- Info zum Bouldern im Harz
- Die besten Gebiete für Einsteiger + Hardmover + Familien + Ruhesuchende
- Story: Ein Bouldergebiet wandelt sich
Info zum Bouldern im Harz
Hinkommen, anreißen, ablegen: die wichtigsten Informationen zum Bouldern im Harz gibt's hier.
Bouldern
Im Harz wird fast ausschließlich an freistehenden Granitblöcken gebouldert. Das größte Gebiet ist das Okertal, gefolgt von den Hohnsteinklippen und den Mäuseklippen. Generell liegen die Boulderblöcke in der Nähe von größeren Kletterfelsen, Seilklettern und Bouldern können gut kombiniert werden. Im nördlichen Harzvorland zwischen Bodenstein und Westerhausen warten mehrere Sandsteinbouldergebiete.
Der Harz-Granit ist stark verwittert und bietet unregelmäßige Leisten, Sloper und Kristallsteller. Von der Reibungsplatte über senkrechte und leicht überhängende Leistenwände bis hin zu handfesten Dächern ist alles zu finden. Auch die Blockhöhen variieren von A****fräse bis zu 7 Meter hohen Highballs. Meist sind Absprunghöhen und Absprunggelände aber okay. Mit einer Bouldermatte kann man rund 90 Prozent der Probleme gefahrlos begehen.

Bei den Sandsteingebieten im Harzvorland variiert der Charakter der Blöcke. In Bodenstein und Blankenburg findet man häufig Löcher und Waben. In den anderen Gebieten ist der Fels stärker verkieselt und kompakter, wodurch Leisten und Sloper dominieren.
Insgesamt gibt es in und um den Harz etwa 2500 dokumentierte Boulderprobleme von easy bis derzeit 8A. Auch Gruppen mit stark unterschiedlichem Leistungsniveau werden überall glücklich. Insbesondere in den Granitgebieten wartet noch einiges an Erstbegehungspotenzial.
Anfahrt

Ins Okertal gelangt man zumeist über die A7 und die Bundesstraßen B82 (von Süden) oder B6 (von Norden). Die Ausfahrt Goslar-Oker nehmen und auf der B498 Richtung Altenau. Am Ortsausgang Oker beginnt das Okertal. Die Anfahrt zu den anderen Gebieten ist ausführlich im Führer beschrieben. Die Größe der Sterne in der Karte symbolisiert die Größe der Bouldergebiete. "G" steht für Granit, "S" für Sandstein.
Übernachtung
Fürs Okertal empfiehlt sich der Campingplatz in Göttingerode. Vom Zelt über Wohnwagen bis zum Miet-Caravan ist alles möglich. Ferienwohnungen gibt es günstig gelegen in der Villa Kunterbunt am Ortsausgang von Oker (fewo-villa-kunterbunt.de). Das Hotel Waldhaus gegenüber bietet ebenfalls günstige Unterkunftsmöglichkeiten und richtet sich speziell an Outdoor-Sportler (harzhotel-waldhaus.de). Von hier kann man zu einigen Gebieten zu Fuß starten.
Führer

HarzBlock V2.2 – Bouldern im und um den Harz von Heiko Apel ist nun in der 4. Auflage erschienen und derzeit der einzige Führer zum Gebiet. Zu beziehen direkt vom Autor unter harzblock.de oder hier im KLETTERN Shop.
Ausrüstung
Der nächste gut sortierte Bergsportladen ist Sachen für Unterwegs (sfu.de) in Braunschweig. Travelcamp (travelcamp.de) in Wernigerode, die Globetrotterfiliale auf Torfhaus und Outdoor Concepts in Bad Harzburg (outdoor-concepts.de) bieten eine Basisauswahl an Kletterausrüstung.
Ruhetagsaktivitäten
Seilklettern, Mountainbiken auf hunderten Kilometern von Trails, für Kanuten wildes Wasser unterhalb der Okertalsperre, sommerliches Baden in derselben oder eine Wanderung auf den Brocken – das Outdoorangebot ist groß. Im Herbst und Winter bieten sich die Soletherme in Bad Harzburg oder die Kristalltherme in Altenau an. Kulturell Interessierten sei Goslar mit seinen Weltkulturgütern Kaiserpfalz und dem Besucherbergwerk Rammelsberg empfohlen. Gleiches gilt für die Weltkulturerbestadt Quedlinburg im Osten und auch Wernigerode.

