Beim regelmäßigem Training in der Halle schwindet manchmal der Elan. Woche für Woche geht man in die Kletterhalle und trainiert das Gleiche. Es wird immer schwieriger, die Motivation aufrecht zu erhalten, und die Leistung stagniert.
Es geht aber auch anders! Hier beschreibe ich, wie man Klettertraining gestalten kann. Dabei gehe ich besonders auf die Leistungssprünge vom sechsten auf den siebten sowie vom siebten auf den achten Schwierigkeitsgrad ein. Für ein erfolgreiches Training sind die folgenden Aspekte wichtig:
• Überlast: Man muss immer wieder neue Reize setzen. Das bedeutet nicht nur, die Intensität oder den Umfang zu erhöhen, sondern auch die Übungen und Trainingsformen zu variieren.
• Akkommodation (Gewöhnung): Man gewöhnt sich in etwa zwei bis drei Wochen an eine bestimmte Art der Belastung. Typisch für die Kletterhalle ist, dass man anfangs noch als schwierig empfundene Boulder oder Routen nach kurzer Zeit relativ gut klettern kann. Dann geht der Trainingseffekt verloren: Abwechslung muss her.
• Spezifik und Individualität:
Das Training muss kletterspezifisch und auf das individuelle Leistungsniveau abgestimmt sein.
Vier Dinge, die helfen
Wer sich verbessern will, muss bereit sein zu trainieren. Aber Klettern gehen ist nicht notwendigerweise trainieren. Wenn du wirklich vorankommen willst, helfen vier Dinge weiter:
1. Zeit: Training muss nicht viel Zeit in Anspruch nehmen, aber du musst dir die Zeit fürs Training fest einplanen. 2 bis 3 Mal die Woche 1 bis 2 Stunden bewirken schon viel.
2. Infrastruktur: Wenn du wenig Zeit hast, hilft dir eine gute Infrastruktur. Boulderraum oder Kletterhalle sollten nicht zu weit entfernt sein. Ein Klimmzugbalken und ein paar einfache Trainingsgeräte für daheim sind für kurze Einheiten sehr sinnvoll.
3. Trainingspartner: Wenn du jemanden hast, der ähnliche Ziele hat und mit dem du trainieren kannst, ist das Gold wert. Der innere Schweinehund ist gemein-sam viel leichter zu überwinden.
4. Trainingsplan: Der Trainingsplan muss nicht ausführlich sein, aber du solltest dir deine Trainingssessions fest in den Kalender schreiben. Ein Plan beinhaltet ein Ziel. Du musst also wissen, was du vorrangig tun musst, um dich zu verbessern.
Worauf kommt es an?
Natürlich benötigt man beim Klettern immer Kraft, Ausdauer und Technik. Allerdings kann man schon einige Punkte hervorheben, die typische Sechser-Routen von Siebenern und Siebener von Achtern unterscheiden.
Auch in Sechser-Routen muss man schon technisch sauber klettern (vor allem in klassischen Routen am Fels), allerdings kann man mit etwas Geschick und Bewegungsgefühl noch viel erreichen. Nur selten muss man mehr als ein bis zwei Züge aus den Armen klettern.
Sechser lassen sich entweder ohne Kraft, aber mit viel Technik, oder aber ohne Technik, aber mit viel Kraft klettern. Im siebten Grad sieht das dann langsam anders aus, hier müssen Technik und Kraft zusammenwirken.
Was ist typisch für den Schritt von 6 auf 7?
Charakteristisch für Kalkrouten im siebten Grad sind oft deutlich kleinere Griffe als bei Routen im sechsten Grad. Hinzu kommen vermehrt athletische, überhängende Passagen. Dies bedingt eine Umstellung der Technik von vorwiegend frontaler Körperstellung zu häufigerem Eindrehen.
Man benötigt mehr Fingerkraft für die kleingriffigen Routen. Rumpfkraft und Blockierkraft sind entscheidend, um in den überhängenden Passagen die Hüfte an der Wand zu halten und auch weite Blockierzüge klettern zu können. Das Eindrehen erfordert ebenfalls mehr Rumpf- und Blockierkraft.
