Dr. Niklas Höhne: Ein bisschen. Die Emissionen gehen runter, aber pro Kopf sind sie bei uns immer noch viel höher als der Weltdurchschnitt. Wir sind in Deutschland an vierter Stelle der emissionsintensivsten Länder, wenn man sich die historischen Daten anguckt. Und wir sind noch längst nicht bei null Tonnen, da wollen wir hin bis 2045.
Ich würde sagen, auf einem besseren Weg als noch vor drei Jahren. Aber mit den jetzigen Maßnahmen werden wir weder das Ziel für 2030 – eine Reduktion aller Treibhausgase um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 – noch Klimaneutralität bis 2045 erreichen. Und man muss aus klimawissenschaftlicher Sicht auch sagen: Selbst wenn wir das erreichen, haben wir noch nicht unseren fairen Anteil am 1,5-Grad-Ziel beigetragen. Dafür müssten wir eigentlich noch mehr und noch schneller reduzieren.
Nein. Nur im Strombereich läuft es derzeit extrem gut. Das liegt daran, dass die erneuerbaren Energien boomen. Besonders jetzt, seit die letzten Maßnahmen der jetzigen Regierung greifen. Windund Sonnenenergie werden sehr schnell ausgebaut. Schlusslicht bei der Emissionsreduzierung ist der Transportsektor, da passiert viel zu wenig.
Die trägt der Expertenrat für Klimafragen regelmäßig zusammen: Jeder Sektor hat eigene Ziele. Der Stromsektor erreicht sie locker, aber der Verkehrssektor nicht. Und auch der Gebäudesektor nicht.

Im Mittelfeld. Manchmal wird ja suggeriert, Deutschland wäre Vorreiter, aber das stimmt inzwischen nicht mehr.
Es gibt verschiedene Ebenen, die verschiedene politische Ziele setzen. In Deutschland haben wir ein Gesamtziel über alle Sektoren hinweg. Das wird erreicht, die sektoralen Ziele für Verkehr und Gebäude werden es aber eben nicht. Nach EU-Recht verhält es sich etwas anders. Hier werden die Emissionen aufgeteilt in einmal alles, was Strom und Industrie umfasst, und dann in alles, was Gebäude und Verkehr und noch einige andere Sachen umfasst. Anders gesagt: Laut EU-Recht muss man alle Ziele erreichen, nicht nur das Gesamtziel.
Wenn ein Land die Ziele der Europäischen Union nicht erreicht, drohen Strafzahlungen. Und das kann teuer werden – abhängig davon, was die Emissionsrechte zu dem Zeitpunkt kosten, an dem man das zahlen muss. Das kann schnell in die Milliarden gehen, die Deutschland zahlen muss, wenn es dieses Ziel für Transport und Gebäude zusammen nicht einhält.
Nein, schon vorher. Noch liegt Deutschland kurz unter der Grenze dahin, aber mit den jetzigen Vorhersagen zu unseren Emissionen wird es diese Strafzahlungen bald tätigen müssen.
Es gibt sehr wenige. In Summe werden aber alle Länder zusammen ihr Ziel nicht erfüllen. Und das ist die wichtige Information, denn wenn wir in Summe die Ziele erfüllen würden – nur Deutschland nicht –, dann müsste es ja irgendwo Zertifikate geben, die Deutschland kaufen könnte. Aber das ist nicht der Fall.
In der Schweiz zum Beispiel geht gerade der Absatz der Wärmepumpen sehr schnell hoch. In den ganzen skandinavischen Ländern werden Wärmepumpen sowieso schon standardmäßig eingesetzt. Das wären Länder, die besser sind im Gebäudesektor. Und im Transportsektor ist es ähnlich. Da gibt es Länder, wo eben insbesondere der öffentliche Nahverkehr besser ausgebaut ist: neben der Schweiz auch Österreich. Die Schweiz investiert pro Einwohner zehnmal so viel in Bahninfrastruktur wie Deutschland. Und bei der Elektromobilität geht es zum Beispiel in den Niederlanden viel schneller voran als bei uns.
