Planungstipps – wie man hinkommt: Aus München und Frankfurt gibt es Direktflüge nach Vancouver, die Preise beginnen im Sommer bei etwa 950 Euro. Von Vancouver aus fliegt man am besten mit einer Propellermaschine von Pacific Coastal Airlines eineinhalb Stunden weiter nach Powell River. Hin und zurück kostet das insgesamt zwischen 300 bis 400 CAD (200 bis 270 Euro). Die Fahrt auf dem Landweg würde fünf bis sechs Stunden dauern, weil man unterwegs zwei Mal eine Fähre nehmen muss. Von Powell River kann man sich mit dem Taxi bis einen Kilometer vor Sarah Point chauffieren lassen. Schöner ist es, das Wassertaxi von Lund aus zu nehmen. Es kostet rund 130 CAD (87 Euro) für bis zu sieben Personen.
Beste Reisezeit: Die besten Monate zum Wandern sind Juni bis September. Man kann den Weg aber das ganze Jahr über laufen. Im Winter braucht man für einige Abschnitte Schneeschuhe.
Buchtipp: Der Wanderführer vom Erfinder des Weges: The Sunshine Coast Trail. Hut-to-Hut Hiking, R. E. Walz, End of the Road Press, 24,95 CAD, erhältlich über mec.ca oder info@disco verpowellriver.com
Surfen: Jede Menge Information rund um den Weg gibt es auf sunshinecoast-trail.com – unter anderem werden die Hütten einzeln vorgestellt, auch Detailkarten findet man dort. Weitere Infos zur Region bietet Sunshine Coast Tourism, im Netz unter sunshinecoastcanada.com
Orientierung: Der Sunshine Coast Trail ist in beide Richtungen hervorragend beschildert – Verlaufen fällt schwer. Detailkarten für jede Etappe finden sich in Eagle Walz’ Führer zum Weg. Eine Übersichtskarte aus Papier gibt es bei Tourism Powell River, 4760 Joyce Avenue.
Schwierigkeit: Die einzelnen Etappen des Sunshine Coast Trails strengen mäßig an, aneinandergereiht verlangen die 180 Kilometer aber Kondition.
Die Etappen des Sunshine Coast Trail im Überblick

Sarah Point – Inland Lake
3 Etappen, 65 Kilometer, Schwierigkeitsgrad: leicht/mittel
Von Sarah Point führt der Sunshine Coast Trail Richtung Südosten: am ersten Tag zur Manzanita Hut (16 km), am zweiten zur Rieveley’s Pond Hut (33 km). Der Weg ist sehr gut ausgeschildert, und das gilt für den gesamten Sunshine Coast Trail: immer dem neonroten Quadrat folgen. Auf der dritten Etappe geht es bis zum Stadtrand von Powell River, dann Richtung Nord über die Haywire Bay zum Inland Lake, wo man entweder am Westufer (Inland Lake West Hut, 65 km) oder am Ostufer (Anthony Island Hut, 67 km) übernachtet.
Tinhat Mountain
3 Etappen, 25 Kilometer, Schwierigkeitsgrad: mittel
Ab dem Inland Lake stehen drei Wegstücke auf dem Sunshine Coast Trail an, die mehr oder weniger kontinuierlich zum Tinhat Mountain und seiner Gipfelhütte ansteigen. Dafür sind die Etappen kurz: Die nächste Hütte, die Confederation Lake Hut, kommt schon bei Kilometer 74, die Fiddlehead Landing Hut bei Kilometer 81, die Tinhat Hut bei Kilometer 90. Der Tinhat Mountain (1193 m) ist der zweithöchste Punkt des Weges, das Panorama gilt vielen als schönstes auf dem Sunshine Coast Trail, weil man auf die fjordartigen Seen des Umlandes schaut – und die Kuppen der Smith Range im Süden.
