Der Alpenverein (DAV) und der Kletterhallenverband KLEVER veröffentlichten die gesammelten Zahlen zu Unfällen in Kletterhallen 2017.
Darin:
- Zahlen der Unfälle mit Verletzungen
- Art der Unfälle
- Unfall-Ausgänge
- Welche Sicherungsgeräte wurden bei Unfällen mit Bodensturz verwendet
- Welche Sicherungsgeräte wurden generell am häufigsten verwendet (2813 Befragte)
- Exemplarische Auszüge aus Unfallberichten zur Verdeutlichung der Ursachen
Klever und DAV berichten:
Die Zahl der gemeldeten Unfälle macht nur einen Bruchteil der Kletterhallenbesuche aus und zeigen, dass Klettern eine verhältnismäßig sichere Sportart ist. Das gemeinsame Ziel der Verbände ist, möglichst wenige Unfälle in künstlichen Kletteranlagen verzeichnen zu müssen. Die gesammelten statistischen Daten sollen in künftige Ausbildungen mit einfließen, um den Klettersport noch sicherer zu machen.
DAV und KLEVER betreuen etwa 250 Kletter- und Boulderhallen, was den größten Teil der Kletteranlagen in Deutschland abdeckt. Es werden lediglich Unfälle erfasst, bei denen ein Rettungsdiensteinsatz nötig wurde, da in diesen Fällen meist eine gute Datenbasis vorzufinden ist.
Unfälle beim Bouldern
- Die Anzahl der Verletzungen an den Extremitäten, also Arme und Beine, ist beim Bouldern sehr hoch – es sind 87 Prozent der gemeldeten Unfälle.
- Die Unfallprotokolle deuten vermehrt daraufhin, dass die meisten Verunfallten über wenig Erfahrung mit Abspringen und kontrolliertem Stürzen verfügen.
- Der Großteil der Verletzungen passierte bei Mattenstürzen. Eine unkontrollierte Landung führte hier häufig zu Sprunggelenksverletzungen durch Umknicken oder zu Armbrüchen. Bei den Sportverletzungen wurde oft ein kontrollierter Absprung angegeben.





Unfälle beim Seilklettern
- Insgesamt wurde sich ein leichter Rückgang bei Seilkletterunfällen verzeichnet.
- Die meisten Unfälle wurden verursacht von Fehlern bei der Bedienung des Sicherungsgeräts.
- Nur wenige Unfälle (zwei) ließen sich auf Einbinde-Fehler zurückführen.
- Es gab mehrere Unfälle mit teils schweren Verletzungen beim Ablassen, obwohl dies als ein kontrollierbarer Vorgang angesehen werden kann.
- Unachtsamkeit und Ablenkung können aus mehreren Meldungen herausgelesen werden; einige Meldungen zeigen darüber hinaus, dass bei unangekündigten Stürzen größere Probleme auftreten können.
- Auch bei Sturztrainings kam es immer wieder zu Unfällen.





Auszüge aus Unfallprotokollen
Diese Auszüge aus den Unfallprotokollen verdeutlichen häufig auftretende Unfall-Ursachen.
- Beim Bouldern im Boulderraum stürzte der Kletterer unkontrolliert aus dem Dach und kam unglücklich auf der Matte auf. Kletterer hatte wenig Erfahrung im Bouldern und Fallen.
- Die Sichernde wurde beim Sturz des Kletterpartners in Höhe der dritten Exe an die Wand gezogen. Dabei erfolgte der Anprall mit dem Rücken an einen Klettergriff auf Höhe des Brustkorbs. Die erste Exe war geklippt worden. Es bestand ein relativ großer Gewichtsunterschied von etwa 30 Kilogramm.
- Der Einbindeknoten des Kletterers löste sich auf circa acht Metern Höhe vom Gurt und fiel zu Boden. Kletterer in der Nachbarroute versuchten, das Seil wieder nach oben zu bringen und den Kletterer erneut einzubinden. Während dieses Vorgangs ließ die Kraft des Kletterers nach und es kam zum Bodensturz.
- Auslassen der ersten Zwischensicherung, beim Klippen der zweiten gestürzt.
- Nach Klippen der letzten Zwischensicherung Überhang abgerutscht. Nicht dynamisch gesichert, dadurch zu harter Anprall an die Wand. Mit Arm und Oberkörper gegen Klettergriff geprallt.
- Beim Ablassen "wurde es zu schnell". Sturz aus fünf Metern Höhe auf die Füße.





