Tipps Klettern
8 (vermeidbare) Anfängerfehler

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Diese Anfängerfehler beim Klettern sollte man vermeiden! Wir erklären, wie ihr es besser macht.

Anfängerfehler beim Klettern: machst du sie? (Plus Abhilfe!)
Foto: Ralph Stöhr

Du bist ja kein Anfänger mehr, also sind diese Fehler uninteressant, oder? Blöd nur, wenn man sich einen Anfängerfehler angewöhnt hat. Hier erläutern wir, wie die zugrundeliegenden Abläufe deine Kletterfähigkeit beeinflussen.

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Verbreitete Anfängerfehler beim Klettern

Beim Klettern kommt es nicht nur auf einen starken Bizeps an. Kletter-Anfänger erkennt man schnell an der Wand, denn sie machen einiges falsch. Meist kommen mit der Zeit die Aha-Erlebnisse, bei denen man wieder etwas lernt und einen Schritt voranmacht. Diese Entwicklung ist wichtig, denn so entwickeln wir unsere Kletterfähigkeiten und werden besser. Aha-Erlebnisse und Lern-Erfahrungen kann man natürlich auch machen, wenn man schon lang kein Anfänger mehr ist – vorausgesetzt, man ist offen dafür. Als Anfänger ist man begierig, neue Fähigkeiten zu erwerben, und die Bewegungsabläufe sind noch nicht gefestigt. Optimale Voraussetzungen also, um neue Bewegungen zu erlernen und ins Technik-Repertoire zu integrieren. Doch auch wenn man nicht mehr blutiger Anfänger ist, und manche Abläufe bereits gefestigt, gibt es natürlich immer noch etwas dazu zu lernen. Profi-Kletterer wissen dies und feilen minutiös an Bewegungen, bis sie optimal sitzen. In diesem Artikel haben wir uns auf die gröbsten Patzer konzentriert, an denen es sich zu feilen lohnt. Und vermutlich finden sich auch für die fortgeschrittenen Kletterer noch Ansätze, um sich zu verbessern. Gute Kletterer sind gut, weil sie offen dafür sind, weiter dazu zu lernen.

Fehler Nummer 1: Füße vergessen

Obwohl wir theoretisch wissen, dass Fußtechnik das A und O beim Klettern ist, benutzen wir sie meist zu wenig.

Anfängerfehler beim Klettern: machst du sie? (Plus Abhilfe!)
Ralph Stöhr
„Ich komme nicht an den nächsten Griff!“ passiert nicht nur Anfängern, diesen aber besonders oft. Meist hilft es, die Füße höher zu platzieren.

Das Problem: Dass Anfänger ihre Füße nicht einsetzen und gar vergessen ("Ich komme nicht weiter!") ist keine Absicht. Unser Gehirn ist darauf programmiert, die Aufmerksamkeit auf unsere Haupt-Werkzeuge zu lenken, unsere Hände. Deshalb finden wir es nicht schwierig, den nächsten Griff anzusteuern und auch relativ schnell zu begreifen, wie genau dieser sich am besten halten lässt. Doch die optimale Position für die Füße finden wir anfangs meist nicht direkt. Damit unsere Fußtechnik besser wird und heranreift, damit wir mehr Möglichkeiten mit den Füßen einsatzbereit haben, müssen wir also erst die Aufmerksamkeit auf unsere Füße lenken und lernen, mit welcher Bewegung und welchem Krafteinsatz wir welchen Effekt beim Klettern erzielen.

Zum Ausprobieren: Wenn es an einer schwierigen Stelle nicht weitergeht, richte die Aufmerksamkeit grundsätzlich zuerst auf die Füße. Besonders wenn die Wand überhängt, ist es sinnvoll, sie schon früher höher zu platzieren. Der Blick auf die Fußposition sollte der erste Schritt sein, bevor andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. A propos Blick: Richte diesen auf den Tritt und löse ihn erst, wenn der Fuß sauber gesetzt ist. Versuche, die Füße möglichst geräuschlos zu stellen.

