondern meist per Klettverschluss oder mit Zurrgurten montiert. Probleme treten an den Schaltzügen bei Anbringung der Lenkerrolle auf, da diese vor und über den Griffen von Schaltung und Bremse am Cockpit sitzt - hier muss man eventuell nachjustieren. Beim Bikepacking verzichten viele auf eine technisch anfällige Vario-Stütze und ersetzen diese durch eine klassische. Vorteil: Daran könnt ihr eine groß dimensionierte Satteltasche montieren. Außerdem ist die Montage von Plattformpedalen sinnvoll, da auch bei akkurater Streckenplanung etwa durch Wetterumschwünge der schönste Trail zur glitschigen Schiebepassage werden kann.
Welche Taschen fürs Bikepacking?
Wer keinen Gepäckträger am Fahrrad hat, greift zur Bikepacking-Satteltasche, die an der Sattelstange befestigt werden kann. Diese gibt es oft auch im Set mit zugehöriger Rahmen- und Lenkertasche.
Was brauche ich fürs Bikepacking?
Bikepacking bedeutet Verzicht – auf Stress, Termine und überflüssiges Gewicht. Zur Bike-Ausrüstung fürs Bikepacking-Abenteuer empfehlen wir euch Leichtmatte, (Leicht-)Schlafsack, Tarp oder ein leichtes Solozelt, Kocher, Stirnlampe, Tütennahrung und weitere Camping-Helfer wie
- Heringe aus Aluminium (diese wiegen nur wenige Gramm und garantieren die sichere Befestigung von Tarp und Zelt).
- Löffel: Wer sich mit Trekkingmahlzeiten verpflegt, benötigt nur einen Löffel. Extrem leichte Modelle wiegen nur wenige Gramm.
- Zahnpasta und Co.: Tuben in Reisegrößen für etwa eine Woche Anwendung kaufen.
- Mückenmittel: Wer in Schutzhütten oder unterm Tarp nächtigt, sollte sich vor Blutsaugern schützen.
- Löslicher Kaffee: Manch einer kommt ohne die Koffeinspritze am Morgen einfach nicht aus den Daunen.
- Ohrenstöpsel nehmen Schnarchern und anderen Störgeräuschen ihre schlafraubende Wirkung.
- Merino-Unterwäsche: Wenn dein Schlafsack im Herbst an seine Grenzen kommt, wirkt lange Unterwäsche als Wärmespender.
- Bike-Ausrüstung: Deine gewohnte Ausrüstung für Mehrtagestouren gehört ebenso in den Rucksack.
Wie viele km schafft man mit dem Rad am Tag?
50-200 km am Tag, abhängig von der Strecke (Höhenprofil), dem Wetter, dem Fitnesslevel und dem möglichen Gepäck. Bei sehr untrainierten und ungeübten Radfahrern kann man mit rund 20 – 30 Kilometer am Tag rechnen. Bei einer normalen Fitness lassen sich rund 50-70 Kilometer am Tag radeln. Bei durchgehend gerader Strecke schafft man dann auch schon mal zwischen 70 und 100 Kilometer. Wer sportlich unterwegs ist oder an einem Event teilnimmt, kann auch 120-150 km zurücklegen. Extremfahrer schaffen auch über 200 km am Tag.
Wie lang braucht man für 20 km mit dem Rad?
20 Kilometer kann man in 1-3 Stunden zurücklegen. Ist die Strecke sehr bergig oder technisch anspruchsvoll fährt man eventuell nicht schneller als 7-10 km/h.
Wie lang braucht man für 30 km mit dem Rad?
Wie lange man für 30 Kilometer mit dem Rad braucht, hängt von der Kondition, der Strecke, dem Fahrrad und weiteren Faktoren ab. Allerdings kann man bei einem normalen Trainingszustand mit einem City- oder Trekkingrad mit rund 2 Stunden rechnen, in technisch anspruchvollem Terrain mit 3-5 Stunden.
Wie lang braucht man für 100 km mit dem Rad?
Wenn man im Schnitt 20 km/h fährt braucht man für 100 km nur 5 Stunden. Mit Gepäck und auf unebenen Terrain dauern 100km jedoch wahrscheinlich mehr als 8- 10 Stunden.
Ist 30 km Radfahren viel?
Auf einer ordentlichen Straße sind 30 Kilometer eine gut machbare Strecke, welche 2 – maximal 3 Stunden dauern. Sobald die Distanz auf einem Singletrail oder Schotterstraßen zurückgelegt wird, dauert es länger.
Wie lang braucht man für 50 km mit dem Rad?
50 Kilometer können auf Asphalt 2-4 Stunden dauern, auf einem Singletrail mit Bikepacking-Taschen auch 8-10 Stunden.
Wieviele Kilometer sollte ich pro Tag anpeilen?
Die tägliche Distanz für Radreisen sollte der eigenen Fitness und der Beschaffenheit der Tagesetappe angepasst werden. Eventuell sollte man auch wetterabhängige Änderungen in Betracht ziehen. Fährt man über einen Alpenpass, sind vielleicht 40-50 km pro Tag schon genug. Hat man eine flache Asphaltstrecke vor sich, kann man auch 80-100 km planen.
Welche Muskeln trainiert man beim Radfahren?
Die Muskeln, die beim Radfahren am meisten arbeiten müssen, sind natürlich die Beine. Darunter der Gluteus Maximus (Gesäßmuskel), der für die meiste Trittkraft aber auch für Gleichgewicht und Stabilität sorgt. Die Muskelgruppe der Hamstrings (hinterer Bereich der Oberschenkel) werden ebenfalls trainiert. Die zweite wesentliche Kraftquelle bilden die Muskeln Vastus Medialis, Rectus Femoris und Vastus Lateralis, die den Quadrizeps (Muskelbündel des Oberschenkels) bilden. Mit für die Trittkraft verantwortlich ist drüber hinaus die Wadenmuskulatur, der Seoleus (Schlüsselmuskel für Gehen und Laufen) und der Tibialis Anterior, der für das Gleichgewicht in Knien und Fußgelenk verantwortlich ist. Neben den Beinen sind weitere Muskeln beim Radfahren wichtig und aktiv, darunter Bauch- und Lendenmuskeln, Schulter und Arme.
Was für ein Fahrrad für lange Strecken?
Trekkingräder sind Alleskönner und können auch auf längeren Touren eingesetzt werden. Da sie oft mit Federgabeln und Scheibenbremsen ausgestattet sind, eignen sie sich gut für die Mitnahme von Gepäck. Die aufrechte Sitzposition sorgt für Komfort auf längeren Strecken.
Reiseräder sind speziell für lange Touren ausgelegt, erlauben meist eine üppige Beladung oder die Option für weitere Anbauteile und kommen ebenfalls mit einer bequemen Sitzposition daher.
Produkttipp: Ultraleichter Bikepacking-Schlafsack
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