Janja Garnbret Interview

Janja Garnbret Interview
„Ich kann mich in jeder Hinsicht noch verbessern“

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Zuletzt aktualisiert am 28.05.2019
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Foto: IFSC Eddie Fowke

Ob Lead, Bouldern oder harte Züge am Fels: die slowenische Kletterin Janja Garnbret brilliert in praktisch jeder Spielart des Kletterns. Die mehrfache Weltmeisterin über Titel, Tops und Training.

Janja Garnbret im Interview

Janja, wie bist du zum Klettern gekommen?
Ich habe das Klettern im Alter von sieben Jahren entdeckt. Ich bin anfangs auf Bäume geklettert und auf Schränke und Türen. Meine Eltern haben mich dann in den lokalen Kletterverein gebracht, wo ich Kletterwände mit richtigen Griffen kennenlernte. Es war komplett mein eigener Wunsch zu klettern. Als ich anfing, hatte ich keine Vorstellung davon, dass ich einmal so erfolgreich sein würde oder dass ich besonderes Talent hatte. Mir gefiel einfach die Vielfalt der Bewegungen und die Art, wie du den Körper bewegen musst.

Erinnerst du dich, wie es sich anfühlte, zum ersten Mal vorzusteigen?
Ich habe am Anfang im Toprope geklettert, und ich erinnere mich noch, dass ich das gehasst habe. Ich wollte immer vorsteigen. Als ich dann das erste Mal vorstieg, war das eine Befreiung. Mir war sofort klar, dass das mein Sport ist. Natürlich hatte ich anfangs Angst vor dem Stürzen, aber das legte sich bald.

Highlight-Video: Janja Garnbret

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IFSC Eddie Fowke

Wann hast du das erste Mal an einem Wettkampf teilgenommen und was gefiel dir daran so gut, dass du es bis heute tust?
Mit acht Jahren war ich das erste Mal bei einem Wettkampf. Es war ein nationaler Wettkampf, und ich wurde Letzte. Mein erster größerer Wettkampf war dann die Europäische Jugendmeisterschaft im Bouldern 2013, da war ich dann schon Erste. Ich liebe Wettkämpfe, weil man da gegen sich selbst antritt, weil du physisch und mental zeigen musst, was du kannst. Und ich liebe das Gefühl, wenn du nach vielen Versuchen das Top eines Boulders erreichst. Es zeigt mir auch, wie viel Einfluss deine Einstellung auf deine Leistungsfähigkeit hat. Wenn ich an der Wand bin, zählt sonst nichts mehr, dann will ich das genießen und alles geben, was ich kann. Daneben habe ich durch das Klettern viele Freundschaften geschlossen und Erinnerungen gesammelt, die ich nie vergessen werde.

Du warst Jugend-Europameisterin, Jugend-Weltmeisterin, Weltmeisterin im Lead und bist amtierende Weltmeisterin im Bouldern und Combined. Was fehlt dir noch in deiner Titelsammlung?

Ich träume von einer Medaille bei Olympia, aber davor möchte ich noch den Gesamtweltcup im Bouldern gewinnen. Deshalb werde ich dieses Jahr die komplette Bouldersaison mitmachen. Da freue ich mich sehr darauf und ich werde wie immer alles geben.

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IFSC Eddie Fowke

Aus Slowenien kommen seit Jahren sehr starke Wettkämpferinnen. Gibt es dafür einen speziellen Grund?
Ich glaube, jede Wettkämpferin wollte noch besser sein als ihre Vorgängerinnen. Wir haben alle hart gearbeitet, um die Besten zu werden.

Waren Martina Cufar, Maja Vidmar oder Mina Markovic Vorbilder für dich, als du mit dem Klettern anfingst?
Ja, das waren meine Vorbilder, und ich wollte so gut werden wie sie. Ich habe außerdem Jain Kim, Anna Stöhr und Akiyo Noguchi immer bewundert.

Die Weltmeisterschaft 2018 in Innsbruck lief sehr gut für dich. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Von den früheren Weltcups wusste ich, wo ich mich noch verbessern konnte. Ich habe vor allem an meiner Ausdauer und an der Kraft gearbeitet und zusätzlich noch ein bisschen Speedtraining eingebaut.

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IFSC René Oberkirch

Folgst du einem strikten Trainingsplan oder trainierst du eher nach Gefühl?
Ich habe einen strikten Plan, den ich selbst aufgestellt habe. Vor jedem Training plane ich, was ich tue, und halte mich daran. Es passiert nie, dass ich beim Training etwas anderes mache als das, was ich geplant hatte. Bis letztes Jahr habe ich noch mit einem Trainer gearbeitet, aber seit diesem Jahr mache ich meine eigenen Pläne.

