- Wo liegt der Sarek Nationalpark?
- Wie kommt man zum Sarek?
- Kann man im Sarek Nationalpark gut wandern?
- Wie lange dauert eine Wanderung im Sarek?
- Wann ist die beste Reisezeit für eine Wanderung im Sarek Nationalpark?
- Welche Ausrüstung sollte man in den Sarek Nationalpark mitnehmen?
- Welche Wanderkarten sind für den Sarek am besten?
- Die 3 schönsten Wanderrouten im Sarek
- 1 - Von Ritsem nach Kvikkjokk
- 2 - Von Suorva bis nach Saltoluokta
- 3 - Von und nach Saltoluokta
- Tipps für den Start deiner Sarek-Wanderung
- Erfahrungsbericht von Boris Gnielka: 16 Tage durch den Sarek
- Outdoor Podcast: Sarek – letzte Wildnis Europas
- Outdoor Podcast: Trekking in Skandinavien
Wo liegt der Sarek Nationalpark?
Der Sarek Nationalpark liegt in der Lapland Region im Norden Schwedens, nur 50 km von der Norwegischen Grenze. Er ist der älteste Nationalpark Europas.
Wie kommt man zum Sarek?
Der Nationalpark Sarek ist einer der unzugänglichsten Nationalparks Schwedens und nur per Wanderung oder Skitour erreichbar. Die Anreise zu den Ausgangspunkten von Deutschland ist lang und man sollte mindestens 2-3 Tage einplanen.
Die Anreise erfolgt meist per Flugzeug – am besten mit Norwegian Airlines – nach Stockholm (Nachteile sind das Gepäcklimit von 20 Kilogramm und das Verbot, Brennstoff mitzunehmen) und von da per Nachtzug nach Gällivare or Murjek. Buslinien von Mirek führen nach Kvikkjokk oder von Gällivare nach Ritsem, Kvikkjokk, Ritsem oder Suorva (der Bus fährt je nach Monat nur ein bis zwei Mal am Tag). Fahrplanauskunft: ltnbd.se.
Luxuriöser geht es mit dem Hubschrauber entweder im Sommer mit Linienflug Kvikkjokk–Stáloluokta–Rijtjem oder als Taxiflug, allerdings mit Landung außerhalb des Nationalparks. Vom Flugplatz Gällivare und Luleå gibt es Busverbindungen.
Alternativ kann man auch mit dem Auto anreisen: Im Reisemobil und vielen Zwischenstopps macht‘s Spaß, sonst ist es nur etwas für Stoiker, denn von Frankfurt aus sind es rund 2600 Kilometer – auf denen oft nur 70 km/h erlaubt ist.
Kann man im Sarek Nationalpark gut wandern?
Der Sarek Nationalpark eignet sich am besten für erfahrene Wanderer mit gutem Orientierungssinn und einem Sinn für Abenteuer. Routen sind nicht ausgeschildert und man muss mit wandern über Stock und Stein und Flussüberquerungen rechnen. Wer jedoch Einsamkeit bevorzugt und gerne abseits der ausgetretenen Pfade wandert der findet im Sarek Nationalpark sein Glück.
Wie lange dauert eine Wanderung im Sarek?
Man sollte am besten 12-14 Tage für eine Rundwanderung einplanen. Wichtig ist es auch Reservetage einzuplanen falls Wetter und/oder Ausrüstung zu ungeplanten Stops führen.
Wann ist die beste Reisezeit für eine Wanderung im Sarek Nationalpark?
Die ideale Jahreszeit für eine Trekkingtour im Sarek ist der August. Im Juni und Juli machen enorme Schmelzwasserfluten das Furten gefährlich, außerdem liegt zumindest im Juni noch viel Schnee. Im September hingegen kann es schon wieder frieren, ab Mitte des Monats auch schneien.
Welche Ausrüstung sollte man in den Sarek Nationalpark mitnehmen?
