Du hast vor einigen Jahren gesagt: "Jeder Tag, an dem ich nicht klettern gehe, ist irgendwie ein verlorener Tag." Gilt das heute noch so?
Eigentlich schon. Ich finde das Klettern nach wie vor wahnsinnig cool und betreibe das unheimlich gern. Aber natürlich gibt es auch noch andere Dinge im Leben, die Spaß machen.
Wie hast du dann dieses Frühjahr in Innsbruck überstanden? Dort galten ja strenge Corona-Regeln?
Ab Mitte März gab es Ausgangssperren. Ich habe aber nur einen Tag in Innsbruck verbracht und dann das Privileg genossen, dank deutschem Pass zu meinen Eltern nach Oberaudorf in Bayern flüchten zu können. Dort galt nur eine Ausgangsbeschränkung. Aber es war auf jeden Fall eine sehr eigenartige Zeit.
Bist du dann in Bayern zum Klettern gegangen?
Am Anfang sind wir nicht klettern gegangen. Ich habe öfters das Fahrrad in den Kofferraum geworfen und bin alleine losgezogen. Da habe ich dann die Klettergärten besucht, in denen ich mit dem Klettern angefangen habe, und zunächst einmal nur ein bisschen gebouldert, um mal wieder Chalk auf die Finger zu bekommen. Als die Beschränkungen Stück für Stück gelockert wurden, sind wir dann auch wieder klettern gegangen.

Zurück nach Innsbruck, wo du seit über drei Jahren wohnst. Die Kletterszene dort ist ja sehr stark, ist das inspirierend?
Es heißt nicht zu Unrecht, dass das KI, das Kletterzentrum Innsbruck, eine der besten Kletterhallen der Welt ist. Aber wenn ich eine Zehnerkarte aufgebraucht habe, ist das viel. Ich treibe mich da nicht so oft rum. Die Szene ist natürlich super stark und inspirierend, aber man muss auch ganz klar sagen: die Wettkampf-Szene. Ich bin ja eingeschworener Felskletterer, und die Felskletterszene ist dann doch überschaubar.
A propos Felsklettern: Du hast neulich die Route Qui an der Geisterschmiedwand wiederholt. Erzähl mal ein bisschen davon.
Die Route stammt aus dem Jahr 1996 und wurde von Stefan Fürst – der war neun mal österreichischer Staatsmeister – erstbegangen und erst letztes Jahr von Adam Ondra erstmals wiederholt. Die damalige Wettkampfszene – da gehören Leute wie Reini Scherer, Hannes Rieser und eben Stefan Fürst dazu – hat uns den Einstieg ins moderne Sportklettern am Fels überhaupt ermöglicht. Aufgrund von fehlenden Trainingsmöglichkeiten haben sie Routen am Fels erschlossen. Und da war Stefan Fürst in der Kufsteiner Szene die treibende Kraft. Seine Tour Qui startet gleich mit der Wagnis Orange von Gerhard Hörhager, das war 1988 eine der ersten 8c-Routen damals. Nach etwa 20 Metern führt Wagnis Orange dann in leichteres Gelände, während es bei Qui von dort weg erst richtig zur Sache geht. Du kletterst noch mal fünf Meter an so ein großes Ohrwatschel (längliches Loch), das ist ein schlechter Ruhepunkt. Und dann geht das in einen 8A-Boulder über.

Wie bist du auf Qui gekommen?
Ich habe vor Jahren Wagnis Orange mal geklettert. Die hat trotz ihrer 32 Jahre noch nicht viele Begehungen. Als letztes Jahr Adam Ondra dann die zweite Begehung von Qui gelang, hatte er mich eigentlich eingeladen, ihn als Seilpartner zu unterstützen, ich hatte aber keine Zeit. Inspiriert davon habe ich im Frühjahr die Route noch mal ausgecheckt. Auf dem Video von Adam sieht man ja seine Lösungen, die haben aber für mich nicht gepasst, weil ich kleiner bin. Ich bin schließlich auf eine eigene Lösung gekommen. Ab da konnte ich ernsthaft Versuche machen.
Wie lange hat es dann noch gedauert bis zum Durchstieg?
