Ich habe darüber oft nachgedacht. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es wirklich nur zehn Leute vor mir waren, denn viele Kletternde, vor allem gute, geben ihre Begehungen nicht bekannt. Und es macht bei The Bells einen großen Unterschied, ob du mit Vorwissen einsteigst wie ich, oder onsight.
Ja, obwohl er sicher etwas über die Route wusste, ehe er reinging. Der Ruf einer Todesroute hat sich über die Jahre entwickelt, und ich kritisiere das nicht. Für mich war es einfach eine E7, die ich in meinen Siebzigern machen wollte. Das war für mich der Grund. Wenn du älter wirst, wählst du deine Kämpfe genau aus. Und ich wollte keinen Überhang machen, den wäre ich nicht hochgekommen.
Nein, Klimmzüge schaden einem. Sie sind schlecht für die Ellbogen, die Schultern, einfach für alles. Sie sollten jedem über 50 verboten werden. Aber zurück zu deiner Frage: The Bells ist eine sehr komplexe Route, die immer wieder die Richtung ändert und in einer Art Zickzacklinie nach oben führt. Sie beginnt wie The Cad (E6 6a), dann geht sie nach rechts in einen langen, beinahe ungesicherten Quergang. Der Fels ist weißer, kristalliner Quarzit, und von unten erkennst du die Griffe nicht. Das macht es vor allem als onsight sehr schwierig, und so bekam die Route ihren Ruf. Andy Pollitt berichtete, dass sie fast seine Persönlichkeit verändert hätte und er sich in ihr dem Tod nie so nah gefühlt hat.
45 bis 50 Meter, aber es kommt dir länger vor. Du stehst sehr viel auf den Füßen, und es gibt nur eine gute Rastposition.
Das Gestein ist brüchig, und selbst wenn es solide aussieht, kann etwas herauskommen. Im oberen Teil ist der Fels ganz offensichtlich brüchig. Du musst der Typ Kletterer sein, der nicht allzu sehr zieht.

Volle Konzentration im Lasso-Move am einzigen Haken von The Bells.
Du musst auf ganz leisen Sohlen klettern. Du musst die Route streicheln. Neigst du zu Dynos, könntest du Probleme kriegen.
Ja, das Original wurde, glaube ich, 1997 durch einen anderen geschlagenen Haken etwa fünfzehn Zentimeter höher ersetzt. Sie haben eine Schlinge drin gelassen, damit es wieder auf dieselbe Höhe hinauslief wie beim Original. Ich habe sie aber raus- genommen, denn die Länge einer Schlinge kann variieren, oder? Ich wollte den Haken direkt klinken, aber die Öse machte mir keinen guten Eindruck. Also beschloss ich, im Klettern eine Schlinge über den Haken zu legen. Das ist der Anfang des Crux-Abschnitts in The Bells. Du hast einen Crimp für rechts und musst weit nach links rausblockieren, um die Schlinge über den Haken zu kriegen.

Der Haken in The Bells steckt seit 1997. Die Schlinge hat Rob rausgenommen und bei seiner Begehung eine eigene über den Haken gelegt.
Um die dreißig, und sie sind alle nicht sehr gut (lacht).
In die meisten hätte ich nicht stürzen wollen. Aber zu Beginn des schwierigeren Abschnitts gibt es eine ganz gute Position, dort habe ich mehrere Sicherungen miteinander zu etwas verspannt, was ich Basecamp nenne, etwa 15 Meter über dem Meer. Ohne würdest du auf den Boden knallen.
Zu Beginn dreieinhalb.
Eine Stunde.
Ja. Beim Sportklettern und beim Bouldern ist die Angst eher eine vor dem Scheitern, beim Trad-Klettern kann Todesangst dazukommen, oder davor, sich schwer zu verletzen. Oder ins Ungewisse zu fallen. Alles kommt auf dein Urteil an, du legst die Sicherungen, du fällst diese Entscheidungen. Du gehst eine sehr komplexe Beziehung mit dem Fels ein.
Mein Onsight-Limit beim Sportklettern liegt aktuell bei 7a+/7b, das bedeutet, dass ich in The Bells an meinem Limit war, anders als vermutlich die meisten meiner Vorgänger. Meine Stärke war immer die mentale Seite, ich kann weit über der Sicherung klettern bei 90 Prozent meiner maximalen Leistung, denn ein Trad-Kletterer behält immer zehn Prozent Reserve.

Anno 1976: Rob mit John Eastham und Ed Cleasby nach der Begehung von Lubyanka (E3 5c), Cyrn Las, Llanberis, Wales.
Nein, ich hatte es schon einmal im März versucht, an einem sehr kalten und windigen Tag. Mein Sohn Craig, der mich sicherte, fragte, ob ich an einer tödlichen Krankheit leide, anders konnte er sich nicht erklären, dass ich bei solch lausigem Wetter einsteigen wollte. Ich stand dann sechseinhalb Minuten unter der Crux und versuchte, die Schlinge, die ich über den Haken legen wollte, von meiner Schulter zu kriegen, aber sie lag unter einer anderen. Auf meinem rechten Griff hatte ich einen Skyhook platziert, weswegen ich ihn als Zange nehmen musste, und für links nur einen sehr kleinen Seitgriff. Nach den sechseinhalb Minuten bin ich an den Crimp für rechts gekommen und legte die Schlinge über den Haken, aber danach ging mir die Kraft aus.
Ich bin im Winter, glaube ich, dreimal allein hingefahren, aus dem Lake District, wo ich lebe. Einmal habe ich The Bells im Toprope probiert, mit dem Seil im Schlepptau, unter anderem, um ein Gefühl für das Gewicht zu bekommen. Aber ich war nicht fit genug für einen durchgehenden Go und bin in der Crux rausgeflogen. Ich war nicht besonders viel Trad-Klettern in den ganzen letzten Jahren.