Neben guten Wanderstiefeln oder Schuhen sind warme, wetterfeste Kleidung – auch im Sommer – empfehlenswert. Für die Ansprüche der Region eignet sich zum Beispiel Schwedens eigene outdoor Marke Fjällräven. Da es keine Brücken gibt und durch die Schneeschmelze Gletscherbäche oft anschwellen muss man auch darauf vorbereitet sein längere Strecken zu waten und oft Flüsse zu überqueren. Entweder lässt man sich auf nasse Füße ein oder packt direkt eigens dafür geeignetes Schuhwerk ein. Empfehlenswert sind außerdem Neoprensocken, da das Gletscherwasser iselbst im Sommer eisig kalt ist. Trekkingstöcke geben Stabilität bei Flussüberquerungen und helfen beim Balancieren des Gepäcks.
Übernachtet unter "freiem Himmel": Zelt, Isomatte, Schlafsack und eigenes Kochequipment sind daher nötig. Besonders im Sommer gehört zusätzlich ein Insektenspray gegen Moskitos auf die Packliste.
Kochwasser ist einfach zu finden, am Besten hat man eine Flasche oder Wasserbehälter zum Auffüllen an Gletscherflüssen parat. Proviant muss selbst mitgetragen werden, da es keine Möglichkeiten zum nachkaufen gibt. Bewährt haben sich Müslis, Riegel, Nüsse und Schokolade sowie gefriergetrocknete Fertigmahlzeiten. Sie müssen nicht kochen, sondern nur ein paar Minuten in heißem Wasser quellen, das spart Sprit.
Und für die gute Orientierung dürfen Karten und Kompass im Gepäck nicht fehlen. Makierte Wege gibt es im Sarek Nationalpark nämlich nicht.





Welche Wanderkarten sind für den Sarek am besten?
Der Wanderführer "Sarek – Trekking in Schweden" von Claes Grundsten gibt detaillierte Routenbeschreibung und Tipps für das Wandern im Sarek Nationalpark (Reise-Know-How-Verlag – etwa 14,90 Euro). Außerdem die Wanderkarte "Lantmäteriets Fjällkarta BD10 Sareks Nationalpark", ( 1:100K topographische Wanderkarte – ca. 17 Euro).
Wandern im Sarek - Das solltet ihr wissen
Die Wege im Sarek Nationalpark sind nicht ausgeschildert. Wanderungen hier eignen sich nur für erfahrene Wanderer die mit Kompass und Karte ausgestattet sind.
Das Wetter kann zu jeder Jahreszeit wechselhaft sein und Wanderer sollten selbst im Hochsommer mit warmer und wetterfester Kleidung ausgestattet sein. Es ist ausserdem eine der regenreichsten Regionen Schwedens.
Wanderrungen im Sarek Nationalpark sind oftmals Mehrtagestouren auf denen man tief in der Wildnis unterwegs ist. Die vielen Täler des Sareks bieten mehrere Möglichkeiten einer Sarek Querung. Eine populäre Route führt von Norden nach Süden oder umgekehrt durch das Ruotesvagge.
Ob Benzin oder Gas: Hauptsache, man hat genug davon dabei. Max. 20 Gramm verbraucht ein Kocher pro Liter kochendes Wasser - wenn man einen Windschutz benutzt und keinen Schnee schmelzen muss. 50 Gramm Gas oder Benzin pro Tag und Person sollten also locker reichen.