Golden Stanley Hut
3 Etappen, 55 Kilometer, Schwierigkeitsgrad: leicht
Vom Tinhat Mountain folgt der Sunshine Coast Trail bald den Höhenzügen der gut 1000 Meter hohen Smith Range Richtung Süden. Die Etappen werden wieder etwas länger. Die verborgen liegende Elk Lake Hut mit ihrem Badesteg liegt bei Kilometer 110 – im Spätsommer und Frühherbst labt man sich hier an den üppig sprießenden Blaubeersträuchern. An der Walt Hill Hut (122 km) fällt der Blick aus gut tausend Meter Höhe hinab ins Horseshoe Valley mit seinen acht Seen: Hier verläuft übrigens die fünftägige Powell Forest Kanutour. Anderntags wandert man auf dem Sunshine Coast Trail weiter zur Golden Stanley Hut (145 km).
Saltery Bay
3 Etappen, 35 Kilometer, Schwierigkeitsgrad: mittel/leicht
Bevor sich der Weg wieder Richtung Pazifik hinabschlängelt, bringt er Wanderer auf den höchsten Berg des kanadischen Trails: den Mount Troubridge (1300 m). Unterhalb des Gipfels liegt die Troubridge Hut (158 km). Nun hat man noch zwei Tage bis zum Ziel in der Saltery Bay. Für die letzte Übernachtung unterwegs stehen die Rainy Day Hut (169 km) und die Fairview Hut (173 km) zur Auswahl. In Saltery Bay fahren Busse von BCTransit auf Anforderung zurück nach Powell River – vor dem Tourstart klären (Tel. 001/6044832008).
Sunshine Coast Trail – Reisebericht

Man muss die Riesen-Lebensbäume sehen, um Eagle Walz zu verstehen. Wie geriffelte Säulen ragen sie senkrecht in den Himmel, die Bartflechten an ihren Ästen leuchten in der Sonne. Walz schaut hinauf zu ihren immergrünen Zweigen, schwärmt von ihrer Schönheit, ihrem Duft. »Den First Nations waren sie heilig«, sagt er, »aus ihrem Holz fertigten sie Häuser und Kanus, aus den Rinden Kleider und Seile.«
Der 71-Jährige hat diesen Bäumen 25 Jahre seines Lebens gewidmet. So lange arbeitet er mit einer Handvoll anderer Besessener schon an einem Traum, für den man sie einst auslachte und mittlerweile bewundert: einen Wanderweg zu bauen, 180 Kilometer lang, um den letzten Regenwald an Kanadas Sunshine Coast zu schützen – den "Sunshine Coast Trail".
Um uns sein Lebenswerk zu zeigen, steigt Walz in Lund, wo alle Straßen enden, in ein Stahlboot. Wir röhren zwischen Inseln hindurch, über dem Felsufer dichter Wald. Stoisch sitzt Walz im kalten Fahrtwind, der ihm den weißen Bart zerzaust.
Walz, der Fotograf Ben Wiesenfarth und ich landen am Sarah Point, der Nordspitze der Malaspina-Halbinsel. Von hier zieht der Weg Richtung Südosten. Wir sind sofort verzaubert. In der Ferne stechen die Gipfel und Gletscher von Vancouver Island aus den Wolken, Teppiche von hellgrauen Flechten überziehen die Felsen, Moose polstern die Baumstämme, die kreuz und quer liegen. Amerikanische Erdbeerbäume, deren rotbraune Rinde sich vom Stamm schält, strecken ihre gewundenen Äste übers Meer. »Sie lieben salzige Luft«, sagt Walz.
Ein schwäbischer Visionär in Kanada
Während wir zwischen Douglasien und Küsten-Kiefern landeinwärts wandern, erzählt er, wie alles begann: »Als Kind bin ich viel auf der Schwäbischen Alb gewandert. Ich habe den Wald immer geliebt, das ist für mich wie nach Hause kommen.« Mit 16 zog er aus Ehingen an der Donau nach Kanada, wurde Grundschullehrer in Powell River, gründete eine Familie. Seit einer spirituellen Begegnung mit einem Adler nennt er sich Eagle. Doch ein esoterischer Spinner ist Walz beileibe nicht. Sondern ein Visionär und Macher.
1992 fuhr er eines Tages nach Lund – und war schockiert. »Ich sah neben der Straße Kahlschlag. Da wurde mir klar, dass sie nicht mehr nur im Hinterland Bäume fällen.« Walz bekam Angst. »Ich wusste, dass es hier an der Küste noch fünf Flecken mit altem Regenwald gab«, sagt er. »Ich dachte mir: Vielleicht können wir sie retten.«
Tatsächlich ist viel von dem Wald, durch den wir die folgenden Tage wandern, nachgewachsener Sekundärwald. Fast die ganze Sunshine Coast Kanadas wurde in den 1860er Jahren schon einmal abgeholzt, mit Axt und Säge, die Eisenbahn half beim Abtransport.