Diese internationalen Klimaverhandlungen sind sehr wichtig, weil sie sich eben um ein globales Problem drehen. Aber sie operieren nach dem System, dass alle Länder sich dort einigen müssen. Wenn ein Land gegen etwas ist, wird nichts beschlossen. Deshalb ist es grundsätzlich schon mal schwierig, da überhaupt etwas zu beschließen. Dass man sich da überhaupt einigen kann, auch in dieser schwierigen diplomatischen Weltlage mit verschiedenen Kriegen und gewalttätigen Auseinandersetzungen, ist gut. Inhaltlich passiert natürlich zu wenig. Wir alle müssten sehr viel mehr tun.
Die Länder des globalen Nordens müssen die Länder des globalen Südens mehr unterstützen. Und wir müssten sehr viel schneller sein mit der Emissionsreduktion. Aber immerhin gibt es diesen Prozess. Viele Länder haben sich auf den Weg gemacht, klimaneutral zu werden.

China hat genau verstanden, worum es gerade geht: eine Transformation. Es geht um neue Technologien, neue Innovationen, neue Märkte, die man erschließen kann. Man hat in China schon vor 15 Jahren eine Strategie entworfen, wie man Elektroautos in den Markt bringen kann. Um den Markt von dieser Seite her aufzurollen. Und auch bei den erneuerbaren Energien ist es der Weltmarktführer. 80 Prozent der Solarpanels kommen aus China. 60 Prozent der Windkraftanlagen und 60 Prozent der Elektroautos. Quasi alles, was man für die Energiewende braucht, kommt aus China.
Ohne Frage, China hat sehr viele Probleme mit Menschenrechten und strebt maximalen globalen Einfluss an. Insbesondere eben mit der Neuen Seidenstraße in Afrika, wo es sich mit viel Investition einkauft. Interessant ist: Auch hier handelt es sich um eine langfristige Strategie, um eine zukunftsfähige Wirtschaft aufzubauen. Wie bei der Elektromobilität. Bei allen Schwierigkeiten, die man bei China sehen kann, wäre das eine Strategie, die man in Europa auch kopieren könnte oder sollte sogar: sich langfristig Gedanken machen. Als Beispiel: Europa hat Industrie für Windkraft aufgebaut. 400.000 Arbeitsplätze stecken derzeit in erneuerbaren Energien hier in Deutschland. Das sind halb so viele wie in der Autoindustrie, also wirklich eine Menge. Aber jetzt muss man darauf achten, dass diese Industrie auch hierbleibt und langfristig eine Perspektive hat: eine dringende Aufgabe der neuen Bundesregierung.

Recht zuverlässige steife Brise: Offshore-Windparks sind besonders effektiv.
Die Hoffnung ist, dass die Emissionen im Jahr 2024 ein Maximum erreicht haben und 2025 schon wieder niedriger sind. Ob das nun wirklich 2025 oder 2026 passiert, weiß ich nicht. Aber dass dann die Emissionen runtergehen, davon gehen eigentlich alle Experten aus.
Die Wahl von Trump ist natürlich keine gute Nachricht für den Klimaschutz. Aber am Ende kommt es vielleicht gar nicht so schlimm, wie man erst mal denkt. Denn Trump kann die Uhr nicht zurückdrehen. Er kann die Revolution der erneuerbaren Energien nicht aufhalten. Auch in den USA sind erneuerbare Energien günstiger als fossile. Somit werden die Emissionen dort runtergehen. Langsamer als wünschenswert, aber sie werden runtergehen. Tröstlich auch: Weltweit findet Trump bislang keine Nachahmer. Kein anderes Land will aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten.