Die 3 schönsten Wanderrouten im Sarek
1 - Von Ritsem nach Kvikkjokk
140 km, 7-9 Tage, einfach
Die Route ist eine »Abkürzung« des markierten Padjelantaleden: Von der Fjällstation Ritsem geht es per Boot über den Akkajaure, weiter auf dem Padjelantaleden zur Kisurisstugan. Mit Blick auf den Akka (2015 m) folgt man dem Pfad am Fluss Sjnjuvtjudisjakka vorbei am Nijak (1922 m) in das Routesvagge. Am besten zeltet man vor der Watstelle am Smajlajakka, der morgens leichter zu furten ist. Ein Pfad führt westlich des Flusses zur unbewirteten Mikkastugan (Nottelefon), hinter der es feine Zeltplätze gibt: in den Blaubeeren und mit gigantischer Aussicht! Von hier geht‘s meist pfadlos zirka vier Kilometer nach Westen, bis man auf Höhe der »Renvaktarstuga« über den Kuopperjakka furtend ins Alkavagge wechselt. Ein Pfad führt zur Alkavare-Kapelle und weiter zur Brücke am Miellädno. Nun weglos Richtung Süd, Südwest, bis man an der Tuottarstugorna wieder auf den Padjelantaleden trifft. Über ihn in vier Tagen nach Kvikkjokk (Fjällstation).
2 - Von Suorva bis nach Saltoluokta
220 km, 12–16 Tage, mittelschwer
Auf dieser Runde durchwandern Sie die drei schönsten Sarek-Täler: Routes-, Kuopper- sowie Alkavagge und lernen außerdem besonders einsame Ecken kennen. Startpunkt ist die Bushaltestelle bei Suorva. Von hier folgen Sie der Staudammstraße, passieren die Rentierzäune uferseitig, bis ein Pfad rechts in den Wald führt. Erst sanft, später steiler geht es über Sumpf, Totholz und Geröll mühsam empor, bis der Wald sich lichtet und sich immer mehr Zeltmöglichkeiten bieten (ab ca. 650 m). Spätestens an der Furtstelle über den Njabbejakka verlassen Sie den nach Süden weiterführenden Pfad und gehen Richtung Westen bis hinter die drei großen Seen südlich des Stuor Átjek (1380 m). Es bietet sich ein toller Ausblick auf das gewaltige Massiv des Akka, kurz danach auch auf die lange Bergkette des Sarektjakka, an dessen rechtem Ende der Nijak aufsteilt. Nichts wie hin! Denn bei schönem Wetter lohnt seine Besteigung, bietet er doch eine großartige Rundumsicht. Als Basislager bietet sich der Nijak-See auf 1172 Metern an. Von hier um den Nijak herum ins Routesvagge und wie Route 1 weiter zur Hängebrücke am Miellädno. Von dort zwei Kilometer nach Norden, um entlang des Sees Nasasjaure von Westen in das beeindruckende Kuoppervagge zu wechseln. Dem Tal folgen Sie zur Mikkastugan, wo Sie über die Brücke und auf gutem Pfad südöstlich einen Abstecher zum Fuße des Bergs Laddebakte machen – die Aussicht ins Rapadal ist es wert! Danach geht es (am besten anderntags) sechs Kilometer zurück und nach Osten zum See Bierikjaure, hinter dem Sie gute Zeltplätze finden. Anschließend zur Brücke über den reißenden Guhkesvagge und Richtung Ost bis zur »Renvaktarstuga«. Von hier südöstlich emporsteigend zum See Guodekjaure. Nun sind es noch rund zehn Kilometer bis zum Kungsleden, dem Sie nach Saltoluokta folgen.
3 - Von und nach Saltoluokta
110 km, 6–8 Tage, mittelschwer
Diese Route folgt dem Kungsleden von Saltoluokta bis auf die Hochfläche vor der Fjällhütte Aktse. Hier führt ein Pfad auf den Berg Skierffe, von dem man eine hervorragende Aussicht ins Rapadelta hat. Bei Trockenheit kann man vom Skierffe in einem kurzen Nordwestbogen ins Rapatal absteigen und dort auf einem sporadisch mit Planken versehenen Pfad zum Laddebakte folgen (tolle Zeltmöglichkeiten mit prächtiger Aussicht). Aufgrund des weichen Bodens und der wilden Vegetation kommt man im Rapatal vor allem nach Regenfällen nur mühsam voran. Einfacher wandert es sich am Hang: vom Skierffe bis zum Fluss Lulep Vassjajagasj, und erst an ihm hinunter ins Rapatal. Folgen Sie dem Pfad vom Laddebakte Richtung Norden, kraxeln Sie durch die steile Flanke des Bielatjakka, und biegen Sie auf seinem Nordhang auf zirka 850 Metern Höhe Richtung Osten ab. Bald führen Pfadspuren ins eng eingeschnittene Tal Bastavagge. Man folgt ihnen auf der rechten Seite des Flusses und dem später wieder besser sichtbaren Pfad zur Sami-Siedlung Rinim. Dort geht es mit dem Boot, das eine Samifamilie betreibt, zur bereits vom Hinweg bekannten Sitojaure Stugorna. Nun auf dem Kungsleden in einem (langen) Tag zurück zum Ausgangspunkt, der luxuriösen Saltoluokta-Fjällstation.
Tipps für den Start deiner Sarek-Wanderung
Vor Ort
- Camping: Sowohl in Kiruna als auch in Gällivare gibt es Zeltplätze, die bezahlbar sind, halbwegs ruhig liegen und neben einer Sauna einen Speisesaal mit Küchenausstattung bieten. Auch können spartanisch eingerichtete 4-Bett-Hütten gemietet werden.
- Pension & Co.: Meist ein recht teurer Spaß - für wenig Komfort. Charmant und bezahlbar: das Hotel Vinterpalatset in Kiruna. vinterpalatset.se
- Essen & Trinken: In Kiruna und Gällivare kommen vor allem Fast-Food-Freunde auf ihre Kosten. Gut und günstig isst man in den asiatischen »Restaurants«. Besser (und viel teurer) in den Fjällstationen Kvikkjokk und Saltoluokta.
- Ausrüstung: Vergessenes Equipment kann in den Intersport-Läden Kirunas und Gällivares beschafft werden. Dort bekommt man auch Gaskartuschen, Spiritus und Kocherbenzin.
- Gepäck-Depot: Reisegepäck wie Daypacks, Stadtschuhe & Co. verwahrt das Info-Center im Bahnhof Gällivare gegen Gebühr tage- und wochenweise.
Auf Tour
- Ausgangsorte: Ideal ist der Staudamm bei Suorva sowie die Fjällstationen Saltoluokta, Kvikkjokk und Ritsem. Achtung! Die Fähre über den Akka fährt nur bis Anfang September.
- Routenwahl: Am einfachsten entlang der Täler, wo sich Trampelpfade gebildet haben.
- Orientierung: Bei guter Sicht einfach. Ein GPS-Gerät ist nur für die oft wolkenverhangenen Hochlagen nötig. Vorsicht! An einigen Stellen werden Kompanden von magnetischem Gestein irritiert.
Erfahrungsbericht von Boris Gnielka: 16 Tage durch den Sarek
Hier den kompletten Artikel für 1,99 € kaufen
Der Bus in die Einsamkeit ist voll. Über 50 schwergerüstete Trekking-Fans drängeln sich auf den Sitzen und im Gang. Neben dem Bus hantieren weitere: mit kühlschrankgroßen Rucksäcken, die einfach nicht mehr in die Gepäckluken passen wollen. »Was muss hier erst in der Saison los sein, wenn selbst Ende August noch so ein Andrang herrscht?« fragt mich Katleen entgeistert. »Die wollen doch nicht alle wirklich in den Sarek?« Offensichtlich schon, das zeigen allein die Rucksäcke, an denen Isomatten, Zelte sowie Brennstoffflaschen hängen – alles Zeug, das man für Hüttenwanderungen, etwa über den ebenfalls mit der Buslinie 93 erreichbaren Padjelanta- oder Kungsleden, nicht braucht, für eine Tour durch den nordschwedischen Nationalpark Sarek allerdings unbedingt.