Insgesamt war ich zwischen 15 und 20 Tage dort. Das Lustige daran: Beim ersten Durchstiegsversuch bin ich den unteren Teil der Route katastrophal geklettert und habe da viel Kraft liegengelassen, und bin dann trotzdem erst am letzten Zug rausgefallen. Das konnte ich gar nicht fassen. Und habe dann gedacht, das kann ich jetzt mit der Brechstange schnell vollends erzwingen. Dann ging es aber mit der Form wieder steil bergab. Ich bin zwar unten immer flüssiger geklettert, kam aber manchmal nicht mal mehr den Boulder an der Crux hoch.
Wie erklärst du dir deinen Formverlust in der Route?
Dadurch, dass der Boulder sehr maximalkräftig ist und ich den beim Auschecken oft probiert habe, war am Anfang meine Maximalkraft sehr gut, dafür die Ausdauer schlecht. Dann habe ich Ausdauer aufgebaut, im gleichen Zug aber Maximalkraft abgebaut. Diese Wechselbeziehung im Einklang zu halten, ist mir nicht so gut gelungen. Und zum Teil war das auch eine mentale Blockade. Ich bin eingestiegen, und mir hat schon die Schulter geschmerzt, bevor ich den brachialen Schulterzug überhaupt angesetzt hatte.
Der Erstbegeher Stefan Fürst ist ja einen Kopf größer als du, oder?
Ja, der gute Kerl misst 1,90 Meter. In der Kufsteiner Szene gibt es schon lange sensationelle Geschichten über Stefan in der heißen Phase seiner Karriere. Dass er teilweise Wagnis Orange sechs, sieben Mal am Tag geklettert ist. Irgendwann hat er sie dann nur noch mit 10- oder 10 angegeben, um die anderen Locals zu ärgern. Stefan ist auch mit Nasenklammer geklettert, um mehr Luftzirkulation zu haben. Er war seiner Zeit voraus und hat an sämtlichen Stellschrauben gedreht.

Zur Bewertung von Qui: Adam hat 9a+ gesagt, was meinst du?
Es ist auf jeden Fall die schwerste Sportkletterroute, die ich jemals geklettert bin. Physisch bin ich momentan in meiner stärksten Verfassung. Ich bin schon eine andere 9a+ und diverse 9a geklettert, aber Qui war definitiv die bisher schwierigste Route meines Lebens.
Wann hast du mit dem Klettern angefangen?
Als ich 14 war. Ein Freund hatte Klettern als Schulfach. Da haben die Knotenkunde gemacht und eine kleine künstliche Kletterwand gehabt. Er hatte dann die Ausrüstung, und bei uns im Ort gab es ein paar eingebohrte Felsen. Wir haben großen Spaß gehabt, uns über irgendwelche Wände abzuseilen und auch ein bisschen zu klettern. So richtig los ging es dann erst, als ich in Kufstein ein paar Kletterer kennengelernt habe und in diese Kletterszene reingerutscht bin.
Hattest du vorher noch andere Sportarten gemacht?
Na ja, ein bisschen Fußball halt und Skispringen. Da war ich so zehn oder elf. Und weil ich so leichtgewichtig bin, hat jeder gesagt, dass ich die perfekte Statur zum Skispringen habe. Aber das war mir ehrlich gesagt ein bisschen zu monoton und ich hatte zu viel Angst. Und immer die Zwei-Meter-Ski 15 Minuten den Berg hochschleppen und dann mit vollen Hosen irgendwo runterfahren, das war nicht ganz meine Welt.

Das Klettern hat dir besser gefallen?
Beim Klettern konnte ich natürlich auch mein Körpergewicht ausspielen, und ich hatte schon immer eine relativ gute Fingerkraft. Und dann hat mich diese progressive Leistungsteigerung sehr schnell angefixt. Das hat süchtig gemacht, etwas probieren, erst nicht zu schaffen, und dann geht es plötzlich doch. Und von den guten Kletterern, die mich da mitgezogen haben, schaut man sich auch was ab. Und will dann auch sein eigenes Limit austesten.
Auf Videos, die ich von dir gesehen habe, kletterst du sehr dynamisch und kraftvoll. Hast du das beim Hallenbouldern gelernt?
Mein oberstes Ziel beim Klettern ist, dass ich möglichst ökonomisch klettere. Ich versuche immer, sehr kraftsparend unterwegs zu sein. Ich war auch lange für das, was ich am Fels geklettert habe, physisch eher unterdurchschnittlich. Wenn ich im Winter mal in der Halle trainiere, dann bouldere ich. Und beim Maximalkraftbouldern muss man zwangsläufig schnell und schnellkräftig klettern. Insofern: Ja, das habe ich in der Halle gelernt.
