Österreich: Bergwandern am Dachstein
Traumtouren im Dachsteinmassiv

Sanfte Almen und kühle Gletscher: Am Dachstein treffen Welten aufeinander. outdoor stellt die Toptouren in Österreichs legendärem Alpenmassiv vor.

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Foto: Heiko Mandl

Wie eine gigantische Festung aus Fels ragt das hellgraue Dachsteinmassiv inmitten der grünen Almlandschaft auf, rund neunzig Kilometer südwestlich von Salzburg. Der wuchtige Klotz trägt mehrere stolze Gipfel, allen voran jenen des 2995 Meter hohen Dachsteins selbst. Geschichten von Unbesteigbarkeit ranken sich um den gewaltigen Felsriegel, und tatsächlich führt kein Weg ohne Klettereinlage hinauf. Dafür gibt es eine Gondelbahn auf das Plateau unterhalb des Gipfels, das wie wie eine Berglandschaft von einem anderen Planeten wirkt: die drei Eiswüsten Schladminger, Hallstätter und Gosaugletscher und eine gewaltige Kalkebene sind eine einzige Einladung zu Wanderungen in der Höhe. Und genau gegenüber Richtung Süden, nur getrennt vom Ennstal, ruhen friedlich die Schladminger Tauern, ein Wanderrevier mit geheimnisvollen, dunklen Tälern und sattgrünen Almwiesen.

Unsere Highlights

Doch von unten zieht unbestritten zuerst der imposante Kalkblock des Dachsteins die Blicke auf sich. Schier unendlich weisen die bis zu 900 Meter hohen Wände des Massivs in den Himmel, weit sinkt der Kopf in den Nacken. Hinauf – ja, unbedingt, aber zu Fuß oder mit der Bahn? Der Großteil wählt die Gondel und strömt vom Parkplatz an der Südwandbahn in Ramsau in die Kabine. 20 Minuten warten, zehn Minuten Schwebefahrt, und schon sind innerhalb einer halben Stunde 1000 Höhenmeter überwunden. An der Bergstation der Dachsteinbahn, immerhin auf 2685 Meter Höhe gelegen, öffnet sich das Tor in ein hochalpines Tourenparadies. Hier beginnen Unternehmungen für jeden Anspruch und Geschmack, von entspannten Spaziergängen bis hin zu ernsthaften Alpinabenteuern.

Wer auf die Bahn verzichten und aus eigener Kraft aufs Dachsteinplateau gelangen will, sollte unbedingt schwindelfrei sein und auch mit seinem Klettersteig-Set umgehen können: Die Routen führen allesamt durch schroffe Felsen, sind jedoch gut gesichert.

Dachstein: Bizarre Landschaft aus Felsen und Gletschern

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Heiko Mandl
Auf Tour über die Südwandhütte setzen Wanderer ihre Schritte vor einer imposanten Kulisse.

Nicht selten geht durch die Kabine der Gondel ein Raunen, wenn ein Wagemutiger direkt unter den Füßen in den steilen Wänden des Skywalk hängt. Zu diesem neu eingerichteten Klettersteig geht es entweder in zweieinhalb Stunden Anstieg über den Hunerschartensteig ab der Talstation der Dachstein-Gletscherbahn, oder, kraftschonender, in einem kurzen Abstieg von der Bergstation Hunerkogel. Da sich die Klettersteiggeher ihren Weg nur ein paar Meter unter der Bahn entlang suchen, die langsam in die Bergstation gleitet, kommen auch Gondelpassagiere zu einem bisschen Nervenkitzel.

Oben gilt: Je weiter man sich von der Bergstation entfernt, desto mehr Ruhe kehrt ein. Zu entdecken gibt es eine schroffe, mitunter bizarre Landschaft aus Felsen und Gletschern, die nur darauf wartet, erobert zu werden. Der Blick Richtung Norden reicht bis ins grüne Herz des Salzkammerguts.

Die beliebteste Route führt, kaum verwunderlich, auf den Dachsteingipfel. Sie lässt sich recht einfach bewältigen: Zuerst knirschen die Schritte kurz über den Kühle atmenden Gletscher. Dann zieht der klassische Anstieg durch die Randkluft, als gut gesicherter, leichter Klettersteig mit 200 Metern Höhenunterschied. Oben auf fast 3000 Meter Höhe empfängt einen eine sagenhafte Sicht über Österreichs Bergmajestäten in den eisgekrönten Hohen Tauern und über die Gipfelparade des Nachbarbundeslandes Kärnten. An schönen Wochenenden kann es oben allerdings ganz schön eng werden, und nicht selten trifft man den einen oder anderen Bekannten vorm Gipfelkreuz.

