Fragt man Bergfans nach den besten Mehrtagestouren in der Schweiz, fallen einige Namen so sicher wie das Amen in der Kirche: Die Matterhornrunde im Wallis, der Bärentrek im Reich des Eigers – schon ihre Erwähnung bringt die Augen zum Leuchten.
Aber auch weniger bekannte Treks führen in der Schweiz in traumhafte Winkel. Zum Beispiel die sechstägige Tour durch den "Schweizerischen Nationalpark". Sie verbindet die Ortschaften Zernez und Scoul, zu ihren zahlreichen Attraktionen gehört der höchstgelegene Zirbelkiefernwald Europas, der "God Tamangur" auf 2100 bis 2300 Meter Höhe. Schon der Name klingt märchenhaft, die verwunschene Atmosphäre tut ein Übriges: Braun und grün schimmern die Kiefern, Sonnenstrahlen tanzen in den Nadeln, und mit etwas Fantasie ähneln die Konturen der moosigen Baumstämme Zwergen und Kobolden.
Der Schweizerische Nationalpark liegt im äußersten Osten des Landes, rund zwei Fahrstunden von Zürich entfernt. Das älteste Naturschutzgebiet Mitteleuropas wurde bereits 1914 eingerichtet und ist mit einer Fläche von 170 Quadratkilometern auch das größte der Schweiz. Für Autos ist der Park im Unterengadin tabu – so erleben Wanderer die ursprüngliche Landschaft in aller Ruhe.
Grandiose Bergkulisse im Schweizerischen Nationalpark
Die Rundwanderung durch den Schweizerischen Nationalpark ist genau das Richtige für Genießer, denn die Tour weist keine technischen Schwierigkeiten auf, bietet aber eine Fülle unvergesslicher Naturschönheiten: Tief eingeschnittene Schluchten wechseln ab mit lichten Wäldern, klare Seen mit tobenden Gebirgsbächen, und als lohnende Abstecher locken die Gipfel der Sesvenna-Gruppe mit weiten Ausblicken auf das Engadin sowie den südlich anschließenden Vinschgau.
Die stimmungsvolle Idylle setzt sich am Abend fort, denn übernachtet wird in gemütlichen Berghütten und in verschwiegenen Siedlungen, wo nichts zu spüren ist vom Trubel der benachbarten Nobel-Orte Sankt Moritz und Pontresina. Unberührte Natur gleich neben pulsierenden Tourismuszentren finden Wanderer in den Schweizer Alpen oft. Die Besiedelung konzentriert sich auf wenige, per Schiene und Straße gut erschlossene Regionen, und fast direkt daneben ziehen Wege grüne Hänge hinauf.
Bis zu den höchsten Spitzen im Maderanertal
Im Maderanertal freuen sich Wanderer über eine bequeme Anreise, bevor sie die Natur zu Fuß erkunden. Denn gleich hinter dem Ortsausgangsschild und jenseits der Gleise beginnt oft schon das Bergabenteuer. Wie im Maderanertal in den Urner Alpen: Wer Bergwildnis und Ruhe sucht, ist hier, knapp anderthalb Stunden südlich von Zürich, genau richtig! Eigentlich kaum zu glauben, schließlich führt nicht weit von hier der viel befahrene Gotthardpass über die Alpen.
Doch hinter der schmalen Straße, die von Amsteg nach Bristen im Herz des Maderanertals führt, warten Stille und ein Stück Schweiz wie aus dem Bilderbuch: Sanft geschwungene Wiesen und alte Wälder begrüßen den Wanderer, wenige Kilometer weiter rücken die Berge zu einer engen Schlucht zusammen, in die rauschende Wasserfälle stürzen.
Und über all dem thronen die schneeweißen Gipfel von Windgällen (3187 m) und Oberalpstock (3328 m). Besonders eindrucksvoll entfaltet sich die Kulisse auf einer fünftägigen Talumrundung. Solide Kondition sollte man allerdings mitbringen: Lässt sich die erste Etappe noch mit einer Gondelfahrt von Bristen nach Golzern abkürzen, schraubt sich der Weg danach in Höhen über 2800 Meter, und mancher Tagesabschnitt schlägt mit mehr als 1250 Aufstiegsmetern zu Buche.
Der Bärentrek im Berner Oberland
Großer Bekanntheit hingegen erfreut sich der Bärentrek im Berner Oberland. Der technisch unproblematische, konditionell mitunter fordernde Wanderklassiker leitet in acht spektakulären Etappen über die Pässe der »Hinteren Gasse« von Meiringen nach Gsteig. Bären trifft man dort zwar nicht mehr, doch erlebnisreich ist die Tour allemal.
So kommt man beispielsweise dem Dreigestirn von Eiger, Mönch und Jungfrau ganz nahe, und immer wieder spürt man den Geist der Alpingeschichte. Wie am dritten Tag auf der Passhöhe der Kleinen Scheidegg: Hier nächtigte vor über siebzig Jahren die Seilschaft um Anderl Heckmair, bevor sie zu ihrer Erstdurchsteigung der Eigernordwand aufbrach. Das einfache Hotel beherbergt noch immer viele Kletterer – berühmter ist die Scheidegg mittlerweile jedoch als Station der Zahnradbahn auf das Jungfraujoch. Mehr als fünf Millionen Besucher jährlich gönnen sich die Fahrt durch den Eiger, die sie bis an den Rand des Aletschgletschers bringt und schwindelerregende Tiefblicke in die Nordwand bietet.