Fehler Nummer 2: Arme und Füße mit falscher Grundhaltung

Die Arme stark angewinkelt, versuchen Anfänger, sich an der Wand zu halten. Somit ist der Blick auf die Füße kaum möglich, und die Armmuskulatur ermüdet schnell.

Anfängerfehler beim Klettern: machst du sie? (Plus Abhilfe!)
Ralph Stöhr
Irgendwie anstrengend: Die anfängertypische falsche Grundhaltung von Armen – stark gebeugt – und vor allem Füßen!(rechts:) Wer es schafft, mit der Spitze anzustehen, entwickelt auch die für kleinere Tritte nötige Präzision und Kraft.

Das Problem: In jedem Kletterkurs gehört dies zu den ersten Grundregeln: Lasse die Arme lang gestreckt, um Kraft zu sparen. Doch erstmal können vor Lachen! Meist beugen wir deshalb die Arme an, weil so die (Ober-)Arm-Muskulatur der Unterarm-Muskulatur, also den Fingermuskeln, dabei helfen kann, einen Griff festzuhalten. Das heißt: Ob wir imstande sind, die Arme zu strecken ("lang zu machen") hängt unter anderem von unserer Fingerkraft ab. Sobald wir diese allerdings besitzen, sollten wir uns angewöhnen, den Bizeps zu schonen. Ähnlich ist es mit der Fußposition: Auch hier ist es eine Frage der Kraft, mit den Zehen auf kleineren Tritten stehen zu können, weshalb Anfänger gern den Mittelfuß auf dem Tritt absetzen (s. Bild oben).

Zum Ausprobieren: Ideal ist, frontal im rechten Winkel zur Wand mit der Fußspitze anzutreten (s. kleines Bild). So hat man Bewegungsfreiheit in alle Richtungen und kann sich auch besser strecken (bis auf die Zehenspitzen). Um die nötige Kraft aufzubauen und zu erhalten, sollte man gezielt frontal antreten und dabei wenn möglich, die Arme lang machen.

Fehler Nummer 3: Gas oder Bremse?

Zögern in der Schlüsselstelle und ermüdet aufgeben müssen, sich vor lauter Eile mit den Füßen verheddern, an dem weiten Zug nicht entschlossen genug Schwung holen – Timing und die richtige Dosierung gehören zum Technikrepertoire.

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Ralph Stöhr
Zum Nachdenken und Planen der nächsten Bewegungen eignen sich die schlechten Griffe in der Schlüsselstelle denkbar schlecht.

Das Problem: Leider befinden wir uns oft gerade dann in einer schwierigen Situation, wenn wir nicht wissen, wie es weitergeht, und dann halten wir eben inne. Blöd nur, dass wir dies an den schlechtesten Griffen der Route tun. Und die Uhr tickt! Deshalb ist es sinnvoll, sich vorher (am Boden, beim letzten Ruhepunkt) schon zu überlegen, wie man die schwere Stelle angehen will, damit man vor Ort nicht zuviel Kraft verpulvert – um schließlich doch abzutropfen.

Zum Ausprobieren: Schaue dir die Route oder den Boulder schon vom Boden aus an. Versuche zu überblicken, wo sich Griffe und Tritte befinden, wo es schwer sein könnte und was eine Lösungsmöglichkeit wäre. Wenn es überhängt, mache einen gründlichen Plan, damit du zügig klettern kannst, wo die Last an den Armen hängt. Nutze auch Ruhepunkte, um dir einen Überblick über die nächsten Züge zu verschaffen.

Fehler Nummer 4: Ruhepositionen ignorieren

Wenn man Ruhepunkte nicht erkennt und regelmäßig nutzt, findet man sie auch nicht, wenn man sie dringend braucht. Wenn man es nicht trainiert und geübt hat, sich in kurzer Zeit beim Schütteln zu erholen, funktioniert es auch nicht so gut.

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Ralph Stöhr
Je öfter wir Ruhepunkte finden und nutzen, desto besser wird auch das Auge für die entsprechenden Gelegenheiten zum Kraft sparen.