Du hättest in Innsbruck neben Bouldern und Combined fast noch einen dritten Titel im Lead gewonnen. Da fehlten dir nur acht Sekunden auf die Siegerin Jessica Pilz. Ärgert dich das noch?
Während der Weltmeisterschaft hatte ich gar nicht groß Zeit, mich zu ärgern, weil nach dem Lead ja noch das Bouldern und Combined auf dem Programm standen. Aber so zwei Stunden lang ärgerte es mich schon. Und auch jetzt finde ich es noch schade, aber nicht, weil ich Zweite wurde, sondern weil die Kletterzeit am Ende über den Sieg entscheiden musste.

Nach deinem Sieg im Bouldern sagtest du bei einer Pressekonferenz, du hättest schon als junges Mädchen von einem Weltmeistertitel im Bouldern geträumt. Wann kam dir diese Idee?
Als ich mit den Weltcups begann, habe ich mich anfangs auf Lead-Wettkämpfe konzentriert. Nachdem ich da Weltmeisterin geworden war und den Gesamtweltcup gewonnen hatte, wollte ich auch im Bouldern die Beste werden. Seither habe ich mich immer stärker aufs Bouldern fokussiert.

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IFSC Eddie Fowke


Welche Disziplin hat dir in Innsbruck am besten gefallen?

Mit gefielen beide gut, Lead und Bouldern. Wobei ich sagen muss, dass mir das Bouldern noch mehr Spaß gemacht hat.

Was denkst du über das Combined-Format, ist das eine interessante Herausforderung für dich?
Das Combined-Format für Olympia gefällt mir nicht besonders gut, aber ich werde trotzdem alles tun, um so gut vorbereitet wie möglich zu sein, wenn die Olympischen Spiele kommen. In Innsbruck war es auf jeden Fall eine großartige Erfahrung und definitiv eine neue Herausforderung, bei der sich zeigt, wer der beste Allround-Kletterer ist.

Einige Klettertrainer wie Udo Neumann oder Dicki Korb sagen, dass du ein außergewöhnliches Talent fürs Klettern hättest. Was denkst du, worin dieses Talent besteht?
Ich kann gut zuhören, ich lerne schnell, bin konzentriert und motiviert, ich gebe immer 100 Prozent, und vor allem und am wichtigsten: Ich mag, was ich tue!

Wieviel hängt im Wettkampf von der Psyche, wieviel von der körperlichen Fitness ab?
Du musst so fit sein wie möglich. Aber wenn deine Konkurrentinnen genauso fit sind, dann gewinnt die, die mental stärker ist. Bei mir ist das von Wettkampf zu Wettkampf immer wieder unterschiedlich.

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IFSC Eddie Fowke


Hattest du je das Gefühl, dass dein Körper beim Training oder Klettern an seine Grenzen kommt? Oder könntest du noch mehr aus ihm rausholen?

Ich höre sehr genau auf meinen Körper und weiß, wann ich noch etwas mehr machen kann und wann ich aufhören muss. Wenn ich das Gefühl habe, zuviel trainiert zu haben, dann mache ich lieber ein paar Tage Pause. Das ist besser, als zuviel zu machen und dabei eine Verletzung zu riskieren.

Was bedeutet dir das Klettern am Fels?
Für mich ist es eine Auszeit von der Wettkampf- und Trainingsroutine. Ich gehe normalerweise Felsklettern, um mich zu entspannen. Ich spüre dann auch keinen Druck, gut zu klettern. Und es fühlt sich einfach gut an, in der Natur unterwegs zu sein.

Du hast einmal gesagt, dass du Biographie (9a+) in Ceüse gerne klettern würdest. Warum gerade diese Route?
Nicht, weil es eine 9a+ ist, sondern wegen der großartigen Linie. Die wollte ich versuchen, seit ich mit neun Jahren das Video von Chris Sharma bei der Erstbegehung gesehen habe.

Warst du schon dort und hast dir die Route angeschaut?
Ich war letztes Jahr dort und hätte sie im sechsten Versuch fast geschafft.

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IFSC Eddie Fowke


Gibt es andere Routen, die du gerne klettern würdest?

Ich habe schon noch einige Projekte im Kopf, aber momentan bin ich so beschäftigt mit Wettkämpfen und Training, dass ich kaum Zeit fürs Klettern draußen finde. Was ich ebenfalls gerne klettern würde, ist La Rambla. Und ansonsten einfach so viele schwere Routen wie möglich.

Es gibt in Slowenien und in Kroa­tien jede Menge exzellenten Kalk. Was sind deine Lieblingskletter­gebiete?
Mein Lieblingsgebiet ist Mišja Pec. Das hält von der Qualität der Routen her auch mit den In-Gebieten in Spanien mit.

Du bist mit Domen Škofic, ebenfalls einem extrem starken Kletterer, liiert. Wie habt ihr zwei zueinander gefunden?
Wir haben uns zuerst 2013 im slowenischen Jugendkader getroffen und uns von Anfang an sehr gut verstanden. Wir mochten uns und und wurden bald ein Paar.