Touren

Höhenwandern am Dachstein

Je weiter man sich vom Gletscher entfernt, desto öfter recken sich Grashalme schüchtern zwischen den Steinen ins Licht, leuchten hier und da bunte Blumen aus der Steinwüste. Doch automatisch schweift der Blick immer wieder in die Ferne, sogar bis in die sanften Täler des 20 Kilometer entfernten Ausseerlands. Entstanden ist die Karstlandschaft auf dem Dachsteinplateau durch die Kraft des Schmelzwassers, das auf den Fels einwirkte. Über Millionen von Jahren hinweg versickerte es mit Kohlendioxid angereichert an der Oberfläche und bahnte sich seinen Weg in die Tiefe. Dabei löste es das Kalkgestein und schuf Karren, Dolinen und Höhlen, die heute den Charakter des Plateaus prägen. Gute Kondition sollte man auf dem Weg zur Gjaidalm mitbringen; auf der Ganztagestour sammelt man einige Kilo- und Höhenmeter. Noch sportlichere Naturen wählen für die Überquerung die Variante über den Hohen Gjaidstein, mit einigen leichten Klettersteig-Passagen. Von oben schweift der Blick über den Hallstätter Gletscher und seinen kleinen Bruder, den Schladminger Gletscher. Im Sommer ruhen die Riesen mehr in Grautönen als blendendweiß zwischen den Flanken, auf den Loipen drehen bunte Langläufer ihre Runden.

Wie in vielen Alpenregionen entdeckten und erkundeten Forscher als erste den Dachstein. Bald aber zog der östlichste Fast-Dreitausender der Alpen viele Touristen an. Als »Bahnhof« des Dachsteins dient die Adamekhütte am Fuß des Gosaugletschers, drei Wanderstunden von der Bergstation entfernt. An ihr laufen die wichtigsten Wanderwege des Plateaus zusammen, und sie liegt ideal für größere Unternehmungen oder eine schöne Rast.

Das Dachsteinmassiv hat aber auch in der Tiefe einiges zu bieten. Während oben Gletscher funkeln, führen am Fuß der Südwände, nur ein paar Minuten von Ramsau entfernt, traumhafte Touren über Weiden vorbei an Almen, die miteinander im Wettstreit stehen, wer den schönsten Blumenschmuck vor den Fenstern hängen hat. Doch selbst hier spürt man, wie die Felswände von oben drücken, und Wanderer wirken winzig wie Ameisen. Der Reiz der technisch und konditionell leichten Wanderrouten um Ramsau liegt in der abwechslungsreichen Natur und den guten Einkehrmöglichkeiten. Das Almhüttendorf »Neustadt Almen« schmiegt sich in eine idyllische Wiese, Lärchenwälder an den Rändern setzen hellgrüne Akzente, und eine Etage höher wachen die lichtgrauen Kalkwände des Dachsteins. Von der Talstation sind es nur ein paar hundert Meter und zwei Serpentinen der Mautstraße nach bergab, dann liegen rechts schon die Hütten des Dorfs. Offen, hell und freundlich empfängt die Alm Besucher – hier scheint die Welt noch in Ordnung: Kühe grasen auf saftigen Weiden, und die Bauersleut gehen ihrer Arbeit nach. Wellness für Körper und Seele, und das ohne eine In­frarotkabine oder eine Entschlackungskur.

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Heiko Mandl
Von den Sonnenhängen schaut man weit in die dunklen Täler der Schladminger Tauern.

Wandern in den Schladminger Tauern

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Heiko Mandl
Schafe sind geländegängig und machen so manchem Alpintouristen etwas vor.

Dunkle Wälder in langen Tälern hingegen zeichnen die Niederen Tauern aus, die den abfallenden Kalkwänden des Dachsteinmassivs gegenüber ruhen. Urgestein statt hellem Kalk dominiert das Bild. Zwischen den schattigen Wäldern funkeln kleine Seen, locken mit zusätzlicher Kühlung an heißen Sommertagen. Gebirgsbäche und rauschende Wasserfälle versprühen ihren Charme – als perfektes Terrain für die warmen Tage des Jahres bieten sich die Wanderrouten in den Schladminger Tauern an, die den großen Brüdern am Dachstein in nichts nachstehen.

