Corona-Krise: Tipps für Kletterer, um nicht durchzudrehen

Corona-Krise & Klettern
Training & Survivaltipps für Kletterer im Lockdown

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Zuletzt aktualisiert am 31.03.2020

In diesem Artikel:

Das richtige Klettern zu ersetzen, ist derzeit nur schwer möglich, wenn man keine eigene Kletterwand hat. Doch mit einer Klimmzugstange und einem Fingerboard lässt sich schon einiges machen. Wer trainieren will, sollte allerdings nicht mehr Workouts anstreben als vor dem Lockdown, um sich nicht ausgerechnet jetzt eine Überlastung zuzuziehen. Wer also üblicherweise drei Mal pro Woche klettern und/ oder trainieren war, sollte jetzt auch nicht öfter als drei mal trainieren. Übrigens: In der nächsten KLETTERN liefern wir noch das Rundum-Sorglos-Paket zum Lockdown mit den Kraft-Factory Trainern Dicki Korb und Patrick Matros, die auch Alex Megos betreuen.

Diese Übungen halten euch fit:

  • Fingerboard für Trainingsanfänger

Wer bislang noch nicht am Fingerboard trainiert hat, sollte sich gemächlich eingewöhnen, mit maximal zwei Sessions pro Woche starten und lieber zu wenig als zuviel machen. Einsteiger fangen mit dem größten Griff am Board an und machen ein paar Klimmzüge. Das können drei sein oder zehn, soviele wie sauber gehen. Achte auf eine saubere Ausführung. Dann geht's weiter zum nächstkleineren Griff. Hier machst du einen Klimmzug weniger als vorher. Das können zwei sein oder neun. Dann geht es weiter zum nächstkleineren Griff, wo du wieder einen Klimmzug weniger machst. Wenn du mit drei angefangen hast, dann war's das. Wenn du bei einem Klimmzug angelangt bist, dann drehe die Reihenfolge um und verfolge die Pyramide zurück.

  • Fingerboard für Fortgeschrittene

Wer schon etwas Erfahrung mit dem Fingerboard hat und mindestens 15 Sekunden an einer 24mm-Leiste hängen kann, findet in diesem Artikel mit Fingerboard-Queen Eva Lopez geeignete Info und Trainingspläne:

  • Klimmzüge

Am besten an einer Klimmzugstange, notfalls gehen auch die größten Griffe am Fingerboard. Versuche, eine Intensität zu finden, mit der du 3 x 5 Klimmzüge hinbekommst. Wenn die regulären Klimmzüge zu schwer sind, nutze ein Deuserband für die Füße, oder einen Stuhl, auf dem du einen Fuß abstellst und damit die Arme entlastest. Mache lieber weniger mit guter Form. Sind reguläre Klimmzüge für dich zu leicht, achte darauf, jeden Klimmzug sauber und langsam auszuführen und die Arme zwischendurch komplett zu strecken. Immer noch zu leicht? Hänge dir Gewicht an den Klettergurt. Steigere dich vorsichtig und füge nicht mehr als 2 Kilogramm pro Session hinzu, um die Muskelansätze nicht zu strapazieren. (Tendons don't like suprises! / Sehnen mögen keine Überraschungen!) Steigere dich über die Wochen auf 4 x 5 und nachher 5 x 5 Klimmzüge.

  • Seitstütz

Stütze dich seitlich auf Unterarm und Fußaußenkante ab, der Körper bildet ein gerades "Brett". Bewege das obere Bein gerade nach oben und wieder zurück, versuche 8 bis 10 Wiederholungen in drei Sätzen zu erreichen. Ist die Variante zu schwer, lasse das Bein auf dem anderen und halte die Position für 6 ruhige Atemzüge, bis du die Kraft für die dynamische Variante aufgebaut hast. Zu leicht? Lasse das obere Bein in der Luft, und bewege nur die Hüfte seitlich nach oben und unten.

  • Handstand

Taste dich an den Handstand heran, drücke dabei kräftig die Arme in den Boden, sodass die Schultern richtig herausschieben müssen. Mach Pike-Liegestütze. Nutze die Wand: Beine im 90-Grad Winkel an die Wand, Oberkörper im Handstand, um einige Atemzüge in der Position bleiben zu können. Dehne Latissimus und Schultern, um die nötige Beweglichkeit zu bekommen. Easy für dich? Mache Handstand-Walkups: Geh in Liegestützposition, setze die Füße auf Schulterhöhe oder etwas darüber an die Wand. Laufe nun mit den Händen in Richtung Wand und mit den Füßen die Wand hinauf, bis du nahezu im Handstand stehst – und wieder zurück. Achte darauf, den unteren Rumpf und Rücken immer anzuspannen.

