Auf den ersten Blick wirken sie wie Hausschuhe für Frösche. Oder wie japanische Socken für draußen. Was können die Füßlinge mit Vibram-Sohle, die sich hübsch anatomisch um die Zehen schmiegen? Die "Vibram Five Fingers" sollen wie eine Schutzschicht für die Füße funktionieren, aber sonst eben "Barfußfeeling" ermöglichen.
Als Kletterer sieht man bei diesem "Schuh" erst einmal nur eins: Die Sohle ist aus Vibram-Gummi. Die Five Fingers schmiegen sich dicht an den Fuß. Sollte man mit diesen Vibram-Füßlingen gar klettern können? Doch vielleicht ist die Frage falsch gestellt. Schließlich können manche Leute 7c in Turnschuhen klettern. Die Frage lautet also richtig: Kann man mit den lustigen Füßlingen vielleicht auch gut klettern? Ich habe also die Dinger getestet. Im direkten, gnadenlosen, subjektiven und parteiischen Praxistest.
Beim nächsten Trip zum Fels nehm ich die Five Fingers mit und zieh' sie auch an. Mein Kletterpartner sieht mich zwar etwas zweifelnd an, aber ich gehe möglichst lässig zum Fels. Mit den Gummi-Zehen fühle ich mich ein bisschen dem bekannten Fabelwesen mit Froschcharakter ähnlich, das gerne Selbstgespräche führt und vor allem seinen Schatz sucht. Doch solche Feinheiten darf man nicht so wichtig nehmen, wenn man dafür ein natürliches Laufgefühl erhält.
Ich laufe ganz gern barfuß. Allerdings mache ich es nicht so furchtbar oft, weil ich keine Lust auf Scherben oder Wespenstachel im Fuß habe – da kommt mir so ein Zehen-Füßling gerade recht. Doch schon beim Zustieg zum Fels zeigt sich die Abnormität meiner Füße: Obwohl die Füßlinge enorm anatomisch geformt sind, fühle ich beim Abrollen ein leichtes Ziehen an der kleinen Zehe. Die liegt bei mir sehr nah an den anderen Zehen (vermutlich hat das langjährige Tragen von Kletterschuhen dazu beigetragen). Die Zehenhülle der Five Fingers zieht meinen kleinen Zeh einen Hauch nach außen, was beim Laufen also auf Dauer ein bisschen unangenehm ist. Nun, vielleicht liegt der Effekt an meinen verbogenen Füßen – oder man muss die Fünflinge einfach etwas länger einlaufen. Der Zustieg fühlt sich trotzdem nicht schlecht an.
Ich gehe mit den Five Fingers klettern. Mein Testgelände: Eine Platten-Route im Sandstein, Le Temps des Groseilles (5c) im Sandstein der Vogesen. Meine Lieblings-Aufwärm-Route im Kronthal. Dass ich mit den Vibram-Froschfüßen keine Höchstleistungen erbringe, ist mir relativ klar. Mich interessieren sie eher zum Vielklettern, Warmmachen, vielleicht für leichte Parcours in Fontainebleau. Also nicht, um die kleinsten Schmiertritte zu stehen, sondern um beim leichten Klettern nicht schon in engen Kletterschuhen stecken zu müssen. Meine Test-Erfahrungen beim Klettern habe ich in der Fotostrecke ausgeführt.
Mein Fazit: Die Vibram Five Fingers sind eine ernstzunehmende Alternative zu Outdoor-Sandalen – wenn sie denn passen. Zum Klettern eignen sie sich nur bedingt, weil man relativ viel Kraft in den Füßen braucht. Die stützende Funktion von regulären Kletterschuhe haben die Five Fingers nicht. Andererseits bieten die Five Fingers ungewohnte Flexibilität und Sensibilität.
Nach Hersteller-Angaben soll man mit den Five Fingers besonders draußen und auf unwirtlichem Untergrund barfuß laufen können. Dies soll gesund sein, weil durchs Barfußlaufen Durchblutung und Fußmuskulatur gefördert werden und dies bei zivilisatorischen Leiden wie Rückenschmerzen oder bei der Rehabilitation nach Verletzungen helfen kann. Diese Behauptungen zu überprüfen gelang mir leider in der mir zur Verfügung stehenden kurzen Zeit nicht. Außerdem muss ich jetzt meinen Schatz suchen, gollum.
Eure Meinung zu den Schuhen?