Alex Honnold Interview
Free Solo Kletterer Alex Honnold gibt Antworten

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Abenteuer Klettern - die besten Storys

Seine Solobegehungen sind so spektakulär wie haarsträubend. Hier erklärt Alex, wie er zum Free-Solo-Klettern gekommen ist und warum er es betreibt.

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Foto: Courtesy of AlexHonnold.com

Alex, dein Kletterleben hat in einer Kletterhalle in Sacramento begonnen. Wie kommt man von da zu den Solos von großen Wänden?

Ich habe von 11 Jahren an bis ich 19 war und die Uni verließ praktisch ausschließlich in der Halle geklettert. Seither bin ich fast immer unterwegs und klettere fast nur draußen. Als ich richtig am Fels zu klettern begann, stieg ich auch ins Tradklettern und ins Soloklettern ein und habe mich in beiden Disziplinien bisher immer weiter gepusht. Irgendwann kamen dann die Solos von großen Wänden dazu. Das war alles eine sehr lange Entwicklung.

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Hattest du Vorbilder im Klettern?

Meine größten Kletterhelden waren immer Peter Croft und Tommy Caldwell. Peters Solobegehungen fand ich extrem beeindruckend, und Tommy verkörperte all das, was ich mir in Sachen hartes Klettern in großen Wänden wünschte. Inzwischen hatte ich das Vergnügen, mit beiden zu klettern und Zeit zu verbringen, und ich finde beide immer noch sehr inspirierend.

Kletterst du denn die ganze Zeit free solo? Oder sind deine Solos immer einzelne Aktionen, denen viel Planung und Vorbereitung vorausgeht?

Ich klettere fast die ganze Zeit mit Seil. Bouldern, Sportklettern, Routen zum Selbstabsichern, ich mache von allem ein bisschen. Diese großen Solos, die du in den Filmen siehst, sind normalerweise das Ergebnis langer Vorbereitung. Nicht nur körperlich, sondern vor allem mental. Ich klettere gerne leichtere Routen solo nur zum Spaß, und das auch regelmäßig, aber die großen Solobegehungen bleiben Ausnahmen.

Eines deiner letzten großen Free-Solos war die Begehung von „Sendero Luminoso“ (5.12d, 600 m) in Mexiko. Dein Freund und Fotograf Cedar Wright hat dir bei dieser Begehung „routinierte Kontrolle“ bescheinigt. Hast du das auch so erlebt?

Ich habe dieses Solo als sehr kontrolliert empfunden. Ich hatte die Route sehr gut einstudiert, und wir haben viel Zeit damit verbracht, die Route zu putzen. Am Ende wusste ich ganz genau, was ich zu tun hatte. Ich musste nur noch hingehen und es tun.

Warum kletterst du denn überhaupt free solo? Gefällt dir das am besten?

Ich würde nicht sagen, dass mir Soloklettern am besten gefällt, aber es macht mir ziemlich viel Spaß. Soloklettern ist nur ein kleiner Prozentsatz meiner Kletteraktivität, aber ich finde es sehr befriedigend, deshalb mache ich es von Zeit zu Zeit. Es ist einfach nur eine andere Art zu klettern, so wie Bouldern oder Sportklettern. Manchmal brauchst du ein bisschen Abwechslung, um die Dinge interessant zu halten.

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Was braucht es denn für einen perfekten Klettertag?

Mit guten Freunden oder einem guten Kletterpartner unterwegs zu sein, ist da für mich eigentlich am wichtigsten. Ansonsten macht mir fast jede Art der Kletterei Spaß. Ich habe große Freude dabei, mit Freunden zum Bouldern zu gehen, aber genau so gerne bin ich mit einem lustigen Partner in einem Bigwall. Ich habe einfach dauernd Lust zum Klettern.

Findest du reines Sportklettern langweilig?

Nein, in gewisser Weise ist es sogar meine Lieblingsdisziplin, weil du dich jedes Mal bis zum Sturz pushen kannst. Ich liebe interessante Moves und ich gebe gerne alles. Und ehrlich: Ich klettere manchmal einfach gern völlig entspannt. Du kannst nicht dauernd in großer Mission unterwegs sein. Meistens will ich einfach nur das Klettern genießen, ohne mir über die Konsequenzen Sorgen machen zu müssen.

In einem Video hast du erklärt, es gäbe einen Unterschied zwischen Risiko und Konsequenz. Kannst du uns das noch einmal genau erklären?
Ich unterschiede das gerne so: Das Risiko ist die Wahrscheinlichkeit, dass du tatsächlich stürzt. Die Konsequenz oder Folge ist, was in diesem Fall passiert. Nur, weil die Folge eines Sturzes sehr dramatisch ist (wenn du zum Beispiel in einem Bigwall free solo kletterst), heißt das nicht, dass das tatsächlich hochriskant ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes hängt ja mehr von der Schwierigkeit der Route und dem Können des Kletterers ab als von den Folgen eines möglichen Sturzes.

Macht dir Ausgesetztheit nichts aus? Es ist doch ein Unterschied, ob ich 20 Meter free solo klettere oder hunderte von Metern über Grund in der Wand hänge?
Eigentlich inspiriert mich die Ausgesetztheit eher. Ich bin dann auch gewillt, wirklich alles zu geben, wenn ich viel Luft unter den Füßen habe. Mir gefällt dieses Gefühl einfach gut.