Nach dem misslungenen ersten Versuch.
Ich war eine Menge Indoor-Klettern und nur wenig draußen, schon gar nicht, um harte Trad-Routen zu klettern. Ich habe mich auf meine Erfahrung verlassen.
Nein, draußen bin ich in meiner Komfortzone, im Gym tauge ich nichts. Indoor- Klettern ist ernüchternd.
Nein, ich habe nichts gehört, nicht einmal die Möwen. Ich war in einer geräuschlosen Welt, komplett konzentriert, in der Zone, wie man so sagt. Es waren Fotografen dabei, aber ich habe sie gar nicht mitbekommen. Sie sind selber Kletterer und wussten, dass es gefährlich sein kann, zu stören.
Vermutlich ein Mix aus beidem. Als ich anfing, gab es keine Karabiner, nur ein Hanfseil, und wenn du etwas nicht konntest, bist du wieder runtergeklettert. Das war die Norm für mich, mein Vater und ich haben, um uns zu sichern, zum Beispiel Steine in Risse geklemmt und die Seile drübergelegt. So bin ich reingewachsen.

Bergstiefel, das Seil um den Bauch gebunden, keine Sicherung: Als 13-Jähriger in Centipede (Severe) im heimischen Lake District.
Ich habe vor The Bells in einem Hotel übernachtet. Habe ich geschlafen? – Nein. Es war wirklich eine sehr schlechte Nacht. Aber wenn du klettern willst, musst du deine ganze Energie in den Augenblick stecken, dann kannst du für eine Stunde alles aufbringen, was du hast. Ich wusste, dies hier ist der Tag, das Wetter war besser, und ich war besser vorbereitet als im März.
Es kommt beim Klettern immer auf dein Urteil an. Beim Eisklettern war ich näher an der Linie als beim Trad-Klettern. Ich habe mich einmal in der Nordwand des Großhorn in den Alpen in eine Lage manövriert, in der ich den Rest des Teams zu weit hinter mir gelassen hatte und eine andere Route kletterte. Ich konnte nicht mehr umkehren und musste solo weiter, denn Eis hinabklettern ist nicht leicht. Das war wirklich brenzlig, vielleicht weil ich kein besonders guter Eiskletterer bin (lacht).
Ich hatte genug. Die Kletterer fingen damals an zu trainieren, und daran hatte ich kein Interesse. Klettern war immer eine natürliche Angelegenheit für mich gewesen, seit ich ein Knirps war. Den Rest hat mir Ron Fawcett Anfang der Achtziger gegeben, als er Cave Route right Hand (7b+) machte, einen Überhang in Gordale, und ich dachte: Wie kann das jemand schaffen? Andererseits dachte ich: Er sollte das auch schaffen, denn schließlich ist er Vollprofi und trainiert.
(Lacht). Ja, das muss man als schwacher Kletterer so sehen (lacht). Aber ich habe dann selber mit dem Training angefangen, da war ich vierzig.
Dramatisch! Ich bin mit sechzig in Rente gegangen, nach vierzig Jahren als Lehrer. Ich war immer ein Wochenendkletterer gewesen, und plötzlich war ich Vollprofi. Ich habe wie besessen trainiert, und natürlich habe ich mich verletzt, an der Schulter, meine erste Begegnung mit dieser Welt. In deinen Sechzigern steckst du das noch weg, aber Achtung: In den Siebzigern ändert sich das.
(Lacht). Nicht mit dieser Intention, aber jemand, dem ich letztes Jahr von meiner Idee erzählte, The Bells zu klettern, sagte: Wenn du das in deinem Alter schaffst, dann wird das ein Weltereignis. Und dachte: was für ein Unfug. Aber die Reaktionen auf meine Begehung haben mich demütig gemacht und überrascht. Demütig, weil ich sehr glücklich bin, dass ich noch in der Lage bin, so etwas zu schaffen, psychisch und physisch, aber vielleicht eher psychisch. Eine Menge talentierter Kletterer meiner Generation sind zum Sportklettern übergegangen, weil sie mit dem Trad-Klettern nicht mehr klarkommen oder es nicht mehr genießen. Und sie sind auf die dunkle Seite der Macht gewechselt, wie ich es nenne (lacht).

Vater und Sohn: Craig Matheson sichert die Begehung. Mit Hard Cheese (E10 7a) hat er selbst ein Trad-Meisterstück hingelegt.
Ich warte damit, bis ich 80 bin (lacht). Spaß beiseite: Sportklettern auf hohem Niveau erfordert eine Menge Kraft, und eine 8a ganz besonders. Die Reise dorthin würde ganz einfach bedeuten, dass ich mich verletze. Ich verwende zum Beispiel auch nur selten meinen Zeigefinger beim Klettern, mein Arm ist einfach so gebaut. Es interessiert mich auch nicht besonders, Tag für Tag dieselbe Route zu probieren. Aber ich habe Sportkletterrouten bis 7c geschafft, auch die von Ron Fawcett, aber es hat mich nie richtig begeistert. Ich nutze es heute aber, um fit zu bleiben. Ich war auch schon zwei Wochen auf Kalymnos, und es hat Spaß gemacht.
Jeden Morgen eine halbe Stunde Stretching, und ich habe immer ein unmittelbares Kletterziel, das mich motiviert, das kann in der Halle oder draußen sein. Außerdem verfolge ich ein längerfristiges Ziel, das immer etwas über meinem aktuellen Können liegt.
Warte es ab!