Wer ans Ziel kommen will, kann mit der Postkutsche fahren, aber wer richtig reisen will, soll zu Fuß gehen.« – Dieses aus der Feder des Philosophen Rousseau stammende Zitat gilt heute mehr denn je, nimmt doch der Reisende in der modernen Form der Postkutsche seine Umgebung oft nur noch schemenhaft wahr. Wer jedoch erleben will, welche Naturschätze sich hinter Autobahnschildern wie »Fränkisches Seenland« oder »Bayerischer Wald« verbergen, sollte sich für ein paar Tage zu Fuß auf den Weg machen.
Gerade Bayern ist wie geschaffen für eine Weitwanderung. In den letzten zehn Jahren wurde das Wegenetz im Freistaat ständig ausgebaut, viele moderne Weitwanderwege wie Goldsteig, Fränkischer Gebirgsweg oder der Altmühltalpanoramasteig sind entstanden. Sie alle erfüllen die Qualitätskriterien des Deutschen Wanderverbandes: Die Strecken verlaufen größtenteils auf Pfaden mit natürlichem Untergrund und mit hohem Erlebniswert, außerdem wurde auf eine gute Anbindung an Bus und Bahn an den Etappenenden geachtet. Auch in den Unterkünften ist man auf die Bedürfnisse von Wanderern eingestellt.
Freunde urig-einfacher Hütten kommen ebenso auf ihre Kosten wie Wanderer, die nach dem langen Tagesmarsch etwas mehr Komfort bevorzugen. Und auch Gepäcktransport ist heute längst nichts Exotisches mehr. Gerade auf langen Wegen lassen sich oft Pauschalen mit Shuttle-Service zum Ausgangsort buchen.
Ob es beim Wandern alpin oder eher gemäßigt, schweißtreibend oder geschichtsträchtig zugehen soll, entscheidet jeder selbst. Und egal, ob man dabei täglich 1000 Höhenmeter in den Berchtesgadener Alpen abreißt oder ein paar Stunden über die Hügel der Fränkischen Schweiz streift, man wird dabei um viele Eindrücke reicher: den Staub eines Sommertages auf den Beinen, warmen Regen auf der Haut, die Behaglichkeit einer Hütte oder einer Gaststätte, die man gerade noch vor dem Dunkelwerden erreicht.
Es sind vor allem diese vielen kleinen Momente, die eine Weitwanderung groß machen und die oft länger in Erinnerung bleiben als die augenscheinlichen Attraktionen – die es in Bayern natürlich auch gibt. Landschaftlich bleiben zwischen wilder Gipfelwelt, den Seenlandschaften der Voralpen und den tiefen Wäldern Nordbayerns wenig Wünsche offen, und auch dem kulturell Interessierten wird die Entscheidung schwer fallen zwischen den vielen mittelalterlichen Burgen, den Schlössern der Renaissance, barocken Kirchen oder fränkischen Fachwerkdörfchen. Selbst in größeren Städten wie Bamberg oder Regensburg hat sich eine Architektur erhalten, die in vielen anderen Regionen Krieg und Wiederaufbau zum Opfer gefallen ist.
So erleben Wanderer in Bayern ein Stück Deutschland, wie man es andernorts längst nicht mehr findet: Täler, die von keiner Straße durchschnitten werden, Dörfer mit eigenem Bierkeller, Almen, auf denen wie seit hunderten von Jahren Käse und andere Milchprodukte hergestellt werden. Und nicht zuletzt ist eine Weitwanderung auch immer eine Reise zu den Menschen vor Ort. Denn das Gespräch über den Gartenzaun oder eine Diskussion bei einem Weizenbier kann nur führen, wer die Postkutsche verlässt.
Seenländer – Entspannt das Fränkische Seenland erwandern

Das Fränkische Seenland liegt rund 50 Kilometer südwestlich von Nürnberg – eine liebliche Region mit sanften Hügeln, Wäldern, Streuobstwiesen und Hopfengärten. Und natürlich mit Seen! Die vier größten dieser sieben Gewässer, nämlich den Altmühlsee, den Kleinen und den Großen Brombachsee sowie den Rothsee, verbindet der »Seenländer« auf einer 146 Kilometer langen Rundtour. Ihre 17 Etappen sind jeweils zwischen zehn und 15 Kilometer lang, sind gut beschildert und verlaufen abseits von Straßen. Der Weg beginnt und endet in Georgensmünd, aber auch andere Einstiegsorte sind möglich.
Infos und Broschüre als PDF-Download unter fraenkisches-seenland.de
Goldsteig – Große Tour in Oberpfalz und Bayerischem Wald