Ist es für dich ideal, einen starken Kletterpartner zum Freund zu haben? Könntest du dir vorstellen mit einem schwächeren oder gar einem Nicht-Kletterer zu gehen?
Einen Partner zu haben, der gar nicht klettert, kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Und dass Domen super stark ist, ist prima, weil wir uns dann gegenseitig bis zu unserer Grenze pushen können. Wir haben unterschiedliche Kletter­stile, manches liegt ihm besser, manches mir. Das hilft uns, an unsere Schwächen zu arbeiten. Und Domen ist nicht nur beim Klettern mein wichtigsten Partner, sondern auch sonst im Leben. Er unterstützt mich, ist mein größter Fan und immer für mich da. Er versteht mich und gibt mir die besten Ratschläge. Es ist toll, dass wir beide klettern, weil wir uns so gegenseitig helfen können. Ich könnte mir schon vorstellen, einen Partner zu haben, der nicht so stark klettert, aber so passt es besser.

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IFSC René Oberkirch

Du kletterst jetzt seit über zehn Jahren. Was hast du über dich selbst gelernt durchs Klettern?
Ich folge wirklich dem Sprichwort: „Harte Arbeit schlägt Talent, wenn Talent nicht hart arbeitet“. Du musst im Leben hart arbeiten, um deine Ziele und deine Träume zu verwirklichen. Und harte Arbeit zahlt sich aus. Ich habe außerdem gelernt, dass eine negative Einstellung schadet und deinen Fortschritt behindert. Positiv zu sein hilft dir weiter. Klettern hat mich außerdem gelehrt, wie man an einer Sache konsequent dranbleibt. Und es hat mir zu einer besseren Perspektive auf das verholfen, was im Leben wirklich wichtig ist: positiv zu sein und auch kleinste Dinge zu genießen. Ich habe auch gelernt, dass ein schlechter Tag nicht gleich ein schlechtes Leben bedeutet.

Und was hast du über dein eigenes Klettern gelernt?
Dass du an nichts denken darfst, wenn du gut klettern willst. Wenn du entschlossen und konzentriert bist, kannst du deine Grenzen weiter verschieben. Ich glaube auch, dass ich mich im Klettern noch in jeder Hinsicht verbessern kann. Und ich habe gelernt, wieviel die mentale Power ausmacht.

Was machst du, wenn du nicht kletterst?
Letztes Jahr habe ich die Oberstufe der Schule beendet und beschlossen, dass ich ein Jahr Pause machen werde. Klettern ist nicht nur mein Hobby, sondern mein Lebensstil. Ich klettere fast das ganze Jahr über ohne Pause. Nur einmal setze ich immer für drei Wochen aus. Dann fahre ich mit meinem Freund in eine tropisches Land, um den Körper und den Geist zu erholen. Ansonsten mag ich Yoga, koche und lese gerne und verbringe eine gute Zeit mit Domen.

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IFSC René Oberkirch

Bio: Janja Garnbret

Einstieg ins Klettern
Janja Garnbret wurde am 12. März 1999 in Slovenj Gradec (ungefähr zwischen Graz und Ljubljana) geboren. Mit sieben Jahren begann sie in ihrer Heimatstadt mit dem Klettern. Mit acht Jahren wechselte sie zum Kletterclub in Velenje, der nächsten größeren Stadt, wo sie immer noch regelmäßig in einer kleinen Boulderhalle trainiert.

Erfolge im Wettkampf
2013: Jugendeuropameisterin im Bouldern (in Grindelwald) und Lead (in Imst) in der Jugend B
2014: Jugendeuropameisterin im Bouldern (in Arco) und Lead (in Edinburgh) sowie Jugendweltmeisterin im Lead (in Noumea), jeweils Jugend B
2015: Vizeeuropameisterin im Lead (in Chamonix) und zweimal 2. Platz im Lead-Worldcup (in Chamonix und Imst)
2016: Weltmeisterin im Lead (in Paris), Weltcupgesamtsiegerin im Lead, 2. Platz im Worldcup in Innsbruck im Bouldern; 1. Platz bei den Adidas Rockstars in Stuttgart
2017: Weltcupgesamtsiegerin im Lead, 2. Platz in der Gesamtwertung Worldcup im Bouldern, 2. Platz bei den World Games im Lead, 2. Platz bei den Adidas Rockstars in Stuttgart
2018: Weltmeisterin im Bouldern und Combined in Innsbruck, Vizeweltmeisterin in Lead

Erfolge am Fels
Mit 15 Jahren kletterte Janja ihre erste 8b+ Route und ihre erste 8b onsight. Ein Jahr später gelangen ihr die Routen La Fabelita (8c) und Rollito Sharma (8c) in Santa Linya im Flash. Im September 2017 versuchte sie Biographie (9a+) in Ceüse, wo sie den unteren Teil (8c+) klettern konnte, an der Gesamtroute aber knapp scheiterte. Im Dezember 2017 durchstieg sie Seleccio Natural (8c+/9a) und Open your mind (8c+), im Januar 2018 Blomu (8c+) und Fabela pa la enmienda (9a), alle im spanischen Santa Linya.

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IFSC Eddie Fowke