KLETTERN-Steckbrief: Hannah Meul
Geburtsjahr: 2001
Wohnort: Köln
Sponsoren: Mammut, Scarpa, Rewhite Climbing, Deutsche Sporthilfe
Hannah, wie bist du zum Klettern gekommen? Mit meiner Schwester zusammen habe ich in der Kletterhalle angefangen. Ich musste aber noch warten, bis ich 7 Jahre alt war, dann bin ich in eine Kindergruppe gekommen, die von Lara Salzer, also Jan Hojers Schwester, geleitet wurde. Da bin ich direkt in den richtigen Händen gelandet.
Du bist Kletterprofi, machst du noch etwas anderes? Also Klettern hat ganz klar Priorität, aber ich starte jetzt ins dritte Semester an der TH Köln im Fach Soziale Arbeit. Dort kann ich auch als Leistungssportlerin studieren, also eher in Teilzeit.

Hast du ein Motto? Von meinem ersten Trainer, dem Dieter, habe ich einen Satz mitgenommen: "Der Schmerz ist dein Freund" – das ist mein Motto, was für mich im Klettern gilt. Das bezieht sich auf das Sich-quälen-können, was einen ja weiterbringt. Das habe ich schon irgendwie lieben gelernt, das letzte Kämpfen an der Wand und man kommt doch noch weiter... wenn man diese Schmerzgrenze überschreitet, das ist ein ganz besonderes Gefühl für mich. Und das hilft natürlich auch im Alltag, wenn man Schmerz nicht nur als negativ betrachtet.
Du bist also leidensfähig? Beim Training schon :) wobei ich natürlich schon auf meinen Körper höre und zwischen "harmlosem" Schmerz und "Warn-"Schmerz unterscheide. Aber wenn zum Beispiel die Haut schmerzt, ist das ja etwas, was man ignorieren kann.
Deine Lieblingsmusik? Weitgefächert! Vor dem Wettkampf gern Old-School-Hiphop, aber morgens höre ich auch schonmal Jazz... auf meinem Plattenspieler höre ich auch Sachen wie Queen oder Fleetwood Mac – es muss zur Stimmung passen.
Dein Lieblingsessen? Gekochte Karotten! Beim Kartoffelstampf oder zum Abendessen dazu, ich liebe Karotten.
Carrots for Power! Was motiviert dich? Ich bin einfach froh, dass ich mit dem Klettern etwas gefunden habe, was ich immer machen möchte. Ich liebe es voll und ganz und brenne dafür. Dass ich an einem Tag noch Klettern gehe, motiviert mich dann auch, vorher was für die Uni zu machen zum Beispiel. Aber auch das Reisen finde ich echt cool. Gefühlt wird meine Leidenschaft fürs Klettern auch immer größer.

Wo verbringst du viel Zeit? In den Kletterhallen der Kölner Gegend hauptsächlich. Im neuen Chimpanzodrome bin ich tatsächlich sehr oft, manchmal zwei Mal am Tag. Und dann verbringe ich natürlich noch Zeit mit Studieren.
Dein Lieblingsklettergebiet? Am liebsten bin ich in Fontainebleau, das ist für mich der magischste Ort. Wenn ich da bin, fühle ich mich frei und bin ich selbst. Das ist für mich der Ausgleich und da versuche ich oft hinzukommen. Das Tessin gefällt mir auch super und dann haben mich auch die Boulder in Schweden begeistert, und die wahnsinnig schöne Landschaft dort.
Was ist deine Kletterdisziplin? Ich bin ja in erster Linie Wettkampfkletterin, und da trete ich im Bouldern und im Lead an. Früher habe ich mehr gebouldert, aber jetzt mag ich beides sehr gern. Es ergänzt sich auch gut. Daher kommt mir die Kombination bei der Olympischen Spielen in Paris 2024 entgegen, wo Lead und Bouldern kombiniert wird.
Klettern ist am coolsten wenn... man Freude hat und tolle Menschen dabei sind, die einen motivieren und die Freude mit einem teilen.
Klettern ist doof, wenn... (zögert) hm. Da fällt mir jetzt gar nicht ein... doch: ...wenn es auf Schnelligkeit geht (grinst). Wobei, selbst am Speed habe ich Freude gefunden, aber weniger als beim Bouldern oder Lead.
Dafür musste ich mich anstrengen: Ich bin eher eine technische Kletterin und kräftige Züge fallen mir schwer. Es ist mir lang schwer gefallen, Kraft aufzubauen, auch von meinem Körpertyp her. Deshalb fällt es mir auch schwer, mich für Kraftübungen zu motivieren. Da hilft es, wenn jemand mitmacht!
Mein letzter großer Erfolg: War auf jeden Fall, bei der Weltmeisterschaft in Moskau im Lead ins Halbfinale zu kommen. Das war mein Ziel, und ich bin total froh, dass das geklappt hat. Das war ja meine erste WM, und da bin ich jetzt optimistisch, dass da auch noch mehr geht.

