Starker Kopf fürs Klettern erwünscht? 10 Mentaltraining-Tipps

Mentaltraining Klettern
Starker Kopf fürs Klettern erwünscht? 10 Mentaltraining-Tipps

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Zuletzt aktualisiert am 21.03.2014
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Foto: Jack Geldard

Mentaltraining umfasst alle Techniken und Übungen, die dabei helfen, das Optimum aus sich herausholen. Nervosität, Angst oder Zweifel: Beim Klettern sind dies normale und gesunde Emotionen. Doch hilfreich sind sie oft nicht! Deshalb ist es beim Klettern um so wichtiger, den Kopf – letztendlich die Psyche – zu kennen und darauf Einfluss nehmen zu können.

In Sachen Mentale Stärke gibt es Naturtalente und weniger Begabte. Nicht selten entscheidet – gerade bei Wettkämpfen – nicht die körperliche Fitness, sondern "ein starker Kopf" über Sieg und hintere Ränge: Denn nichts bestimmt die Tagesform so stark wie der Kopf.

Die hier vorgestellten Tipps zu Aspekten des Mentaltrainings bieten potente Ansätze, wie man mit Kopfproblemen umgehen kann. Doch funktionieren die meisten von ihnen wie ein Klimmzug: einmal machen reicht nicht für einen nachhaltigen Effekt.

[Hintergrundwissen Mentaltraining: Sportpsychologie fürs Klettern]

Das gezielte Üben von mentalen Techniken verspricht allerdings mehr als nur ein bisschen Verbesserung im Sport. Wer ernsthaft an sich arbeitet, kann Effekte auch außerhalb des Kletterns erwarten und Fortschritte bei mentalen Aspekten, die auf den ersten Blick vielleicht nichts mit dem Klettern zu tun haben.

Konkurrenz als Inspiration sehen

Sich zu vergleichen ist menschlich. Und sinnvoll, denn schließlich ist nichts motivierender als ein nur geringfügig stärkerer Trainingspartner. Allerdings sollte das Gefühl des Wettstreits ein freundschaftliches sein.

Wer anderen den Erfolg nicht gönnt, macht Platz für Selbstzweifel und landet schnell in einer negativ-Spirale (die nicht hilfreich ist!). Stattdessen lieber positiv bleiben: "Das kann ich schon lange!" denken und die gute Leistung anderer als Ansporn nutzen.

Interpretiere etwaigen Neid um in Bewunderung und nimm diese zum Grund, mit vollem Einsatz zu trainieren.

Motivation / Psyche

Eine gute Motivation ist unser Motor. Nutze deine innere Begeisterung. Freu dich aufs Klettern. Freu dich an der Bewegung. Halte dir deine Freude am Klettern vor Augen, sollte das Training einmal hart sein.

Logisch: Halbherziges Training bringt auch nur die Hälfte. Wer grundsätzlich regelmäßig und mit Einsatz trainiert, sollte akute Lustlosigkeit als Warnsignal sehen. Dann lieber ein Training ausfallen lassen, und dafür bei der nächsten Einheit wieder Feuer und Flamme sein. Eine Trainingseinheit zu verlieren ist weit weniger problematisch als mit Motivationsverlust zu kämpfen.

Sich nicht irritieren lassen

Wer sich ablenken lässt, hat schon verloren. Das gilt für eigene "Querschläger"-Gedanken genau so wie für Störungen von außen. Es gilt also, Konzentration zu lernen, und den Fokus zu behalten, egal ob man 8 Meter über der letzten Sicherung steht oder eine Wespe auf dem Griff sitzt.

Deshalb ist ein gutes Motto: "Das Beste geben! Egal, was passiert!" Lass' dich sich nicht vom Wetter, nicht von Zweifel, genau: von nichts ablenken. Dies muss immer wieder geübt werden.

Bewusstsein, Unbewusstsein, Unterbewusstsein

Unser Bewusstsein bildet sozusagen nur die oberste, für uns sichtbare Schicht von dem "See", der unsere Psyche ist. Doch auch Strömungen, die unterhalb der wahrnehmbaren Schicht sind, können Seegang verursachen und damit unser Boot zum Kentern bringen.

Um erfolgreich zu sein, ist es wichtig, dass unsere gesamte Psyche "an einem Strang zieht" und nicht etwa im Unterbewusstsein abgespeicherte Zweifel ("das schaff' ich eh nicht") den Erfolg verhindern. Um erfolgreich und hochentschlossen zu agieren, müssen wir hundertprozentig und vollen Herzens an uns selbst glauben. Manche Kletterer behaupten, all das körperliche Training sei nur dazu da, um dieses Selbstvertrauen zu untermauern.