Im technisch-taktischen Bereich kommt es vermehrt darauf an, sich Griff- und Trittfolgen zu merken. Wiederholt taucht auch die notwendige Überwindung auf, an der Sturzgrenze zu klettern und einen Sturz in Kauf zu nehmen. Daher sind neben dem Konditionstraining auch der Aspekt des Einprägens von Bewegungsfolgen und das Sturztraining wichtige Inhalte, um sich weiterzuentwickeln.


Was ist typisch für den Schritt von 7 auf 8?
Siebter und achter Grad unterscheiden sich nur geringfügig in der Größe der Griffe, dafür aber deutlich in der Länge der schwierigen Passagen. Zudem muss man sich an schlechteren Ruhepunkten erholen können. Die Verbesserung der Kraftausdauer spielt daher eine wichtige Rolle.
Der zweite wesentliche Aspekt ist die Dynamik. Während man im siebten Grad noch kontrolliert klettern kann, ist es im achten Grad deutlich einfacher, wenn man die Züge leicht dynamisch klettert. Zudem gibt es häufig Kletterstellen, an denen es erforderlich ist, wegzuspringen. Ein gewisses Maß an Schnellkraft und ein dynamischerer Kletterstil sind zwei wichtige Inhalte, um von 7 auf 8 zu kommen. Da die Routen in der Tendenz steiler werden, ist die Rumpf- und Blockierkraft nicht zu vernachlässigen.
Die Trainingseinheiten
Die Trainingseinheiten:
Um die unterschiedlichen Fähigkeiten zu trainieren, sind spezifische Trainingseinheiten nötig. Diese sind in abgeänderter Form auch im Trainingsskript des DAV und in meinem Buch "Peak Performance" zu finden. Die Einheiten müsst ihr im Detail aber auf eure Möglichkeiten hinsichtlich der Infrastruktur und der Intensität anpassen.
HIT – Hochintensitätstraining
Ziel des HIT ist es, mit wenigen Wiederholungen bei sehr hohen Intensitäten die Maximalkraft zu verbessern. Die Methode stammt aus dem Bodybuilding. Der Erfolg hängt von der Bereitschaft ab, im Training wirklich alles zu geben. Für jede Übung musst du die Variante finden, mit der du gerade etwa acht bis zehn Wiederholungen schaffst. Beim Klimmzug kann dies die Ausführung mit Zusatzgewicht, Entlastung oder als „Uneven Pullup“ mit in der Höhe versetzten Händen sein. Zum Aufwärmen und zum Finden der richtigen Ausführungsvariante beginnst du das Training mit einem Aufwärmsatz mit je vier Wiederholungen.
Folgende Übungen sind sich für eine HIT-Trainingseinheit zu empfehlen (am besten auch in genau dieser Reihenfolge):
• Klimmzug an gutem Griff
• Liegestütz
• Einarmiges Hängen an Leiste (bei den Fingerkraftübungen gilt: je 10 Sekunden statt 10 Wiederholungen)
• Dips (Hochdrücken zwischen zwei Stangen oder hinter dem Körper an einem Kasten)
• Hängen am Loch oder Sloper
• Crunch (Bauchmuskelübung)
• Klimmzug an Loch oder Leiste.
Wichtig: Jede Wiederholung wird langsam ausgeführt, eine Wiederholung dauert 8 Sekunden. Der eigentliche Trainingssatz besteht aus 10 Wiederholungen à 8 Sekunden. Die zehnte Wiederholung sollte jeweils gerade so noch geschafft werden. Danach wird eine Pause von 3 bis 5 Sekunden gemacht. Nach dieser wird versucht, noch ein paar Wiederholungen zu machen, bis der Muskel endgültig versagt.
Dieses Training kann mit wenig Aufwand auch zuhause durchgeführt werden und dauert rund 30 bis 40 Minuten.