In diesem 1909 gegründeten und damit ältesten Nationalpark Europas gibt es weder markierte Wege noch Übernachtungshütten, Brücken sind rar. Von mehreren hundert, oft von Gletschern gespeisten Flüssen haben nur vier eine Brücke. Flussquerungen gehörenzu einer Sarektour genauso dazu wie die Orientierung mit Karte, Kompass oder GPS sowie der Verzicht auf Smartphone, Handy und Co: In dem rund 2000 Quadratkilometer großen Park herrscht die Natur – und somit Funkstille. Im Falle eines Unglücks ist man auf sich allein gestellt, auf seinen Partner oder andere Wanderer angewiesen.
Der Bus bringt uns von der Bergbaustadt Gällivare zu einem Parkplatz am Staudamm des Akka-Stausees. Suorva heißt der beliebte Ausgangspunkt für Sarek-Trekker. Die Fahrt dorthin dauert zwei Stunden – in denen man inständig hofft, bloß nichts Wesentliches vergessen zu haben, denn Nachkaufen kann man jetzt nichts mehr.
Ab in die Wildnis!
16 Tage lang wollen Katleen und ich die wilde Berglandschaft des Sareks genießen. 16 Tage nichts als Gipfel und Täler, Flüsse und Seen. 16 Tage, an denen nicht Wege und Pläne, sondern allein Wetter und Vegetation die Richtung vorgeben und wir das wirklich Wichtige wieder schätzen lernen: Essen, Trinken, Schlafen – und staunen. Staunen über die wild-herbe Natur, die hier oben vor allem aus Steinen, Flüssen, Seen, Flechten, Moosen, Büschen und Birken besteht. Auch Tiere gibt es. Die meisten halten sich in grünen Tälern auf, etwa im berühmten Rapatal. Elche, Vielfraße, ja sogar Wölfe und Bären soll es hier geben. Zu sehen bekommt sie nur, wer viel Geduld aufbringt und bereit ist, sich durch dichte Vegetation zu kämpfen. Auf den im Sarek vorherrschenden Freiflächen beschränkt sich die Fauna auf Lemminge, ulkig schnalzende Kolkraben, melancholisch piepende Goldregenpfeifer, Birkhühner und ein paar Möwen.

Wer das alles erleben will, muss keinen Survivalkurs absolvieren, sondern nur etwas Nordland-Erfahrung mitbringen. So wie Linda, Martin und Ralf, die neben uns im Bus sitzen. »Letztes Jahr sind wir in zehn Tagen den Padjelantaleden gelaufen, davor das Jahr den Kungsleden«, erzählt Linda. Jetzt fehle eben noch eine Sarek-Durchquerung. Nur sechs Tage haben sie dafür eingeplant, somit bleibt die Proviantmenge klein – und das Rucksackgewicht im Rahmen. »Das nächste Mal gehen wir auch nur eine Woche«, sagt Katleen, als sie in Suorva ihren 25-Kilo-Rucksack erst aufs Knie, dann mit einer schwungvollen Drehung auf den Rücken wuchtet. Auf die Trekkingstöcke gestützt wanken wir los, den anderen mit uns startenden Wanderern hinterher: über den Staudamm und rein in die Wildnis. Zum Glück wird es in drei Stunden dunkel, so bleibt die erste Tagesetappe automatisch kurz – gerade richtig, um sich an das Monstergepäck zu gewöhnen und den sumpfigen, zum Zelten ungeeigneten Waldgürtel zu durchqueren, der hinter dem Damm liegt.
