In diesem Artikel:
- Was ist der Golf-Ellbogen und wie äußert er sich?
- Mediale Epicondylitis – Ursachen und Auslöser
- Was ist zu tun?
- Warum entzündungshemmende Medikamente schaden können
- Übungen zur Selbsthilfe beim Golf-Ellbogen (Fotostrecke)
- Reha Tipps für den Ellbogen
- Hilf dir selbst: 4 Ansätze, um gesund zu werden und zu bleiben
- Video: Kletterprofi Dave MacLeod über Wege, mit dem Golf-Ellbogen umzugehen (englisch)
Was ist der Golf-Ellbogen und wie äußert er sich?
Was im Volksmund Golfer- oder Werfer-Arm genannt wird, bezeichnet einen Reizzustand, der von leicht unangenehm und vorübergehend bis wirklich schmerzhaft und chronisch reichen kann. Die Schmerzen treten in der Armbeuge innen auf, wo die Sehnen von fünf Muskeln zusammenlaufen und am Knochen ansetzen.
Beim Klettern nutzen wir die Beugemuskeln der Unterarme viel und intensiv, dabei können muskuläre Überlastungen entstehen und sich zu einem solchen Reizzustand auswachsen. Wenn die Muskeln dauerhaft unter zu viel Spannung stehen oder nach intensivem Einsatz verkrampft sind, macht sich der Zug am Sehnenansatz bemerkbar.
Bei medialer Epicondylitis, so der Fachbegriff, betrachtet man zuerst die Beugemuskeln auf der Innen- und Unterseite des Unterarms. Diese durch Dehnen, Massieren und physiotherapeutische Behandlung wieder zu entspannen, ist die erste Maßnahme. Wenn es an der Muskulatur lag, ist das Problem bei guter Behandlung und etwas vorsichtigerem Einsatz der Muskeln fix behoben. Schwieriger wird es, wenn nicht allein die lokale Unterarm-Muskulatur die Ursache des Problems ist. Unsere Körper sind komplexe Systeme, daher können auch weiter entfernte Faktoren oder eine Kombination von Faktoren zu Ellbogen-Problemen führen.

Mediale Epicondylitis – Ursachen und Auslöser
Schwächen in der Schulter-Architektur, zum Beispiel ein nicht zentriertes Schultergelenk oder aber auch ein verkürzter Brustmuskel, der bei vielen Kletterern unter Spannung steht, können Einfluss auf die Ellbogen-Gesundheit haben. Auch wenn der Rundrücken nicht so stark ausgeprägt ist, kann ein verspannter Brustmuskel (M. Pectoralis minor) auf die Arterie drücken, die die Arme mit Blut versorgt, oder auf die Vene, die das Blut aus dem Arm abtransportieren möchte. In der Arterie herrscht höherer Druck als in der Vene, daher kann dies zu Durchblutungs- Problemen führen. Es kann ein Rückstau in die Muskulatur entstehen.
Die Folge: Es kommt weniger frisches Blut in die Muskulatur, die somit schlechter versorgt wird und Stoffwechselabbauprodukte werden schlechter abtransportiert. Die Muskulatur wird weniger leistungsfähig, verkrampft weiter und reagiert überlastet. Der Muskel steht ständig unter Spannung und übt noch mehr Zug auf die sowieso schon schlechter durchbluteten Sehnen(-Ansätze) aus. Der Körper reagiert mit Schmerzen.
Komprimierte Nerven
Das gleiche Phänomen kann bei Verspannungen in der Halsmuskulatur (M. scalenii) auftreten, für die Kletterer durch das viele Hochschauen beim Klettern und Sichern anfällig sind. Die zwischen den Halsmuskeln verlaufenden Blutbahnen reagieren dann ebenso wie oben beschrieben. Bei dieser Konstellation können auch die an der Halswirbelsäule austretenden Nervenbahnen komprimiert werden. Das kann für irritierte Nerven sorgen: Befehle, die vom Gehirn an die Armmuskulatur gesandt werden oder Informationen, die aus dem Arm ans Gehirn gehen, kommen nicht mehr sauber an. Dann kann es passieren, dass wir in einer Region Schmerzen empfinden, wo gar nichts kaputt ist, sondern verärgerte Nervenfasern uns sozusagen fehlinformieren. Klar, dass in solchen Fällen die Komprimierung oder sonstige Problematik mitbehandelt werden muss. Das Lokalisieren des ursächlichen Problems im Einzelfall ist oft das Schwierigste an der Therapie. Meist müssen mehrere Regionen behandelt werden, wenn es mehrere Ursachen gibt. Leider, so die Erfahrung, gilt auch: Je weiter das Problem vom Ellbogen weg ist, um so länger dauert die Heilung.
Was ist zu tun?
Es ist definitiv sinnvoll, schon bei geringfügigen Schmerzen Maßnahmen zu ergreifen, da die Symptomatik sich bei weiterer Belastung verstärkt und chronisch werden kann. Dann wird es schwieriger und dauert meist etwas länger, den Ellbogen wieder fit zu bekommen. Je früher man eingreift, desto schneller ist man wieder an der Wand. Je nach Schwere des Falls muss man pausieren, bei leichteren Schmerzen hilft möglicherweise auch, mal eine Weile wirklich leicht zu klettern und viel Regenerationsmaßnahmen wie Dehnen einzubauen, um die Muskulatur zu entspannen.
Gute Erfahrungen gibt es mit exzentrischen Übungen, die den Muskel arbeiten und dabei zugleich in die Länge gehen lassen (siehe Fotostrecke). Welche Intensität man dabei wählt, hängt von der Person und der Schwere der Verletzung ab. Regelmäßiges Dehnen ist in jedem Fall ratsam. Es entspannt und fördert die Durchblutung und verbessert damit die Bedingungen zur Heilung. Beides sollte man in Absprache mit dem Therapeuten angehen.
Warum Entzündungshemmende Medikamente schaden können
Abzuraten ist von Kortisonspritzen und der dauerhaften Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen und Diclofenac. Diese Maßnahmen haben kurzfristige Wirkung, ändern aber nichts an den Ursachen. Kortison wird nachgesagt, dass es die Festigkeit von Sehnen und Bändern beeinträchtigt und unter Umständen Knorpel schädigt, was für Kletterer eher unerwünscht ist. Schmerzmittel (NSAR) können Heilungsprozesse am Knochen verändern; es ist belegt, dass damit nachteilige Effekte auf die Heilung am Sehnenansatz einhergehen. Entzündungshemmende Mittel sind nicht hilfreich, denn die "Entzündung" ist Teil der Reparaturmaßnahmen des Körpers.