Trump ist ein Klimaleugner, streitet ab, dass es den menschgemachten Klimawandel überhaupt gibt. Aber: Die USA sind die Vereinigten Staaten von Amerika, und rund die Hälfte der Bundesstaaten ist für Klimaschutz. Das lässt hoffen.
Das sind wir jetzt schon. Fast alle Solarmodule kommen von da. Bei der Windkraft ist wie gesagt die Industrie, die Deutschland aufgebaut hat, in Gefahr. Und wenn sich die europäische Autoindustrie bei Elektroautos weiter sträubt, wird China den deutschen Markt mit sehr, sehr günstigen Elektroautos fluten.
Wir haben in der Tat zu viele klimaschädliche Subventionen. Kerosin ist ein Beispiel, ebenso die Pendlerpauschale oder das Dienstwagenprivileg, das eigentlich nur vorteilhaft für die großen Spritfresser ist. Das sind erhebliche Summen, mindestens 35 Milliarden gibt der Staat pro Jahr für klimaschädliche Subventionen aus.
Eine Investition ist anfangs immer mit hohem Aufwand verbunden. Und derjenige, der investiert, profitiert nicht unbedingt direkt davon. Das ist bei Transportinfrastruktur ganz deutlich: Weil wir heute sparen müssen, werden Schienen nicht gebaut, von denen die nächste Generation profitieren würde. Oder Dämmungen von Gebäuden werden nicht vorgenommen, weil die Vermietenden die Investitionen und dann die Mietenden die Vorteile haben. Hier muss die Politik dringend aktiver nachhelfen, damit solche Dinge trotzdem passieren.

Klimaschutz ist nicht das einzige Feld, wo wir Schwierigkeiten haben mit Langfristigkeit. Bei den Renten zum Beispiel fahren wir gegen die Wand, aber tun nichts. Die Zukunft hat leider ziemlich wenig Lobby.
Beiden. Es hat sich viel getan, wie Hannah Ritchie sagt. Wir schauen uns hier im New Climate Institute auch die Treibhausgasentwicklungen an und geben Temperaturschätzungen bis zum Jahrhundertende ab. Vor zehn Jahren sagten wir, mit den damaligen Maßnahmen wäre man bei 3,5 Grad Anstieg. Mittlerweile wären es 2,7 Grad, und wenn alle Länder ihre Pläne umsetzen, sind wir bei 1,9 Grad. Eine riesige Verbesserung.
Paechs Ansatz, dass wir unser Wirtschaftsmodell und Konsumverhalten überdenken müssen, ist nicht in der politischen Debatte angekommen. Mit Blick auf die Wirtschaft geht es dort stets um mehr, nicht um weniger.
Öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad nutzen, wann immer es geht, und vor allem Fliegen vermeiden. Mit Blick auf Konsum: langlebige Produkte kaufen und sich grundsätzlich überlegen, was man überhaupt braucht. Und dann weniger Fleisch und tierische Produkte essen, saisonale Produkte bevorzugen, möglichst wenig wegwerfen.
Wir schauen uns viele Unternehmen an, und im Vergleich zu anderen Bereichen tut sich in der Outdoor-Branche viel. Vielleicht, weil die Kundschaft so naturverbunden ist und viele Chefs und Mitarbeitende der Firmen ähnlich ticken.
Ich gehe sehr gerne wandern. Tagestouren an Wochenenden, im Urlaub auch mal von Hütte zu Hütte in den Alpen.
Wie gesagt, Mobilität ist die größte Stellschraube. Gerade bei Bergzielen ist das nicht immer leicht, aber wenn möglich, lasst das Auto stehen. Und nutzt euer Equipment so lange wie möglich.
Dass es möglich ist, die Erderwärmung in Grenzen zu halten – wenn die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Und dass die Menschheit ziemlich viel erreichen kann, wenn sie will. In der Corona-Krise konnten plötzlich auch die meisten von uns zu Hause arbeiten.
Zur Person: