Wild rauscht der "Kitkajoki", der wilde Fluss in der Region Kuusamo in Finnland, als ich mich mit meiner Gruppe im Oulanka Nationalpark zum Rafting auf diesem wilden Fluss begebe, der an der russischen Grenze in den Oulankajoki übergeht. Die Stromschnellen scheinen wild und unkontrolliert dahin zu eilen. Wie gut, dass uns unser Bootsführer Matti vor der Fahrt eine Einweisung gibt. Er erklärt uns unter anderem was wir als Paddler auf dem Schlauchboot mit sieben Besatzungsmitgliedern zu tun haben. Zunächst geht es über eine ruhige und spiegelglatte Fläche per Motor-Unterstützung dahin, damit wir als Paddler unsere Kräfte für die Stromschnellen sparen.

Die sogenannten Katarakte sind in Level 1 bis 4 eingeteilt, als Anfänger üben wir uns heute nur in Level 1 bis 3. Und während es in Level 1 zunächst etwas bewegt den Fluss hinuntergeht und das Boot leicht wackelt, gewinne ich bei Level 2 bereits den Eindruck das Boot müsste wohl gleich kentern und die Stromschnellen, die uns wie eine Nussschale herumwirbeln, haben ein leichtes Spiel mit dem Boot und uns als Passagieren. "Links paddeln und jetzt rechts", ruft der Bootsführer und wir geben unser Bestes, die Stromschnellen zu bewältigen. Zudem versuchen wir uns nicht aus dem Kurs bringen zu lassen. Nach nur 10 Metern abfallender Distanz ist bereits alles vorbei. Heftig wird es dann bei Level 3. Hier gewinne ich den Eindruck, dass uns das tosende Wasser fast das Ruder aus den Händen reißt, dass wir gleich alle als Mannschaft im Fluss liegen. Doch mit vereinten Kräften und der guten Führung unseres Bootsführers Matti gelingt es uns die 15 Meter Distanz und 2 Meter Höhenunterschied souverän zu bewältigen.

Matti erklärt mir, dass bei Level 4 durchaus 5 Meter Höhenunterschied und 20 Meter Distanz üblich sind und hier tatsächlich gutes Können und Erfahrung beim Paddeln erforderlich sind. Gemeinsam haben wir es an diesem sonnigen Tag geschafft, die Stromschnellen des Kitkajoki zu bezwingen. Danach geht es wieder etwas gemächlicher weiter.
Von Bären und anderen Waldbewohnern
Plötzlich entdecke ich zwischen den dicht bewaldeten Ufern eine kleine Herde Rentiere, die hier wild durch die Wälder und die unberührt erscheinende Natur streift. Wild sind Rentiere in Finnisch-Lappland jedoch nicht. Denn jedes Rentier gehört irgendeinem Farmbesitzer, der zu bestimmten Zeiten im Sommer und im Herbst seine Herden zusammen treibt. Bis dahin Streifen die Rentiere durch den weit ausufernden Nationalpark, der durchaus noch mehr Tiere als die Rentiere beherbergt. Denn bereits am Vortag hatte ich die Gelegenheit, Braunbären mitten im Nationalpark zu beobachten.
Dazu warf Stationsleiter Jokke zunächst einige Lachse in die der Bärenstation vorgelagerten Teiche. Dann hieß es warten. Viele Stunden. Richtig dunkel wird es zu dieser Jahreszeit im Juni hier oben aber nie. Die skurrile Umgebung mutet wie eine finnische Sumpflandschaft an. Wie aus dem Nichts schossen plötzlich Seeadler aus den Wäldern auf das Gewässer zu, um sich Stücke der ausgeworfenen Lachse zu sichern – von Bären zunächst aber weit und breit keine Spur.
Im verglasten Holzcamp machte sich schon langsam Enttäuschung und Müdigkeit breit, doch kurz bevor wir aufgeben wollten, entdeckte unser Stationswart plötzlich rechts zwischen den dichten Bäumen eine Bärenmutter mit ihren zwei Jungen, die aus dem Wald kamen und sich der Futterstelle näherten.

