Kaum eine deutsche Mittelgebirgslandschaft wirkt so verwunschen wie die Sächsische Schweiz. Charlotte Gneuß kam schon als Kind gern hierher – und heute erst recht.
Kaum eine deutsche Mittelgebirgslandschaft wirkt so verwunschen wie die Sächsische Schweiz. Charlotte Gneuß kam schon als Kind gern hierher – und heute erst recht.
Warum? Ganz einfach: Weil das Elbsandsteingebirge hier in der Sächsischen Schweiz zu den schönsten Wandergebieten Europas gehört. Etwa 1200 Kilometer markierter Wanderwege führen hier durch üppig grüne Wälder und mystische Täler, über luftige Höhen und vorbei an bizarren Felsformationen zu immer neuen, atemberaubenden Panoramen. Zusammen mit dem tschechischen Teil des Elbsandsteingebirges, der Böhmischen Schweiz, ergeben sich hier unzählige Möglichkeiten. Eine ruhigere Mehrtagestour abseits der Touristenströme ist auch der Forststeig, den wir euch bereits im Heft und auf der Webseite vorgestellt hatten. Welche Tagestouren ihr von Schmilka und Bad Schandau aus unternehmen könnt, erfahrt ihr in diesem Artikel (auch als PDF zum Download).
1. Schrammsteinaussicht und andere Felsen
Von Bad Schandau fahrt ihr mit dem historischen Aufzug zum Ostrauer Ring. Nun den blauen Schildern bis zur Schrammsteinaussicht folgen. Weiter auf dem Gratweg Richtung Kleiner Winterberg, nach 45 Min. links den Abzweig zum »Kleinen Dom« nehmen. Die Affensteinstiege hinaufgehen (Beschilderung »Schmilka«). Am Kleinen Prebischtor und an der Bussardboofe vorbei, die »Heilige Stiege« hinab nach Schmilka. Per Fähre zurück nach Bad Schandau.
Länge | 14,28 km |
---|---|
Dauer | 4:35 Std |
Schwierigkeitsgrad | Schwer |
Höhenunterschied | 589 Meter |
Höhenmeter absteigend | 571 Meter |
Tiefster Punkt | 127 m ü. M. |
Höchster Punkt | m ü. M. |
Diese Tour findest du auch bei unserem Partner
2. Prebischtor
Hat man vom Bahnhof Schöna nach Hrěnsko übergesetzt, geht es erst zum Prebischkegel, dann zum imposanten Felsbogen des Prebischtors. Herrliche Ausblicke bieten sich vom Gabrielensteig, der auf einer Felsterrasse am Beckstein vorbeiführt. Über die Wilde Klamm kommen Wanderer zu einer Bootsstation und müssen per Kahn übersetzen, um dann den Weg zurück nach Hrěnsko zu beenden.
Länge | 19,77 km |
---|---|
Dauer | 5:49 Std |
Schwierigkeitsgrad | Schwer |
Höhenunterschied | 437 Meter |
Höhenmeter absteigend | 437 Meter |
Tiefster Punkt | 170 m ü. M. |
Höchster Punkt | m ü. M. |
Diese Tour findest du auch bei unserem Partner
3. Zum großen Zschirnstein
Vom Bahnhof Krippen erreicht ihr bald den Kohlbornstein. Dann geht es über die Rölligmühle durch den Ort Kleingießhübel zum Gipfel des Großen Zschirnstein (560 m). Bei Reinhardsdorf lohnt sich ein 300-Meter-Abstecher zur Kleinen Bastei: Traumblicke auf das Elbtal und die Schrammsteinkette! Über den Püschelweg zurück nach Krippen.
Länge | 21,60 km |
---|---|
Dauer | 6:35 Std |
Schwierigkeitsgrad | Schwer |
Höhenunterschied | 741 Meter |
Höhenmeter absteigend | 741 Meter |
Tiefster Punkt | 149 m ü. M. |
Höchster Punkt | m ü. M. |
Diese Tour findest du auch bei unserem Partner
4. Drei-Steine-Weg
Mit Start in Bad Schandau auf die Hochebene Kleinhennersdorfer Stein. Dann verbindet die Tour den Papststein, den Gohrisch und die Festung Königstein. Alle drei bieten top Aussichten auf die sächsische Felswelt. Tipp: Plant Zeit für die Festung ein. Von Königstein geht es per S-Bahn wieder zum Ausgangspunkt.
Länge | 11,60 km |
---|---|
Dauer | 3:45 Std |
Schwierigkeitsgrad | Schwer |
Höhenunterschied | 554 Meter |
Höhenmeter absteigend | 331 Meter |
Tiefster Punkt | 124 m ü. M. |
Höchster Punkt | m ü. M. |
Diese Tour findest du auch bei unserem Partner
5. Uttewalder Grund
Per Fähre von Pirna über die Elbe setzen. Nun folgt ihr dem Fluss, vorbei an alten Steinbrüchen, zur Stadt Wehlen. Von dort führt der Malerweg durch die enge, teils moosbewachsene Schlucht Uttewalder Grund, vorbei an der Gaststätte Waldidylle und bis zu dem Felsentor, von dem der Maler Ludwig Richter sich einst inspirieren ließ. Vom Zielort Lohmen mit dem Bus zurück nach Pirna.