Wenn du sagst, du wärst physisch relativ schwach: Wieviele einarmige Klimmzüge schaffst du denn?
Gar keinen. Ich habe noch nie in meinem Leben ein einarmigen Klimmzug geschafft. Viele Leute brechen das Klettern auf die physische Komponente herunter. Aber gerade beim Felsklettern – und das gefällt mir so – braucht man das nicht. Man sieht das bei Frauen, die meist nicht die Muskelberge haben: Man kann mit Technik, mit Raffinesse, mit Kleinigkeiten im "Microbeta-Bereich", wie das oft genannt wird, wahnsinnig viel machen. Mich stimmt es immer wieder positiv, dass ich Lösungen finde, obwohl ich physisch nicht der Stärkste bin.
Was denkst du, wie viel Anteil hat der Kopf, hat die Einstellung?
Einen sehr großen, fast die Hälfte. Wenn man zum zehnten Mal in eine Sportkletterroute einsteigt und weiß, es kommen wieder große Belastungen auf einen zu, dann will man das ja eigentlich nicht. So ist das auch mit der Sturzangst. Aber wenn man das in kleine Einheiten runterbricht und sich immer wieder mal was Positives einredet und keine Erwartungen hat, dann geht es oft. Meist sind es ja die Erwartungen, die einem Kopfprobleme machen. Deshalb muss man manchmal den Kopf einfach ausschalten.

Beißt sich das nicht: Ehrgeiz zu haben, aber nichts zu erwarten?
Das muss man auf zwei Komponenten herunterbrechen: die kurzfristige und die mittel- bis langfristige. Beim Kurzfristigen, da geht es um den Durchstiegsversuch. Da brauchst du keine Erwartungen an dich zu haben, weil du beim Klettern den tollen Vorteil hast, dass du es noch mal probieren und dabei besser machen kannst. Aber mit Ambitionen ist es schon so, dass du dir mittel- bis langfristig ein Ziel setzen und das akribisch verfolgen musst, sonst geht nichts voran.
Reizt dich auch das Klettern jenseits des Extremen?
Auf alle Fälle. Leichtere Routen, auch im Klettergarten, die schön zu klettern sind und womöglich auch noch eine ästhetische Linie haben, haben meinen vollen Fokus. Beim ambitionierten Sportklettern sind aber schon manchmal Linien dabei, die ästhetisch nicht gerade herausragen. Die dann halt eine sportliche Anziehung haben. Das ist wie beim Fußball: Manchmal spielt die Mannschaft schlecht, aber das Ziel sind trotzdem die drei Punkte. Manchmal kann man auch ohne Glanz und Gloria den sportlichen Erfolg in den Vordergrund stellen. Aber zurück zu leichten Routen: Besonders im alpinen Bereich möchte ich auch nicht immer an mein Limit gehen. Da ist es ein Genuss, wenn man mal einen Dreier klettert, wo man die Zustiegsschuhe anlassen kann und der trotzdem exponiert ist und schöne Klettermeter bietet.
Du hast im Wilden Kaiser schon einige Erstbegehungen gemacht. Was ist am Kaiser so besonders?
Du findest im Wilden Kaiser Plätze, die sehr exponiert und fernab von jeder Zivilisation sind, obwohl du in der Zivilisation startest. Dann ist da eine eingeschworene Szene am Start, Münchner, Tiroler, das ist ein heißer Mix. Und jeder hat schon mal von den Pumprissen oder Des Kaisers neue Kleider gehört oder von Fleischbank und Totenkirchl – das sind klingende Namen.
Hast du vor deinen Erstbegehungen schon die ganzen dortigen Sportkletterklassiker wiederholt?
Ich bin lange nur sportgeklettert und bin dann ein bisschen ins alpine Sportklettern reingekommen. Daher habe ich jetzt kein so großes Konto an Wiederholungen aufzuweisen. Primär hat mich auch immer das Potenzial für neue Routen gereizt. Weil ich berufstätig bin, bin ich zeitlich eingeschränkt. Da frisst so ein Neutourenprojekt dann wahnsinnig viel Zeit. Die fehlt, um bestehende Routen zu wiederholen.

Dein Delirium in der Fleischbank-Ostwand, ist das die härteste Route derzeit im Kaiser?