Älterer Beitrag:
DAV-Bergunfallstatistik für 2012/13 - die meisten Unfälle sind vermeidbar
Die Unfallstatistik des Alpenvereins zeigt: Im Bergsport passieren weniger tödliche Unfälle, insgesamt steigen die Notfall-Einsätze aber. Hier nachlesen: Wie die meisten Unfälle zu vermeiden sind.
Der Deutsche Alpenverein (DAV) teilt mit:
"Die DAV-Bergunfallstatistik für die Jahre 2012 und 2013 liegt jetzt vor. Die Zahlen sind ermunternd und besorgniserregend zugleich. Einerseits gab es noch nie so wenige tödliche Unfälle, andererseits ist die Zahl der Unfälle und Notfälle insgesamt gestiegen. Beim Klettersteiggehen zeigen sich diese Trends besonders deutlich: Zum einen sind in dieser Disziplin in den beiden zurückliegenden Jahren nur zwei DAV-Mitglieder tödlich verunglückt.
Zum anderen steigt die Zahl der Bergsportler, die an Klettersteigen gerettet werden müssen, rasant an. Quer durch alle Bergsportdisziplinen und unabhängig von der Schwere der Unfälle ist ein Trend überall sichtbar: Viele Unfälle und Notfälle sind auf die Überforderung der betroffenen Bergsportlerinnen und Bergsportler zurückzuführen und deshalb vermeidbar.
Die Erkenntnis, dass viele Unfälle vermeidbar sind, lässt sich auf ein neues Themenfeld in der DAV-Bergunfallstatistik übertragen: auf das Hallenklettern. Die vorliegenden Zahlen belegen ein sehr geringes Unfallrisiko beim Klettern an künstlichen Kletterwänden. Sie belegen aber auch, dass die Unfallursache Nummer eins Sicherungsfehler sind.
In den Jahren 2012 und 2013 waren insgesamt 28 bzw. 36 Tote zu beklagen – der niedrigste bzw. der drittniedrigste Wert in der 61-jährigen Geschichte der DAV-Statistik. Das Risiko eines tödlichen Unfalls ist in dieser Zeitspanne auf zehn Prozent des Ausgangswertes gesunken. Für das Jahr 2013 liegt dieses Risiko bei eins zu 28.000.
Nicht ganz so positiv entwickeln sich die Unfall- und Notfallzahlen insgesamt. Im vergangenen Jahr waren 1126 und damit so viele Personen wie noch nie von Unfällen oder Nofällen betroffen. Zwei Gründe sind dafür hauptverantwortlich: Zum einen ist die DAV-Mitgliederzahl so hoch wie noch nie, sie hat im Jahr 2013 die Millionenmarke überschritten. Der zweite Grund ist die starke Zunahme an Notfällen mit unverletzt geborgenen Bergsportlerinnen und Bergsportlern. In den letzten zehn Jahren ist dieser Anteil um 55 Prozent gewachsen.





