Dos and Don'ts: Ernährung fürs Bouldern

Ernährung Bouldern
Dos and Don'ts: Ernährung fürs Bouldern

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Zuletzt aktualisiert am 13.02.2023
Gesunde Ernährung, gutes Essen
Foto: Carlos Gawronski via Getty Images

Beim Bouldern und Klettern verbrauchen wir viel Energie: Bis zu 500 Kalorien pro Stunde gehen dabei drauf. Deshalb ist es besonders wichtig, sich richtig zu ernähren. Bei manchen Aspekten gilt für ambitionierte Kletterer und Boulderinnen das gleiche wie für die Allgemeinbevölkerung – bei manchen jedoch auch nicht. Zum Beispiel kann es für aktive und intensiv trainierende Menschen riskant sein, auf Kohlenhydrate zu verzichten.

Ralph Stöhr

Ernährungstipps fürs Bouldern und Klettern

In den folgenden Do's und Dont's haben wir die wichtigsten Ernährungstipps fürs Bouldern und Klettern zusammengefasst. Weiter unten erklärt der Boulderer und Ernährungswissenschaftler Raul Silveira de Souza im Interview die Grundlagen und Hintergründe. Guten Appetit!

1

Do: Frisches Obst und Gemüse

2

Don't: Stark verarbeitete Lebensmittel

3

Do: Vollwertig essen

4

Don't: An Kohlenhydraten sparen

5

Do: Gründlich kauen

6

Don't: Einseitig essen

7

Do: Nicht am Fett sparen

8

Don't: Nach dem Training Alkohol trinken

9

Do: Direkt nach dem Training essen

10

Don't: Zu wenig essen

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www.klettern.de

Richtig Essen fürs Bouldern & Klettern: Interview mit dem Ernährungswissenschaftler

Raul Silveira de Souza ist Ernährungswissenschaftler und Boulderer. Für das Gespräch haben wir uns in Schwäbisch Gemünd getroffen, wo er für seine Promotion in Clinical Exercise Science geforscht hat.

Wie ernähre ich mich schlau als Kletterer?

Es gibt kein Geheimnis (lacht). Die allgemeine Empfehlung gilt auch für Sportler: Eine kohlehydratreiche, ausgewogene Ernährung ist am besten geeignet, um das Training zu unterstützen. Als grober Richtwert gelten 60 Prozent Kohlehydrate, 30 Prozent Fett und 10 bis 20 Prozent Eiweiß.

Ist Eiweiß für Sportler nicht enorm wichtig?

Protein ist eine Komponente, die vor allem für enzymatische Aktivitäten wichtig ist. Für die Leistungsfähigkeit sind Kohlehydrate viel relevanter, um die Regeneration zu fördern und hormonelle Funktionen zu unterstützen.

Viele Sportler schwören auf eine eiweißreiche und kohlehydratarme Ernährung.

Das ist für Sportler eigentlich nichts. Wenn es um Gewichtsreduktion geht, kann man damit experimentieren, aber die positive Wirkung ist noch umstritten. Wenn es um Leistung geht, dann brauchen wir Kohlenhydrate. Und zwar vor allem komplexe Kohlenhydrate, also vollwertig und Vollkorn. Je weniger verarbeitet, desto besser. Fünf Portionen Obst und Gemüse sind nicht einfach in einen Tag zu packen, aber sehr sinnvoll, wegen der Mikronährstoffe und auch wegen der Ballaststoffe, die sättigen und wichtig für die Verdauung sind.

Gilt das auch fürs Bouldern?

Klettern, auch Bouldern, ist metabolisch gesehen eine Kraftausdauerbelastung. Die wird hauptsächlich über Kreatin-Phosphat sowie Blutglukose und Glykogen getragen. Letztere werden wiederum aus Kohlenhydraten gebildet.

Profitieren Sportler von Nahrungsergänzungsmitteln, sie haben ja bei intensivem Training einen erhöhten Bedarf?

