Besser bewegen beim Bouldern

Bewegungskompetenz Klettern & Bouldern
Besser bewegen

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Zuletzt aktualisiert am 13.09.2019

In diesem Artikel:

  1. Interview mit Udo Neumann
  2. Tipps: Besser bewegen beim Bouldern
  3. 5 Übungen für das Bewegungsgefühl
  4. Newschool-Moves beim Bouldern lernen
  5. Udos Tipps zur Video-Analyse
  6. Der Autor

Interview mit Udo Neumann

Udo, als vormaliger Boulder-Nationalcoach, worauf achtest du bei Kletterern hauptsächlich und wieso ist dieser Fokus wichtig im heutigen Klettersport?

Unabhängig vom Niveau haben wir alle potenziell mehr drauf, als wir an die Wand bringen. Ich achte auf diesen Unterschied und konzentriere mich auf die Faktoren, die am leichtesten zu behandeln sind und gleichzeitig die größte Verbesserung bringen.

Lernen ist unbequem: Zitat von Kletter-Coach Udo Neumann
Udo Neumann

Wo siehst du bei den meisten Kletterern Defizite und wie arbeitet man daran?

Beweglichkeit ist das A und O! Beweglichkeit ist das Vermögen, unterschiedliche Stellungen und Haltungen einzunehmen, und hat damit körperliche und geistige Aspekte. Wenn ich mir etwas nicht zutraue, werde ich es auch nicht probieren, geschweige den erfolgreich umsetzen. Der Zusammenhang von geistiger und körperlicher Beweglichkeit lässt sich gut bei Adam Ondra, dem besten Kletterer unserer Zeit, beobachten. Adam kann jeden Bereich, den er von seiner Reichweite sowie Beweglichkeit her erreicht, sinnvoll bespielen. Ein Tritt in Schulterhöhe wird von ihm mühelos erreicht, belastet und in die Kletterbewegung integriert. Vor seiner Begehung von Silence identifizierte der Therapeut Klaus Isele bei ihm Einschränkungen, die ihm die optimale Ausnutzung der gegebenen Kontaktpunkte erschwerten. Erst als diese Einschränkungen behandelt waren, wurde Silence möglich. Es geht im Klettern nicht um Kraft oder Beweglichkeit oder Kontrolle, sondern um kontrollierte Beweglichkeit und um bewegliche Kraft und Kontrolle.

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Was ist noch wichtig?

Für das moderne Klettern fehlen vielen Kletterern Strategien beim Einleiten einer Bewegung. Viele haben nur eine, nämlich distal (von der Körpermitte entfernt, also in den meisten Fällen über die Finger). Der Griff wird genommen, verdichtet und dann belastet. Lässt der Griff dies nicht zu, weil er etwa zu abschüssig ist, sind sie mit ihrem Latein am Ende. Japanische Kletterer haben tendenziell einen höheren Anteil von proximaler Bewegungseinleitung (also von der Körpermitte aus). Hier liegt meines Erachtens der Hauptgrund für ihre momentane Dominanz im Wettkampf.

Danke, Udo!

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Tipps: Besser bewegen beim Bouldern

  • Statt herkömmliches Krafttraining zu betreiben, suche so viel Abwechslung wie möglich einzubauen, was Oberflächen und Winkel angeht. Trainiere deine Fortbewegung, indem eine Vielfalt an Belastungswinkeln, Oberflächen und Tempi dich auf Belastungen in unvorhergesehenen Bereichen vorbereitet.
  • Betrachte dein Training als Übung, nicht als Workout.
  • Statt die Muskeln allein mit roher Kraft auszustatten, verbessere Ansteuerung und Reaktionsfähigkeiten, Bewegungsrepertoire und Hüftbeweglichkeit.
  • Je bewusster die Zielsetzung, desto besser richtet sich die Aufmerksamkeit aus. Setze spezifische Ziele, um die Feedback-Information besser verwerten zu können und eine reichere Lern-Erfahrung zu erhalten.
  • Um etwas zu lernen, müssen wir im Kopf ausgeruht und frisch sein. Wenn man eine Fähigkeit unter guten Bedingungen einmal beherrscht, muss sie unter schwierigen Bedingungen (Ermüdung, Stress) konsolidiert werden.

5 Übungen für das Bewegungsgefühl

Newschool-Moves beim Bouldern lernen

Newschool-Moves wie Mehrfachdynos und koordinativ anspruchsvolle Bewegungen übt man am besten mit folgenden Tipps im Hinterkopf

  1. Übe sie nur, wenn frisch und ausgeruht bist, aber dafür oft.
  2. Filme dich oder lasse dich filmen und betrachte Videos unvoreingenommen.
  3. Experimentiere, versuch auch mal was ganz anderes.
  4. Wenn drei Versuche keine Verbesserung bringen, hör' auf und mach Pause.

Udos Tipps zur Video-Analyse

  • Wo befindet sich der Körperschwerpunkt?
  • Sind alle Gelenke optimal ausgerichtet? Gibt es Energielecks?
  • Stimmt das Timing innerhalb der Bewegung? Gerade wenn wir gestresst sind, gerät hier oft einiges durcheinander!

Der Autor

Udo Neumann, Coach Klettern & Bouldern
Sarah Burmester

Udo Neumann, Autor des Standardwerks Lizenz zum Klettern, war von 2009 bis 2017 Coach des Deutschen Boulder-Nationalteams. Heute arbeitet er als freier Coach und Bewegungsspezialist.