Wie gehst du damit um, wenn es mal nicht so läuft, der Erfolg ausbleibt? Natürlich bin ich erstmal enttäuscht, wenn mir trotz all dem Training und der ganzen Vorbereitung es mir nicht gelingt, meine Leistung abzurufen. Aber es gibt halt Tage, an denen das einfach nicht funktioniert. Dann gebe ich mir die Zeit, so maximal eine Stunde, enttäuscht zu sein, mal traurig, mal wütend. Aber dann versuche ich weiterzumachen. Ich schaue dann, was ist gut gelaufen, und versuche das mitzunehmen. Es gibt immer was zu lernen! Mir ist dann aber wichtig, damit abzuschließen und nach vorn zu schauen. Das erlebt jeder Leistungssportler auch zwangsläufig, denn die Wahrscheinlichkeit, zu gewinnen, ist ja viel niedriger als die Wahrscheinlichkeit, dass es doch mal nicht so gut läuft, damit muss man rechnen. Dafür ist der Erfolg dann nochmal umso mehr wert.
Wie war das bei der Jugend-Olympiade in Buenos Aires, da bist du im Combined-Wettkampf trotz Punktegleichstand mit der letztlich Dritten nachher auf dem vierten Platz gelandet. Wie hast du das empfunden? Den Wettkampf sehe ich als meinen bisher größter Erfolg. Weil ich bis zum Ende gekämpft habe, und das war mir wichtig. Beim Bouldern, damals meine Disziplin, ist es einfach nicht gelaufen an dem Tag. Dann stand ich vor dem Leadfinale und dachte, ich habe nichts zu verlieren. Jetzt zeige ich einmal, was ich wirklich kann. Und dass das geklappt hat, da war ich so glücklich und stolz – dass ich nicht aufgegeben habe, weiter gekämpft habe und drangeblieben bin. Im Lead habe ich dann gewonnen und da war ich mit meiner Leistung sehr zufrieden. Vierter Platz ist zwar undankbar, aber ich bin eigentlich superstolz darauf, was ich erreicht habe.

Was machst du abseits vom Klettern? Mal ins Café gehen, Freunde treffen, ganz normale Sachen. Lesen.
Was liest du gerade? Zwei Bücher. Einmal 'Wie ein einziger Tag', also einen Liebesroman, das ist gut für Wettkämpfe, weil es nicht so spannend ist und einen nicht aufregt, so dass man das einfach so nebenbei lesen kann. Das andere heißt 'Das Kind in dir muss Heimat finden', ein psychologisches Sachbuch, das vom Inhalt zu meinem Studium passt und was mich super interessiert.
Wie trainierst du? Ich trainiere fünf bis sieben mal die Woche, meistens bin ich davon fünf mal die Woche an der Wand und versuche noch zwei Einheiten Kraft einzubauen. Meist trainiere ich drei Tage am Stück, mache einen Tag Pause und trainiere dann nochmal drei Tage am Stück. Oft mache ich Doppeleinheiten, zum Beispiel morgens Fingerkraft und abends klettern, die Einheiten dauern zwei bis drei Stunden. In den Wettkampfzeiten bin ich viel mehr an der Wand und mache auch mehr Pause.
Tee oder Kaffee? Kaffee! Tee mag ich schon auch, aber morgens brauche ich Kaffee :)
Hund oder Katze? Hund.
Danke Hannah, keep crushing!