Indoor-Klettern: Sicherungsfehler sind Unfallursache Nummer eins

In den Jahren 2012 und 2013 sind 161 Unfälle in 31 DAV-Kletteranlagen gemeldet worden. Verglichen mit den vielen hunderttausend Kletterhallenbesuchern ist diese Zahl sehr niedrig. Statistisch gesehen müsste ein durchschnittlicher Kletterer, der zweimal in der Woche für zwei Stunden in die Halle geht, weit über 100 Jahre aktiv sein, bis ein Unfall passiert.
Kaum überraschend hat sich gezeigt, dass das Verletzungsrisiko beim Bouldern etwa doppelt so hoch ist wie beim Seilklettern. Beim Bouldern passieren allerdings eher leichtere Unfälle mit Verletzungen an Beinen und Armen. Beim Seilklettern ist dagegen das Risiko einer schweren Verletzung deutlich höher.
78 Prozent der Seilkletterunfälle ereignen sich beim Vorsteigen, 12 Prozent passieren beim Ablassen – in einer Phase im Ablauf des Kletterns also, die sicherungstechnisch gesehen vollkommen unproblematisch ist. Sowohl dabei als auch beim Vorstieg sind es Sicherungsfehler, die für die Unfälle verantwortlich sind. Einmal mehr zeigt sich also ein durchgängiges Muster: Viele Unfälle beim Bergsport sind vermeidbar.
Klettersteig-Gehen: Blockierungen verzehnfacht
Klettersteig-Gehen ist stark im Trend, dementsprechend gibt es auch immer mehr Unfälle und Notfälle – allerdings überproportional: Seit 2000 haben sich die Meldungen im Verhältnis zur DAV-Mitgliederzahl verdreifacht.
Besonders starkt zunehmend ist die Zahl der Rettungen Unverletzter. Diese sogenannten „Blockierungen“ machen inzwischen 46 Prozent aller Meldungen aus. In den letzten zehn Jahren hat sich die Blockierungsquote verzehnfacht.
Blockierungen sind Situationen, in denen die Betroffenen nicht mehr vor oder zurückkommen und auf die Bergrettung angewiesen sind. Insofern zeigt sich auch beim Klettersteiggehen ein Muster, das bereits in den anderen Disziplinen aufscheint: Unfälle und Notfälle sind in vielen Fällen vermeidbar. Gerade bei Klettersteigen scheint die Anzahl derer, die den Gesamtanforderungen der Tour nicht gewachsen sind, sich zu vergrößern. Die beste Prävention von Unfällen ist deshalb eine ehrliche Selbsteinschätzung und die entsprechende Auswahl der Tourenziele.
Wandern ist die sicherste Bergsportdisziplin
25 Prozent aller Bergunfälle und Notfälle passieren beim Wandern – mehr als in allen anderen Bergsportdisziplinen. Trotzdem ist Wandern sehr sicher und gesund, denn keine andere Disziplin wird auch nur annähernd so häufig betrieben: 90 Prozent der DAV-Mitglieder sind aktive Wanderer.
Knapp die Hälfte aller Wanderunfälle (49 Prozent) sind die Folge von Stolpern, Umknicken oder Stürzen. Drei Viertel dieser sturzbedingten Unfälle passieren im Abstieg – also dann, wenn die Ermüdung zunimmt und die Aufmerksamkeit sinkt. Bei entsprechender Vorbereitung, Einstellung und Strategie könnten viele dieser Unfälle vermieden werden.
Das gilt auch für den zweiten großen Ursachenblock bei den Wanderunfällen, die körperlichen Probleme. 18 Prozent aller Unfälle und 37 Prozent aller tödlichen Unfälle beim Wandern resultieren aus Krankheit, Überlastung und Kreislaufproblemen. Besonders betroffen hiervon sind ältere Bergsportlerinnen und mehr noch Bergsportler. Angemessenes Training, die richtige Selbsteinschätzung und eine entsprechende Tourenauswahl sind sehr wirksame Maßnahmen zur Vermeidung von körperlichen Problemen beim Wandern.
Sicherheitstipps für das Indoor-Klettern
Die Unfallstatistik zum Indoor-Klettern hat deutlich gezeigt, dass Sicherungsfehler die Unfallursache Nummer eins ausmachen. Daraus leiten sich diese Sicherheitstipps ab:
- Sicherungstechnik beherrschen: am besten einen Kletterkurs besuchen und den DAV-Kletterschein erwerben
- Partner-Check konsequent durchführen
- Beim Sichern
aufmerksam sein
nicht zu weit von der Wand entfernt stehen
nicht zu viel Schlappseil geben
- Kontrolliert ablassen
- Stürzen und Sichern trainieren – unter Anleitung
Datengrundlage der DAV-Bergunfallstatistik
In der DAV-Bergunfallstatistik werden ausschließlich die Unfälle von DAV-Mitgliedern erfasst – unabhängig davon, wo diese Unfälle passieren. Eingang in die Statistik finden Unfälle, die die Mitglieder an die Versicherung des DAV (Alpiner Sicherheits Service – ASS) melden, um beispielsweise Bergungskosten erstattet zu bekommen.
Eine Ausnahme ist die neue Statistik zu den Unfällen beim Indoor-Klettern. Weil dort in aller Regel keine Bergekosten anfallen, liegen auch kaum Versicherungsmeldungen vor. Deshalb baut der DAV für seine Kletterhallen seit 2011 ein Netzwerk zur Meldung von Unfällen auf. In dieser Bergunfallstatistik sind erstmals aussagekräftige Zahlen zum Hallenklettern enthalten."
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