Er stand als einziger Deutscher auf allen 8000ern, unternahm über 50 Expeditionen und ist mit 60 Jahren noch immer Bergprofi. Ralf Dujmovits über seinen jüngsten Versuch am Manaslu, Training und Dolce Vita sowie über die Diskussion, welche 8000er-Besteigungen gelten sollen und welche nicht.
Am 8. Juli publizierte der Alpinhistoriker Eberhard Jurgalski nach langjähriger Recherche eine Liste, gemäß der nur drei statt 52 Menschen auf den Gipfeln aller 8000er gestanden haben. Wer war für dich der Erste: Reinhold Messner 1986 oder Ed Viesturs 2005?
Für mich weiterhin Reinhold Messner. Das ist eine historisch gewachsene Tatsache. Ob er an der Annapurna den höchsten Punkt um 65 Meter und fünf Höhenmeter verfehlt hat, ist mir ehrlich gesagt egal!
Du plädierst dafür, dass bis 2019 an Manaslu, Dhaulagiri und Annapurna Toleranzzonen für den Gipfelbereich gelten sollen.
Das war die ursprüngliche Idee von Jurgalski, die in der Höhenbergsteigerszene akzeptiert worden ist. Erst dank der 2019 von der Gruppe um Jurgalski publizierten PDFs wurde klar, wo der höchste Punkt an Annapurna und Dhaulagiri ist. Deshalb fand ich die Idee der Toleranzzonen für frühere Besteigungen gut, also dass soundso viele Meter rechts und links des höchsten Punktes gelten. Mit dem Erscheinen dieser PDFs hat sich die Situation geändert: Seither weiß jeder, wo der höchste Punkt ist, und muss schauen, dass er exakt dorthin kommt.

Wie kann es sein, dass bis 2019 Gipfel nicht exakt definiert waren?
Vor allem bei der Annapurna war das schwierig. Das ist ein langer, flacher Wechtengrat. Ich habe für Eberhard den Kontakt zum Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum hergestellt, zu Prof. Dr. Stefan Dech. Der hatte uns 2011 Daten vom K2 zur Verfügung gestellt. Er hatte den Gipfelgrat von Satelliten aus mehrfach gescannt und ein dreidimensionales Bild erstellt. Eberhard hat ihn gebeten, das Gleiche für die Annapurna zu tun, somit war auch dieser Berg auf einen halben Meter genau vermessen. Mir ist wichtig zu betonen, dass da eine Entwicklung dahinter steht. Viele der Fotos in Jurgalskis PDFs sind von mir. Dass sich Eberhard dann aber aufschwingt, eine neue Liste der Besteiger zu erstellen – eine 'Schrumpfliste', wie Stefan Nestler sie auf seinem Blog Abenteuer Berg sarkastisch nennt –, damit hätte ich nie gerechnet!
Du hast Eberhard Jurgalski lange bei seinem Projekt unterstützt …
Ja, auch beim Manaslu. Bei der kommerziellen Expedition 2007 war ich zu 100% überzeugt, am höchsten Punkt gewesen zu sein. Ich habe versucht, Eberhard klar zu machen, dass der Gipfelbereich dort je nach Bedingungen, Vor- oder Nachmonsun-Saison anders aussieht. Und ich habe versucht, ihn zu überzeugen, dass der Punkt, wo ich war, der Gipfel ist. 2018 habe ich dann ein Foto von Guy Cotter gesehen. Darauf erkennt man, dass weiter hinten noch ein höherer Punkt kommt. Erst da habe ich kapiert, dass ich und meine Gäste nicht ganz oben waren. Wir waren auf dem höchsten Punkt vor der Einsenkung zum Hauptgipfel, aber den konnte ich wegen des starken Sturms und der Spindrift damals nicht sehen. Bereits 2019 habe ich dann klar gesagt, dass ich am Manaslu nicht am höchsten Punkt war, habe mich aber weiterhin als jemand "verkauft", der auf allen 8000ern gewesen ist. Trotzdem willst du als ehrlicher Mensch deinen "Fehler" korrigieren. Ich war jedoch hin- und hergerissen: Bringe ich den Aufwand nochmal, riskiere ich nochmal meine Gesundheit? Im Herbst 2021 sah ich dann die Drohnen-Bilder von Jackson Groves, die all die "Gipfel-Sieger" noch unterhalb des Vorgipfels zeigen, auf dem ich 2007 gestanden habe, während im Hintergrund Mingma G durch die steile Rolwaling-Flanke zum "True Summit" steigt. Da dachte ich: Sieht das geil aus! Im Winter 2021/22 habe ich den Entschluss gefasst und mich nach einem halben Jahr Training am 8. Juni fix bei Mingma G angemeldet. Erst einen Monat später veröffentlichte Jurgalski seine Liste. Es ist mir wichtig zu betonen, dass meine Entscheidung nichts mit dieser Liste zu tun hatte!
