Diese Skitour in der Schweiz ist wunderschön - aber hart!

Berner Alpen - 5 Tage von Hütte zu Hütte
Diese Skitour in der Schweiz hat es in sich

Veröffentlicht am 06.01.2019
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Foto: Dan Patitucci

Alle Infos zur 5-Tages-Skitour in den Berner Alpen

Beste Reisezeit: April

Start/Ende: Sustenstraße über Gadmen nach Rosenlaui

Anspruch: Nur für Fortgeschrittene. 100 km, 8300 Hm hinauf, 8400 Hm hinab

Tag 1: Sustenstrasse über Gadmen – Tierberglihütte via Gwächtenhorn (3420 m) und Steingletscher; 16km, 1900 Hm hinauf, 700 Hm hinab

Tag 2: Tierberglihütte – Trifthütte via Steinhüshorn (3121 m) und Triftgletscher; 18 km, 1800 Hm hinauf, 2100 Hm hinab

Tag 3: Trifthütte – Bächlitalhütte via Rhonegletscher; 25 km, 2000 Hm hinauf, 2200 Hm hinab

Tag 4: Bächlitalhütte – Gaulihütte via Hubelhorn (3244 m), Bächligletscher und Grünbergligletscher; 18km,
1400 Hm hinauf, 1600 Hm hinab

Tag 5: Gaulihütte – Rosenlaui via Ränfenhorn (3254 m) und Rosenlauigletscher; 19 km, 1200 Hm hinauf, 2000 Hm hinab

Mit Guide gehen: Eine gute Wahl ist zum Beispiel Simon Duverney von Altiplanet: www.altiplanet.fr

Auf dem 3100-Meter-Pass über dem Gerstengletscher treffen wir eine einzige Skifahrerin. Als wir ankommen, wechselt sie gerade ihr schweißdurchtränktes T-Shirt gegen ein trockenes. Wir plaudern ein wenig und erzählen ihr, wir würden einen Artikel über die Tour schreiben. "Oh", sagt sie mit einem Augenzwinkern, "gute Idee. Momentan ist die Gegend noch eher ein Geheimtipp." Wir wollen es lüften, dieses Geheimnis einer winterlich-einsamen Gebirgsregion und das Geheimnis einer Skitour, die einem konditionell und technisch einiges abverlangt.

Unsere »Berner Haute Route« ist nicht die berühmte Haute Route, es geht nicht um den Gewaltmarsch zwischen Chamonix und Zermatt. Trotzdem fordert auch unsere kaum begangene Skitour im Berner Oberland Entschlossenheit, Ausdauer und technisches Können. 1200 bis 2000 Aufstiegshöhenmeter stehen täglich an, die Strapazen werden mit Abgeschiedenheit und rasanten Abfahrten belohnt.

Die Skitour beginnt am Steingletscher nahe dem Sustenpass

Die 5-Tages-Tour schwingt sich mehrere 3000er-Gipfel wie das Gwächtenhorn (3420 m) und das Steinhüshorn (3121 m) hinauf und führt täglich über Gletscher. Jede der vier Nächte verbringt man in einer klassischen Schweizer Berghütte mit bemalten Fensterläden, viel geschmolzenem Käse und einer frühen Nachtruhe. Mit dem letzten Aufstieg dieser Skitour erreicht man das Ränfenhorn (3254 Meter), von dem es 2000 Meter hinabgeht, über den Rosenlauigletscher zum Talboden.

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Dan Patitucci

Wie jede Streckentour erfordert auch diese etwas Planung. Wir lassen eins der Autos in Rosenlaui, unserem Zielort, und fahren nach Gadmen, wo wir am Straßenrand starten.

Es ist auch möglich, Ende und Anfang dieser Skibergsteiger-Route mit dem Postbus zu verbinden. Dann spuren wir ein Stück auf der Straße, die zum Sustenpass führt – vorbei an Schneekatzen, die die Straße für den Frühlingsverkehr räumen, und durch ein paar Tunnels. Bald geht es ins weglose Gelände, und ein steter 1800-Meter-Anstieg bringt uns hinauf zum Gwächtenhorn (3420 m) an der Grenze zum Kanton Uri.

Oben öffnet sich freie Sicht auf die Giganten des Berner Oberlandes, sogar bis zu den Walliser Alpen und dem Matterhorn in der Ferne. Wir kommen gut voran auf unserer Hüttentour und erreichen bereits am frühen Nachmittag die solide aus Steinen gefügte Tierberglihütte (2795 m). Mit rot-weißen Fensterläden heißt sie Tourer willkommen. Selbst auf dieser Höhe herrscht noch eine ungewöhnliche Aprilhitze. Wir aalen uns in der Sonne, dann gesellen wir uns zu der Handvoll Skifahrer im Speiseraum. Die Hüttenwirte servieren uns eine Runde Weißwein in kleinen Gläsern, so wie es die Tradition will.

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Dan Patitucci

Als nächster Gang kommen Älpler-Makkaronen mit Käse und Zwiebeln, danach knöpfen wir völlig erschlagen unsere Skihosen auf und watscheln vom Esstisch zur Terrasse, um der Sonne beim Untergehen zuzuschauen.

Ihre Wärme spüren wir erst am nächsten Morgen wieder, als wir den ersten Pass unweit der Berghütte erklimmen. Oben ziehen wir die Felle ab und beginnen mit der Abfahrt durch ein langes Couloir. Das anfangs kompakte, fast möchte man sagen kugelsichere Eis verwandelt sich mit der Zeit in klumpiges, gefrorenes Lawinengeröll. Kurz vor dem Talboden fixiere ich meine Steigeisen: Es fällt leichter, in Stiefeln über die Eisblöcke zu balancieren, als das Tal auf Skiern zu queren.