Länge | 16,38 km |
---|---|
Dauer | 4:30 Std |
Schwierigkeitsgrad | Mittelschwer |
Höhenunterschied | 274 Meter |
Höhenmeter absteigend | 192 Meter |
Tiefster Punkt | 121 m ü. M. |
Höchster Punkt | m ü. M. |
Diese Tour findest du auch bei unserem Partner
Wenn ich an einem wolkenverhangenen Nachmittag an einer Ampel stehe und der kalte Wind Abgase über die Plätze der Großstadt fegt, dann scheint es mir unmöglich, dass zur selben Zeit die Elbe gleichmäßig durch ihr Tal strömt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Felsen an ihrem Ufer jetzt wirklich in gewohnter Pracht in den Nebel hinaufragen, die Stille der Kiefernwälder auch heute nur da und dort von einem Specht oder einem Uhu unterbrochen wird. Und dann überkommt mich die Sehnsucht nach Erde unter den Füßen, nach dem sauberen Geruch von Regen, Sand und Laub. Also rufe ich meinen ehemaligen Mitbewohner Kyrill an, der nichtslieber tut, als die Stadt zu verlassen.
Diesmal fahren wir mit dem Regionalzug Richtung Prag, verlassen den wuseligen Dresdner Hauptbahnhof, passieren die Stadt Pirna, die das Tor zur Sächsischen Schweiz bildet – und bald rücken die ersten senkrechten Felswände in Sicht. Basteiaussicht links, Königstein rechts, so schlängeln wir uns Seite an Seite mit der Elbe durch eine der schönsten Landschaften Mitteleuropas. Nach einer knappen Stunde ist Bad Schandau erreicht, wo wir vom Bahnhof direkt zur Fähre laufen. Seit über hundert Jahren quert sie hier die Elbe – und am Ostufer werden wir auf unserer heutigen Wanderung starten und sie auch beenden. Schmilka heißt das Ziel der rund 14 Kilometer langen Tour, die in einem Bogen zur berühmten Schrammsteinaussicht, hinein in tiefe Wälder und zu stillen Plätzen mit weiten Blicken über die Felswelt führt. Eine Reise in die Sächsische Schweiz bedeutet in vielerlei Hinsicht eine Zeitreise. Der alte Schaufelraddampfer arbeitet sich wie eh und je elbabwärts, die historische Kirnitzschtalbahn tuckert immer noch zum Lichtenhainer Wasserfall. Zum anderen begegnen mir auch immer unbeschwerte Bilder meiner Kindheit. Wie oft bin ich schon mit dieser Fähre gefahren, habe ich mir hier schon an Felsen die Knie aufgeschürft, krümelige Butterbrote auf den Aussichtsplattformen gegessen? Wie oft steht mein Name in kindlicher Handschrift hier in Gipfelbüchern?
Zusammenspiel von Fluss und Felsen
Die Liebe zu dieser Gegend wurde mir in die Wiege gelegt. Als Bergsteigerpaar haben meine Eltern schon in jungen Jahren jede freie Minute am Fels verbracht – auch, als Klettergurte in der DDR noch Mangelware waren und sie sich mit einem bloßen Seil um die Hüfte in den Vorstieg begaben. Und in Zeiten mangelnder Seile turnten meine Großeltern einfach so die Felsen hinauf und wieder hinunter, was mir ein ewiges Rätsel bleibt. Es gibt noch Fotos von meinem Großvater in jungen Jahren auf einem 40 Meter hohen Felsen, ohne jegliche Sicherung. Über Klettersport früher und heute sprechen Kyrill und ich, als wir uns vom historischen Aufzug zu den hölzernen Villen des Bad Schandauer Ortsteils Ostrau heraufziehen lassen. Kyrill kam zum Studieren, vor allem aber zum Klettern nach Sachsen, er weiß auf den ersten Blick schon von weitem den frei stehenden Falkenstein von der zerklüfteten Mauer der Schrammsteine zu unterscheiden. Zirkelstein, Kaiserkrone und die Zschirnsteine auf der gegenüberliegenden Elbseite erkennt er ebenfalls sofort. Er hat neben Maschinenbau auch Textiltechnik studiert und näht nun in seiner kleinen Werkstatt Dinge, die meine Eltern und Großeltern dereinst gut hätten brauchen können: Wanderhosen, Chalkbags und Bouldermatten. Seine Klamotten sind längst ein Geheimtipp unter Dresdner Felsfreunden.
