Kletterschuhe müssen den Spagat schaffen zwischen bequem und performant. Wie das den aktuellen Modellen gelingt, steht in unserem großen Kletterschuh-Test.
Kletterschuhe müssen den Spagat schaffen zwischen bequem und performant. Wie das den aktuellen Modellen gelingt, steht in unserem großen Kletterschuh-Test.
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Sie sollen am Fels genauso haften wie am Fuß, möglichst bequem sein und trotzdem an jedem Tritt kleben wie eine Eins. Wie die neuen Kletterschuhe der Saison 2019 sich schlagen, haben wir gründlich getestet. Für diesen Test haben wir ein Dutzend Kletterschuhe unter die Zehen (und Fersen) genommen, die 2019 (oder Ende 2018) auf den Markt gekommen sind. Die Hälfte davon sind grundlegend neue Modelle, die anderen bestehen aus etablierten Modellen, die überarbeitet wurden.
Die Spannweite bei den Neuen reicht vom bequemen Einsteiger- oder Trainingsschuh wie dem Red Chili Ventic Air über Allrounder wie die beiden Jett-Modelle von Ocun bis zu Highend-Schuhen (Black Diamond Zone) und sogar „Wettkampfschuhen“ – so klassifiziert jedenfalls Wild Climb den neuen Dagara. Wobei auch ein Wettkampfschuh erst mal ein ganz normaler Kletterschuh ist.
Bei den überarbeiteten Modellen befinden sich zwei große Klassiker der Kletterschuhgeschichte: Der Ninja von Boreal kam 1993/1994 auf den Markt und war der erste richtig sensible Slipper. Für das „Remake“ wurde er von Boreal nicht nur aufgehübscht, sondern auch technisch auf den aktuellen Stand gebracht. Der zweite große Klassiker im Sortiment ist der Testarossa von La Sportiva, der vor 15 Jahren mit seiner starken Asymmetrie und dem extremen Downturn unter Sportkletterern Furore machte. Er hat nun von La Sportiva eine neue Ferse und einen Schwung Ferrari-Optik verpasst bekommen.
Das sagt Adam Ondra über Kletterschuhe (Video)
Neue Konstruktionen bei Kletterschuhen
Neu und momentan im Trend ist der Einsatz von gestricktem Obermaterial. Das ist zum einen sehr luftig, vermeidet Verbindungsnähte, die drücken können, und erlaubt „die Elastizität oder Festigkeit ganz gezielt für einzelne Bereiche zu steuern“, wie Uwe Hofstädter, Chef von Red Chili, erklärt. So kann der Fuß im Schuh dort mehr Stabilität bekommen, wo er sie braucht. Insbesondere beim Hallenklettern kommen die Komfortaspekte des Stricks zum Tragen, in rauen Elbsandsteinrissen dürfte einem Leder- oder Mikrofaser-Schaft aber ein längeres Leben gegönnt sein.
Ebenfalls in dieser Art neu ist der Einsatz einer Zehenbox, die komplett – also inklusive Randgummi und oberem Toepatch – aus einem Gummi gegossen ist. Madrock bringt mit dem Haywire den ersten Kletterschuh in dieser Bauweise auf den Markt. Dabei lassen sich die Gummidicke und die Form bis ins letzte Detail steuern, so dass dort, wo der Verschleiß am größten ist, der Gummi dicker ist als an Stellen, wo Sensibilität wichtiger ist. Der Formguß vemeidet zudem geklebte Nahtstellen zwischen Randgummi und Sohlengummi, so dass sich hier nichts mehr lösen kann. Schließlich reduziert die Methode auch noch den Gummiverschnitt, der beim herkömmlichen Zuschnitt der Sohlen- und Randgummis unweigerlich anfällt (wobei diese Gummi-Reste von manchen Firmen wie La Sportiva aufbereitet und weiterverwendet wird, zum Beispiel als Sohle beim Cobra Eco).
Es wird interessant sein zu sehen, wie weit sich diese neuen Techniken in der Zukunft bei Kletterschuhen bewähren und durchsetzen werden. Was sich auf jeden Fall immer mehr durchsetzt, ist Mikrofaser als Obermaterial. Im ganzen Testfeld verwendet nur noch der Testarossa ein wenig Leder, alle anderen Schuhe setzen auf Synthetik. Formstabilität und weiches Tragegefühl haben sich hier gegen den Klassiker im Schuhbau durchgesetzt. Einige Schuhe setzen für ein besseres Schuhklima dann auf ein Lederfußbett, andere kommen wir der Ventic Air ganz vegan daher.
Das Niveau der getesteten Schuhe war durchweg hoch. Es gibt heute komfortable Einsteigerschuhe, die sich gut klettern, überzeugende Allrounder in unterschiedlichen Preisklassen und Highend-Schuhe für jede Art von Kletterer und Fußform. Schön für die Kletterer, schlecht für uns, denn hier besondere Empfehlungen auszusprechen, fällt schwer. Dennoch: Als komfortabler, innovativer und günstiger Einsteigerschuh hat uns besonders der Red Chili Ventic Air gefallen – Preistipp! In der Allroundklasse fiel die Wahl auf den Scarpa Vapor V, der Komfort mit hoher Performance verbindet. Als preiswerte Alternative im Allround-Segment erhält der Jett QC einen Preistipp. Von den scharfen Schuhen überzeugten uns der Testarossa als Sportkletterschuh und der Voltage als prima Boulderschuh am meisten.
Zu den Einzeltests: Kletterschuhe 2019
So funktionieren Kletterschuhe