Beim Soloklettern gibt es eine Grenze, wo eine Route nicht mehr völlig unter Kontrolle ist und deshalb eigentlich zu riskant. Bist du dieser Grenze nahegekommen oder hast sie gar überschritten? War es schon mal richtig knapp?

Es war schon ein paar Mal knapp, weil ein Griff ausbrach oder ein Block, meistens in alpinem Gelände oder schwierigen Abstiegen. Und ich habe ein paar Solos geklettert, die ein bisschen hart an der Grenze waren. Aber du weißt nie, wie knapp es war – ich bin ja nicht gestürzt. Ganz grundsätzlich habe ich die Dinge aber ziemlich gut im Griff. Es macht mir keinen Spaß, zu sehr an die Grenze zu gehen.

Gehört zu deiner Kletterei eine Portion Glück?

Ich hoffe nicht. Aber ich denke, jeder braucht manchmal ein bisschen Glück. Ich könnte auf dem Weg zum Fels einen Autounfall haben – bisher hatte ich Glück, dass das nicht passiert ist. Aber ich bin kein Glückspieler, ich versuche, keine Risiken einzugehen.

Viele nennen dich den besten Solokletterer der Welt. Denkst du, das stimmt?

Das stimmt auf keinen Fall. Alex Huber hat viel härtere Routen free solo geklettert, bis 8b+, und ähnlich große Wände. Oder Hansjörg Auer, der ebenfalls ähnlich lange und harte Routen gemacht hat. Oder Ueli Steck! Es gibt einfach eine Reihe sehr guter Solokletterer da draußen. Nicht hunderte, aber eine gute Hand voll. Und ich würde nie annehmen, dass ich besser bin als einer von denen. Wir klettern einfach nur unterschiedliche Routen.

Du verbringst viel Zeit im Yosemite. Was macht das Klettern hier so besonders?

Die Wände sind einfach so groß und perfekt. Ich könnte mir nichts besseres wünschen als diese festen Granitwände, die in den Himmel ragen. Ich liebe das Yosemite einfach.

Was war dein härtester Klettertag bisher?

Vielleicht die komplette Traverse des Fitzroy-Massivs mit Tommy Caldwell. Wobei das ja viereinhalb Klettertage waren. Wir waren extrem müde. Es war einfach eine so lange Kletterstrecke und so viele Abseillängen, da wirst du echt weich in der Birne.

War das auch dein schönster Klettertrip bisher?
Es war auf jeden Fall eines meiner besten Erlebnisse beim Klettern bisher. Aber ich habe viele tolle Klettertage gehabt, da ist es schwierig, einen herauszustellen.

Cedar Wright hat dich in einem Artikel als „brutal ehrlich“ bezeichnet. Was meint er damit? Kritisierst du viel?

Ich wurde schon oft so beschrieben, wahrscheinlich, weil ich sehr direkt bin. Was manchmal Kritik, manchmal aber auch Lob bedeuten kann. Ich denke nicht, dass ich zuviel kritisiere, jedenfalls versuche ich, das zu vermeiden. Aber ich bin immer ehrlich.

Stimmt es, dass du in deinem Bus lebst und weniger als 1000 Dollar im Monat verbrauchst?

Das stimmte so, als ich anfing, in meinem Bus zu leben. Inzwischen verdiene ich mehr und kaufe besseres Essen, also gebe ich wahrscheinlich ein bisschen mehr aus. Aber im Grunde lebe ich immer noch auf die gleiche Weise. Ich schreibe diese Antworten auf meinem Laptop, während der Bus irgendwo auf dem Parkplatz vor einem Geschäft steht. Und ich werde sie dir über mein Handy schicken, ebenfalls irgendwo auf einem Parkplatz, wenn ich das nächste Mal eine Internet-Verbindung habe. Es ist immer noch ein sehr einfaches Leben.

In den USA – und nicht nur dort – hast du den Status eines Rockstars. Wie fühlt es sich an, so bekannt zu sein? Ist das gut, macht es dich reich?

Bestimmt nicht reich in der Art wie es irgendein Mainstream-Sport machen würde. Jede Ballsportart bezahlt obszöne Beträge. Aber ich verdiene jetzt mehr, als ich brauche. Deshalb habe ich vor einigen Jahren eine Nonprofit-Stiftung gestartet, um etwas Positives beizutragen. Ich habe über die Honnold Foundation (www.honnoldfoundation.org) eine Menge Geld gestiftet für Umweltprojekte und um die Lebensbedingungen zu verbessern. Das ist eine schöne Möglichkeit für mich, mich besser zu fühlen, wenn ich bei Werbeaufnahmen und solchen Sachen mitwirke – Dinge, bei denen es im Grunde nur ums Geld geht.

Lebst du im Moment deinen Traum?

Auf jeden Fall! Ich klettere die ganze Zeit und kann davon leben. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.

Und was ist dein Traum für die Zukunft?

Mein Traum für die Zukunft ist, so lange wie möglich genau so weiterzumachen.

Danke Alex!

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Erscheinungsdatum 06.06.2023