Ist Jurgalski selbst Bergsteiger?
Nein, und das hat mich nie gestört. Ich finde eine solche Arbeit beachtenswert und habe ihn sogar eine Weile gelegentlich finanziell unterstützt. Eberhard hat sich enorme Kenntnisse angeeignet und ist eine Koryphäe im Bereich der 8000er. Aber: Er kann vieles nicht einordnen. Er kann sich nicht vorstellen, was es für dich als Bergsteiger bedeutet – zum Beispiel im Fall von Reinhold Messner, wenn da jemand kommt und sagt: Du warst an der Annapurna nicht auf dem Gipfel. Zur Annapurna gehst du kein zweites Mal, um "nachzusitzen". Dieser Berg ist saugefährlich!
Ganz abgesehen davon, dass viele 8000er-Besteiger gar nicht mehr am Leben sind oder zu alt, um ihre "Fehler" zu korrigieren. Was macht die Annapurna so gefährlich?
Die Annapurna ist mit Abstand der gefährlichste 8000er. Dort gibt es Riesen-Seracs, die Gipfelflanke ist extrem lawinengefährdet. Sich durch diesen Hang zu spuren, ist eine Harakiri-Aktion. Und jemanden nochmal dorthin zu schicken, ist völliger Blödsinn! Was ich Eberhard noch zum Vorwurf mache: Wenn unser Gespräch in einem Fachmagazin publiziert wird, wird das anders wahrgenommen, als wenn er seine Schrumpfliste an die Presseagentur dpa raushaut. Dort steht dann nur: "Dujmovits auf dem falschen Gipfel" oder sonst etwas. Du bekommst angehängt, du hättest gelogen. Und das kotzt mich an! Diesen Unterschied wollte Eberhard nicht sehen, er wollte mit seiner Liste groß rauskommen. Ich habe ihm gesagt: "Du bist ein größerer Egozentriker als Reinhold es je war!" Am Dhaulagiri hatte ich 1990 das Glück, dass ich die alte Route der Schweizer Erstbesteiger über den Ostgrat gegangen bin. Heute queren die Leute unterhalb weit rüber bis zu einer Rinne, die zum "Western Rocky Fore Summit" hochführt. Ich hatte einen strahlend schönen Tag erwischt und bin mit einer Kundin bis zum höchsten Punkt gegangen. Gerlinde Kaltenbrunner, David Göttler, Edurne Pasaban und Ferran Latorre sind 2008 gemeinsam über die neuere Route aufgestiegen und haben an diesem Vorgipfel aufgehört. Sie dachten, das sei der höchste Punkt. Mir kann keiner erzählen, dass sie die paar Meter nicht auch noch gepackt hätten. Die bergsteigerische Realität hat Jurgalski nicht begriffen. Hans Kammerlander hat es ironisch auf den Punkt gebracht: "Wenn ich auf dem Gipfel bin, aber bis zum Bauch im Tiefschnee stehe, dann war ich ja auch nicht auf dem höchsten Punkt."

Bisher wurden nur Bergsteiger mit allen 8000ern "entthront" …
Sollte Jurgalskis Zählweise Akzeptanz finden – wovon ich nicht ausgehe –, müsste die Himalayan Database alle 8000er-Besteigungen seit 1950 neu aufrollen. Beim Manaslu hat sich das Team um Billi Bierling entschieden, für alle Besteigungen bis 2021 auch das Erreichen des Vorgipfels als gültig zu werten, ich glaube bei Dhaulagiri und Annapurna genauso. Die Toleranzzone muss für jeden Berg sinnvoll festgelegt werden. An der Annapurna gibt es eine Einschartung nach dem Ostgipfel, dann gehst du an dem flachen Grat entlang und irgendwann denkst du, da kommt nichts mehr. Einige haben wohl bereits am Beginn des Gipfelgrates umgedreht. Da hat die Himalayan Database gesagt: Nein, das gilt nicht. Aber bei Messner und Kammerlander wegen 65 Metern ein Fass aufzumachen, das ist lächerlich! Die hatten eine Riesenwand erstmals durchstiegen, das Wetter kippte, die Sicht war schlecht – und dann kommt Jurgalski und will ihnen den Gipfel aberkennen. An der Shishapangma waren Reinhold und Friedl Mutschlechner 1981 bei miserablem Wetter am Gipfel. Friedl lebt nicht mehr, es gibt keine Fotos, keine Beweise, dass Reinhold dort auf dem Hauptgipfel stand. Und das ist bei vielen 8000er-Besteigungen so gewesen. Da sollten wir doch nach wie vor erstmal das Wort der Alpinisten gelten lassen! Klar, die Lösung mit der Toleranzzone ist nicht optimal, nicht 100% clean, aber es ist die gangbarste und akzeptabelste.