Nein. Mit ausgewogener Ernährung kann man prima seinen Bedarf decken, auch als Vegetarier. Sogar Veganer haben nur wenige Stoffe wie etwa B12 und Jod, die sie ab und zu checken sollten. Gesundheitsrisiken, die Vegetarier und Veganer haben, teilen andere Menschen auch. Tatsächlich haben Fleischesser ein größeres Krankheitsrisiko.

Aber die Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), umfassen täglich Fleisch und Milch?

Das sind aus meiner Sicht schwierige Punkte. So ist zum Beispiel Milch nicht unbedingt die beste Calciumquelle, sondern eher Gemüse: Das daraus stammende Calcium ist viel besser für den Körper aufzunehmen. Wenn man es genau nimmt, birgt Fleisch mehr gesundheitliche Risiken als Nutzen. Aus sportwissenschaftlicher Sicht gibt es keinen triftigen Grund, warum man Fleisch essen sollte. Es ist, gelegentlich genossen, eine hervorragende Eiweißquelle – aber die offizielle Empfehlung der DGE mit 70 Gramm pro Tag empfinde ich als nicht sinnvoll. Der Fleischkonsum in Deutschland ist doppelt so hoch wie die Empfehlung. Und es gibt keine Belege dafür, dass intensiv Sport treibende Vegetarier irgendeinen Mangel leiden und nicht ebenso gut ernährt sein können wie Fleischesser. Die anderen Empfehlungen der DGE sind allerdings passend und stimmen mit dem aktuellen Stand der Forschung überein. Problematisch ist auch die konventionelle Landwirtschaft. Wir wissen nicht, was Antibiotika und Pflanzenschutzgifte im Menschen im Einzelfall anrichten. Grundsätzlich ist Bio-Ware gesünder und konventionell produzierten Lebensmitteln vorzuziehen.

Hartes Training richtet ja im Muskel "Schaden” an. Wie kann Ernährung beim "Reparieren” helfen?

Neben Mikro-Faserrissen entsteht beim Training eine systemische Übersäuerung. Da kann man mit Obst und Gemüse die reich an sekundären Pflanzenstoffe sowie Flavonoiden und Betacarotin sind und somit eine antioxidantische Funktion haben, sehr gut unterstützen. Das hilft vor allem gegen die so genannten Freie Radikale und generell auftretenden oxidativen Stress in den Zellen.

Was ist sinnvoll für Kletterer, die gern leicht sein wollen?

Leicht sein heißt nicht unbedingt stark sein. Ein langfristig zu niedriges Gewicht erschwert optimale Leistung. Und letztlich ist stark und kräftiger meist gesünder. Gerade für Frauen ist die Reduktion von Energie bei intensivem Training gesundheitlich riskant. Deshalb ist vermutlich das wichtigste, stark zuckerhaltige Nahrung und Süßigkeiten wegzulassen, also leere Kalorien. Aber der Zuckerreiz ist stark und Disziplin ist nicht leicht. Man kann versuchen, mit Obst die Zuckerlust zu befriedigen. Und vielleicht hilft der Gedanke daran, dass Ernährung neben Schlaf und Training die wichtigste Schiene für gute Leistung ist.

Ernährungsempfehlungen basieren auf Beobachtungsstudien – wie kann man daraus solide Ratschläge herleiten?

Korrelationen sind natürlich keine Kausalitäten. Und bei Ernährung hängt viel vom Einzelfall ab. Aber es gibt Wahrscheinlichkeiten. Und Ausnahmen. Also zum Beispiel Helmut Schmidt, der sein Leben lang geraucht hat und nicht an Lungenkrebs gestorben ist. Trotzdem ist der Zusammenhang von Rauchen und Lungenkrebs nicht von der Hand zu weisen.

Vielen Dank Raul!

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Archiv Silveira

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