  • Windmühle

Lege dich auf den Bauch, nimm ein leichtes  Gewicht wie ein Buch oder eine kleine Wasserflasche in die Hand. Hebe Beine, Arme und Brust vom Boden ab, halte den Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule (Blick zum Boden) und reiche den Gegenstand in großem Kreis mit den Armen hinter dir herum. Peile 3 Sätze mit 8 bis 12 Wiederholungen an, wobei du nach der Hälfte die Richtung des Herumreichens wechselst. Diese Übung stärkt die Rotatorenmanschette, also die Schultermuskulatur, und die Rumpfmuskulatur für mehr Körperspannung.

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Auf Kletter-Entzug: Das hilft, jetzt nicht durchzudrehen

Kletter-Entzug ist nicht lustig. Klettern ist nicht nur Sport, sondern Lebensgefühl und Lifestyle. Wir sind nicht nur Adrenalinjunkies, sondern dem Draußensein und vertikaler Akrobatik verpflichtet. Wir wollen eins sein mit dem Move, dem Moment und der Metaphysik der Berge. Während manche im Home-Office durchdrehen, weil sie auf einmal 24/7 mit der Familie oder den Mitbewohnern konfrontiert sind, drehen wir Kletterer durch, weil uns unser "Stoff" fehlt.

Es wurde schon darüber gestritten, ob es legitim sei, die Sehnsucht nach dem Klettern mit Drogensucht zu vergleichen, doch mittlerweile ist es klar: Eine Untersuchung der University of South Wales (GB) zeigte, dass pausierende Kletterer unter Entzugssymptomen leiden; nicht überraschend dabei war der Befund, dass die Intensität der Entzugserscheinungen ("Craving") mit der Kletterfähigkeit korrelierte – zu deutsch: Je schwerer die Probanden kletterten, desto stärker die Entzugsymptome. Die Schweizer Kletterin Nina Caprez veröffentlichte gerade erst auf ihrem Blog, dass vor Kletter-Entzug und Langeweile nun erstmals echte Drogen ausprobiert hat: "I got stoned, for the very first time in my life" – um festzustellen, dass es nicht so cool ist wie Klettern: "I thank God that he has gifted me with climbing. In my point of view, it’s the best and healthiest addiction I could have.." Nina scheint aber ihren Frieden mit dem Lockdown gemacht zu haben: "It’s nice to just follow the rules for once (...) to protect vulnerable people. It feels right to work together, knowing that lots of people on the planet are going through the same." (Ungefähr: Ich danke Gott, dass er mir das Klettern geschenkt hat. Es ist meiner Meinung nach die beste und gesündeste Sucht, die ich haben könnte... / Es ist gut, sich zur Abwechslung mal an die Regeln zu halten (...) um schwächere Menschen zu schützen. Es fühlt sich richtig an, zusammen zu arbeiten, wohlwissend, dass viele Menschen auf der Erde das gleiche durchmachen.")

Mit dieser Einstellung hat Nina verinnerlicht, was uns Psychologen und Wellness-Schreiber allerorten zur Erhaltung des Wohlbefindens um die Ohren hauen: positiv denken, daran denken, dass es temporär ist und vorbei geht, und dass man anderen Menschen hilft. Es gibt noch weitere Ansätze, die helfen können, im Lockdown nicht durchzudrehen und gesund über diese Zeit zu kommen. Ob für Körper oder Geist, wir haben die wichtigsten Ideen gesammelt.

  • Sich regelmäßig bewegen

Vielleicht offensichtlich, aber trotzdem eine Erwähnung wert. Auch wenn man nicht "trainieren" will, ist tägliche Bewegung wichtig, um unseren Hormonhaushalt und damit auch unser mentales Gleichgewicht im Lot zu halten. Die übrigen Tage lassen sich sehr gut mit ergänzenden Bewegungsformen füllen wie entspannt joggen, Yoga oder Beweglichkeitstraining.

