Wie sinnvoll ist ein Lawinenrucksack?
Gänzlich ausschließen lässt sich das Verschüttungsrisiko auf einer Skitour zwar nie, wohl aber minimieren. Etwa durch ein genaues Studium des Lawinenlageberichts, durch eine achtsame Routenwahl – und durch einen Lawinenairbag: Ein kurzer, kräftiger Zug am Auslösegriff, und schon füllt sich ein im Rucksack versteckter Ballon in Sekunden mit Luft. Der Airbag vergrößert das Volumen des Skifahrers, statt in der Lawine zu versinken treibt er damit im Idealfall auf der Oberfläche.
Trotz gleichem Grundprinzip setzen die Hersteller auf zwei unterschiedliche Systeme: Gasdruck und Gebläse. Die weit verbreiteten Gasmodelle pumpen den Ballon mit einer Kartusche aus Stahl oder – leichterem – Carbon auf. Bei beiden wird nach jeder Zündung eine frische Patrone fällig. Anders als bei der mehr und mehr aufkommenden Gebläse-Alternative: Hier füllt eine Hochleistungsturbine den Lawinenairbag mit Luft. Den nötigen Strom liefern aufladbare, kältefeste Stromspeicher (Superkondensator oder Lithium-Akku). Steht der Preis im Fokus, haben Gasdruckvertreter unter den Lawinenairbags nach wie vor die Nase vorn.
Preise für Lawinenrucksäcke beginnen bei ca. 600 Euro
Online kann man einige Gasdruck-Lawinenairbags schon für knapp 600 Euro bekommen. Die Einstiegspreise bei Herstellern wie ABS, Arva und Mammut liegen bei etwa 700 Euro. Und die Gebläsekonkurrenz von Arc’teryx, Ortovox oder Scott gibt es erst ab ca. 1100 Euro. Letztere lockt aber mit handfesten Vorteilen, etwa einem Selbsttest, sobald du das System aktivierst. Vor allem aber lassen sich die Lawinenairbags mit einer Kondensator- oder Akkuladung zwei- bis viermal füllen – im Vergleich zu Kartuschenmodellen ein Plus an Sicherheit, insbesondere bei aufeinanderfolgenden Lawinenabgängen und auf Mehrtagestouren.
Doch wie sieht’s aus beim Gewicht, liegen hier nicht Gasdrucksysteme vorn?
Sie lagen. Die jüngste Turbinengeneration wie Litric von Arc’teryx und Ortovox oder E2 von Alpride erhöht das Rucksackgewicht nur um ein gutes Kilo – kaum mehr als bei den leichtesten Kartuschen-Airbags.
Doch egal für welches System du dich entscheidest, von beiden Lawinenairbags steht ein breites Angebot an Rucksäcken bereit – für flotte Sprints abseits der Piste wie für ausgedehnte Gebietstraversen.
Du benötigst mehrere Rucksackgrößen? – Viele Gasdrucksysteme kannst du entnehmen und in andere Rucksack-Modelle umziehen. Bei Black Diamond, Arva und Ortovox (Litric) sitzen die Lawinenairbags dagegen im Tragesystem, an das du Packsäcke verschiedener Größen zippen kannst.
Die aktuellen Top-Modelle auf dem Markt – Überblick

Scott Patrol Ultralight E2 25
Seit jeher stattet Scott seine Lawinenrucksäcke mit dem Know-how von Alpride aus – den Patrol Ultralight E2 25 für 1200 Euro (25 Liter) etwa mit dem ausgereiften E2-System. Im Vergleich zum Vorgänger E1 drückt ein kompakteres, leichteres Gebläse das Airbag-Systemgewicht auf magere 1140 Gramm. Die Turbine treibt ein Superkondensator an, der sich per USB-C-Anschluss oder mit zwei AA-Zellen nachladen lässt (1920 Gramm, 1200 Euro).

Millet Triology 35 E2
Elektronisches E2-Airbagsystem von Alpride (siehe Scott), 2410 Gramm leicht, dazu extrem strapazierfähig dank Dyneema-Gewebe und verstärkter Bodenpartie – der 35 Liter fassende Triology 35 E2 von Millet wendet sich an eifrige Skitouren-Fans. Ihnen bietet der Franzose viele praktische Details wie einen Rollverschluss oder Fächer für Sonde und Schaufel, Brille, Trinksystem sowie Kleinkram. Und der Preis? Der liegt bei 1300 Euro.

ABS A.light E
Rassiger Freeride? Klassische Skitour? Epische Gebirgstraversen? Der A.Light E von Lawinen-Airbag-Erfinder ABS hat alles am Start. Sein in zwei Rückenlängen verfügbares Tragesystem mit integriertem Alpride-E2-Gebläse (siehe Scott) nimmt Packsäcke von 10 bis 40 Liter Größe auf. Zu den weiteren Merkmalen zählen ein Safety-Fach, eine Aufnahme für Trinksysteme sowie eine (optionale) Snowboard-/Schneeschuh-Halterung (ab 2300 g, 1199 Euro).