Auf Trampelpfaden durch die Natur des Sarek

Trotz Trampelpfad – den wir immer wieder verlieren – geht es nur langsam voran: über umgestürzte Bäume, dichtes Gestrüpp und an den Schuhen saugenden Morast. Immer wieder hören wir Wortfetzen der anderen Trekker – bis wir endlich die letzten Bäume hinter uns lassen, auf die ersehnte Hochfläche treten und das Zelt aufbauen. »Wo sind die vielen Menschen geblieben?« fragt Katleen. Weit entfernt stehen zwei Zelte: blaue und rote Farbtupfer in einer unendlich scheinenden Landschaft. Es sollen die letzten sein, die wir in den nächsten Tagen zu Gesicht bekommen. Steine, überall Steine: busgroße, fußballkleine, runde, kantige – ein endloses Trümmerfeld macht uns am dritten Tag das Wandern schwer. Kein Laut ist zu hören, kein Lebenszeichen sichtbar. Nur wir beide in einem gigantischen Felslabyrinth. Stundenlang schieben wir uns durch Spalten, kraxeln auf Blöcke, eiern über Geröll und wackelige Klötze, immer auf der Suche nach dem Weg des geringsten Widerstandes – bis plötzlich mehr zu sehen ist als der nächste Granithaufen: die vergletscherte Bergkette des Sarektjakka.
Wer in den Sarek geht, braucht Zeit
Endlich sind wir da! Die Querung des Guhkesvakkjakka, der Nationalparkgrenze zum Sarek, erweist sich dank der Trockenheit als Kinderspiel: Balancierend von Stein zu Stein schaffen wir es trockenen Fußes. Bei Regen sieht das anders aus. Dann verwandeln sich gluckernde Rinnsale in tosende Ungeheuer – und sind mitunter unpassierbar. So etwas sollte man einkalkulieren ... »Wer in den Sarek geht, braucht Zeit und die Bereitschaft, Pläne jederzeit zu ändern«, sagte mir vor 16 Jahren der Hüttenwirt der an den Park grenzenden Partestugan. Allein die Suche nach einer sicheren Furtstelle kann bei Hochwasser viele Stunden dauern. Die Zeit lohnt, ertrinken doch im Sarek immer wieder Wanderer beim Waten. In den Monaten Juni und Juli ist es wegen enormer Schmelzwassermengen am gefährlichsten. Vor allem Gletscherbäche – eiskalt und voller loser Steine – fordern Augenmaß, Gleichgewichtssinn und Geduld. Am besten quert man sie morgens, wenn das Eis noch nicht taut.
Sarek-Trekking: Halbes Kilo Proviant pro Tag

Auch wir verschieben unseren Kneippgang über den Suottåsjjagåsj auf Tag vier – und zelten lieber am Ufer, als ein Risiko einzugehen. »Multebeeren!« schallt es über die sumpfige Ebene kurz vorm Nijak, unserem nächsten Tagesziel. Ich sehen einen roten Rucksack auf den Boden plumpsen und Katleen kriechend im Gras herumpflücken. Schnell ist eine Ziplock-Tüte mit orangefarbenen, duftenden Beeren gefüllt. Neben den eher seltenen Multebeeren bereichern vor allem Blaubeeren den Speiseplan – der sonst nichts Frisches bereithält: Müsli, Riegel, Nüsse und Fertignahrung aus der Tüte – eben alles, was klein verpackbar ist, ein optimales Energie-zu-Gewichts- Verhältnis hat und nicht kochen muss, denn das verbraucht Brennstoff. So schafft man es, mit einem halben Kilo Proviant pro Tag und Person auszukommen, inklusive Sprit. Richtig satt wird man davon aber nicht. Nähme man mehr mit, wöge der Rucksack mehr, was wiederum den Kalorienbedarf erhöhen würde. Um so wichtiger die Beeren. Abnehmen wird man so oder so ein paar Kilo.
Aufmarsch am Nijak
»Sind das etwa alles Zelte?« fragt Katleen beim Abstieg vom Nijak. Drei Tage lang haben wir keinen Menschen getroffen, jetzt steht plötzlich eine ganze Gruppe neben unserem Zelt. Vor fünf Stunden haben wir es an diesem öden Platz aufgebaut, um dem 1922 Meter hohen Geröllhaufen aufs Haupt zu steigen. Ein Dutzend Tschechen, wie sich herausstellt, will das Gleiche.