Ganz im Osten tauchen Wanderer auf dem Goldsteig tief in die ursprüngliche Natur des Bayerischen Walds und des Oberpfälzer Walds ein. Oder zumindest in Teile davon, denn die im Jahr 2007 eröffnete Route umfasst 660 Kilometer mit 37 Etappen. Sie verbindet Marktredwitz im Fichtelgebirge mit Passau, wobei für den südlichen Teil zwei Varianten existieren. Wählt man hier die Ost-Route, geht es über die höchsten Gipfel des Bayerischen Waldes: Großer Arber (1456 m), Großer Falkenstein (1315 m), Großer Rahel (1453 m) und Lusen (1373 m). Ein lohnender Fünftageabschnitt über diese Nationalparkberge, von Bayerisch- Eisenstein nach Mauth, wird auf der Homepage des Wegs beschrieben.
Infos goldsteig-wandern.de; Wanderführer »Goldsteig«, Rother Verlag
Frankenweg – Nord-Süd-Cross durch Ober- und Mittelfranken

Den ganzen Frankenweg an einem Stück gehen wohl die wenigsten: Mit rund 530 Kilometern gehört er zu den längsten Fernwanderwegen Bayerns. 21 Etappen führen von Untereichenstein im Nordosten des Freistaats bis nach Harburg am Fuße der Schwäbischen Alb. Der Frankenwald, die Fränkische Schweiz, die Fränkische Alb, das Altmühltal und die Fränkische Seenplatte liegen dazwischen, die Landschaft reicht vom dichten Wald bis zum lieblichen Flusstal. Auch top: das Bierangebot in den Kellerwirtschaften am Weg.
Infos frankenweg.de; D. Höllhuber, »Der Frankenweg«, Hans Carl Verlag
Maximiliansweg – Der Königsweg für Alpen- Trek-Neulinge

Der Maximiliansweg folgt einer Reiseroute aus dem 19. Jahrhundert von König Maximilian II. In 21 Etappen führt die etwa 360 Kilometer lange Strecke vom Bodensee zum Königssee und gilt trotz Auftakt in Österreich als der alpine bayerische Weitwanderweg schlechthin. Vom Allgäu bis nach Berchtesgaden geht es durch die Voralpenwelt, über Panoramagipfel und vorbei am berühmten Schloss Neuschwanstein. Auch für alpine Einsteiger ist der Weg geeignet: Die Höhenmeter halten sich für Hochgebirgsverhältnisse in Grenzen, die Wege sind selten ausgesetzt und gut beschildert. Teilabschnitte bieten sich ebenfalls an.
Infos Wanderführer Maximiliansweg, A. Friedrich, Bergverlag Rother
Hochrhöner – Auf dem Aussichtsbalkon der Rhön

Den auf 950 Metern gipfelnden Mittelgebirgszug der Rhön teilt Bayern sich mit seinen Nachbarn Hessen und Thüringen. Die sanften, meist unbewaldeten Höhen bieten weite Blicke ins grüne Umland und lassen sich gut auf dem 180 Kilometer langen Hochrhöner erkunden. Zwischen den Kurorten Bad Kissingen und Bad Salzungen erwarten den Wanderer auch kulturell spannende Orte wie die »Wiege des Segelflugs« auf der Wasserkuppe (950 m) und ein altehrwürdiges Franziskanerkloster. Diverse Lehrpfade, etwa durch Moorgebiet oder zu einem alten Bergwerk, sorgen für weitere Abwechslung.
Infos mit Etappenbeschreibungen, Tipps und Pauschalen gibt es unter rhoen.de. Ein guter Übernachtungtipp: das Rhön Park Hotel.
Um den Königssee – Steile Alpenwelt hoch über blauem Wasser

Steil ragen die Felswände rund um den Königssee in Bayerns Südosten auf, manch einer hält den Vergleich mit einem Fjord für passend. Als »Tor« zum Nationalpark Berchtesgaden, Deutschlands einzigem alpinen Nationalpark, öffnet er einem auch den Weg zu faszinierender Gebirgsnatur. Traumhaft, aber auch fordernd ist eine viertägige Tour vom Ort Königssee am Nordufer über Carl-von-Stahl-Haus, Wasseralm und Kärlingerhaus nach St. Bartholomä am Westufer. Fast täglich stehen über 1000 Höhenmeter an, höchster Punkt ist der Gipfel der Funtenseetauern (2578 m).
Infos berchtesgaden.com; Berchtesgadener Land: Die schönsten Tal- und Bergwanderungen, H. Bauregger, Rother Verlag.