Was genau droht eigentlich am Berg?
Alpine Naturgefahren sind vielfältig – und unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe:
Klimawandel verändert die Risikozonen
Permafrostböden tauen, Gletscher schmelzen, Niederschläge nehmen zu – das verändert die Stabilität des Hochgebirges. Fels- und Bergstürze bleiben selten, nehmen jedoch nachweislich zu – in der Schweiz wurden in den letzten 25 Jahren sechs große Bergstürze registriert.

Interview: Bruno Jelk über die Berggefahren der Gegenwart
Beim Steinschlag fallen einzelne Steine herunter. Es können auch mehrere Steine sein, aber dann verteilt. Ab einem Durchmesser von 50 Zentimetern und mehr spricht man vom Blockschlag. Ein Murgang ist ein Schuttstrom aus Wasser, Geröll, Erde oder auch Holz. Bei einem Felsturz löst sich ein ganzer Felsen mit einem Volumen von mindestens 100 Kubikmetern, das entspricht ungefähr 500 bis 600 gefüllten Badewannen. Ein Bergsturz hat noch mal eine ganz andere Dimension: Da kommen mindestens eine Million Kubikmeter zusammen, eine Masse von etwa 1000-2000 Einfamilienhäusern.
Steinschlag haben wir im Hochgebirge immer. Das kann in einem Gebiet jeden Tag mehrmals passieren, besonders wenn die Wärme den Permafrost auftaut oder es Gewitter gibt. Auch Murgänge kommen meist bei Unwetter vor, das passiert jetzt häufiger. Bei Felsstürzen ist das etwas anderes. Wir haben hier mehrere Felsen, die wir überwachen. Wird dort eine Spalte zu groß, stimmt das Gleichgewicht zwischen Halt und Masse nicht mehr und es kommt zu einem Felssturz. Ein Bergsturz ist eine Ausnahmesituation und kommt zum Glück nicht häufig vor. Wir haben in der Schweiz in den letzten 25 Jahren sechs solcher Großereignisse gehabt.
Nein, das Wandern wird nicht unsicherer, denn es wird ja alles überwacht. Wenn irgendwo das Risiko zu groß wird, sperren wir den Weg oder das Gebiet.
Da kommt eine Menge an Technologie zum Einsatz. So werden alle Bäche mit Sensoren kontrolliert. Wenn das Wasser bei einem Gewitter zu hoch steigt, bekommen wir einen Alarm und prüfen, ob eine Gefahr besteht und ob eventuell Menschen evakuiert werden müssen. Dann haben wir Systeme für Lawinen, meist zwei fix montierte Radargeräte im oberen und unteren Bereich. Schlägt das untere an, werden Straßen und Zuwege automatisch mit Barrieren und Rotlicht gesperrt – falls das nicht schon bei einer vorherigen Beurteilung passiert ist. Auch kritische Felsspalten überwachen wir mit Sensoren und Radarsystemen. Wird eine zu groß, kommt eine Warnung und wir müssen entscheiden, ob wir das Gebiet sperren oder auch eventuell eine kontrollierte Sprengung durchführen. Das entscheiden wir meist zusammen mit Geologen.
Den kann man nicht vorhersagen, das kann überall passieren, wo lose Steine herumliegen. Kommt es dann etwa durch starken Wind oder Regen zu Verschiebungen, verlieren die Steine den Halt und fallen herunter. Auch andere Wanderer oder Wildtiere wie Steinböcke und Gämsen können Steinschlag auslösen. Dann gibt es aber natürlich auch Sektoren, wo generell hohe Steinschlaggefahr besteht, wir haben zwei davon. Bei solchen Risikogebieten sperren wir den Weg oder leiten ihn um.
Wichtig ist, dass die Leute die Tour gut vorbereiten. Also nicht bei drohenden Gewittern losziehen und sich vorher bei Touristeninfos oder Bergführerbüros über aktuelle Zustandswarnungen informieren. Kommt man an ein Steinschlag-Warnschild, gilt es, die Passage gut zu beobachten, bevor man zügig hindurchgeht – oder im Zweifelsfall eben umkehrt.
Beim Bergsteigen und auf Klettersteigen sollte ein Helm getragen werden. Beim Wandern ist das nicht üblich. Kommt ein Stein heruntergeflogen, ist es wichtig, ihn zu beobachten und nicht direkt wegzurennen, denn die Flugbahn kann sich ändern und man wird trotzdem getroffen. Kommt der Stein zu nahe, versucht man ihm seitlich auszuweichen, das ist eigentlich die einzige Möglichkeit.
Wenn es geht, sollten Wanderer an einem geschützten Platz abwarten, bis das Gewitter vorbeigezogen ist. So lässt sich die Steinschlaggefahr reduzieren, aber halt auch nicht hundertprozentig. Vermeiden sollte man in jedem Fall die Nähe zu Rinnen oder Bachläufen, denn da kommt bei Starkregen am meisten Geröll herunter.
Es gibt leider Leute, die verlassen die offizielle Strecke für eine Abkürzung oder was auch immer, und dann ist die Gefahr da, dass sie Steinschlag verursachen. Bleibt man auf den Wegen, lässt sich das vermeiden. Geht es durch steiles Terrain mit viel Geröll, ist ein sicherer, kontrollierter Tritt wichtig.
Das ist vielfach die Selbstüberschätzung. Jeder Mensch hat seine Leistungsgrenzen, und Wanderer, die sie überschreiten, werden müde und fahrlässig. Da ist die Gefahr groß, dass sie nicht weiterkommen oder ein Unfall passiert – und dann muss die Bergrettung raus.
Wenn sich die Leute gut auf ihre Tour vorbereiten, mit einer vernünftigen Ausrüstung sowie genügend Verpflegung und Wasser losziehen, sollte eigentlich nichts passieren. Wer sich trotzdem unsicher fühlt, engagiert besser einen Bergführer oder Wanderleiter, um ohne Probleme durchs Gelände zu kommen.

Beim Bergsturz vom 28. Mai 2025 im Schweizer Lötschental stürzten drei Millionen (!) Kubikmeter Gestein und Eis ins Tal. Große Teile des Dorfs Blatten wurden verschüttet, ein Mann starb. Frühwarnsysteme verhinderten ein noch größeres Unglück.
Sicherheit beginnt mit Verantwortung
Neben Hightech-Monitoring bleibt Eigenverantwortung entscheidend. Wer sich vorbereitet, nicht bei Unwetter startet und seine Grenzen kennt, kann auch heute sicher in den Bergen unterwegs sein.