Ein Wanderweg, der die Urwaldreste verbindet

Nur an wenigen unzugänglichen oder unrentablen Orten ist echter Urwald geblieben. Um ihn zu schützen, dachte Walz, muss man die Menschen dorthin bringen. Sein Plan war ein Wanderweg, der die Urwaldreste Kanadas verbindet. Walz forschte anhand von Luftbildern und Forstkarten, wo die großen Bäume stehen. Und er versammelte eine Handvoll Enthusiasten, die meisten davon Lehrer. »Unsere Fähigkeiten waren eher beschränkt«, sagt er. »Viele haben vorher nie eine Kettensäge benutzt. Aber wir machten es einfach.« Die Provinzregierung genehmigte den Weg. Die sagten: »Ja, ja, macht mal. Sie dachten, wir wären Verrückte, die schnell genug müde werden.«
Aber Walz wird nicht so schnell müde, damals nicht und heute nicht. Wir gehen durch hüfthohe Farne, der Waldboden federt unsere Schritte, Moos spinnt ganze Hänge ein. Neonrote Vierecke weisen den Weg, 13.000 davon haben Walz und seine Mitstreiter an Baumstämme genagelt. Als Raute führen sie nach Norden, als Quadrat nach Süden. Verlaufen fällt da schwer.
Beim Auskundschaften war das freilich anders. »Ich bin tagelang durch den Wald gestolpert«, erzählt er, »hin und her, bis ich etwas fand, das mir gefiel.« An einer Bucht entdeckte er die Schwanzfeder eines Seeadlers, deshalb nannte er sie Feather Cove. Und der Ort ist so schön wie der Name, ideal für eine Pause an den Picknick-Tischen. Im Sommer sollen hier oft Buckelwale und Orcas zu sehen sein. Heute steckt zumindest eine Robbe den Kopf aus dem glitzernden Meer.
Im Jahr 2000 wurde der Sunshine Coast Trail eröffnet. Aber die Arbeit geht weiter. Mindestens zweimal pro Woche gehen Walz und die anderen mit ihrer Kettensäge spazieren, wie er sagt, um umgestürzte Bäume zu zerschneiden. Und immer wieder müssen sie den Weg hier im Westen Kanadas verlegen, wenn die Holzfirmen ein weiteres Stück Wald fällen. Wenigstens geben diese mittlerweile vorab Bescheid, auch weil Walz sich jahrzehntelang um gute Beziehungen bemüht hat.
Wir wandern weiter, zwischen Rot-Erlen, Hemlocktannen und Riesen-Lebensbäumen, die durchs Laubdach stoßen. Schwertfarne spreizen ihre Federarme aus, ein Schwarzspecht flattert auf. »Nur die alten Riesen lassen den Unterschied zwischen Urwald und Sekundärwald erkennen«, erklärt Walz. Nach acht Kilometern verlässt er uns, er muss mit kanadischen Politikern telefonieren.
Und wir lassen uns gleich darauf vom Wednesday Lake verführen. Das schwarze Wasser ist überraschend warm, wir ziehen unsere verschwitzten Klamotten aus und hechten hinein. Ein Eisvogel flattert, über den Wipfeln kreist ein Seeadler. Wir müssen uns zum Weitergehen zwingen. Und werden belohnt. Gerade als wir an der Manzanita Hut ankommen, verglüht die Sonne hinter der Meerenge und den Bergen von Vancouver Island. Auf den Felsen hoch über dem kanadischen Wald haben wir den Logenplatz dafür.
Von Hütte zu Hütte auf dem Sunshine Coast Trail

15 Hütten stehen inzwischen am Sunshine Coast Trail, sie sind der Clou dieses außergewöhnlichen Wegs. Die Idee hatte Walz, er kannte Berghütten aus den Alpen. Mithilfe der Regierung und Spendern schuf er so etwas in Kanada Einmaliges: kostenlose Unterkünfte in der Wildnis. Berghotels mit heißer Dusche sind sie freilich nicht gerade, aber wen interessiert das bei der Lage?