Die Bouldermöglichkeiten im Harz sind nicht nur aufgrund des unterschiedlichen Gesteins unterschiedlich. Hier empfiehlt Gebietskenner Heiko Apel die wichtigsten Bouldersektoren für Einsteiger, Hardmover, Familien und Ruhesuchende.
Das Tränketal und die Studentenklippen im Okertal sind gern besucht und bieten daher leicht zu findende und immer saubere Blöcke mit Bouldern in allen Schwierigkeitsgraden. Der Schwerpunkt liegt dabei im Bereich Fb 5 und 6.
Die höchste Dichte an schweren Bouldern (7B bis 8A) findet man an der Titanic (Treppenstein, Okertal), dem Opferstock (Tank, Okertal) und der Vergessenen Welt (Steinbrecherweg, Okertal).
Die derzeit schwierigsten Boulder im Harz:
- Sciene fiction (8A, Blankenburg)
- Cremaster cycle 5 (8A, Kaminturm, Okertal)
- Lynx (8A, Kaminturm, Okertal)
- Daruma (8A, Treppenstein, Okertal)
- Dai-Shogun (8A, Ziegenrücken, Okertal)
- Der König der Blechschäden (7C+, Treppenstein, Okertal)
- Time Machine (7C+, Zwillingsbuche, Okertal)
- Casino Royal (7C+, Huckepackenten, Okertal)
- Platzhirsch (7C+, Kamelsklippe, Okertal)
- Gaia (7C+, Opferstock, Okertal)
- Drachenfaust (7C+, Steinbrecherweg, Okertal)
- Die Geister, die ich rief (7C+, Treppenstein, Okertal)

Die Bodensteiner Klippen sind ein ideales Gebiet für Groß und Klein. Wer nicht bouldern will, genießt das Blockwirrwarr als Spielplatz und den mitunter verwunschen wirkenden Wald. Der weiche Sandboden lädt zudem zum Picknicken ein.
Weitab von Straßen und beliebten Wanderwegen gelegen, garantieren die Huckepackenten im Okertal und die Blöcke um die Hohnsteinklippen ruhige Stunden. Aber: Die Ruhe muss erlaufen werden.

Ich hätte nie gedacht, das würde – könnte – passieren, doch Himmelfahrt 2020 geschah es: Gegen 13:00 Uhr fuhr ich mit der Bouldermatte im Kofferraum ins heimische Okertal, doch ich kam nicht zu den Felsen. Es gab keinen einzigen freien Parkplatz mehr! Vom Waldhaus bis Romkerhalle war jeder auch noch so unmögliche Stellplatz belegt. Das änderte sich auch nach zweimaligen hoch- und wieder runterfahren nicht. Also musste ich unverrichteter Dinge umkehren und woanders mein Glück versuchen.
Der Lockdown im Frühjahr hat die Menschen in den Harz und damit auch in das Okertal mit seinen malerischen Felsformationen gespült. Wanderer, Picknicker, Mountainbiker, Waldbadende, Kletterer und eben auch Boulderer. Geschlossene Boulderhallen haben auch viele der ansonsten eingefleischten Indoor-Aktivisten von den Vorzügen des rauen Harzer Granits überzeugt. Insbesondere des niedersächsischen Granits, denn zu Hochzeiten des Lockdowns waren die sachsen-anhaltinischen Teile des Harzes auch für den Publikumsverkehr gesperrt. Das wurde sogar kontrolliert. Das habe ich mir auch nicht vorstellen können, dass 30 Jahre nach der Wende der Schlagbaum an der Grenze wieder runter geht. War aber so.
Bouldern ist Trend, und seit diesem Jahr eben auch das Bouldern draußen. Klar, es wurde schon immer im Harz gebouldert, was man allein schon daran belegen kann, dass HarzBlock, der Boulderführer für den Harz, in die vierte Auflage geht. Leider war die neue Auflage in der ersten Jahreshälfte noch nicht fertig, und viele mussten ohne Geleit in die Harzer Wälder ziehen und ihr Glück versuchen. Bei all denjenigen, die sich dabei verirrt haben, möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal entschuldigen. Hätte ich das geahnt, hätte ich früher angefangen. Aber die neue Auflage wurde fertig, und zwar schon Ende Juni. Und warum gab es das Buch dann erst im November? Weil, ja weil mir von einem privaten Waldeigentümer in Sachsen-Anhalt, in dessen Wald eines der besten Sandsteinbouldergebiete im Harzvorland liegt, eine Unterlassungsklage angedroht wurde, sollte ich das Buch veröffentlichen. Und das, obwohl das Bouldern dort völlig legal ist. Kein Schutzgebiet, keine Sondernutzung, kein gar nichts, es gilt das freie Betretungsrecht der Landschaft, und darunter fällt das Bouldern. Das passt ihm aber nicht, und daher wird versucht, die Veröffentlichung von Informationen über das Bouldern dort zu unterbinden. Die Klärung hat sich dann über Monate hingezogen, und jetzt sind wir, die IG Klettern Niedersachsen und ich, uns sehr sicher, dass eine solche Klage keinen Bestand haben dürfte. Daher ist HarzBlock V2.2 nun gedruckt und erhältlich, und ich harre der Dinge, die da eventuell noch kommen werden. Auf jeden Fall kann man ein solches Vorgehen nicht akzeptieren, weil damit jede Art von Führer (Kletter-, Wander-, Mountainbike-, Reiseführer usw.) verboten werden könnte.

