Bis ins Detail: Sportliche Allround-Schuhe im Test

Zehn Multifunktionsschuhe im Test
Bis ins Detail: Sportliche Allround-Schuhe im Test

Veröffentlicht am 19.06.2008

Ein Multifunktionsschuh muss einiges leisten: Er soll sich auf Asphalt so leicht und geschmeidig tragen wie ein Turnschuh, gleichzeitig soll er auf Wanderwe­gen ähnlichen Halt bieten wie ein Leichtwander­stiefel. Außerdem muss er die Füße vor Regen oder nassem Gras schützen. Damit dieser Spagat gelingt, setzen die Hersteller auf geballte Technik. Mehrteilige, stark profilierte Sohlenkonstruktionen versprechen Grip und Stabilität, Dämpfungselemente und Abrollzonen Kom­fort. Auch das Schuhoberteil, der Schaft, steckt voller Hightech. Versteifungen geben dem Fuß Halt, luftdurchlässige Schäume sorgen für den nötigen Kuschelfaktor. Zusätzlich sorgt bei vielen Modellen ein wasserdichtes, atmungsaktives Futter aus Gore-Tex, Texapore oder Event für den nötigen Nässeschutz.

2008 hat outdoor zehn Multifunktionsschuhe zwischen 115 und 160 Euro getestet. Auf unzähligen Tagestouren in der Fränki­schen Schweiz und auf der Schwäbischen Alb bewerteten die outdoor-Tester den Tragekomfort und den Nässeschutz. Das wechselhafte Terrain aus Teerpisten, einfachen Forst- und Wanderwe­gen sowie holpri­gen Saumpfaden mit leichten Kletterpassagen stellte die unterschiedlichsten Anforderungen an die Testkandidaten – so zeigten sich schnell deren Stärken und Schwächen.

Die Schuhe in diesem Test

Das leisten die Testkandidaten in der Praxis

Asphaltetappen beispielsweise verlangen nach einer guten Dämpfung und einem ge­schmeidigen Abrollverhalten, sonst brennen nach einigen Kilometern die Fußsohlen. Fast alle Testmodelle schlagen sich auf diesem Untergrund gut, die besten Noten bekommen die Modelle von Keen und Boreal. Nur beim Trezeta Sioux und Hanwag Approach wünschen sich die Tester eine etwas bessere Dämpfung.

Diese spielt auf gut ausgebauten Forst- und Wanderwegen eine weniger wichtige Rolle, da der natürliche Untergrund selbst schon etwas federt. Vielmehr ist guter Sohlengrip gefragt. Fehlt dieser, wie bei den Sohlen vom Keen Shellrock und Vaude Boulder Race, kommt man auf feuchtem Gras, nassen Wurzeln oder Matsch schnell ins Schleudern. Mit einem aus­ge­­präg­ten Profil, zum Beispiel beim Jack Wolf­skin Star Trekoder Trezeta Sioux, verliert man dagegen selbst im tiefen Schlamm nicht gleich die Bodenhaftung. Der Schaft wiederum bietet bei ­allen Testschuhen auf Forst- und Wanderwegen ge­­nü­gend Halt.

Das ändert sich, sobald das Ge­lände steiler wird und Steine oder Wurzeln den Weg in eine Buckelpiste verwandeln. Dann fühlt man sich nur noch in den Modellen von Boreal, Hanwag, Trezeta und Jack Wolf­skin sicher. Sie bieten neben dem festen Schaft auch eine verwindungssteife, feste Sohle. Diese stabilisiert den Fuß und verhindert, dass Steine und Wurzeln ins Fußgewölbe drücken. Überbewerten sollte man diesen Einsatzbereich aber nicht: Multifunk­tionsschuhe sind in diesem Terrain ohnehin nur für äußerst erfahrene, trittsichere Outdoor-Sportler zu empfehlen. Allen anderen bieten die Halbschuhe zu wenig Knöchelhalt.

Spürbare Unterschiede gibt es beim Schuh­klima – auch wenn das Niveau des Testfelds hoch liegt. Maßstäbe setzen der Meindl XO und der G3 von Raichle: Beide sind selbst bei brütender Hitze noch recht luftig, während es vor allem in den Modellen von Jack Wolf­skin, Keen und Vaude schon etwas feuchter zugeht. Der Nässeschutz wiederum lässt bei allen Testkandidaten nichts zu wünschen übrig.

Die besten Modelle im Test

Zwei Schuhe ragen hier heraus: Meindl und Raichle. Beide tragen sich sehr komfortabel und punkten zudem mit dem besten Klima im Test. Der präzise, sehr stabile Hanwag Approach wiederum überzeugt hauptsächlich auf Klettersteigen und bei Kletterpassagen – die richtige Wahl für Gipfelstürmer, während der Trezeta Sioux auf holprigen und steilen Wanderwegen in seinem Element ist. Die Schuhe von Jack Wolf­skin und Boreal schließlich glänzen durch Vielseitigkeit: Sie bieten nicht nur auf anspruchsvollen Wanderwegen eine top Leistung, sondern machen auch auf Teerpisten eine gute Figur.

Hier liegen die Grenzen von Multifunktionsschuhen

Letzten Sonntag auf der Schwäbischen Alb: Ein Ehepaar mittleren Alters stapft mit angestrengter Miene durch den Wald – ausgebremst von seinen wuchtigen Bergstiefeln, die auf den ebenen Wegen wie Fußfesseln an den Füßen hängen. Mit einem guten Paar Multifunktionsschuhe hätten die zwei sicherlich mehr Freude gehabt. Man bewegt sich spürbar leichtfüßiger als mit klobigen Bergstiefeln, außerdem schont die gute Dämpfung Gelenke und Fußsohlen – wer diesen Unterschied einmal gespürt hat, wird auf Tagestouren im Mittelgebirge kaum noch mit schwe­rem Schuhwerk losziehen wollen.

Überschätzen sollte man Multifunktionsschuhe aber auch nicht. Fast alle Testmodelle streichen die Segel, sobald die Wege steiler und ruppiger werden. Dann bieten die weichen Schäfte und Sohlen nur noch begrenzt Halt, außerdem spürt man jeden Stein und jede Wurzel, wenn man mit dem Fuß dagegenstößt oder drauftritt.

Ausnahme: Sehr stabile Multifunktionsschuhe, wie zum Beispiel der Sioux von Trezeta oder der Jack Wolf­skin Star Trek, fühlen sich sogar auf Bergtouren wohl – aber nur, wenn der Träger trittsicher und erfahren ist, denn den fehlenden Knöchelhalt im Vergleich zu einem Wanderstiefel gleicht selbst der festeste Multifunktionsschuh nicht aus.

Fazit: Auf Tageswanderungen über einfache Wege sind Multifunktionsschuhe unschlagbar bequem, in schwierigem Gelände überzeugen dagegen nur noch wenige Modelle. Bergtouren mit geeigneten Multifunktionsschuhen, beispielsweise dem Testmodell von Hanwag, sollten sich nur alte Hasen zutrauen.

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