Dauerklettern
Beim Dauerklettern wird die Technik intensiv geschult und dabei die aerobe Kraftausdauer der Unterarme mittrainiert. Am besten ist es an einer Boulderwand durchzuführen. Steht diese nicht zur Verfügung, kann man alternativ auch zwei bis drei Routen kurz hintereinander klettern.
Klettere jeweils dreimal für fünf bis acht Minuten an der Boulderwand. Verwende hierbei vorwiegend große Griffe und vermeide zu steile Passagen, es kommt nicht auf die Schwierigkeit der Züge an. Du sollst höchstens leicht dicke Arme bekommen. Während des Kletterns variierst du jeweils für etwa eine Minute deinen Kletterstil:
• Langsam klettern – schnell klettern
• 3 bis 5 Sekunden blockieren, bevor der nächste Griff gefasst wird, dabei die Greifhand zur Faust ballen
• 3 bis 5 Sekunden mit beiden Händen an der Wand einfrieren, bevor du weitergreifst
• Bewusst dynamische Gewichtsverlagerung über die Füße und folgendes Aufrichten

Tschechentraining
Das Tschechentraining ist ein sehr intensives Kraftausdauertraining. Es geht darum, richtig harte und dicke Unterarme zu bekommen. Das Prinzip hierbei ist folgendes: Man nimmt zwei Routen mit Ausdauercharakter von etwa 20 bis 30 Zügen, die man von der Schwierigkeit her gerade noch sicher klettern kann.
Du kletterst Route A, wirst abgelassen und steigst sofort wieder in die Route ein. Klettere so weit es geht, wenn das Gelände sicher ist, nimm ruhig einen Sturz in Kauf. Im Anschluss folgt eine Pause von 10 bis 15 Minuten. Im Idealfall ist jetzt dein Partner an der Reihe. Dann folgt Route B nach dem gleichen Prinzip. Insgesamt werden hiervon je Route 2 bis 3 Durchgänge absolviert.
Leichte Routen spulen
Im Gegensatz zum Tschechentraining geht es hierbei darum, gerade keine harten Unterarme zu bekommen. Such dir zwei Routen mit etwa 30 bis 40 Zügen. Die Routen sollten für dich sehr sicher zu klettern sein. Um auf die Zugzahl zu kommen, kannst du die Route auch ganz oder teilweise abklettern.
Du kletterst Route A und wirst abgelassen. Sofort ausbinden und neu einbinden. Nach maximal einer Minute steigst du in Route B ein. Dies wiederholst du dreimal. Am Ende solltest du 6 Routen nahezu am Stück geklettert haben. Jetzt kommt eine längere Pause, in der der Partner klettert. Dann folgt ein zweiter Durchgang.

Bouldern für den Sixpack
Wie der Name schon sagt, geht es um die Kräftigung der Rumpfmuskulatur. Nebenbei wird auch die Willenskraft und Technik geschult. Du benötigst 5 überhängende Boulder mit je 4 bis 6 Zügen. Die Boulder sollten für dich mittelschwer sein. Jeder Boulder wird je einmal auf folgende Art geklettert:
• Ein Fuß ist immer an der Wand.
• Vor jedem Weitergreifen werden jeweils beide Füße in die Luft genommen.
• Vor jedem Weitergreifen werden beide Füße nacheinander kurz vom Tritt genommen.
• Klettere die Boulder in möglichst kurzer Zeit.
Zwischen den Durchgängen machst du jeweils 5 Minuten Pause. Die einzelnen Boulder sollten mit nur kurzen Pausen von 1 Minute geklettert werden.
Routen merken
Hierbei geht es darum, das Auswendig lernen von Grifffolgen zu verbessern. Du suchst dir eine Route, die so lang ist, dass du dir alle Züge merken kannst. Die Schwierigkeit sollte mittel sein. Am Anfang genügt die halbe Route. Analysiere die Route für
5 Minuten und versuch dir die Züge einzuprägen. Schließ jetzt die Augen und geh die Route im Geiste durch. Hierbei stoppst du die Zeit. Unmittelbar darauf kletterst du die Route und stoppst die Zeit. Vergleich die beiden Zeiten, diese sollten sich immer mehr annähern. Klettere noch ein bis zwei Durchgänge dieser Art, dann suchst du dir ein bis zwei neue Routen.