Das Problem: Früher oder später entscheiden bewegungsökonomische Fähigkeiten darüber, ob wir eine Route an der Leistungsgrenze klettern können oder nicht. Das Finden und Nutzen von Ruhepunkten ist hier eine offensichtliche Maßnahme, die das kraftsparende (also ökonomische) Klettern verbessert. Je geübter wir darin sind, Ruhepunkte zu entdecken und zu nutzen, desto besser können wir Kraft einsparen.

Zum Ausprobieren: Spiele das Spiel: Wie viele No-Hand-Rests bietet eine Route / ein Boulder? Übe das Schütteln an großen Griffen, damit die Arme lernen, sich auch kurzfristig schnell zu erholen. Ob Knieklemmer, das Ausnutzen von Verschneidungen (siehe Bild), Verspannen in Kamin-artigen Situationen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Spiele auch mit bewusster Atmung, um den Puls nach einer schwierigen Stelle wieder herunter zu regeln.

Fehler Nummer 5: Kein Schwung

Schwungvoll klettern erfordert etwas Übung, Gewöhnung und vor allem Koordination. Oftmals ist es auch das unangenehme Gefühl fehlender Kontrolle, das Kletterer dazu bringt, lieber statisch und vorsichtig zu klettern.

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Ralph Stöhr
Besonders im überhängenden Gelände überbrücken wir mit Schwung viel leichter den Abstand zum nächsten Griff.

Das Problem: Wenn es überhängend wird, merkt man diesen Fehler sofort. Doch auch an der geraden Wand kann dosierter Schwung viel Kraft sparen. Klar, um genau mit der richtigen Schwungmenge sanft am nächsten Griff zu landen, braucht es etwas Übung – doch woher soll diese kommen, wenn man das schwungvolle Klettern von vornherein ausschließt? Mit Schwung lassen sich weite Griffabstände überbrücken, das sogenannte Greifen im toten Punkt schont die Kraftreserven und schneller geht es auch. Auch wenn Schwung nicht immer die Lösung ist, gehört besonders das Greifen im toten Punkt zum Grundrepertoire fortgeschrittener Klettertechnik.

Zum Ausprobieren: Um sich mit Schwung und dem Toten Punkt vetraut zu machen, eignet sich das Aufwärmgelände. Hier lässt sich spielerisch und auch mal übertrieben probieren, wie sich schwungvolles Klettern anfühlt. Benutze zum Schwungholen die Hüfte, um die Bewegung einzuleiten. Zur Übung: Versuche an großen Griffen zwischen dem Loslassen und dem wieder Zugreifen einmal in die Hände zu klatschen.

Fehler Nummer 6: Mangelnde Bewegungskreativität

Anfangs konzentrieren wir uns nahezu ausschließlich auf die farbigen Griffe und Tritte, um Höhe zu gewinnen. Doch auch die Wand selbst, Volumen oder benachbarte Wände können uns dabei helfen. Je kreativer wir die Möglichkeiten nutzen, desto besser klettern wir.

Anfängerfehler beim Klettern: machst du sie? (Plus Abhilfe!)
Ralph Stöhr
Beim Klettern gibt es zwar Regeln, aber mit welcher Lösung man ein Problem löst, bleibt die freie Entscheidung des Kletternden. Je mehr Methoden man als Antwort parat hat, desto besser.

Das Problem: Anfangs sind wir allein mit dem Erreichen des nächsten Griffs vollauf beschäftigt. Wenn uns die berüchtigte "offene Tür" droht, reagieren wir mit Ganzkörperanstrengung oder einem eiligen Fußwechsel. Auf die Idee, sich einfach an der Wand abzustützen (s. Bild oben), muss man erst einmal kommen. Doch natürlich passt diese Lösung nicht immer, zum Beispiel wenn die Tür zur anderen Richtung aufgeht... wann wir nun besser die Füße wechseln, hinterscheren oder den Drall zur Seite mit einem Foothook abbremsen, erlernen wir beim Experimentieren.

