"Klettersteige stellen eine relativ leichte Möglichkeit dar, in senkrechte Wände zu kommen", sagt Korbinian Rieser, Bergführer und Inhaber der Alpinschule Berchtesgaden. Rieser führt in seinen Kursen Wanderer an das Klettersteigen heran und versteht die Faszination dahinter. Die Eisenwege eröffnen auch normal Trainierten Felswände, an denen sich sonst Kletterer mit Seil und Haken tummeln. Im Klettersteig benutzt man zusätzlich zu Griffen im Fels auch künstliche Hilfen wie Leitern und Eisenstäbe zum Vorwärtskommen – und natürlich das Sicherungsseil. Das viele Eisen verleiht dem Klettersteig auch den schönen Beinamen »Via Ferrata«, zu Deutsch: Eisenweg.
Die Eisenwege dienten Anfang des 20 Jahrhunderts dazu, die Kriegslogistik zu organisieren. In den 1980er Jahren entstanden die ersten modernen Sportklettersteige, die schwierige Routen auch für Nicht-Kletterer begehbar machten. Sport bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Steige eine sehr gute Absicherung bieten. Das andere Extrem sind alpine Klettersteige, bei denen ihr auch mal Abschnitte ohne Seilsicherung begeht. Einen weiteren Schub erlebten die Klettersteige vor etwa 20 Jahren – und der hält bis heute an. Allein in Österreich gibt es um die 500 ihrer Art, in Deutschland mehr als 250, in der Schweiz etwa 120. Ein Trend, der vom Tourismus und der Industrie gefördert wird, der sich aber auch in den Unfallstatistiken niederschlägt.
Ihr wagt euch das erste Mal an einen Klettersteig heran? – Dann schließt euch erfahrenen Freunden an oder bucht einen Einsteigerkurs in einer spezialisierten Bergschule. Aspiranten lernen hier, wie sie den Gurt richtig anlegen, den Helm passend einstellen, und ganz wichtig: das Klettersteigset effektiv bedienen. Es besteht aus einem Bandfalldämpfer und zwei Sicherungsarmen mit Karabinern. Mit ihnen klinkt man sich in das Stahlseil des Steigs ein. Sollte man also fallen, dann nur bis zur nächsten Verankerung in der Wand. Dennoch fällt man, und das Klettersteigset bremst hart: Man knallt mit sehr kurzem Bremsweg in die Sicherung. Kurzum: nicht stürzen! Beim Umhängen der Karabiner sollte man mit dem oberen beginnen, und wenn der sicher eingehängt ist, den zweiten nachholen. Wenn ihr all das beachtet und kraftsparend unterwegs seid, dann bleibt auch noch Energie, um die atemberaubenden Aussichten zu genießen und einen rundum gelungenen Tag zu erleben – und darum geht es doch auf Tour eigentlich. Oder? Viel Spaß!
5 Tipps für Klettersteiggeher
- Vernünftig planen: Zur Planung Klettersteigführer oder Portale konsultieren. Dort findet man neben Beschreibungen der Tour auch Topos, also Zeichnungen der Route, mit Schlüsselstellen und Notausstiegen.
- Selbsteinschätzung: Was kann ich mir und meiner Gruppe zutrauen? Das bestimmt den Anspruch und die Länge der Klettersteigtour. Überforderung sollte unbedingt vermieden werden! Erfahrung zahlt sich aus.
- Blitzgefahr am Seil: Vor jeder Tour ist ein Blick aufs Wetter obligatorisch. Bei Gewitter werden Klettersteige zum Blitzableiter. Bei Regen verwandelt sich der Fels in eine Rutschpartie. Eher konservativ planen!
- Tipps zum Kraftsparen: gezielt antreten, Gewicht unter den Griff verlagern, am langen Arm klettern, Pause machen, indem man sich mit Bandschlinge und Schraubkarabiner einhängt.
- Kinder im Klettersteig: Kinder langsam heranführen, mit leichten Touren starten. Bei schwierigen Stellen mit Seil sichern. Klettersteigsets sind erst ab 40 Kilo zulässig, also ab einem Alter von etwa zehn Jahren.
Schwierigkeitsgrade von Klettersteigen
Die Schall-Skala gibt die Schwierigkeit von Klettersteigen von A bis F an:
- A: leicht – Einfache, gesicherte Steige. Meist nicht sehr steiles Gelände mit guten Griffen und Tritten. Einzelne Stellen ausgesetzt.
- B: mäßig schwierig – Steileres Gelände, mal ausgesetzt oder nur mit kleinen Tritten. Leitern und Trittstifte möglich. Teilweise Kraftraubend.
- C: schwierig – Teils sehr steiles Gelände. Oft ausgesetzt. Kaum künstliche Tritte am Stahlseil, überhängende Leitern. Sehr kraftraubend.
- D: sehr schwierig – Längeres senkrechtes, oft überhängendes, ausgesetztes Gelände. Hohe Anforderung an Klettertechnik, Kraft und Psyche.
- E: extrem schwierig – Das Gelände ist extrem herausfordernd, meist überhängend. Die Tritte sind sehr klein oder man klettert auf Reibung.
- F: noch schwieriger – Maximale Kraft und ausgefeilte Kletter- und Bewegungstechnik obligatorisch. Nur für sehr starke Kletterer machbar
Tourentipps, Ausrüstung und mehr über Klettersteige erfahrt ihr in den folgenden Artikeln ...