Ich habe sie mal mit 8c angegeben. Bisher hat die noch keine Wiederholung, aber ich hoffe, das ändert sich bald. Das Delirium reduziert sich letztlich auf eine schwere 8c-Seillänge, und wenn man die gepunktet hat, ist das ein Freifahrschein Richtung Gipfel. Ich bin aber Des Kaisers neue Kleider noch nicht geklettert. Da ist die Schwierigkeit ja doch, alle Seillängen aneinander zu reihen. Daher würde ich nicht sagen, Delirium ist die schwierigste, aber sie gehört zu den Toprouten im Kaiser. Auch von der Felsqualität her. Das ist die beste, die ich im Kaiser kenne.
Du hast noch ein weiteres Projekt im Kaiser, oder?
Genau. Das ist an der Maukspitze, oberhalb vom Schleier Wasserfall auf der Kaiser-Südseite. Da hatte mir ein Freund erzählt, dass es da einen wahnsinnig überhängenden Pfeiler gibt.
Existiert da nicht schon eine Route von Alexander Huber und Guido Unterwurzacher?
Doch. Ich habe einmal die Westwand von Hermann Buhl unmittelbar rechts neben diesem Pfeiler gemacht und mir das angeschaut. Vor bald sieben Jahren habe ich die Tour dann angefangen, und ein paar Tage später haben Alexander und Guido ebenfalls eine Neutour begonnen. Ihre verläuft an der Südwestbegrenzung über die Kante des Pfeilers, meine zentral durch den abweisendsten und steilsten Teil. Letztes Jahr haben wir die Erstbegehung fertig gemacht, aber noch nicht freigeklettert. Es würde mich aber überraschen, wenn das nicht die anspruchsvollste Route im Kaiser würde. Das wird sicherlich nicht unter 11-/11 sein.
Du hast mir mal erzählt. dass das E-Bike das alpine Sportklettern verändern würde. Hast du da ein paar Beispiele?
Oft kann man zwar nicht unmittelbar an die großen Wände hinfahren, aber man reduziert den Zustieg deutlich. Beim Zustieg zur Maukspitze, da geht bis zum Schleier Wasserfall eine Straße. Da sparst du mit dem E-Bike eine Stunde. Oder an der Steinplatte, wenn du da die Mautstraße mit dem E-Bike hochfährst, sparst du 12 Euro Mautgebühr und den Sprit, den du da den Berg hoch verfahren würdest. Oder nimm Nico Favresse. Der wohnt in der Nähe von Briançon und fährt mit der Bahn und dem E-Bike ins 90 Kilometer entfernte Ceüse. Das sind Entwicklungen, die gehen in die richtige Richtung.
Du warst 2017 in Pembroke in Wales unterwegs. Wie hat dir das Tradklettern dort gefallen?
Wir haben hier bei uns ja keine Tradklettergebiete. Von daher war das eine tolle Erfahrung. Mir hat es unheimlich gefallen, landschaftlich ist es supercool dort. Für uns war das Sportklettern mit mobilen Sicherungsmitteln. Wir haben die Routen erst von oben ausgecheckt und dabei auch geschaut, wo man was legen kann. Das ist dort gang und gäbe. Aber selbst dann ist die Absicherung teilweise sportlich. Trotzdem haben wir eine Reihe von Routen bis zum zehnten Grad klettern können. Im Gebirge fällst du ja nicht gerne in deine Cams, aber in Pembroke ist das obligatorisch. Da baut sich ein größeres Vertrauen in Keile und Cams auf.
Du hast auch The Big Issue geklettert, eine Route, die John Dunne 1996 erstmals geklettert hat.
Stimmt. Die Route ist ungefähr 8b nach französischer Bewertung. Wir haben die ausgecheckt, dann aber die Sicherungen im Vorstieg gelegt, es gab also keine sogenannten "Preplacements", wo du die Keile aus dem Abseilsitz schon legst. Wenn du die Keile aus der Kletterstellung legst, wird das schon ganz schön anstrengend.
Deine intensive Beschäftigung mit dem Klettern ist mit einem gewissem Zeitaufwand verbunden. Bleibt da noch Zeit für Familie oder Beziehung?