Die große Freude mussten wir stillschweigend hinunterschlucken, denn Bären können durch jedes Geräusch erschreckt und vertrieben werden. Angespannt beobachteten wir, wie sich die Bärenmutter dem ausgelegten Lachs näherte und große Stücke davon davon herausriss, immer unter Beobachtung der Umgebung, ihre zwei Jungen immmer im Auge behaltend. Endlich durften auch die Jungen zur Futterstelle und sich an den Lachsen erfreuen. Possierlich erschienen uns diese durchaus gefährlichen Bären hier aus dem sicheren Unterstand.
Stationswart Jokke erklärte uns außerdem, dass diese Bärenmutter bereits 16 Jahre alt ist und in den vergangenen Jahren immer mit drei Jungen, dieses Jahr aber nur noch mit zwei Jungen unterwegs sei. Vielleicht wird sie langsam alt. In der finnischen Sprache gibt es bis zu 50 Begriffe zur Beschreibung des Bärs. Einer davon ist z. B. "Tapio". Nicht weniger Begriffe gibt es für das Phänomen "Schnee" in Finnland. Ich stelle fest, dass sich die finnische Sprache sehr intensiv mit der Natur und ihren Gegebenheiten auseinanderzusetzen scheint. Ein Glück, dass wir tatsächlich den Braunbären hier mitten in der Wildnis Lapplands entdecken konnten!

Hier im Oulanka Nationalpark gibt es eine Fülle von Naturschönheiten zu entdecken, aber der Nationalpark sollte nicht ohne kundigen Touristenführer beschritten werden. Zu groß ist die Gefahr, sich in dem 290 Quadratkilometer großen und an Russland grenzenden Gebiet zu verlaufen oder wilden Tieren zu begegnen, die einem als Waldbesucher gefährlich werden können. Die Pflanzenwelt ist für die boreale Zone, in der sich der Nationalpark befindet, sehr artenreich, da sich hier aufgrund der klimatischen Gegebenheiten des Geländeprofils und des Wechsels von Kalk- und silikathaltigem Gestein die Verbreitungsgebiete von Arten überschneiden. Beste Voraussetzungen für den Lebensraum von Rentier, Elch, Braunbär, Marderhund, Dachs oder Fischotter. Auch Luchs und Wolf kommen – wenn auch sehr selten – in diesem Nationalpark vor.
Ich treffe auf Mika, der hier am Rande des Nationalparks eine Farm betreibt, auf der er Rentiere züchtet und fischreiche Teiche unterhält. Die recht scheuen aber im Gehege gehaltenen Rentiere betrachte ich mir aus nächster Nähe und erfahre dass das dichte Fell fast 4000 Haare pro Quadratzentimeter enthält und damit bestens für die klimatischen Bedingungen des im Winter sehr kalten Finnisch-Lappland geeignet ist. Das Rentier-Jahr beginnt jedoch im Juni höre ich, denn dann verliert das Tier sein Winterfell und der Sommer beginnt. Außerdem verliert das Tier sein Geweih zu dieser Zeit.
Die langsam absterbende Hornmasse scheint das Tier extrem zu jucken, denn es reibt sich an Ästen und Bäumen als wolle es den Kopfschmuck abstreifen. Streicheln lassen sich die durchaus wilden Tiere auch in gezüchteter Form nur sehr ungern. Denn Rentiere sind sehr scheu und springen fluchtartig davon, sobald man sich ihnen nähert. Die Schnelligkeit ist ihr einziges Mittel, ihren Feinden (Bären, Wölfe etc.) zu entkommen.