- Wenn ein Muskel verkrampft ist und eine Sehne schmerzt, dann habe ich schon länger einiges falsch gemacht. Nutze das Feedback deines Körpers und überprüfe deine Trainingsroutinen: Stimmt das Verhältnis von Belastung und Regeneration?
- Je besser trainiert ein Muskel ist, desto besser ist er durchblutet und umso mehr kann er verkraften.
- Bei harten Trainingseinheiten ist es unerlässlich, den Muskel und Körper danach zu "pflegen" – das heißt: lockeres Bewegen, dehnen, ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, richtig ernähren, genug schlafen. Diese Faktoren sind ebenso wichtig wie das Training selbst.
- Der Muskel wächst und regeneriert sich nachts. Deshalb ist es sinnvoll, nach dem Training und vor dem Schlafengehen ein aktives Abwärmen durchzuführen und die wichtigsten Muskeln zu lockern und mit Dehnen zu entspannen.
- Erweitert euer Bewegungsspektrum, macht Ausgleichstraining. Der Körper freut sich über Abwechslung und erfährt dadurch oft einen höheren Leistungszuwachs als bei noch ein paar Klimmzügen mehr.
- Kletterer tun sich oft schwer mit Wasser... aber den Körper mal für eine halbe Stunde mit Ausdauer und weichen Bewegungen zu konfrontieren, also locker zu schwimmen, kann Wunder wirken.
Hilf dir selbst: 4 Ansätze, um gesund zu werden und zu bleiben
Was kann man selbst tun, um den Heilungsprozess zu fördern oder Reizzustände von vornherein zu vermeiden? Entspannung, Aufbau und korrektes Training helfen.

Lockern und Entspannen: Gründliches Auf- und Abwärmen sind Pflicht! Statisches sanftes Dehnen der Unterarme nach dem Training für mindestens eine, besser zwei Minuten kann helfen, den Muskeltonus in der Beugemuskulatur zu senken.

Fördern und fordern: Die Aktivierung der Streckmuskulatur inklusive der Finger, also der Antagonisten der betroffenen Beugemuskeln, fördert die Entspannung der überlasteten Zugmuskulatur. Dazu hilft der Ausgleich, Dysbalancen zu vermeiden.

Prüfen und korrigieren: Unsaubere Klettertechnik kann zu Lasten der Gelenke gehen. Beispiel: Ein überstrecktes Handgelenk (links) beim Greifen strapaziert den Ellbogen. Achte auf korrekte Bewegungsabläufe (dabei kann ein versierter Coach helfen).

Stärkung und Aufbau: Betreibe Ausgleichstraining und sorge für ein abwechslungsreiches Bewegungsmenü. Beim Handstand zum Beispiel werden die Beugemuskeln gedehnt und gefordert zugleich.
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Der Autor

Martin "Schlagi" Schlageter betreut seit 1997 die deutsche Kletternationalmannschaft. Der Physiotherapeut mit dem Boulderblock im Garten ist Sportphysiotherapeut des DOSB, Manualtherapeut, Osteopath in Ausbildung sowie Sportlehrer und Athletiktrainer.