Auch Nirmal Purja war 2019, als er alle 8000er in sechs Monaten bestieg, an Dhaulagiri und Manaslu nicht auf den "True Summits". Da waren die aber bereits bekannt. Wie soll man diesen Fall bewerten?
Ich freue mich für Nepal, dass sie solch eine inspirierende Persönlichkeit haben. Ich verstehe mich gut mit Nims und will ihn nicht schlecht machen. Er war ja dann 2021, man könnte sagen still und leise, an beiden Bergen auf dem True Summit. Ob der Rekord nun gültig ist oder nicht, sollen andere entscheiden! Aber in dem Netflix-Film, der ihn vermutlich zum Millionär gemacht hat, sollte das schon eingeblendet werden. Die Wahrheit darf nicht unter den Tisch fallen!
Kommen wir zu diesem Jahr: Lawinenabgänge haben am Manaslu zwei Menschenleben gefordert. Du hast drei Gipfelversuche unternommen, bist aber nur bis Lager 4 gekommen. Waren die Bedingungen besonders schlecht?
Der Monsun hatte sich bis Anfang Oktober verlängert. In der Höhe ist er normalerweise Anfang, spätestens Mitte September zu Ende. Richtig aufgemacht hat es erstmals am 4. Oktober, als wir das Basislager abgebaut haben. Da hatte es aber oben einen Meter Neuschnee.
Just an diesem Tag erreichten Grace Tseng und drei Sherpas den Gipfel. Habt ihr zu früh aufgegeben oder sind diese vier ein extrem hohes Risiko eingegangen?
Sie reklamiert, nur 13 Stunden vom Basislager zum Gipfel gebraucht zu haben – ohne künstlichen Sauerstoff. Das ist eine extrem schnelle Zeit! Die Sherpas waren mit Flaschensauerstoff unterwegs, aber trotzdem, diese Zeit scheint mir verdammt schnell, zumal bei diesen Verhältnissen. Mehr sage ich nicht dazu. Es war aber sicher ein sehr riskantes Unternehmen – genauso riskant wie die Besteigung von Kristin Harila am 22. September. Das war die Harakiri-Besteigung der Saison schlechthin!

Sophie Lavaud erreichte am 1. Oktober den Gipfel. Wäre das nicht auch deine Chance gewesen?
Sie hat sich bei starkem Wind von Lager 3 mit Flaschensauerstoff zum Gipfel durchgekämpft und ist danach direkt ins Basislager abgestiegen. Ab Windgeschwindigkeiten von 30, 35 km/h hast du ohne Flaschensauerstoff keine Chance. Du bist zu langsam und atmest zu schnell, wodurch der Körper deutlich schneller auskühlt. Die Chancen, sich Erfrierungen zuzuziehen, sind dann einfach zu groß.
Beim finalen Abstieg von Lager 2 am 2. Oktober habt ihr zu viert gespurt mit 100 Leuten im Schlepptau. Wären die auch selbständig vom Berg gekommen?
Früher oder später vermutlich schon. Wir hatten Stellen mit mehr als einem Meter Neuschnee, haben mehrfach lange nach den Fixseilen gegraben, sie aber nicht gefunden. Wir hatten fast keine Sicht und mussten uns öfters in Hänge reinsichern, ohne zu wissen, ob wir noch auf der richtigen Spur sind. Wir haben viele kleinere Lawinen ausgelöst. Weiter unten ist von unserer Spur, in der schon mindestens zehn Leute gefolgt waren, nochmal eine Lawine losgetreten worden, in der leider ein Sherpa gestorben ist.
Im Herbst gab es mehr Permits für den Manaslu als im Frühling am Everest. Ab 5100 Meter war die Route durchgängig mit Fixseilen versehen. Teilweise wurde parallele Fixseile installiert, um Staus zu vermeiden. Wird das künftig Standard an den 8000ern werden?