BCA Float E2
BCA bietet unter den Namen Float und Float E2 jeweils vier Modelle sowohl mit Gasdruck- als auch mit Gebläse- technologie an – vom kompakten Daypack bis zum aus-gewachsenen 45-Liter-Transporter. Während die Float-Airbags durch wiederbefüllbare Stahlkartuschen aufgepumpt werden (ab 2756 Gramm, 775 Euro*), übernimmt bei den elektronischen Pendants die E2-Turbine von Alpride (siehe Scott) das Aufblasen (ab 2631 Gramm, 1250 Euro).

POC Dimension Avalanche
Auch POC, bekannt für hochwertige Schutzausrüstung wie Helme oder Protektoren, hat mit dem Dimension Avalanche Backpack (25 Liter) einen Lawinenrucksack am Start. Er verfügt über das Alpride-E2-System (siehe Scott) sowie über Recco-Reflektoren, die das Auffinden durch Rettungsteams erleichtern. Mit an Bord: ein medizinischer ID-NFC-Chip mit Notfalldaten für Ersthelfer (3200 g, 1400 Euro).

Deuter Alproof Lite 22
Der Alproof Lite 22 (22 Liter) zählt zu den beliebtesten Lawinenrucksäcken von Deuter. Was zum einen am geringen Gewicht und den E2-Turbinen-Airbags von Alpride liegt (siehe Scott), zum anderen an der üppigen Ausstattung. Halterungen für Ski, Snowboard und Helm sind ebenso an Bord wie ein Safety-Fach und Materialschlaufen am Hüftgurt. Auch als Damenmodell Lite 20 SL (20 Liter) mit kürzerem Rücken erhältlich (ab 2400 g, 1200 Euro).

Black Diamond Jet Force Pro 25
Abstecher abseits der Piste und kurze Touren sind das Metier von Black Diamonds 25-Liter-Modell Jet Force Pro 25. Im Auslösefall füllt ein akkubetriebenes Gebläse einen 200-Liter-Ballon mit Luft – bis zu vier Mal mit einer Akkuladung. Das Besondere: Im sehr seltenen Verschüttungsfall entleert die Turbine den Airbag wieder, erzeugt damit einen luftgefüllten Hohlraum zum Atmen, der die Überlebenschancen erhöht (2870 Gramm, 1160 Euro).

Mammut Eiger Free 20 RA 3.0
Lawinenrucksäcke sind dir zu schwer? Mit dem Eiger Free 20 Removable Airbag 3.0 gibt es keinen Grund mehr, darauf zu verzichten. Der aufs Wesentliche reduzierte 20-Liter-Rucksack für flotte Freerides und ambitionierte Alpintouren wiegt nur 1810 Gramm – mit Carbonkartusche! Viel dazu bei trägt das 1010 Gramm leichte Removable-Airbag-System 3.0, das sich entnehmen und in weitere Rucksäcke der Schweizer einsetzen lässt (955 €*).

Ortovox Avabag Litric Tour 30
Ortovox, vormals bekannt für hochwertige Gasdruck-Airbags, setzt inzwischen ausschließlich auf Gebläserucksäcke. Die Oberbayern pflanzen das in Kooperation mit Arc’teryx entstandene, ultraleichte Litric-System in eine »Baseunit« mit Tragesystem, an die sich verschiedengroße Packsäcke mit 16 bis 40 Liter Inhalt andocken lassen. Unser Tipp für Tagesausflüge: der Avabag Litric Tour 30 mit 30-Liter-Zip-On (2410 Gramm, 1150 Euro).

Arva Airbag Tour Switch
Tagestrip oder mehrtägige Gebietsdurchquerung? Beides! Beim Airbag Tour Switch von Arva kannst du das Tragesystem mit Airbag durch anzippbare Packsäcke zum individuellen Rucksack mit 25 und 40 Liter Inhalt kombinieren. Wie alle Modelle der Franzosen besitzt auch der Airbag Tour Switch einen Doppelballon mit getrennten Kammern, den eine Stahl- oder Carbonkartusche aufpumpt (ab 1980 Gramm, 689 Euro).

Osprey Soelden Pro
Ospreys bluesign-zertifizierter Soelden Pro geht ebenfalls mit Alpride E2-Gebläse (siehe auch Scott) an den Start. Er bietet 32 Liter Volumen und stimmige Features, wie etwa das Extrafach für Lawinensonde und -schaufel, die Materialschlaufe am Hüftgurt oder die Ski-, Snowboard- und Eisgerätehalterungen. Der Preis des Allrounders liegt bei 1250 Euro, das Gewicht bei 2840 Gramm.