Mit dem Fischen habe ich heute wenig Glück, die Forellen im See wollen einfach nicht beißen, dafür fangen meine Mitreisenden umso mehr. Die köstlichen Speisefische kommen hier im "Land der tausend Seen" zahlreich vor.
Wanderungen im Oulanka National Park
Natürlich bietet der Oulanka-Nationalpark auch zahlreiche Wandermöglichkeiten und Tagestouren, wie etwa die 6 km lange und landschaftlich sehr eindrucksvolle Strecke durch den "Oulanka Canyon", oder der "Könkään keino Trail", der mit 8 km einen Rundweg durch eine Wald- und Flusslandschaft mitten im Nationalpark bildet. Wer es etwas beschaulicher mag, begibt sich auf den "Riisin rääpäsy", ein 4,3 km langer Rundweg mit Aussicht über die atemberaubende Seenlandschaft. Hier wandern Outdoor-Fans teilweise querfeldein durch die dicht bewachsenen Hügel die im Sommer vor Blaubeeren nur so strotzen und im August bläulich-rot schimmern. Denn die Blaubeere ist neben der nur in Skandinavien vorkommenden, orangefarbenen Multebeere, die am häufigst anzutreffende Frucht in der finnischen Wildnis.

Entspannung pur in der Finnischen Sauna
Was wäre Finnland ohne seine Sauna und die damit verbundene Entspannung! Im Gebiet um den Ort Posio zeigt mir der Finne Timo den recht versteckt gehaltenen Strand auf der kleinen Insel "Kettusaare", was übersetzt Fuchsinsel heißt (wegen der hier zahlreich vorkommenden Füchse). Der Strand auf dieser Insel mutet fast karibisch an, am 285 Quadratkilometer großen Kitka See. Auf 240 Metern Höhe rollt sich der "Kitkajärvi" mit seiner flachen, schier endlos langen Oberfläche wie ein blaues Tuch in der Landschaft aus.
Hier betreibt Timo ein Saunaboot. Tatsächlich handelt es sich um eine typische Rauchsauna, die auf einer Art Boot betrieben wird und mit der man ab nächstem Jahr tatsächlich auf den See hinaus fahren und dort Entspannung auf "finnische Art" finden kann. Die Rauchsauna ist die klassische und wohl älteste Form der Sauna, die hier in Finnland betrieben wird. Dabei werden die in der Sauna befindlichen Steine zunächst 6 bis 7 Stunden erhitzt, wodurch sich eine große Menge Rauch entwickelt. Diese wird kurz vor Inbetriebnahme der Sauna entlüftet, so dass sich beim Saunagang eine klare Luft bei einer Temperatur von 60 bis 70 Grad und einer wohligen Wärme bietet.

Der Finne bleibt nun ca. 10 bis 15 Minuten in dieser Sauna und springt dann direkt in das 10 bis 14 Grad kalte See-Wasser. Diesen Vorgang wiederholt er drei bis viermal, bevor er sich in der Natur oder hier am Strand vollends entspannt. Auf diese Weise lässt sich der Blutdruck senken und ein erholsamer Tag bei den durchaus warmen Temperaturen von bis zu 25 Grad im Sommer genießen. Und wie wäre es mit einer Runde "Mölkky"? – Das Spiel ähnelt dem Boccia-Spiel, nur dass hier nummerierte Holzstäbe mit einem Holzkegel umgeworfen werden müssen. Eines der beliebtesten Familienspiele in Finnland!
Wenn die Natur auftischt
Wer in Finnisch-Lappland aktiv in der Natur unterwegs ist, der wird irgendwann auch vom Hunger gepackt. Und deftige Speisen sind dabei in Finnland besonders beliebt. Da gäbe es z.B. die karelischen Piroggen namens "Karjalanpiirakka". Das sind kleine Schiffchen aus Roggenteig, die mit herzhaftem Milchreis oder auch Kartoffelbrei gefüllt sind. Wer es süßer mag, sollte auch mal die "Korvapuusti" proberen, zu deutsch Ohrfeigen ... ein Muss!
Die duftenden Brötchen werden mit groben Zucker bestreut und beinhalten in ihrer gerollten Form eine Zimtfüllung. Ebenfalls beliebt, besonders bei Wanderern: die sogenannte Sommersuppe "Kesä", bei der Rentier oder Lachs mit Kartoffeln Gemüse und Milch zu einem deftigen Eintopf erhitzt werden. Die Milchprodukte, Allergiker dürfte es freuen, sind in Finnland meist laktosefrei, denn die Finnen vertragen selbst kaum Laktose. Nicht weniger beliebt ist die Pilzsuppe aus frischen, im Wald gesammelten Pilzen, die zusammen mit Milch zu einer sämigen Cremesuppe zubereitet werden.