Familie habe ich noch keine, in einer Beziehung bin ich. Meine Freundin lebt in Innsbruck. Und ja, da bleibt durchaus Zeit. Man sollte generell Sport oder seine Hobbies so betreiben, dass man im Einklang mit anderen Bereichen ist. Ich stelle da nicht gnadenlos nur das Klettern und meine eigenen Ansprüche in den Vordergrund. Aber natürlich hat jeder, der ambitioniert klettert, einen Zwiespalt zwischen Projekt und gelegentlich einen Gang runterschalten. Ich glaube aber, dass es für jeden nur eine Bereicherung ist, wenn er mal auf etwas verzichtet.
Was machst du abseits vom Klettern so?
Ich pflege meinen Freundeskreis in Oberaudorf sehr. Es bringt mich auf den Boden der Tatsachen zurück, Konversationen mit Nichtkletterern zu halten. Ich treffe mich gerne mit meinen Freunden daheim, gehe mit ihnen Radeln oder auf einen Berg oder eine Alm. Oder wir haben einfach Spaß und trinken ein paar Bier in der Lederhose.
Du kletterst jetzt bald 15 Jahre so richtig. Was hast du dabei über dich und übers Klettern gelernt?
Sehr viel. Ich habe eine große Entwicklung gemacht. Sei es beruflich, wo mich Klettern geprägt hat. Sei es, wie man an Dinge herangeht. Und natürlich auch sportlich. Ich weiß mittlerweile gut, wie mein Körper funktioniert. Genau so hat mich das Reisen geprägt, die Länder, die ich durch das Klettern gesehen habe. Ich habe eine große Bandbreite durch das Klettern entdeckt. Und das sind alles sehr positive Dinge, die ich da mitnehme. Ich kann also nichts Negatives übers Klettern sagen, ganz und gar nicht. Ich bin dankbar, dass ich den Sport in der Form so ausleben darf.
Gibt es Traumziele oder Traumrouten, die dir noch fehlen?
Ich bin ein sehr situativer Mensch, insofern ändert sich das im 5-Minuten-Takt. Aber natürlich, ich war noch nie im Yosemite. Und jetzt mal ganz übertrieben, wäre die Dawn Wall nach dem europäischen Highlight, der WoGü, ein sehr attraktives Ziel. Aber ich würde mich auch über eine freie Begehung der Salathé sehr freuen. Aber das lässt sich mit einem Vollzeit-Job schwer vereinbaren.
Könntest du nicht ein Sabbatical machen und länger verreisen?
Ich genieße es sehr, in diesem tirolerisch-bayerischen Raum zu leben. Da lässt sich alles sehr gut kombinieren. Solange ich noch keine Sinneskrise habe, dass mir die Projekte ausgehen oder ich keine Begeisterung in meinem Tun mehr finden kann, habe ich so eine schöpferische Pause nicht nötig. Und ich habe schnell Heimweh. Wenn ich irgendwo vier Wochen bin, dann denke ich: "Mei, wie gerne würde ich jetzt bei uns in ein Bierzelt gehen".
Gibt es noch etwas, was du anderen Kletterern gerne mitgeben würdest?
Ja. Ich stelle mich jetzt nicht hin und sage, dass ich alles perfekt mache. Aber über die letzten Jahre sehe ich einen Trend, da muss ich teilweise schon den Kopf schütteln über manches Verhalten. Klar, manchmal geht man selbst nicht mit gutem Beispiel voran, aber um so mehr wird man von seinem Kharma wieder belohnt, wenn man eine liegen gebliebene Flasche mitnimmt oder den Ghettoblaster einfach daheim lässt. Und die Hängematte muss ja nicht unbedingt im überfüllten Klettergarten aufgespannt werden. Sich in der Natur reflektiert zu bewegen, so dass genug Platz für alle ist, das möchte ich jedem Kletterer und Outdoor-Menschen mitgeben.
Danke, Roland!

Rolands größte Erfolge:
2012 Erstbegehung Relikt (10/10+, 13 SL)
2013 freie Begehung Scheffler-Siegert (10-, 10 SL), Fleischbank Ostwand
2014 Erstbegehung The Void (9a) und Lichtblick (9a), beide Achleiten
2015 Erstbegehung Delirium (10+/11-, 9 SL), Fleischbank Ostwand; zweite Begehung Fugu (9a), Schleier Wasserfall; Erstbegehung Outro (9a+), Achleiten
2016 Rotpunktbegehung von Alexander Hubers Nirwana (11-, 7 SL), Loferer Alm
2017 Rotpunktbegehung von WoGü (11-, 7SL), Rätikon
2020 Dritte Begehung von Qui (9a+), Geisterschmiedwand