Geht schon, Jungs
Frauen aufm Berg

Frauen sorgen momentan so wie noch nie in der Geschichte des Alpinismus für Schlagzeilen. Zwei davon sind die Züricher Bergsteigerinnen Gentiana Zyba und Sandra Christen.

Gentiana Zyba und Sandra Christen an der Ama Dablam in Nepal
Foto: Gentiana Zyba und Sandra Christen

Auch in Deutschland erobern Frauen die Berge und die Medien. Seit Jahren gibt es hierzulande schon "The Female Explorer", ein Outdoor-Magazin, das sich "auf die Blickwinkel und Bedürfnisse von Frauen fokussiert". Der Bayerische Rundfunk bringt allwöchentlich den Podcast "Bergfreundinnen" der "Munich Mountain Girls" (MMG), einer Online-Community mit 28.000 Followern auf Instagram.

Der Berg ist für alle da

Gentiana Zyba und Sandra Christen zieht es zu höheren Zielen. Zusammen wollen sie alle 48 Viertausender der Schweiz besteigen, und mehr als das. Bereits 2020 gründete Sandra die "Swiss Alpine Girls", um laut der Gipfelstürmerin "noch mehr Frauen für die Berge zu motivieren."

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Die beiden Bergsteigerinnen aus Zürich fliegen nach Kathmandu, um von dort nach Lukla zu reisen. Ab hier wollen sie erst eine Woche durch den Himalaja wandern, dann den Lobuche besteigen, einen 6119 Meter hohen Berg 30 Kilometer südwestlich des Mount Everest. Nach neun Tagen war es dann so weit: Gentiana und Sandra stiegen erst Richtung Lobuche Camp I auf, einen Tag später erreichten sie den Lobuche East Peak.

Ruhetag im Ama-Dablam-Basecamp
Gentiana Zyba und Sandra Christen
So sieht es auf 5800m aus.

"Das war ein unglaublich schönes Gefühl", erinnert sich Gentiana. Doch sie steckten sich noch ein ehrgeizigeres Ziel: die Ama Dablam, auch bekannt als das Matterhorn Nepals, nur eben fast 2400 Meter höher als das Schweizer Pendant: 6814 Meter. Bis zum Lager III klappte auch alles reibungslos, dann war es einfach nur furchtbar kalt und windig. "Ich habe gedacht, dass wir samt dem Zelt einfach vom Berg gefegt werden und wir für immer verloren sind", sagt Gentiana im Nachhinein. Sandra ergänzt: "Noch nie habe ich so in meinem Leben gefroren." Es war so kalt, dass sie befürchtete, eine ihrer Zehen könnte abfrieren. Sandra hatte auch mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen, wusste aber durch ihre langjährige Erfahrung als Krankenschwester, dass es kein Hirnödem war. Um sich selbst wegen ihrer kalten Füße bei Laune zu halten, stopfte sie alles in sich hinein, was sie da oben in die Finger bekam: jede Menge Snickers, jede Menge Cola.

Am Gipfeltag, es war der 10. November 2022, Sandra konnte kaum schlafen, machten sich die beiden um sechs Uhr Richtung Gipfel auf. "Es war so unfassbar anstrengend", sagt Sandra, die "voll ans Limit und auch darüber hinaus gehen musste". Gegen halb zwölf mittags standen sie ganz oben auf der Ama Dablam – acht Minuten, dann mussten sie so schnell als möglich wieder runter. Sie waren mit ihren Kräften am Ende, kamen in die Dunkelheit, seilten sich mit Stirnlampe mühselig Meter für Meter ab. Solange, bis sie um halb neun Uhr am Abend im Lager I ankamen. Erst am nächsten Tag stiegen sie ins Basislager ab.

Ama-Dablam-Basecamp
Gentiana Zyba und Sandra Christen
Für den Abstieg mussten die beiden Züchicherinnen alles geben.

"Die Reise", sagt Gentiana, "war das mit Abstand schönste und größte Abenteuer, was ich jemals erlebt habe", sagt die Frau, die ansonsten werktags venezolanische Anleihen handelt. In dem Moment, als sie jedoch da oben auf dem Gipfel stand, spürte sie sich, die Freiheit. Es war, so die Bankerin, einer der wenigen Momente in ihrem Leben, in dem sie sich "disconnected zur ganzen Welt" fühlte. Aber eins mit sich und dem Berg, und der Berg ist für alle da, Frauen und Männer. Die Planungen für die neue Bergsaison haben bei den beiden Schweizerinnen schon begonnen. Über ihr neues Ziel wollen sie noch nicht sprechen, aber so viel steht für sie schon fest: Es soll ein Achttausender werden.

Berglegenden

Kristin Harila (37) Die norwegische Bergsteigerin hatte den Plan, noch schneller als der nepalesische Bergsteiger Nirmal Purja auf alle 14 Achttausender zu steigen: Sechs Monate und sechs Tage galt es zu schlagen. Gescheitert ist sie, weil die Genehmigungen für die letzten beiden Gipfel nicht rechtzeitig kamen.

Adriana Brownlee (23) Die Londonerin hat ein klares Ziel: Sie will der jüngste Mensch werden, der je auf allen Achttausendern stand. Zehn der vierzehn höchsten Gipfel hat sie schon geschafft, und da der momentane Rekord bei 30 Jahren und 166 Tagen steht, stehen die Chancen nicht schlecht für Adriana.

Lynn Hill(62) In den 1980ern dominierte die Amerikanerin das Wettkampfklettern, in den 90ern wandte sie sich wieder dem Felsklettern zu. Der größte unter ihren vielen Erfolgen: die erste freie Begehung der Route "The Nose" am El Capitan in Kalifornien.

Didi

Marion Haerty, die höchstdekorierte Freeride World Tour Athletin aller Zeiten, hat den Lobuche ebenfalls bestiegen. In dem Dokufilm "Didi", was auf Nepali Frau oder große Schwester bedeutet, zeigt sie ihren Aufstieg zu ihrem bis dato höchsten Gipfels. Der Dokumentarfilm erforscht die starken Verbindungen innerhalb dieser außergewöhnlichen Gruppe von Frauen und die Rolle der Berge in jedem ihrer Leben.

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Erscheinungsdatum 06.06.2023