In der Manzanita Hut geben Fenster bis zum Boden den Blick aufs Meer frei. An diesem warmen Abend aber essen wir lieber draußen an den Tischen. Und steigen bald die Holztreppe hinauf zum Lager, um auf dem Boden Isomatte und Schlafsack auszurollen.
Die Nacht ist unruhig, eine selbstmörderische Maus tobt in der Alupackung unserer Käsemakkaroni. Und der Morgen ist kalt. In Mütze und Jacke brühen wir den Instant-Kaffee auf und ziehen schnell weiter. Bald gehen wir über einen Bohlenweg durch Schachtelhalme und balancieren über gestürzte Baumstämme, wir passieren Wasserfälle, felsige Bäche und bildhübsche Seen. Und laufen nach drei Tagen auf einem Balkonweg mit Meerblick nach Powell River ein.
Auf der Terrasse des Pubs an der Mündung des Powell Lake wartet Walz schon mit dem Belohnungsbier. Und erzählt von all dem, was auf dem Sunshine Coast Trail noch kommen würde: vom Tinhat Mountain mit seiner 360-Grad-Aussicht, von Sümpfen und noch mehr Seen und vom Mount Troubridge mit seiner Blockhütte unterhalb des rund 1300 Meter hohen kanadischen Gipfels.
Cheers, Eagle, ein anderes Mal gerne.
Unterkünfte, Hütten & Restaurants
Hütten: Auf dem Weg liegen 15 Selbstversorger-Hütten. Sie sind zwischen 7 und 32 Kilometern voneinander entfernt und sind gratis. Sie haben 3 bis 10 Schlafplätze und funktionieren nach dem Wer-zuerst-da-ist-Prinzip. Zusätzlich gibt es 16 Campingplätze. Im Sommer sollte man zur Sicherheit ein Zelt mitnehmen, weil die Hütten voll sein können.
Essen gehen:
Powell River: Das Städtchen Powell River liegt auf der dritten Etappe des Sunshine Coast Trails. Wer Abwechslung von der Trekking-Kost sucht, kehrt in die Coastal Cookery ein: Dort serviert man von Thai-Curry über Ziegenkäse-Salat bis zu Spare Ribs unterschiedlichste Gerichte in geschmackvollem Redwood-Ambiente. coastalcookery.com
Burger-Paradies: Auf Burger aller Art hat sich Sli-Grill zehn Kilometer nördlich von Powell River spezialisiert: Sogar Elch- und Lachs-Burger stehen zur Auswahl. 5245 Lund Street North (Highway 101), Powell River.
Zur lachenden Auster: Wer in Lund das Wassertaxi zum Einstieg des Sunshine Coast Trails nimmt, der sollte vorher noch im Laughing Oyster Restaurant essen: Von der Terrasse hat man einen Traumblick übers Meer, und neben den Austern stehen noch eine Fülle weiterer feiner Fischgerichte auf der Karte. laughingoyster.ca
Tipps von Autor Florian Sanktjohanser

Verkostung: Bierfans sollten Townsite Brewing einen Besuch abstatten – eine Mikrobrauerei in der Altstadt von Powell River. Der Braumeister kommt aus Belgien und bietet unter anderem Pale Ales, Hafer- und Dunkelbier zur Verkostung an. townsitebrewing.com
Kanutour: Die Powell Forest Canoe Route führt Paddler auf 57 Kilometern über 8 Seen. Sie dauert fünf Tage, Adler- und Bärensichtungen sind wahrscheinlich. sunshinecoastcanada.com (Powell Forest Canoe Route)
Erbgut: Wie die Sunshine Coast erschlossen wurde, davon erzählen die Ausstellungsstücke im Heritage Centre des Städtchens Egmont egmontheritagecentre.com
Radtour:: Auf dem Zwischenstopp in Vancouver lohnt eine Radtour rund um Stanley Park, die Halbinsel vor den Toren der Stadt. Perfekter Zwischenstopp auf der 22-Kilometer-Tour ist der Strand von Third Beach. spokesbicyclerentals.com