Gute Führung

Seilreibung vermeiden
Gute Führung

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Zuletzt aktualisiert am 12.03.2011
KL Jim "Jimmy Big Guns" McCormack on Lord of the Flies E6
Foto: Jack Geldard
KL Jim "Big Guns" climbing "Lord of the Flies" (E6 6a)
Jack Geldard

Alpinkletterer kennen das: Da steht man kurz vor dem nächsten Standplatz in der Wand, hat nur noch wenige Meter zu klettern. Doch es geht kaum noch voran. Vor jeder Bewegung nach oben muss erst mal das nach unten laufende Seil mit aller Gewalt ein Stück hochgezogen werden. Dann schnell einen Schritt nach oben, ehe das Seil wieder nach unten rutscht.

Ein derartiger Seilzug entsteht in langen Seilängen, die nicht kerzengerade nach oben führen. Ein paar Knicke im Seilverlauf, vielleicht eine Kante, an der das Seil reibt, dazu noch das Eigengewicht des Seils, und schon geht kaum noch was. Im schlimms­ten Fall wird das richtig gefährlich, denn selbst leichte Passagen verwandeln sich mit genug Seilzug in kleine Schlüsselstellen.

Mit der richtigen Taktik beim Einhängen der Sicherungen lassen sich Reibungspunkte entschärfen. Beim Alpinklettern und beim Klettern von Keil-gesicherten Routen hilft außerdem der Einsatz von Halbseiltechnik, bei der die Stränge einzeln in die Sicherungen eingehängt werden.

Wir zeigen euch, wie‘s geht.

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Seilverlauf am Körper: So geht's

Natürlich hat man beim Klettern schon genug zu tun: Griffe suchen, Tritte finden, die nächste Sicherung lokalisieren. Dennoch sollte man immer darauf achten, wo sich das nach unten laufende Seil relativ zum Körper befindet. Denn sollte man doch stürzen, ist es wichtig, frei zu fallen und sich nicht unterwegs im Seil zu verheddern.

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Solange die Route einigermaßen gerade nach oben verläuft, gehört das Seil zwischen die Beine (Bild 1). Verläuft die Route schräg nach oben, gehört es seitlich neben die Beine (Bild 2, hier mit Zwillingsseilen). Wichtig ist, bei Richtungsänderungen und vor allem beim Überklettern von Haken darauf zu achten, dass das Seil wieder in die richtige Position kommt. Keinesfalls darf es hinter dem Oberschenkel oder der Wade (Bild 3) verlaufen, denn beim Sturz fädelt ihr so mit dem Bein ein. Sobald sich das Seil spannt, dreht es euch und ihr schlagt unkontrolliert gegen die Wand. Verletzungen sind da fast vorprogrammiert. Im Fall von Bild 3 ist also der nächste Schritt, das Bein vom Tritt zu nehmen, ums Seil zu führen und dann wieder anzutreten.

Das Seil sollte immer zwischen Fels und Körper entlang geführt werden.

Weitere Tipps zur Seilführung gibt es auf den nächsten Seiten.

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Knicke vermeiden

Knicke vermeiden

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Wenn eine Route natürlichen Felsstrukturen folgt, verläuft sie oft nicht kerzengerade nach oben. Wenn dann die Sicherungspunkte seitlich versetzt sind, bekommt der Seilverlauf Knicke. Je stärker das Seil in den Karabinern umgelenkt wird, desto größer wird die Seilreibung an dieser Stelle.

Es ist also wichtig, beim Einhängen einer Sicherung den weiteren Seilverlauf einzuschätzen: Ist der nächste Sicherungspunkt seitlich versetzt? Dann hilft eine längere Expresse oder eine Bandschlinge mit zwei Karabinern, Seilreibung zu vermeiden. Dies gilt natürlich nicht nur für den ersten Fixpunkt, sondern auch für den zweiten, ab dem die Route wieder die Richtung ändert (nach oben).

Halbseiltechnik entschärft die Situation durch das getrennt Einhängen grundsätzlich. Allerdings muss jetzt der Verlauf der beiden Einzelstränge beobachtet werden.

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Quergänge entschärfen

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Bei längeren Quergängen wird es schwierig, Seilreibung ganz zu vermeiden. Am günstigsten wäre es, wenn ein Standplatz am Beginn der Querung und einer am Ende läge. In Mehrseillängenrouten ist das sogar häufig der Fall. Sollte es nicht so sein, so müssen besonders die Sicherungspunkte am Anfang und Ende des Quergangs gut verlängert werden, eventuell auch noch die danach beziehungsweise davor.

Bei der Verwendung von Halbseilen lässt sich die Situation entschärfen, indem man das eine Halbseil im ersten Teil der Querung, das andere im zweiten Teil einhängt. Bei langen Quergängen kommt man aber auch hier an Grenzen, ganz ohne Seilzug wird es dann nicht gehen.

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Fangstoß verringern

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Geht es mit Halbseiltechnik gerade nach oben, empfiehlt sich ein abwechselndes Einhängen der Sicherungen. Ganz so schematisch wie im Bild gezeigt, wird das selten ablaufen, weil dann doch mal zwei Sicherungspunkte weiter links liegen und dann zweimal der gleiche Strang eingehängt wird. Aber das Prinzip ist klar: Abwechselnd Einhängen hat den Vorteil, dass man beim Einhängen der nächsten Sicherung nicht den Halbseilstrang hochzieht, der in der letzten Sicherung unterhalb eingehängt ist. Außerdem wird bei der Halbseiltechnik im Falle eines Sturzes dieser nur durch eines der Halbseile gebremst, was einen niedrigeren Fangstoß zur Folge hat.

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Vorsicht mit Keilen

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Wenn Keile zur Sicherung verwendet werden, ist dem Seilverlauf nicht nur wegen möglicherweise auftretender Seilreibung besondere Beachtung zu schenken. Wenn Keile seitlich versetzt übereinander angeordnet sind, erhalten die unteren Keile im Sturzfall, wenn das Seil sich spannt, einen Drehimpuls nach oben. Das kann dazu führen, dass der Keil aus seiner Platzierung rutscht. Selbst wenn der obere dann hält, ist es ein mehr als ungutes Gefühl, nur noch an einer Sicherung zu hängen.

Aber auch ohne Sturz führt die Seilreibung an solchen Knickstellen dazu, dass der Keil nach oben gerissen werden und sich lösen kann. Deshalb sind beim Klettern mit Keilen solche Knickstellen entweder durch längere Expressen oder Bandschlingen zu entschärfen. Oder man klettert von vornherein, wie zum Beispiel in den britischen Gebieten üblich, mit Halbseiltechnik.

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