Funktionswäsche aus Merinowolle steht bei Wanderern hoch im Kurs: Das Naturmaterial gilt als besonders weich, warm und nachhaltig – zu recht?
Funktionswäsche aus Merinowolle steht bei Wanderern hoch im Kurs: Das Naturmaterial gilt als besonders weich, warm und nachhaltig – zu recht?
Immer mehr Outdoorer tauschen ihre Synthetik- oder Baumwollleibchen gegen Shirts aus Schafwolle – die mittlerweile von fast allen Equipment-Marken zu haben sind. Das liegt nicht nur am natürlich-wolligen Hautgefühl und an der enormen Wärmeleistung, sondern auch daran, dass Wollshirts nicht so schnell nach Schweiß riechen – ein Vorteil, den vor allem Hüttengäste zu schätzen wissen.
Doch hat das Naturmaterial auch Nachteile: So manchem juckt es auf der Haut, weshalb viele Hersteller nur die ultrafeine Wolle von Merinoschafen verarbeiten. Auch vermissen viele Outdoorer – zumindest bei Anstrengung – die kühlende Wirkung ihres Synthetikhemdes. Bei Hitze oder hohem Puls ergeht es ihnen dann wie den zotteligen Paarhufern – sie laufen heiß. Doch auch dagegen haben Textilingenieure Rezepte: Sie mischen die Wolle mit Kunstfasern, verpassen ihr eine offenporige Struktur oder lockere Webart.
Das zeigten auch schon unsere Wollwäsche-Tests, bei denen viele der getesteten Shirts mittlerweile aus reiner Merinowolle bestehen. Und selbst da gibt es noch Unterschiede: So tritt der überaus warme Base Sweater No.3 von Fjällräven modisch-leger auf, die etwas dünneren Shirts von Devold und Smartwool hingegen liegen körpernah an. Sie sind zudem sehr elastisch und verwöhnen selbst Woll-Empfindliche mit extrem weichem, kuscheligem Hautgefühl und guter Wärmeleistung, wozu auch der hohe Kragen beiträgt. Für moderate Touren und den Freizeiteinsatz reicht das locker, für Frostköttel, die selbst bei 150er-Puls keinen Schweißtropfen vergießen, ebenso. Wer jedoch – bei Anstrengung – nach Kühlung verlangt, kann damit nichts anfangen.
Wohl aber mit dem Langarmhemd Furud der italienischen Marke Rewoolution. Trotz reiner Merinowolle trägt sich diese Unterwäsche nicht gerade weich oder kuschelig, liegt sogar eher rau und zudem eng auf der Haut. Als modisch-schickes Freizeithemd gewinnt es sicher keinen Preis. Umso besser eignet es sich für Outdoor-Sportler, die von einem Wollshirt mehr erwarten als kuscheliges Hautgefühl, etwa gute Klimatisierungseigenschaften: In unserem Test kühlte das Rewoolution Furud Longsleeve (ca. 100 Euro) besser als jedes bisher von OUTDOOR getestete Wollhemd. Durch seine offenporige Netzstruktur lässt es der Haut ihren bei hohem Puls produzierten, kühlenden Schweißfilm. Das gelingt dem Funktionsshirt auch deshalb so gut, weil es so eng anliegt, dass Schweißperlen nicht unkontrolliert der Schwerkraft folgen, sondern – an Ort und Stelle fixiert – verdunsten und den Körper dadurch vor Überhitzung schützen.
Noch besser fällt die Kühlwirkung bei den Unterhemden mit Synthetikanteil aus – sieht man vom Icebreaker Zone LS ab, das mit seinem vierprozentigen Lycraanteil wenig ausrichten kann. Ganz im Gegensatz zum Shirt Uigur der spanischen Marke Ternua. Es besteht aus »Powerwool«, einem speziellen Material von Polartec: Innen sorgt Wolle für weiches Hautgefühl, außen Polyester für Abriebfestigkeit und – in Verbindung mit der Waffelstruktur des Futters – exzellente Kühlwirkung. Der hohe Kunstfaseranteil macht sich jedoch auch negativ bemerkbar: Das Shirt fängt schon nach wenigen Stunden an zu müffeln. Das passiert dem Ortovox Merino Ultra 105 nicht. Kein Wunder, dominiert bei beim Ortovox doch feinste, extrem flauschige Merinowolle. Lediglich im Kern des Garns steckt Polyamid – was allein der Haltbarkeit des Hemdes dient. Wer ein tolles Winter-Allround-Shirt zum Drunterziehen sucht, wird beim Devold Breeze fündig: Ein günstiges, sehr weiches und elastisches Merino-Shirt, das auch auf empfindlicher Haut nicht juckt.
