Viele träumen davon, auf einer Hütte zu arbeiten. Christoph Erd weiß nach 18 Jahren, wie viel Arbeit dahintersteckt, aber auch, wie erfüllend es ist. Sehr!
Viele träumen davon, auf einer Hütte zu arbeiten. Christoph Erd weiß nach 18 Jahren, wie viel Arbeit dahintersteckt, aber auch, wie erfüllend es ist. Sehr!
Christoph Erd: Eine Hütte zu bewirtschaften, ist ein schöner Beruf, du verbringst viel Zeit in den Bergen und lebst da. Aber wirklich genießen kann ich das nicht, weil ich 16 Stunden täglich und das 120 Tage am Stück arbeite – mein Alltag. Das hängt aber auch damit zusammen, welche Qualität ich als Hüttenwirt liefern will, welchen Anspruch ich an mich und meine Hüttenführung stelle.
Wie bist du damals darauf gekommen, überhaupt eine Hütte zu übernehmen?Ja, ich möchte für meine Gäste das kochen, was ich selbst gerne essen möchte. Ab diesem Jahr bieten wir nur noch Bio-Lebensmittel an. Bei den Getränken haben wir noch nicht komplett umgestellt. Das steht aber so auch in der Karte. Meines Erachtens sollte es Standard sein, dass wir in der Natur auch natürliche Lebensmittel konsumieren. Grundsätzlich müssen wir alle viel mehr auf unsere Umwelt achten. Bio stellt da für mich einen wichtigen Hebel dar. Es bedeutet weniger Pestizide, weniger Düngung, weniger Tierleid.
Ich hatte den Wunsch, selbstständig zu arbeiten. Auch bei meiner Frau hatte sich eine berufliche Veränderung ergeben und wir waren frei. Ich bin gelernter Koch, Zimmermann und Bergwachtler, meine Frau ist Erzieherin und sehr kommunikativ. Sie hat einen sehr guten Umgang mit den Gästen. Diese Kombination hat uns bei unserer Bewerbung sehr geholfen. Den Floh, eine Hütte zu übernehmen, hat uns schlussendlich mein Schwiegervater eingesetzt. Es war früher sein Traum, selbst eine Hütte zu übernehmen, aber er hatte nicht die Unterstützung durch seine Familie.
Also erreichen Wanderer die Hütte nur zu Fuß?Ja, ich erinnere mich noch daran, wie er auf dem Staufner Haus die Theke übernommen hat. Alle dachten, er wäre der Hüttenwirt. Einmal wollten Gäste ein Foto mit dem Hüttenwirt machen. Mein Schwiegervater meinte, dass er ihn aus der Küche hole. Der war ja ich. Die Gäste waren verwirrt und sagten: Dann nehmen wir halt den. Leider kann mein Schwiegervater nicht auf das Prinz-Luitpold-Haus kommen, weil der Aufstieg seine Knie strapaziert.
Es gibt mehrere Wanderwege hoch zu uns, aber keinen Zugang mit einer Seilbahn. Das hat auch einen Einfluss darauf, wer zu uns kommt. Unsere Gäste sind tendenziell sportlicher und haben auch einen gewissen Sinn für Natur, sonst würden sie sich den Aufstieg nicht antun. Von unserer Hütte aus können Wanderer Hüttentrekkings machen, der neue Grenzgängerweg führt an uns vorbei, viele besteigen den Hochvogel. Zudem haben wir Klettergärten und Mehrseillängentouren.
Wann kannst du abschalten?Mein Tag beginnt um sechs. Ab halb sieben gibt es Frühstück. Danach bereite ich die Küche vor, das Team räumt das Haus auf. Später kommen die Tagesgäste aus dem Tal, die werden abgelöst von unseren Übernachtungsgästen. Die wollen dann Abendessen. Das Rad dreht sich konstant bis zur Nachtruhe 22 Uhr. Als Chef mache ich dann Kasse und gucke, ob für den nächsten Tag alles passt.
Der Hüttenwirt hat bei schlechtem Wetter immer am meisten Zeit. Da kommen weniger Gäste. Aber dann magst du auch keine Bergtour machen und bist froh, dich an den Ofen zu legen. Es hat alles so seins. Wenn das Wetter schön ist, dann läuft es, alle sind richtig gefordert, das Team funktioniert, wir haben Spaß. Aber gäbe es nur Sonnenschein, wären wir irgendwann ausgebrannt. Keine Phase sollte zu lang gehen. Zwei Wochen Dauerregen sind auch irgendwann fad.
Unsere drei Kinder gehen in die Schule und werden unter der Woche von Oma und Opa betreut, die mit uns im Haus wohnen. So befindet sich jeder immer in seinem gewohnten Umfeld. Meine Frau fährt jede Woche noch zwei Tage runter, um nach den Kindern zu schauen. Am Wochenende und in den Ferien leben die Kinder dann bei uns auf der Hütte. Wir genießen das sehr. Die älteste Tochter unterstützt uns auf der Hütte und verdient sich dadurch gleich ihren Anteil am Führerschein.
Einerseits ein gutes Team zusammenzustellen. Unsere Saison beginnt im Juni, da starten wir mit vier Leuten. Der August ist der stärkste Monat, da besteht das Team aus zehn Leuten. Von der Küchenseite stehe ich vor der Aufgabe, dass ich immer genügend Vorräte habe, aber dass auch nichts verdirbt. Lebensmittel gehören definitiv nicht weggeworfen.
Kannst du dir noch ein reines Leben im Tal vorstellen?Ich plane immer für eine Woche. Sonntagabend gehe ich durch, was wir noch alles haben. Dann schaue ich mir die Buchungslage und den Wetterbericht an. Den Einkauf fahren wir dann mit der Materialseilbahn hoch. Fleisch haben wir bei einem Bauern aus dem Ostrachtal gefunden, Käse kaufen wir bei einem Allgäuer Bauern, ein Bäcker aus dem Ort beliefert uns mit seinem Brot. Milch ist ein schwieriges Thema, weil man H-Milch nicht regional bekommt.
Was steht in dieser Saison an?Mir würde das hier oben schon fehlen. Im Tal würde ich nur kochen, und hier bildet Kochen nur einen kleinen Teil der täglichen Dosis. Die Hütte ist ein Inselbetrieb, allein die Technik hier oben gestaltet sich speziell. Ich muss stets beweglich sein.
Und wie bereitest du dich auf den Hüttenwahnsinn vor?Bis Juni befindet sich unsere Hütte im Umbau. Vorher hatten wir 200 Schlafplätze, jetzt haben wir auf 160 reduziert. Wir haben auch die Haustechnik modernisiert. Einiges wird dem Gast nicht auffallen – aber die Stube und Lager sind jetzt gemütlicher.
Mit einem Familienurlaub in den Niederlanden. Noch einmal Kontrastprogramm, und dann bin ich bereit für vier Monate in den Bergen.