  • Den Tag strukturieren und diese Struktur beibehalten

Ist vor allem für diejenigen, die jetzt nicht arbeiten (können) von Bedeutung, denn wer im Home-Office sitzt, muss sich eh organisieren. Doch auch wenn die Zeiteinteilung frei ist, hilft es dem Wohlbefinden, wenn man eine ungefähre Reihenfolge der täglichen Handlungen beibehält. Um im Home-Office den mentalen Schalter von Freizeit zu Arbeit umzulegen, hilft, sich zu kleiden, als würde man zur Arbeit gehen, und sich per Telefon oder Skype mit Kollegen und Chefs auszutauschen.

  • Rausgehen an die frische Luft

Tageslicht ist ebenfalls wichtig für den Hormonhaushalt. Und klar, frische Luft hilft! Am besten ist ein Spaziergang im Wald oder in der Natur, dabei erholt sich der Mensch am besten. Die beruhigende Wirkung eines Spaziergangs war nicht nur unseren Omas bekannt, mittlerweile ist sie auch von der Wissenschaft bestätigt. Besonders Spaziergänge in gepflegten, sanften Wäldern sollen das Wohlbefinden bessern.

  • Nicht alles glauben, was man liest

Besonders in Zeiten von Social Media und Fake-News relevant. Nicht erst dieser Tage haben sogar qualifizierte Experten eines Feldes unterschiedliche Meinungen zum gleichen Sachverhalt. Besonders wenn der Sachverhalt selbst noch nicht gut erforscht ist, zieht diese Konstellation zwangsweise eine wilde Bandbreite an Meinungsauswüchsen mit sich. In Ermangelung besseren Wissens sollte man also lieber Tee trinken und abwarten und derweil mit Augenmaß Nachrichten konsumieren, um sich von den diversen Hypes nicht anstecken zu lassen.

  • Nicht alles glauben, was man denkt

Leichter gesagt als getan und direkt verwandt mit dem vorherigen Tipp. Besonders in Zeiten der Isolation ist das eigene Denkorgan durchaus imstande, sich in unangenehme Zustände hineinzusteigern, Dramen aufzubauschen oder sich in fixen Ideen festzubeißen. Besonders wenn das soziale Korrektiv (= andere Meinungen, oder zum Beispiel Gespräche mit Freunden) fehlt, verselbstständigen sich so manche Grübeleien. Um so wichtiger ist es, sich selbst zu beobachten. Wenn man die eigenen Gedanken nicht immer sofort furchtbar wichtig nimmt, lebt es sich deutlich entspannter.

  • Sich mit Freunden austauschen

Nur weil wir uns gerade nicht treffen können, sollte man sich nicht komplett isolieren. Das Motto sollte sein #physicaldistancing statt #socialdistancing. Nutzt moderne Kommunikation und ruft regelmäßig Eltern / Geschwister / Kinder und beste Freunde an, auch wenn es nur ein kurzes Gespräch ist. Oder eben die Kletterpartner, die man jetzt kaum sieht: Wie wäre es mit einem gemeinsamen Körperkrafttraining über Skype?

  • Meditieren

Um es mit den Worten des US-Profikletterers Keenan Takahashi zu sagen: "Many of us have more time than usual. Eric and Kiel encouraged me to take up a meditation practice and I have been sitting daily for a while now. If you find yourself bored or stressed and have some time, I’d recommend taking a few minutes to sit and focus on your breath. This has also helped my climbing in ways that are hard to verbalize; while I wouldn’t recommend it for that reason, I’m sure it won’t hurt..." (Ungefähr: "Viele von uns haben mehr Zeit als sonst. Eric und Kiel haben mich ermutigt, mit Meditieren zu beginnen und seit einer Weile sitze ich täglich. Wenn du gelangweilt oder gestresst bist und etwas Zeit übrig hast, empfehle ich dir, einige Minuten zu sitzen und dich auf den Atem zu konzentrieren. Dies hat mir auch beim Klettern geholfen, auch wenn es mir schwer fällt, dies in Worte zu fassen. Aber ich würde es nicht allein aus dem Grund empfehlen, aber schaden wird es sicher nicht..." Wer jeden morgen einige Minuten still sitzt und versucht, die Aufmerksamkeit auf den Atem zu lenken, geht gelassener durch den Tag.

Bleibt gesund, wie man derzeit so schön sagt!