Der Gegenanstieg mit Kurs auf das Steinhüshorn (3121 m) gibt sich zunächst recht anstrengend. An einer Kreuzung zeigt ein Schild, dass es möglich wäre, schon hier zur Trifthütte (2520 m) abzufahren. Verlockend! Aber wir steigen weiter aufwärts zum Gipfelziel. Oben haben wir beste Sicht Richtung Westen auf unsere Haute Route, und sie sieht noch ganz schön weit aus.

Aber dafür kommt jetzt endlich der angenehmste Teil des Tages: 600 Höhenmeter Abfahrt auf einer breiten Rampe hinab zur Trifthütte. Ihre Tür ist heute nur durch einen Schneetunnel erreichbar, den die Betreiber gebuddelt haben. Dahinter erwarten uns ein freundliches Willkommen, Tee und Kekse. Es wäre auch schön, einen Tag länger zu bleiben, denn um die Hütte ragt eine Fülle von lohnenden Gipfeln auf. Leider reicht die Zeit nicht, wir müssen am nächsten Morgen weiter auf unserer Skitour zur Bächlitalhütte (2328 m), stolze 25 Kilometer entfernt.

Die Tour führt über den Trift- und den Rhonegletscher

2000 Höhenmeter bergauf und 2200 bergab führt diese Etappe unserer winterlichen Hüttentour über den Trift- und den Rhonegletscher. Um besser voranzukommen, bevor es wieder warm wird, ziehen wir die Tourenski-Felle noch in der Dunkelheit vor Sonnenaufgang auf. Im frühen Morgenlicht leuchtet und schimmert das Gletschereis blau. Wunderschön, wie in einer anderen Welt ... Vom Pass unterhalb des Wysse Nollen (3398 m) fahren wir hinab zum Rhonegletscher. Er ist weitläufig, die wenigen Felsspalten lassen sich leicht umgehen.

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Dan Patitucci

Wie stets auf dieser Skitour folgt auf eine Abfahrt irgendwann ein Aufstieg – diesmal zum Pass über dem Gerstengletscher. Von oben fahren wir auf hartem, verkrustetem Schnee Richtung Tal und schlängeln uns durch eine enge Schlucht. Über rutschigen Schutt erreichen wir den Damm des Räterichsbodensees und überqueren ihn.

Das letzte Wegstück hinauf zur Berghütte ist kurz, wirkt jedoch nicht gerade vertrauenerweckend. Der Schnee am Hang sieht aus wie Softeis, das gleich eine Waffel herabtropft. Umso glücklicher fühlen wir uns, als wir die Bächlitalhütte heil erreichen und uns dort mit warmem Wasser waschen können – was für ein Luxus nach drei Tagen Schweiß und Sonnenbrand!

Anschließend lassen wir auf der Hüttenterrasse den Tag Revue passieren. Bis auf die Frau am Pass, die sich hier so gut auskennt, ist uns niemand begegnet. Vielleicht trauen sich viele Skifahrer diese Tour mit ihren langen Etappen nicht zu? Oder diese Skitour ist einfach noch zu unbekannt? – Wie dem auch sei, Fotograf Dan bringt es auf den Punkt: "Das war ein irre guter Skitour-Tag!"

Zum Abschluss der Skitour noch 3 Gletscher

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Dan Patitucci

Noch vor Sonnenaufgang steigen wir am letzten Tag der Skitour drei Gletschern entgegen: dem Hühnertal-, dem Bächli- und dem Grünbergligletscher. An der Obri Bächlilicken, dem Übergang zwischen dem Gross Diamantstock und dem Bächlistock-Nordwestgipfel, führt eine Reihe von Leitern zu der luftigen, schmalen Gratpassage.

Den Abstieg wiederum erleichtern Ketten. Wir cruisen über den zweiten Gletscher des Tages und schaffen es hinauf zum felsigen Grat des Hubelhorns (3244 m). Abends an der Gaulihütte stehen bereits Stiefel aufgereiht – ein ziemlicher Kontrast zu den einsamen Touren der vergangenen Tage. Beim frühen Aufbruch am nächsten Morgen funkeln am schwarzen Himmel mehr Sterne, als ich je zuvor gesehen habe. Hinter und vor uns bewegen sich ein paar Stirnlampen durch die Dunkelheit.

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Dan Patitucci

Plötzlich sehen wir einen Flugzeugpropeller, der im Schnee über dem Gauligletscher feststeckt – das Überbleibsel eines dramatischen Flugzeugabsturzes im Jahr 1946, der die "Geburtsstunde" der Schweizer Luftrettung in den Bergen markiert. Wie im Traum gleiten wir an den mächtigen Flügeln vorbei, deren Silhouetten sich gegen den Schnee abheben. Als letzter Gipfel dieser Skitour und der Frühlingssaison steht dann noch das Ränfenhorn (3254 m) an – und lockt mit 2000 Höhenmetern Abfahrt nach Rosenlaui. Gefrorene Wasserfälle und Gletschertürme zieren unseren Weg Richtung Tal.

Und dann ist er tatsächlich da, der Moment, auf den wir uns gefreut und den wir zugleich verdrängt haben: Wir sind am Ziel, ziehen unsere Ski aus und stehen ein paar Schritte weiter am Auto. Vögel zwitschern uns ein Ständchen: In den fünf Tagen, die wir im Blau und Weiß der Gletscher verbracht haben, ist der Frühling eingekehrt.

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Dan Patitucci