Von der Reiteralm beispielsweise, die man über eine Mautstraße vom Talort Pichl erreicht, wandert man nur gut dreißig Minuten zu den Gasselseen, die geheimnisvoll in einem großen, dunklen Kessel schimmern. Bei Windstille spiegelt sich das Dachsteinmassiv mit beeindruckender Klarheit im pechschwarzen Wasser.

Der ganze Zauber der Schladminger Tauern erschließt sich aber erst auf einer Viertagetour quer hindurch. Vis à vis den Felsabbrüchen des Dachsteins leitet sie von Obertauern bis nach Schladming. Ausdauer und Kondition sind auf der Tour mit täglich bis zu sieben Stunden Fußmarsch und 1000 Tageshöhenmetern angeraten. Wer durchhält, erlebt als Abschluss die dreißig dunklen Seen im Klafferkessel auf 2100 bis 2300 Metern. Sie leuchten vom ehemaligen Gletscherboden mit dem Himmel um die Wette. Falls sie nicht eine Eisschicht vor den Blicken verbirgt – bis weit in den Frühsommer hinein keine Seltenheit. Spät am Nachmittag, wenn sich Licht und Schatten in der Seenlandschaft abwechseln, tritt die Schönheit besonders klar hervor. Es sind Momente wie diese, die Wanderer verlocken, immer wieder herzukommen.

Dachstein: Reiseinfos

Charakter
Steile Kalkwände prägen das Dachsteinmassiv. Oben auf dem Plateau (auf rund 2700 Metern) lockt ein Gletscher zum Besuch. Am Fuß der fast senkrechten Wände dominieren terrassenförmig angelegte Almwiesen und Fichtenwälder das Landschaftsbild. Auf der Südseite des Ennstals befinden sich als Kontrast zu den hellen Kalkfelsen des Dachsteins die meist bewaldeten und wasserreichen Schladminger Tauern. Die höchsten Gipfel ragen dort bis zu 2800 Meter hoch auf.

Hütten
Aqi Hotel Schladming: Tel. 0043/3687/23536, www.aqi-hotel.com
Aparthotel Ferienalm – Schladming: Tel. 0043/3687/23517, www.ferienalm.at
Almwelt Austria: Tel. 0043/3454/72577, www.alm welt-austria.at
Landidyll Hartweger: Tel. 0043/3686/5226, www.hotel-hartweger.at
Wanderhotel Knapplhof: Tel. 0043/3686/2548, www.hoeflehner.com

Anreise
Von München aus über die A 8 nach Salzburg (Österreich). Von dort über die Tauernautobahn A 10 bis zur Abfahrt Radstadt und weiter in das Ennstal nach Schladming, von München: 220 Kilometer. Anreise mit dem Zug: von München mit dem EC Richtung Graz. Ausstieg am Bahnhof Schladming. www.oebb.at

Beste Zeit
Die Touren und Klettersteige am und über den Gletscher sollte man nicht vor Mai/Juni unternehmen. Denn davor liegt oft noch zu viel Schnee; Steigeisen sind dann Pflicht. In der Ramsau und in den Schladminger Tauern kann man schon ab Anfang Mai gut wandern. Im Herbst lohnen die Wanderungen je nach Wetter bis in den Oktober.

Buchtipp/Karten
Dachstein-Tauern: 55 Routen, Sepp Brandl, Rother Wanderführer 2007, 144 Seiten, 12,90 Euro; Alpenvereinskarte Dachsteingebirge, Nr. 14, ÖAV, 1 : 25000, 9,80 Euro,
Schladminger Tauern – Radstadt – Dachstein, WK 201, Freytag & Berndt, 1 : 50000, 7,95 Euro.

Infos
Schladming-Dachstein Tourismusmarketing GmbH
Ramsauerstraße 756
A-8970 Schladming
Tel. 0043/3687/23310
Fax 0043/3687/23232
E-Mail: info@schladming-dachstein.at

outdoor-Tipp
Im Juli und August Konzerte in der Dachstein-Eishöhle besuchen: www.dachstein-salzkammergut.com

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Heiko Mandl
Dachstein Schladming wandern Trekking
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07 / 2023

Erscheinungsdatum 06.06.2023