Blaue Wegmarkierungen erleichtern beim Verlassen von Ostrau auch weniger ortskundigen Wanderern die Orientierung. Am Schrammsteintor begrüßt uns der 40 Meter hohe Schrammtorwächter mit steinerner Miene. Vorbei an hellgelben Abwitterungsflächen und glattgescheuerten Wänden geht es die vielen kleinen Treppen desWildschützensteigs hinauf zur Schrammsteinaussicht. Hier treffen wir auf andere Menschen – kein Wunder, dies ist eins der beliebtesten Wanderziele der Gegend. Und wenn man auf der Schrammsteinaussicht steht, weiß man auch, warum: Vor uns erstrecken sich nahe und ferne Tafelberge, direkt unter uns die aus mehr als 30 Massiven und Pfeilern bestehende Schrammsteinkette. Beinahe wie der Rücken eines Drachens sieht sie aus. Allzu lange bleiben wir trotz des Panoramas nicht, wir wollen jetzt abseits bekannter Aussichtsplattformen Ruhe finden. So folgen wir weiter der blauen Markierung des Gratwegs, der in seiner Verlängerung zum Großen Winterberg führt, dem mit 556 Metern höchsten Berg der rechtselbischen Sächsischen Schweiz, und zum Kuhstall, einem riesigen Felstor.
Je weiter wir uns von der Schrammsteinkette entfernen, desto eindrucksvoller wird die Rückschau. Bald erreichen wir ein großes Felsplateau, haben einen wunderbaren Blick über die Türme und Wände für uns allein. Vor uns ragt der Rauschenstein empor, der am Südostende die gleiche Rolle für die Schrammsteinkette spielt wie der Falkenstein im Nordwesten. Durch Verwitterung trennte er sich einst vom Felsmassiv. »Auf dem Rauschenstein stand im Mittelalter ein Wachtturm«, erzählt Kyrill. Davon ist nichts zu sehen, aber tatsächlich kann man die Schiffe auf der Elbe von kaum einem Punkt besser beobachten. Noch eine Weile folgen wir dem Plateauweg, verlassen dann aber den Kurs auf Kuhstall und Winterberg und biegen links ab in Richtung Kleiner Dom, einem schönen Talabschluss bei den Felstürmen der Affensteine. Hier duftet das Moos frisch, und zwischen den vom Borkenkäfer zerfressenen Bäumen wächst bereits junger Nadelwald. Es ist beruhigend zu sehen, wie schnell sich hier neue Vegetation bildet. Wurde der Wald in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts noch von Nonnenfalterschwärmen heimgesucht, haben sich hier in den letzten Jahren die Borkenkäfer sattgefuttert und an einigen Stellen kahle Kiefernstämme hinterlassen. Doch stets passt sich die Pflanzenwelt an, und wie die Spuren der Nonnenfalterschwärme heute unsichtbar sind, werden auch die des Borkenkäfers verschwinden.
Meine Beine fühlen sich langsam immer schwerer an, als wir jetzt parallel zur Affensteinpromade dem Schild »Kleiner Dom« folgend hinaufsteigen. Hier sind wir ganz allein. Wir sprechen nicht mehr, genießen die Stille, die Tritte und Stufen, das Knarzen der Bäume, das Rascheln der Blätter. Vor Urzeiten waren diese Felsen Unterwasserriffe– eine seltsame Vorstellung. Auf der Sandsteinbrücke des Kleinen Prebischtors lassen wir die Beine baumeln. Die letzte grandiose Weitsicht für heute genießen wir an der Bussardboofe, einem gerne für Übernachtungen genutzten Felsüberhang auf einem Plateau. »Ist es nicht absurd, dass wir in einer engen, lauten Stadt wohnen?«, fragt Kyrill. Und während wir dann die »Heilige Stiege« mit ihren 255 Stufen hinab zum Dorf Schmilka steigen, schmieden wir Pläne für ein Leben auf dem Land. Mit diesem übermütigen Optimismus, der so typisch ist für das Ende einer schönen Wandertour.
Schmilka empfängt uns mit warmer Abendsonne. Wir passieren die alte Mühlenbäckerei, deren Brot auch in Dresden einen top Ruf genießt, und kehren im Mühlengasthof ein. Wie gut das deftige Essen jetzt tut, wie herrlich das vor Ort gebraute Bier schmeckt! Dann aber müssen wir uns beeilen, um die letzte Fähre zum Bahnhof zu erwischen. Und als wir an Bord zurückschauen, hüllt die Dämmerung die Berge bereits in mystische Stimmung. »Wir kommen ja bald wieder«, trösten wir uns gegenseitig. »Dann machen wir den Weg über Papststein, Gohrisch und bis zur Festung Königstein«, schlägt Kyrill vor. Ich muss lachen, weil ich diese Route als Kind immer so anstrengend fand. Nur dank des dortigen Festungsstollens konnten meine Eltern mich für das letzte Wegstück auf den Königstein motivieren. »Oder wie wäre es mit dem Großen Zschirnstein?«, bringt er einen Klassiker ins Spiel. »Bei trockenem Fels könnten wir uns aber auch endlich zusammen die Häntzschelstiege vornehmen«, fällt mir da ein. Das ist ein Klettersteig, den ich als Sechsjährige zum ersten Mal gegangen bin und den ich Kyrill schon lange mal zeigen wollte. »Abgemacht«, sagt er zufrieden.