Grundsätzlich bedient sich die finnische Küche aus Zutaten der Region und des Landes, das sind vor allem Seen und Wälder, also Fische und Wildtiere. "Die Natur tischt auf." – So könnte man die finnische Küche am treffendsten beschreiben.
Wer im Winter in diese entlegenen Landstriche Finnisch-Lapplands kommt, hat ganz andere abwechslungsreiche Aktivitäten zur Auswahl: Das sind vor allem Langlauf, Huskyrennen mit dem Schlitten, Polarlicht-Beobachtungen und natürlich das Saunaerlebnis in der Kälte. Aber das steht heute auf einem anderen Blatt, denke ich bei mir und freue mich der immerwährend scheinenden Sonne, die sich auch fast um Mitternacht noch am Himmel befindet.Sie scheint in mir das Gefühl von Freiheit und unbegrenztem Outdoorerlebnis in dieser Bilderbuch-Wildnis noch zu verstärken ...

Reiseinfos: Wie kommt man hin?
Nach Finnland reist man bequem von verschiedenen Städten in Deutschland mit Finnair z.B. von Berlin, Hamburg, Frankfurt, München, Stuttgart oder Düsseldorf. Fluginfos: www.finnair.com/de
Nach Finnisch-Lappland reist man am bequemsten mit Finnair von Helsinki nach Kuusamo.
Unterkünfte
Hotel Scandic Rukahovi: Verschiedene Arten von Hotelzimmern, Appartements Die Preise variieren je nach Saison. Info: scandichotels.com
Naali Lodge: Besonders stilvolle und abgelegene Lodge in der Region Posio mit eigenem Restaurant, See und Sauna. ca. 1 Autostunde vom Flughafen Kuusamo entfernt, Transfer wird von der Lodge gestellt. Info: naalilodge.com

Outdoor-Aktivitäten vor Ort
Ruka Abenteuer/RaftingSafari-Unternehmen, das verschiedene Arten von Outdoor-Aktivitäten anbietet: rukaadventures.fi
Preis: Erwachsener 80 Euro, Kind (6-11 Jahre) 45 Euro
Karhu-Kuusamo: Bärenbeobachtungsprogramme: karhujenkatselu.fi
Preise: Erwachsene 120 Euro, Kinder 60 Euro (abends)
Preise: Erwachsene 140 Euro, Kinder 70 Euro (die ganze Nacht)
Rukapalvelu Ltd/Sauna & Mehr Outdoor-Aktivitäten, Unterkunft, Restaurants, Saunaprogramme: rukapalvelu.fi
Abenteuer mit sieben Stromschnellen auf dem Fluss Kitka
Mindestalter: 5 Jahre. Preis: 79 Euro / Person, 12 Euro / Kinder unter 12 Jahren.
Palosaari Rentierfarm: Rentierprogramme, Angeln, wildes Essen: palosaarenporotila.fi
Angeln für Anfänger 100 Euro / Person, Dauer 5-6 Stunden
Rukan Salonki: Unterkunft, Saunen und Restaurants: rukansalonki.fi/en/saunas/
Der Preis hängt von der Gruppengröße ab
Kujala Rentierfarm: Verschiedene Programme mit Rentieren: kujalareindeerfarm.com
Rentierfarmbesuch 20 Euro Erwachsene, 10 Euro / Kind 2-12 Jahre, Familienpreis 50 Euro / 3-5 Personen Dauer 1 Stunde
Wanderrouten
Diese Reise wurde durchgeführt mit freundlicher Unterstützung von VisitFinnland und der lokalen Tourismusämter in Finnisch-Lappland
Infos: www.visitfinland.com/de und www.kuusamoregion.fi sowie www.posiolapland.com