Wollshirt / Link zum Testbericht | Preis | Testurteil | |
Ortovox Merino Ultra 105 (Testsieger) | 85 Euro | sehr gut | |
Devold Breeze (Kauftipp) | 85/70 Euro | sehr gut | |
Rewoolution Furud LS (Kauftipp) | 79 Euro | sehr gut | |
Ternua Uigur | 100 Euro | sehr gut | |
Icebreaker Zone LS Half Zip | 100 Euro | gut | |
Smartwool NTS 195 | 80 Euro | gut | |
Fjällräven Base Sweater No.3 | 200 Euro | gut// |
Patagonia
Ob direkt auf der Haut oder zum Drüberziehen: Das kuschelige Patagonia Capilene Air Hoody liegt dank locker-luftigem, hochelastischem Strick wie ein Hauch von Nichts auf der Haut und klimatisiert bestens – auf Genusstour genauso wie beim Sport. Preis: 150 Euro.
Devold
Das feine Merinofutter (17,5 μm) der Devold Heroy Pants punktet mit bestem Klima – auch im Sommer. So eignet sich der Allrounder für Wander- und dank schlanker Beine auch Radtouren. Preis: 185 Euro.
Woolpower
Die schwedische Marke produziert im eigenen Land und setzt auf bauschigen Frottee-Strick – für beste Isolation und hohe Dämpfung. Die Woolpower Socks gibt es in verschiedenen Stärken. Ideal fürs Kalte: die Woolpower 600er Socks. Preis: 28 Euro.
Ortovox
Innen besteht die Ortovox Piz Palü Jacke aus zertifizierter, tasmanischer Merinowolle, an Brust und Schultern wärmt Wolle von Schweizer Bergschafen. An den restlichen Stellen dampft das Jacket bestens ab. So überzeugt es vor allem Outdoor-Sportler. Preis: 350 Euro. Ebenfalls empfehlenswert: das Ortovox 120 Cool Tex Fast Upward Shirt (OUTDOOR Kauftipp 11/2020), das einen guten Kompromiss aus Müffelschutz und Trockenzeit bietet. Das Shirt gibt es als langärmelige und kurzärmelige Variante und besteht aus einem sehr locker gestrickten Woll-Zellulose-Mix. Es liegt weich an der Haut an, auch der Tragekomfort ist überragend.
Hess Natur
Bei Hess Natur gehört der Tier- und Umweltschutz zur Firmenphilosophie. Das Woll-Seide-Shirt punktete im letzten Test (outdoor 11/20) mit hohem Trage- und Klimakomfort – dank kühlendem Seideanteil (10 %) auch beim Sport. Preis: 120 Euro
GOTS
Der Global Organic Textile Standard garantiert eine umweltverträgliche und sozial verantwortliche Fertigung sowie Rohstoffgewinnung. Mindestens 70 Prozent des Faseranteils müssen aus kontrolliert-biologischer Tierhaltung stammen (siehe unten).
KbT
Die »Kontrolliert biologische Tierhaltung« basiert auf der EU-Bio- Verordnung für ökologischen Landbau und sichert Schafen unter anderem große Weideflächen zu. Sie verbietet Mulesing sowie den Einsatz von Pestiziden und Masthilfen, auch für Tiertransporte gelten strenge Vorgaben.
Naturtextil IVN Best
Das Label umfasst die komplette Wertschöpfungskette bis zum Endprodukt und steht für sehr hohe Umwelt- und Sozialstandards sowie für Schadstofffreiheit des Endprodukts.
Responsible Wool Standard
Der RWS fokussiert sich auf den Tierschutz, die Transparenz der Wertschöpfungskette und nachhaltige Weidewirtschaft. Er dient den Marken Ortovox (»OWP«) und Patagonia (»PWS«) als Basis für noch strengere Vorgaben. Unabhängig kontrolliert werden alle drei.
ZQ – Natural Fiber
Das Label der New Zealand Merino Company sichert Mulesingfreie Wolle zu sowie die Rückverfolgbarkeit des Rohstoffs bis zur Farm.