An den steilen Stellen mit mehr als 70 Grad müssen es zwangsläufig mehrere Fixseile sein. Am Manaslu hatten wir an einer Stelle vier parallele Fixseile, und das war auch notwendig. Ich selbst hatte Mingma G zuvor gebeten, weitere Fixseile zu verlegen, weil dort oben Megastaus entstanden sind. Einmal mussten wir eineinhalb Stunden warten, bis es weiterging. Das Problem ist, dass der Manaslu immer als Einsteiger-8000er verkauft wurde. Ich habe schon immer gesagt: Es gibt keine leichten 8000er! In den letzten Jahren hat sich das Gelände dort zudem sehr verändert. 2007 war zwischen Lager 1 und 2 noch weitgehend Gehgelände. Inzwischen sind viele große Stücke von dem einst flachen Gletscher abgebrochen, so dass heute immer wieder steile, teils fast senkrechte Passagen zu bewältigen sind. Dort musst du auf den Frontzacken stehen können, auch mit schwerem Rucksack. Da haben Leute rumgebastelt, das kannst du dir nicht vorstellen! Leider nehmen die keinerlei Rücksicht, die tragen ihr Ego solange spazieren, bis die Schlange hinter ihnen auf 100 Leute angewachsen ist. Wie unbedarft und egoistisch viele, meist westliche Kunden am Berg unterwegs sind, das hat mich am meisten gestört. Das Niveau, die Fitness und die Erfahrung sind im Durchschnitt deutlich gesunken. Im Wesentlichen ist es so: Wer bereit ist, die Summe zu bezahlen, wird mitgenommen. Wir hatten am Manaslu eine Teilnehmerin mit Asthma, die war ab Lager 1 auf rund 5200 Metern mit Flaschensauerstoff unterwegs.

Was hat sich positiv entwickelt?
Das Engagement und die Professionalität der Sherpas fand ich sehr beeindruckend. Sie sind extrem gut vorbereitet, extrem fit und geben alles, einen guten Job zu machen. Inzwischen sind einige Sherpas Staatlich geprüfte Bergführer, zum Beispiel Mingma G. Und ich finde es toll, dass es heute viele rein nepalesische Expeditionsveranstalter gibt. Dann habe ich nirgends Abfall rumliegen sehen. Gekackt wird in Tonnen, die danach abtransportiert werden. Wir haben gegessen wie im Hotel, immer fünf Gänge und gesundes Essen. Die Sherpas bekommen das gleiche Essen wie die Kunden, wenn sie wollen. Im Basislager gibt es Strom und WiFi, alle persönlichen Zelte haben eine kleine Solaranlage. Infrastruktur, Ausrüstung und Umweltverträglichkeit, da hat sich wirklich sehr viel verbessert.
Früher hast du als Leiter des Alpinanbieters Amical Alpin Leute auf 8000er geführt, am Manaslu hast du dich nun von einem Sherpa unterstützen lassen. Wie hat sich das angefühlt, die Seite zu wechseln?
Ich wollte das auch mal erleben. Mit 60 habe ich es mir rausgenommen, einen Sherpaguide zu nehmen. Betreutes Bergsteigen … (lacht) Ich hatte eine tolle, lehrreiche Zeit, nur leider gab es zu viele Unfälle.
Wird es einen weiteren Versuch von dir am Manaslu geben?
Ich bin hin- und hergerissen. Jetzt habe ich diese Büchse mit den True Summits für mich geöffnet, aber das Ganze hat auch einen Impact auf meine Beziehung. Ich habe mich ein halbes Jahr lang konsequent vorbereitet, und da musst du als 60-Jähriger alle Zeit dranhängen, die du hast. Ich lasse das jetzt erstmal sacken, auch die ganzen Unfälle. Demnächst fahren Nancy und ich nach Leonidio, dort muss dann eine Entscheidung fallen.
Ist es für Nancy keine Option mitzukommen? Sie ist doch auch eine erfahrene Alpinistin.
Sie wollte eigentlich auch dieses Jahr mit an den Berg kommen, aber dann hatte sie Probleme mit dem Knie. Leider hat sie ab 7000 Meter physische Probleme, sie entwickelt einen zu hohen Druck im Lungen-Herz-Kreislauf. Wir haben 2018 an einer Forschungs-Studie in Köln teilgenommen, wo wir fünf Wochen in einer Höhenkammer waren, zwei davon auf fast 7000 Meter. Da mussten wir die Höhe etwas reduzieren, weil sie festgelegte Grenzwerte überschritten hatte.