Deutlich ruhiger geht es auf der Königsetappe des Bärentreks zu, dem fünften Tagesabschnitt zum Oeschinensee. Kein Wunder: Schließlich sind fast 1370 teilweise ausgesetzte Aufstiegsmeter zu bewältigen, bevor man auf dem Hohtürli-Pass (2778 m) steht, dem höchsten Punkt des Treks.
Legendär: Der Matterhorn-Trek
Nur wenig südlich liegt der Kanton Wallis, wo 47 der 55 schweizerischen Viertausender aufragen – darunter auch der berühmteste, das Matterhorn. So viel Prominenz hat ihren Preis. Doch wer beim »Hörnli« nur an den überfüllten Talort Zermatt, teure Cafés und exzessive touristische Vermarktung denkt, wird eines Besseren belehrt, wenn er sich einige Schritte von der Station Sunnegga entfernt. Denn dort beginnt der legendäre Matterhorn-Trek durch das schweizerisch-italienische Grenzgebiet – neun Tage in einer grandiosen Kulisse.
Für den Trek wurden alte Pfade und Saumwege zu einer mehr als 200 Kilometer langen Runde verknüpft und zuverlässig markiert. Als »Tour du Cervin« führt sie durch sechs Täler und macht Station sowohl im deutschen als auch im französischen Teil des Wallis sowie im italienischen Val d‘Aosta. Zwei Gletscher müssen gequert werden, Bergerfahrung ist also Pflicht. Dafür zeigen nicht nur Matterhorn und Monte Rosa ihre schönste Seite: Vom Zinalrothorn über Dom und Weisshorn bis hin zum Großen Aletschgletscher bekommt man auf der Matterhornrunde fast jede alpine Berühmtheit des Wallis zu Gesicht. Ein besonders beeindruckender Blick eröffnet sich am dritten Tag auf der Überschreitung des Augstbordpasses, der das Matter- mit dem Turtmanntal verbindet. Von St. Niklaus nach Gruben führt die Etappe, am höchsten Punkt (2894 m) reicht die Sicht bis zum Montblanc-Massiv und dem westlichsten Viertausender der Schweiz, dem Grand Combin. Den meisten Bergbegeisterten genügt schon dieser eine Blick – und der Berg schlägt sie in seinen Bann.
Im Banne des Grand Combin
Der Grand Combin bildet die Kulisse für eine weitere spektakuläre Wanderung. In fünf Tagen führt sie in weitem Bogen um die Nordseite des Gletscherriesen, sie gehört zum Schönsten, was die Schweizer Bergwelt zu bieten hat.
Allgemeine Reiseinfos für den Schweiz-Urlaub

Die Schweiz grenzt nördlich an Deutschland, östlich an Liechtenstein und Österreich, südlich an Italien und westlich an Frankreich. Zwar ist sie mit rund 41 000 Quadratkilometer Fläche nicht viel größer als Nordrhein-Westfalen, dafür aber wesentlich höher: Innerhalb ihrer Grenzen ragen über 1000 Dreitausender in den Himmel, 55 Gipfel knacken sogar die Viertausend-Meter-Marke. Bergfans bietet die Schweizer Gebirgswelt also ungezählte Möglichkeiten für alle Ansprüche – ob gemütlicher Spaziergang, mehrtägige Hüttenwanderung oder ein schwieriger Gipfelsturm.
Die Top-Touren der Schweiz im Überblick:
Tour 1: Durch den Schweizerischen Nationalpark
Tour 2: Rund um das Maderanertal
Tour 3: Bärentrek
Tour 4: Matterhorntrek
Tour 5: Im Banne des Grand Combin//
Beste Zeit:
Die angenehmsten Monate zum Wandern sind Mai bis Ende September.
Anreise:
Wer nicht mit dem eigenen Auto anreist, erreicht sämtliche Ausgangsorte der vorgestellten Treks bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln und spart zudem 40 Franken (rund 25 Euro) für die Autobahn-Vignette. Zugauskunft im Internet bei www.bahn.de und www.sbb.ch; Busauskunft unter www.post.ch
Ausrüstung:
Für den Bärentrek und die Wanderung durch den Schweizerischen Nationalpark genügen – neben einem Rucksack und angemessener Bekleidung – stabile Trekkingstiefel und Trekkingstöcke. Plant man eine der Touren im hochalpinen Gelände, gehören auch Halbseil, Steigeisen, ein leichter Pickel sowie Biwakequipment mit ins Gepäck.
Alpine Gefahren und Wetter:
Auch während der Sommermonate muss man in den Alpen mit Schlechtwettereinbrüchen und Schneefällen rechnen. Zuverlässige Wetterberichte für die Eidgenossenschaft gibt es unter www.swissmeteo.ch. Im Auge haben sollte man stets die aktuelle Lawinensituation. Auskünfte beim Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung: www.slf.ch, Tel. 0041/814170111, oder den örtlichen Bergführerbüros.