31. Gipfel - Kami Rita Sherpa bricht erneut Everest-Rekord

History des Mount Everest
Rekorde, Massentourismus und Risiken

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Zuletzt aktualisiert am 27.05.2025

Am 18. Mai 2025 sollen laut Medienberichten 135 Bergsteiger den Gipfel an einem einzigen Tag erreicht haben! Diese hohe Anzahl führte erneut zu Staus, erhöhtem Müllaufkommen und steigenden Unfallzahlen. In dieser Saison wurden bereits mehrere Todesfälle gemeldet.

Im Januar 2025 waren bereits alle Hubschrauberflüge ins Everest-Gebiet vorübergehend ausgesetzt worden, nachdem die Bewohner des Khumbu-Tals gedroht hatten, alle landenden Hubschrauber zu konfiszieren. 2024 waren dort rund 6.000 Flüge durchgeführt worden, die meisten, um Trekkingtouristen von ihrem Wanderziel zurückzufliegen. Dies hatte zu einer großen Umwelt- und Lärmbelastung geführt und die Träger um die Hälfte ihrer Einnahmen gebracht. Für die nächste Aufregung sorgte Furtenbach Adventures mit der Ankündigung, künftig einwöchige Everest-Expeditionen anzubieten, bei denen das Edelgas Xenon zur Erhöhung der roten Blutkörperchen eingesetzt werden soll. Die UIAA warnte daraufhin vor dem Einsatz von Xenon im Höhenbergsteigen.

Für die Vormonsunsaison 2025 wird mit einem erneuten Rekord an Everest-Aspiranten gerechnet. Anfang März starteten die "Ice Doctors" ihre Präparation des Khumbu-Eisbruchs, allerdings gilt in Nepal und Tibet nun an allen 8.000ern eine Sherpa-Pflicht. Autonome Besteigungen sind demnach nicht mehr möglich. Ab September will Nepal die Permit-Preise für den Everest um 36 Prozent anheben (von 11.000 auf 15.000 US-Dollar).

Insgesamt steht der Mount Everest im Jahr 2025 also vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die sowohl die Umwelt als auch die Sicherheit der Bergsteiger betreffen. Hier sind die wichtigsten aktuellen Probleme im Überblick:

  1. Überfüllung und Sicherheitsrisiken: Die Zahl der Besteigungen nimmt weiter zu. Trotz neuer Vorschriften wurden bereits 77 Genehmigungen für die Frühjahrssaison 2025 erteilt, mit der Erwartung, den Rekord von 479 Genehmigungen aus dem Jahr 2023 zu übertreffen. Diese Überfüllung führt zu gefährlichen Staus in der sogenannten "Todeszone" über 8.000 Metern (siehe Bild oben), was das Risiko von Unfällen und Todesfällen erhöht.
  2. Auswirkungen des Klimawandels: Die Gletscher verlieren rapide an Masse; der höchste Gletscher hat in den letzten 25 Jahren über 54 Meter an Dicke eingebüßt. Zudem destabilisieren die steigenden Temperaturen die Eisstrukturen, was zu vermehrten Steinschlägen und Lawinen führt.
  3. Umweltverschmutzung und Müllproblematik: Der Everest leidet unter erheblichen Umweltproblemen. Im Jahr 2024 wurden 77 Tonnen Müll gesammelt, darunter leere Sauerstoffflaschen, Plastik und menschliche Exkremente . Um dem entgegenzuwirken, hat Nepal neue Maßnahmen eingeführt, wie bspw. ein Pfand von 600 US-Dollar wird für das Überqueren des Khumbu-Eisfalls oder die Pflicht für Bergsteiger, individuelle Müllsäcke mitzuführen.
  4. Die bereits erwähnten "Icefall Doctors" – Sherpas, die gefährliche Passagen wie den Khumbu-Eisfall sichern – riskieren jährlich ihr Leben für geringe Bezahlung . Ihre Arbeit ist essenziell für die Sicherheit der Expeditionen, wird jedoch oft nicht angemessen gewürdigt.
Kami Rita Sherpa - Mount Everest
SOPA-Image/Kontributor via GettyImages

Diese aktuellen Entwicklungen zeigen: Der Everest ist nicht nur ein geographisches Extrem, sondern Spiegel gesellschaftlicher, politischer und ökologischer Dynamiken. Wer seine Geschichte versteht, erkennt besser, warum dieser Berg so viel mehr ist als nur ein Ziel für Extrembergsteiger.

Der höchste Berg der Welt – eine Trophäe

"We knocked the bastard off", waren Edmund Hillarys erste Worte, als er und Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 vom Gipfel des 8.849 Meter hohen Mount Everest zum Südsattel zurückkehrten. Wenn Hillary auch kein Brite war, so doch als Neuseeländer immerhin ein Untertan der englischen Krone. Deshalb fiel es ihrer Majestät wohl nicht schwer, über den nicht gerade hoffähigen Ausspruch vom "erlegten Drecksack" hinwegzusehen und den neuseeländischen Bienenzüchter zum Sir zu adeln.