Die Blöcke in den Harzer Wäldern genießen also eine nie da gewesene Popularität. Wobei es inzwischen auch fast euphemistisch ist, von Harzer "Wäldern" zu sprechen. Die allgegenwärtige Fichte erfährt nachhaltige Ausrottung durch den Borkenkäfer, der sich in den Monokulturen pudelwohl fühlt. Sein verderbliches Schaffen wurde in den letzten Jahren von der sommerlichen Trockenheit derart verstärkt, dass die Fichten kaum noch eine Chance haben. Wer den Harz und das Okertal von früher kennt, der wird heute verwundert auf die Baumleichenbestände und kahlen Hänge blicken. Wenn die toten Bäume nicht von Stürmen umgeblasen wurden, entfernte sie die Forstwirtschaft, um noch größeren Schaden zu verhindern. In diesem Zuge werden vielerorts auch die bislang gesunden Bäume geerntet, um wenigstens noch etwas Profit aus dem Wald zu holen. Das Ganze geschieht so schnell, dass es mitunter vorkommen kann, dass das einen Monat zuvor noch in tiefem Wald gelegene Bouldergebiet beim nächsten Besuch in einer kahlen Landschaft steht.
Und in den darauf folgenden Jahren muss man dann zunehmend die Blöcke suchen, denn die restliche Natur erobert den leeren Raum zurück, die Blöcke wachsen zu. Das ist gut, und das ist auch so gewollt, aber eben gelegentlich mit Unannehmlichkeiten für den Boulderer verbunden. Immerhin ist zumindest im Okertal ein Ziel des Waldumbaus, dass die Felsstandorte frei von wuchernder Vegetation wie Himbeeren und Brombeeren bleiben sollen, um anderer spezialisierter Vegetation geeignete Standorte zu schaffen. Biodiversität ist hier das Stichwort. Daher ist es dort auch gestattet, an den und um die Felsen herum die stacheligen Boulderverhinderer zurückzuschneiden.

Die Blöcke und das Bouldern daran sind natürlich nach wie vor hervorragend, sowohl im Granit des Harzes als auch im Sandstein des Harzvorlandes. Denn wenn sich auch alles dreht und wendet in diesen Zeiten, die Felsen bleiben wo und meist auch wie sie sind und warten. Warten auf das, was noch kommt, und ich meine, sie warten auch auf uns. Denn warum hätten sie sich sonst so in Schale geworfen? Wollten sie nicht bebouldert werden, dann hätten sie sich auch ein ganz glattes, knitterfreies Kleid anziehen können oder sich überall einen Flechtenbart wachsen lassen. Oder sähen einfach nur unansehnlich aus. Aber nein, sie sehen super aus!
Mit Griffen in allen Größen und Formen. Sogar ganz kleine, die man trotzdem festhalten kann. Zumindest wenn man fleißig trainiert hat. Und das haben Dank der vielen Boulderhallen ganz schön viele. Unter den nun regelmäßigen Harzer Boulderern ist so viel Power zu finden, wie man es noch nie gesehen hat. An schönen Wochenenden brummt es durch die geballte Energie um die Blöcke wie unter einer Hochspannungsleitung. Und dadurch entstehen immer mehr schwere Boulderprobleme, und zwar in allen Gebieten. Grandios!
Der Grad 8B ist zwar noch nicht erreicht, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Und der Haut. Die muss man sich für den Granit nämlich auch auftrainieren. Das war schon immer so und wird auch so bleiben. Der Granit ist eben alt und daher stark verwittert, also pieksig und alles andere als hautschonend. Damit muss man sich arrangieren, sonst könnte der Spaß dann doch nachlassen. Aber seid versichert: Geht man halbwegs regelmäßig hin, baut sich eine gute Hornhaut auf, und man lernt auch, hautschonender zu greifen.

Man kann aber auch für Abwechslung sorgen. Die Sandsteingebiete im Harzvorland schmirgeln die Haut zwar ebenso etwas ab, aber eben anders. So lassen sich zwei harte Bouldertage aneinander reihen. Und Sandstein ist nicht gleich Sandstein. Man kann die Sandsteingebiete in zwei Kategorien einteilen: Zum einen sind da die Gebiete mit etwas weicherem Sandstein, in denen Löcher und Waben vorherrschen, wie man sie aus der Pfalz oder dem Elbsandstein kennt. Hierzu zählen die Bodensteiner Klippen und das neu in den Führer aufgenommene Gebiet in Blankenburg. Hier muss man nach Regen etwas länger warten, bis der Fels gut durchgetrocknet ist, bevor man durch zu frühes Ziehen Griffe zerbricht.
Zum anderen gibt es Gegenden, in denen der Sandstein stark verkieselt und damit deutlich härter ist. Leisten und Sloper dominieren in diesen Gebieten, deren Felsqualität durchaus mit der in Fontainebleau zu vergleichen ist. Für Abwechslung sorgt auch die spezielle Klimatologie des Harzes. Man findet zu fast jeder Jahreszeit und Wetterlage das geeignete Gebiet. Regnet es im Harz und das Wetter kommt aus südlichen Richtungen, weicht man ins Harzvorland aus, wo es durch den kleinräumigen Nordharz-Fön durchaus sonnig und trocken sein kann. Ist es im Sommer in den tieferen Lagen zu heiß, besucht man die höher gelegen Gebiete, in denen es immer etwas kühler und häufig auch luftiger ist. Wir sehen uns dort!