Hast du schonmal daran gedacht, den Manaslu doch mit Flaschensauerstoff zu versuchen?
Never ever! Nach dem Versuch der Trilogie Nuptse-Lhotse-Everest 1996 habe ich mir geschworen, nie wieder Kunden Sauerstoff anzubieten – und das gilt genauso für mich. Ich will ja einen 8000er besteigen und keinen 6000er.
Bei deinen 8000ern hast du einzig am Everest 1992 Flaschensauerstoff genutzt. Von 1996 bis 2017 hast du siebenmal versucht, diese "Scharte auszuwetzen", dann hast du gesagt, dass du es nicht mehr probieren wirst. Ganz sicher?
Der Everest ist abgehakt! Die Chance, mich dort oben umzubringen, ist es mir definitiv nicht mehr wert.
Wie sah deine Vorbereitung für den Manaslu konkret aus?
Vor allem Training im Langzeit-Ausdauerbereich, aber auch Intervalltraining. Ich habe hier in Bühl die Weinberge hinter dem Haus. Ich renne da eine steile Strecke hoch, komme wieder runter und laufe ohne vollständige Erholung erneut los. Das ist aber eher der Kraftausdauerbereich, den brauchst du, wenn es mal kurz steil hoch geht. Mein Haupttraining für die Langzeitausdauer besteht aus Laufen, viermal die Woche. Ich bin immer viel gelaufen, mit 15 habe ich meinen ersten Marathon bestritten. Ich bin aber weiterhin auch fleißig am Klettern, in der Regel dreimal pro Woche.
Deine Felsheimat ist der Battert. Bist du noch oft dort klettern?
Nancy ist kein großer Battert-Fan, seit wir zusammen sind – acht Jahre –, bin ich nicht mehr so oft dort. Wir fahren eher in die Pfalz und ins Elsass. Ich bin aber nach wie vor gern im Battert. Wenn dich jeder Griff beim Namen begrüßt, klettert es sich leichter, auch wenn du zehn Meter über dem Haken stehst.
Ihr seid öfter in Leonidio beim Klettern …
Wahrscheinlich waren wir insgesamt über ein Jahr in Leonidio oder generell auf dem Peleponnes. Ich klettere inzwischen lieber in warmen Regionen. Mir gefällt in Leonidio die Mischung: jeden Tag ein anderes Gebiet, mal eine Mehrseillängenroute. Es sind Freundschaften mit Einheimischen entstanden, wir haben unsere Lieblingskneipen. Es ist diese Mischung aus Fels, tollen Laufmöglichkeiten und Dolce Vita. Dort hat es fast alles, was das Leben für mich lebenswert macht.

Wie viel normalen Alpinismus und alpines Klettern unternimmst du, unternehmt ihr noch?
Immer noch viel, wir fahren gerne in die Dolomiten, ein-, zweimal pro Sommer sind wir im Montblanc-Gebiet. Insgesamt ist es etwas weniger geworden, vor allem auf Skitour gehen wir nicht mehr so oft. Ansonsten bin ich nach wie vor als Zehnkämpfer unterwegs.
2011 hast du Amical Alpin verkauft. Wovon lebst du seither?
Ich bin nach wie vor Profi-Bergsteiger. Aktuell habe ich einen Rentenanspruch von 105 Euro (lacht). Ich trainiere nach wie vor wie ein Profi und lebe im Wesentlichen von meinen Sponsoren Lowa, Schöffel und Komperdell sowie von meinen Vorträgen, vor allem für Firmen.
Dann wirst du dich so schnell wohl nicht zur Ruhe setzen …
Ich habe einfach so viel Spaß am Klettern und Bergsteigen, das mache ich sicher, so lange es irgendwie geht. Für 2022 hatte ich mir vorgenommen, nochmal einen 8000er zu besteigen und 7a zu klettern. Der 8000er hat nicht geklappt, dafür habe ich mehrere 7a geklettert. Ich würde mich freuen, wenn nochmal eine 7b klappen würde!
Gibt es sonst noch Ziele?
Über die Jahre habe ich gemerkt, dass diese ganzen Ziele, die man sich setzt, Schall und Rauch sind. Für mich ist das Wichtigste, eine gute Zeit zu haben, mit netten Leuten unterwegs zu sein, abends gut zu essen – und das Leben beim Klettern zu genießen. Die Namen der Berge oder Routen, das ist alles nicht mehr so wichtig. Die Namen der Routen, die wir im Sommer in den Dolomiten geklettert haben, habe ich längst vergessen …