Edmund Hillary & Tenzing Norgay Mount Everest
Jamling Tenzing Norgay unter CC-BY-SA-3.0

Die Anziehungskraft des Mount Everest auf Alpinisten erklärt sich mit seiner superlativen Höhe. Dass er auch auf Menschen, die ein Steigeisen kaum von einem Dosenöffner unterscheiden können, eine große Magie ausübt, liegt neben dem Nimbus des höchsten Bergs der Welt auch an der suggerierten Verfügbarkeit: Einige touristische Touren-Anbieter bieten eine "Mount Everest-Besteigung" an wie eine weitere Sehenswürdigkeit bei einer Rundreise.

Für das Gros der Everest-Aspiranten zählt allein der Gipfel, und dementsprechend erfolgen die allermeisten Besteigungen über eine der beiden Hauptaufstiegsrouten. Das hat zur Konsequenz, dass nicht nur am Gipfel und in den Basislagern, sondern auch auf dem Weg der Erstbesteiger über Südsattel und Südostgrat oft ein gefährliches Gedränge herrscht. Zwar werden vor allem von kommerziellen Expeditionen die Anstiege annähernd flächendeckend mit Fixseilen ausstaffiert, um ihrer Klientel ein möglichst gefahrloses und schnelles Vorwärtskommen zu ermöglichen, trotzdem kommt es an neuralgischen Stellen am Mount Everest des öfteren zu Staus.

In eisigen Höhen

Dies ist keine Lappalie: Vor allem in der "Todeszone" oberhalb von 7500 Metern führt eine längere Verweildauer schnell zu Erfrierungen oder noch dramatischeren Konsequenzen. Dass der Weg zum und besonders der Abstieg vom Dach der Welt auch im Zeitalter täglicher Everest-Wetterberichte aus Innsbruck und gewerblicher Expeditionen kein Spaziergang ist, sollte dank Jon Krakauers Bestseller ("Into Thin Air" oder "In eisige Höhen") über die Tragödie von 1996 eigentlich mittlerweile rund um den Globus bekannt sein. Seit Beginn der Besteigungen des Mount Everest haben über 340 Menschen ihr Leben verloren, darunter mehr als 125 Sherpas. Das bedeutet, dass etwa ein Drittel der Todesopfer Sherpas sind, obwohl sie nur einen Bruchteil der Gesamtzahl der Bergsteiger ausmachen.

Neben den Gefahren für Leib und Leben bewirkt der Massenansturm auch stetig wachsende Müllberge am Everest. Fäkalien, alte Seile und leere Sauerstoffflaschen sind mittlerweile fester Bestandteil der vormals einzigartigen Hochgebirgsszenerie. Zwar gab es schon Aufräumexpeditionen, auf lange Sicht wäre aber ein Entsorgungskonzept erstrebenswert, das alle Expeditionen verpflichtet, ihren Müll auch wieder abzutransportieren.

Bergsteigen By Fair Means

Neben den Erstbegehungen sah der Everest auch andere innovative Leistungen. Junko Tabei war 1975 die erste Frau auf dem Everest, den sie über den Südostgrat erreichte. 1978 mussten dann alle bis dahin geltenden Erkenntnisse über die Physiologie des Höhenbergsteigens ebenso wie die Definition des Begriffs "by fair means" umgeschrieben werden, als Reinhold Messner und Peter Habeler am 8. Mai den Gipfel ohne künstlichen Sauerstoff erreichten.

Seit dieser bahnbrechenden Leistung sind viele Alpinisten der Ansicht, dass nur noch Besteigungen ohne Flaschensauerstoff anerkannt werden sollten – schließlich reduzieren sich die Ansprüche mit Sauerstoffmaske auf die eines Siebentausenders. Zwei Jahre später gelang Messner sein zweiter großer Wurf am höchsten aller Gipfel: der erste komplette Alleingang, dazu ohne künstlichen Sauerstoff und auf einer neuen Route im oberen Teil der Nordwand – sicherlich die großartigste Leistung, die der Everest je gesehen hat.

Mount Everest: Kleine Chronik der Besteigungen

1852 Britische Landvermesser "entdecken" den Mount Everest.

1865 wird der Berg auf Mount Everest getauft – nach dem vormaligen Leiter der Vermessungsgesellschaft für Indien Sir George Everest. (Übrigens: Sir George sprach seinen Namen wie 'Iwrist' aus; trotzdem ist heute die Aussprache "Everest" für den Berg etabliert.) In Nepal heißt der Berg "Sagarmatha", in Tibet "Chomolungma" (deutsche Aussprache "Tschomolangma"; englische Umschrift "Chomolungma") – was ungefähr "Göttinmutter der Erde" bedeutet.

08.06.1924 Mallory und Irvine verschwinden am Nordostgrat und bleiben verschollen, bis schließlich 1999 eine Suchexpedition Mallorys Leiche entdeckt.