Pacing
Pacing zielt auf die Verbesserung von Klettertempo, -rhyhtmus und das Ausnutzen von Ruhepunkten. Such dir eine Route oder einen Boulderquergang mit 20 bis 30 Zügen. Klettere die Route nun auf verschiedene Arten:
• Ohne Pause in einem Stück
• Mit 2 bis 3 Schüttelpunkten
• Mit Chalken bei jedem Zug
• Ohne Chalkbeutel
• Klettere mit bewusstem Ein- und Ausatmen bei jedem Zug
• Klettere immer 5 Züge mit Luft anhalten und 5 mit normaler Atmung
Über die Kontraste musst du
herausfinden, welches Klettertempo und welcher Rhythmus für dich angemessen sind. Wiederhole den Ablauf in ein bis zwei weiteren Routen.
Wie ihr die Trainingseinheiten sinnvoll in einen Trainingsplan einbaut, steht auf der nächsten Seite.
Der Trainingsplan
Ein Trainingsplan ist aus zwei Gründen hilfreich: Zum einen behält man den Überblick über die Trainingsinhalte, zum anderen legt man hier konkret fest, was man wann machen möchte. Dies sorgt für die notwendige Selbstdisziplin.
Beim Klettern kommt es darauf an, Kraft und Technik in Einklang zu bringen. Je nach Trainingsinhalt dominiert der Kraft- oder der Technikaspekt, wobei sich beides nicht klar trennen lässt und die Übergänge zum Teil fließend sind. Um die verschiedenen Inhalte zu koordinieren, verwende ich ein System mit farbigen Symbolen.
Die Beispiele machen deutlich, worauf man beim Erstellen eines Trainingsplan achten sollte.
Die Farben stehen für:
Rot = hohe Intensität.
Maximalkraft, Schnellkraft
Gelb = mittlere Intensität, anaerobe, intensive Kraftausdauer
Grün = niedrige Intensität, aerobe Kraftausdauer
Kreise kennzeichnen den Fokus auf den Kraftaspekt, Rechtecke den Fokus auf den Technikaspekt.

Der Plan soll bunt sein. Der schwerpunktmäßig zu trainierende Aspekt (Kraft, Ausdauer oder Technik) sollte zweimal pro Woche auftauchen. Aufgeführt sind jeweils nur die kletterspezifischen Trainingseinheiten. Ergänzend kann natürlich Beweglichkeitstraining, Joggen oder Ähnliches durchgeführt werden.
Die Beispieltrainingspläne können für die ersten drei Wochen verwendet werden. Danach kann man den Plan noch einmal mit gesteigerter Intensität wiederholen oder entsprechend den neuen Zielen umstellen. Je nach Zeitbedarf und Trainingsmöglichkeiten muss man die Pläne anpassen.

Hat man an einem Tag mal ein großes Motivationsloch, kann man die Einheit auch mit einer der Nächsten tauschen oder an einem anderen Tag trainieren. Es geht nicht vorrangig um die Planerfüllung. Training ohne den notwendigen Biss bringt am Ende nichts. Nach vier Wochen kann man den Schwerpunkt wechseln oder den Plan wiederholen.
Für die Verteilung der Trainingseinheiten auf die Wochentage ist es wichtig, den optimalen Wechsel von Belastung und Erholung einzuplanen. Als einfache Regel gilt: Nach einer roten Einheit folgt ein Ruhetag oder maximal eine grüne Einheit. Nach zwei, maximal drei Trainingstagen folgt mindestens ein Ruhetag. Leichtes Ausdauertraining wie Joggen ist am Ruhetag erlaubt, es beschleunigt die Regeneration.
Viel Spaß!