Selbstbewusstsein

Sich seiner selbst bewusst zu sein, bedeutet, die eigenen mentalen Stärken und Schwächen zu kennen. Und Techniken zu entwickeln, die persönlichen Stärken richtig auszuspielen und bei Schwächen effektiv gegenzusteuern.

Dies erfordert Reflexion – wann agierst du gezielt, wann spulst du erlernte (erwartete?) Muster ab, wann REagierst du nur? Beobachte dich selbst, hinterfrage deine Motivationen (und deine Ausreden!), doch bleibe bei aller Kritik konstruktiv und positiv dir selbst gegenüber.

Kopf umprogrammieren

Manchmal lassen wir uns von kleinen Zwischenfällen die Laune verderben. Ein Autofahrer, der uns die Vorfahrt nimmt, oder ein Nachbar, der nicht zurückgrüßt können da schon ausreichen. Vor solchen negativen Mechanismen sind wir auch im Sport nicht gefeit. Da aber die Leistungsfähigkeit bei guter Laune und voller Konzentration besser ist, sollten man sich "Programme" anlegen, umd schlechte Laune loszuwerden.

Das kann eine positive Erinnerung sein, vielleicht ein tolles Kletter-Erlebnis, ein sportlicher Erfolg oder auch ein positive Erinnerung aus einem ganz anderen Bereich des Lebens – Hauptsache ist, es sich deutlich vorzustellen und auch die positiven Emotionen aus dieser Situation wieder hervorholen zu können.

Übrigens helfen regelmäßige Entspannungsübungen wie Yoga und Meditation dabei, Gelassenheit und eine positive Grundeinstellung fest im Alltag zu verankern.

Risikofaktor Erwartungshaltung

Eine große psychologische Falle ist die eigene Erwartungshaltung. Wenn wir zum Beispiel erwarten, dass uns eine Kletter-Route leichtfallen wird, geben wir uns vielleicht nicht ganz so viel Mühe, und empfinden die Route letztlich als viel schwerer. Erwarten wir, eine Route nicht durchsteigen zu können, geben wir womöglich viel zu früh auf.

Auch unsere tägliche Zufriedenheit hängt zum Großteil an unseren Erwartungen. Deshalb ist es sinnvoll, eine erfolgversprechende "Erwartungshaltung" ("wenn ich alles gebe, habe ich gute Aussichten auf Erfolg") zu trainieren.

Visualisierung

Streng genommen ist das Visualisieren von positiven Bildern oder Erfolgszenarien nur eine von vielen Techniken im Mentaltraining. Doch ist sie ein kraftvolles Werkzeug, das auf verschiedenen Ebenen sinnvoll einzusetzen ist. Besonders wirkungsvoll soll das Visualisieren sein, wenn man es im tief-entspannten Zustand oder im Übergang zwischen Wachen und Schlafen übt (also morgens direkt nach dem Aufwachen oder abends kurz vor dem Einschlafen).

Einmal kann man sich damit eine optimistische Haltung gegenüber dem Erfolg aneignen. Damit kann man bei regelmäßigem Üben tiefliegenden Zweifeln an sich selbst entgegenwirken und somit die Einsatzbereitschaft und in der Folge die Erfolgsaussichten verbessern.

Zum Anderen lassen sich über das mentale Durchspielen von Kletterzügen tatsächlich Bewegungsabläufe verinnerlichen und verbessern.

In der Atmung liegt die Kraft

Über das bewusste Atmen lässt sich das vegetative Nervensystem ansteuern. So kann man sich je nach Bedarf mit etwas Übung in einen entspannteren oder angeregteren Zustand versetzen.

Hilfreich sind hierfür regelmäßige Atem-Übungen, zum Beispiel aus dem Yoga.

Frustrationstoleranz stärken

Klettertalente gibt es. Aber selten! Wer in etwas gut werden will, muss üben. Muss an die eigene Grenze heranwollen, denn nur wer heran kommt, kann sie verschieben. Es liegt in der Natur der Sache, dass das Scheitern zum Sport dazugehört. Es ist nichts anderes als Feedback: Lerne daraus. Ziehe angemessene Konsequenzen. Bewerte Niederläge und Rückschläge nicht.

Es gibt niemanden, dem Rückschläge schaden, außer dem eigenen Ego. Und mit diesem mysteriösen Gesellen zurechtzukommen, ist eines der wichtigen Aspekte von Mentaltraining. Hier kannst du ansetzen.

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