Zum Ausprobieren: Es lohnt sich, bei schwierigen Stellen verschiedene Lösungen auszuprobieren. Je mehr Bewegungsvarianten mein Körper kennt, desto besser kann ich gezielt die passende anwenden. Weil uns Bouldern oft ungewöhnlichere Bewegungen abverlangt, ist auch dies eine gute Methode zur Erweiterung unseres Bewegungsschatzes.

Fehler Nummer 7: Das richtige Level und falscher Respekt

Ist die Route zu schwer, ist das Frustpotenzial hoch. Ist sie zu leicht, wird uns langweilig. Halt, nicht immer: Manchmal ist es auch toll, etwas locker zu bewältigen. Dumm nur, dass man dabei nicht viel Neues lernt.

Anfängerfehler beim Klettern: machst du sie? (Plus Abhilfe!)
Ralph Stöhr
Beim leichten Klettern können wir üben, uns flüssig zu bewegen. Beim schweren Klettern erweitern wir unser Technikrepertoire. Das gilt unabhängig davon, welcher Grad für uns nun leicht oder schwer ist.

Das Problem: Klettern ist ein Fertigkeits-basierter Sport, das heißt er besteht aus verschiedenen Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten entwickeln wir weder, wenn uns etwas leichtfällt, noch, wenn wir überfordert sind. Manchmal haben wir solche Ehrfurcht vor den Zahlen, die unsere Grade definieren, dass wir niemals in eine (füge hier schweren Grad ein) einsteigen würden. Maximal erlauben wir uns, davon zu träumen. Dabei werden Träume nur wahr, wenn man sie umsetzt.

Zum Ausprobieren: Unsere Fertigkeiten verbessern wir, wenn wir die goldene Mitte treffen zwischen Über- und Unterforderung. Nicht alle Kletter-Fähigkeiten entwickeln sich in der gleichen Intensität. Deshalb sollten wir auf genügend Variation in unseren Herausforderungen achten. Und gelegentlich einfach mal verrückt sein und in was vermeintlich Unmögliches einsteigen. Vielleicht ist die Überforderung ja gar nicht so groß wie gedacht? Achte darauf, dir nicht selbst im Weg zu stehen, weil du aus falschem Respekt vor Graden oder Farben nicht die richtige Herausforderung auswählst.

Fehler Nummer 8: zuviel Fokus auf Kraft

Stimmt schon, die guten Kletterer sind ganz schön stark. Doch Kraft allein macht noch keinen kompletten Kletterer. Wer sich auf Kraft konzentriert und dabei Technik sowie "echtes Klettern" vernachlässigt, wird nachher vielleicht mehr Klimmzüge können, aber nicht unbedingt schwerer klettern.

Anfängerfehler beim Klettern: machst du sie? (Plus Abhilfe!)
Ralph Stöhr
Kraft hilft. Allerdings nur, wenn man sie auch richtig einzusetzen weiß....

Das Problem: Gut zu Klettern erfordert verschiedene Fähigkeiten. Dazu gehört natürlich physische Kraft, aber auch Technik und mentale Kompetenz. Deshalb müssen wir diese Bereiche ebenfalls trainieren, uns also Herausforderungen stellen und daran arbeiten. Wer diese Aspekte vernachlässigt, steht nachher übermotorisiert da und wird trotz starker Arme von seiner fehlenden Fußtechnik oder noch immer vorhandenen Sturzangst ausgebremst.

Zum Ausprobieren: Setze regelmäßig neue Schwerpunkte. Übe mal flüssiges Bewegen, ein anderes Mal das Klippen des Seils aus unangenehmen Positionen, und eine Woche später das Onsightklettern, also das möglichst fehlerfreie Klettern unbekannter Routen. Übe weiches Greifen: Meist schrauben wir Griffe deutlich mehr zu, als nötig wäre. Um besser zu werden, ist Vielseitigkeit Trumpf. Genau so fördern neue Hallen und neue Felsen unsere Fähigkeiten heraus. Manchmal geben wir uns sogar mehr Mühe, wenn wir neue Kletterpartner am Seil vorfinden.

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Erscheinungsdatum 12.09.2023