»Wie voll mag es wohl im Routesvagge sein, wenn selbst hier so viel los ist?« fährt es mir durch den Kopf. Das Routesvagge führt ins Herz des Sareks, zur mächtigen »Skarja«-Ebene, die auch wir uns nicht entgehen lassen wollen. Immerhin treffen dort vier der schönsten Sarek-Täler zusammen: Routesvagge, Rapadalen, Alkavagge und Kuoppervagge. Außerdem verbindet das Routesvagge den Padjelantaleden mit dem Kungsleden. In 4–6 Tagen wandern so, eine Wolke Wildnisluft schnuppernd, viele Trekker von einem Weg zum anderen – und das auf einem kommoden Pfad, der von Spöttern Sarek-Autobahn genannt wird und auf dem ich uns schon im Polonaise-Marsch mit weiteren Schwerbeladenen durchs Tal trampeln sehe.
Normalerweise regnet es im Sarek oft
Unsere Befürchtungen lösen sich anderntags in Luft auf: Trotz Sonnenschein treffen wir im Routesvagge nur vier Trekker: zwei Deutsche und zwei Schweden in Gummistiefeln. Sie haben ebenso wenig wie wir mit Sonnenschein gerechnet. Denn normalerweise regnet es im Sarek oft – und viel. Um 2000 Milliliter im Jahr. Zum Vergleich: Berlin kommt auf 900. Die hohen Berge, 200 von ihnen gipfeln auf über 1800 Metern, sind effektive Wolkenfänger! Das sollen auch wir noch zu spüren bekommen ... Doch zunächst bleibt es schön – und einsam: Kaum ein Tag, an dem wir mehr als zwei Wanderer treffen.

Selbst an der Mikkastugan, einer winzigen Hütte mit Nottelefon in der Skarja-Ebene, sehen wir weder Menschen noch Zelte. Und so leben wir die restliche Zeit weitgehend isoliert mitten in wilder Natur, ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne die Möglichkeit, sich aufzuwärmen oder Proviant nachzukaufen. Nur von Stille, Flüssen und der Erhabenheit riesiger Bergmonster umgeben, ziehen wir dahin, fragil und verletzlich, ehrfürchtig und demütig, staunend und dankbar. Fast wie in Trance vergehen Stunden und Tage ... viel schneller als auf Hüttentour, bei der man stets weiß, wo es als nächstes langgeht, wie das Wetter wird und welche Hütten noch »fehlen«. Wir wissen nicht mal, welchen Wochentag wir haben, nur dass unser Proviant schrumpft und wir irgendwann zurückmüssen in die Welt der Häuser, Straßen und Nachrichten.
Hier den kompletten Artikel für 1,99 € kaufen
Outdoor Podcast: Sarek – letzte Wildnis Europas
In Schwedisch-Lappland dehnt sich der Nationalpark Sarek aus, Beiname "Letzte Wildnis Europas". Wie wild es dort wirklich ist, was man unbedingt mitnehmen sollte, worauf man beim Wandern achten muss und wo ganz überraschend Treibsand lauern kann, das alles erzählt Ausrüstungsredakteur Boris Gnielka in der neusten Episode von "Hauptsache raus".
Outdoor Podcast: Trekking in Skandinavien
Grandiose Landschaften, helle Nächte, nette Menschen und gute gepflegte Wege – Schweden und Norwegen gehören zu den beliebtesten Trekking-Regionen in Europa. Boris Gnielka, bei OUTDOOR Ausrüstungsredakteur und erfahrener Skandinavienkenner, erzählt, was für ihn den Reiz an Skandinavien ausmacht, was man als Wanderer dort braucht und welche die besten Treks sind.
Ihr könnt den Podcast entweder gleich hier auf der Seite anhören oder auf einer der gängigen Plattformen: iTunes, Spotify, Deezer, Audio now, Soundcloud, The Podcast App, Google Podcast-App auf Android-Smartphones sowie in Podcast Addict und vielen anderen Podcast-Apps und Verzeichnissen.