29.05.1953 Um 11 Uhr 30 erreichen der Neuseeländer Edmund Hillary und der Sherpa Tenzing Norgay als erste Menschen über den Südostgrat den Gipfel des Everests.

25.05.1960 Den Chinesen Wang Fuzhou, Gonbu und Qu Yinhua gelingt die erste Besteigung von Tibet aus über den Nordostgrat. Der Erfolg wird aber von westlichen Chronisten bis heute bezweifelt.

22.05.1963 Die Amerikaner Willi Unsoeld und Tom Hornbein sorgen für die erste Überschreitung, indem sie über Westgrat und Nordwand auf- und über den Südostgrat absteigen.

16.05.1975 Als erste Frau erreicht die Japanerin Junko Tabei auf dem Südostgrat den Gipfel, elf Tage später gelangt mit der Tibeterin Phantog erstmals eine Frau über den Nordostgrat zum Gipfel.

24.09.1975 Im Rahmen einer von Chris Bonington geleiteten Expedition durchsteigen Dougal Haston und Doug Scott als erste die Südwestwand über dem Western Cwm.

08.05.1978 Reinhold Messner und Peter Habeler erreichen als erste den Gipfel, ohne Flaschensauerstoff zu verwenden. Als erster Frau gelingt dies 1988 der Neuseeländerin Lydia Bradey.

11.05.1978 Reinhard Karl steht als erster Deutscher auf dem Everest.

13.05.1979 Die Jugoslawen Andrej Stremfelj und Jernej Zaplotnik eröffnen mit dem kompletten Westgrat die schwierigste Route am Everest.

17.02.1980 Den Polen Leszek Cichy und Krzysztof Wielicki gelingt als ersten eine Winterbesteigung des Mount Everest.

20.08.1980 Der Everest wird erstmals komplett im Alleingang bezwungen. Reinhold Messner verwendet dabei keinen Flaschensauerstoff und erreicht den Gipfel über eine neue Route in der Nordflanke.

08.10.1983 Die Amerikaner Kim Momb, Louis Reichardt und Carlos Buhler besteigen den Everest als erste über die Kangshung-Wand.

12.05.1988 Einer Kleinexpedition gelingt die Durchsteigung der Kangshung-Flanke zum Südsattel.

11.05.1995 Die Japaner Kiyoshi Furuno und Shigeki Imoto begehen mit den Sherpas Dawa Tshering, Pasang und Nima erstmals den kompletten Nordostgrat.

07.10.2000 Der Slowene Davo Karnicar fährt den Everest auf Skiern ab.

23.05.2001 Dem Franzosen Marco Siffredi gelingt die erste Snowboardabfahrt vom Gipfel über das Norton-Couloir in der Nordflanke.

KL Mount Everest & Lhotse Luftaufnahme
shrimpo1967 unter CC-BY-SA-2.0

Everest Geschichte der letzten 20 Jahre

2004 Eine russische Expedition eröffnet eine neue Route durch die Nordwand. Am 30. Mai erreichen Pawel Schabalin, Ilja Tuchvatullin und Andrej Mariew den Gipfel.

2008 Anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Peking wird die olympische Fackel am 8. Mai 2008 von Bergsteigern von der tibetischen Seite auf den Gipfel gebracht. (Im Zuge dessen wurde die Straße zum nördlichen Basislager im Rongpu-Tal befestigt; der Mobilfunkanbieter China Mobile installierte 2007 drei neue Sendemasten am Mount Everest (auf 5200, 5800 und 6500 Metern Höhe). Vor und während der Besteigung mit der Fackel war der Berg für alle anderen Bergsteiger gesperrt.)

2007 Profi-Abenteurer Bear Grylls fliegt als erster Mensch mit einem Motorschirm erfolgreich über den Mount Everest.

2009 Die Südkoreaner Park Young-Seok, Kang Ki-seok, Jin Jae-chang und Shin Dong-min eröffnen eine neue Route in der Südwestwand.

2010 schaffte es der damals 13-jährige Jordan Romero aus den USA auf den Mount Everest. Nach seiner Besteigung setzte China das Mindestalter für die Erteilung des Permit (Erlaubnis) auf 16 Jahre fest.

2014 Lawinenunglück am Khumbu-Eisfall tötet 16 Sherpas – schwere Kritik an Expeditionspraktiken.

2015 Erdbeben in Nepal – Lawine am Basislager tötet 22 Menschen; Saison wird abgebrochen.

2019 Extremes Gedränge auf dem Gipfel – mehrere Todesfälle durch Stau in der "Todeszone".

2020 Wegen COVID-19-Pandemie bleibt der Everest für kommerzielle Expeditionen größtenteils geschlossen.

2023 Neuer Rekord – 479 Besteigungsgenehmigungen allein von Nepal ausgestellt.

2024 Müllsituation eskaliert – über 77 Tonnen Abfall werden gesammelt.