- Übungen: 2 Zirkel – Kraft und Mobility für Kletterer
- Erster Zirkel: Kraftaufbau
- Zweiter Zirkel: Mobility
- Interview mit den Kraftfactory-Coaches Patrick Matros und Dicki Korb
- So kommt man gesund durch den Lockdown
- Fingerboard-Tipps
- Was ist das ACT und wo bekomme ich es?
Übungen: 2 Zirkel – Kraft und Mobility für Kletterer
Das neue Adjunct-Compensatory-Training (A.C.T.) ist ein wissenschaftlich basiertes Ausgleichstraining speziell für Kletterer. Wir stellen zwei Übungszirkel daraus vor, die ihr auch zuhause machen könnt. Im Interview (weiter unten) erklären die Klettertrainer Patrick Matros und Dicki Korb, wie man damit auch im Lockdown stark wird.
Erster Zirkel: Kraftaufbau
Diese Übungen dienen dem Kraft- und Muskelaufbau. Die Übungen sollten ein bis drei mal pro Woche mit 6 bis 12 Wiederholungen langsam oder moderat dynamisch durchgeführt werden. Die Intensität darf hoch sein, es sollte sich schwer anfühlen.
ACT Klimmzug

ACT Klimmzüge: Schlüpfe mit beiden Armen in das ACT Band, bis es sich kurz vor den Ellbogen befindet (nicht auf dem Ellenbogengelenk). Hänge dich nun an die Klimmzugstange, die Hände schulterbreit auseinander, so dass du eine leichte Spannung auf dem Band spürst. Mache einen Klimmzug und drehe dabei die Ellbogen so weit nach innen wie möglich. Achte auch darauf, dass sich deine Ellenbogen nah am Rumpf befinden, während du dich nach oben ziehst. Das ACT Band unterstützt die leichte Innenrotation der Ellbogen, welche wiederum dafür sorgt, dass deine Schultern in der gewünschten Position bleiben.
Einbeinige Standwaage

Einbeinige Standwaage: Du benötigst ein Gewicht und eventuell eine Stelle zum Abstützen (Stuhl, Wand). Nimm das Gewicht in die Hand und mache mit dem Bein dieser Körperseite eine einbeinige Standwaage. Hebe ein Bein möglichst gestreckt an, während du deinen Oberkörper absenkst, bis das gestreckte Bein und dein Oberkörper in der Waagerechten sind. Das Gewicht befindet sich etwas nach vorne/seitlich versetzt zu deinem Standbein und senkt sich nur ein wenig ab. Zur Vereinfachung der Übung kannst du dich mit der Hand auf der Seite des Standbeines an Wand oder Stuhl abstützen. Mache nun eine leichte Kniebeuge, der Körper sollte waagrecht bleiben. Wenn du nach der Kniebeuge wieder nach oben gehst, beuge den Arm mit der Kettlebell und ziehe das Gewicht nach oben (Ruderbewegung). Wenn du wieder in die Kniebeuge gehst, lasse den Arm mit der Kettlebell wieder langsam in die Streckung ab.
Power Plank

Power Plank: Befestige ein Powerband in circa 15 bis 20 Zentimetern Höhe an einer geeigneten Stelle wie einer Sprossenwand, Heizung oder Ähnlichem. Nimm die Plankposition (Stütz auf den Unterarmen) ein und positioniere die Füße schulterbreit auseinander. Nun ziehst du das Powerband mit einem Arm ganz durch. Du solltest den Abstand so wählen, dass das Band, wenn du es mit ausgestrecktem Arm greifst, leicht gespannt ist. Versuche, während des Ziehens mit der Hüfte deinen Rumpf in der Längsachse ausgerichtet zu halten und während der Bewegung nicht auszuweichen.
Pushups in Ringen

Pushups in Ringen / Schlingentrainer: Stütze dich mit den Händen in Ringen in Liegestützposition. Wenn das zu schwer ist, gehe dabei auf die Knie. Nun machst du Liegestütze und drehst die Ringe so, dass dabei deine Arme eng am Körper entlang laufen.

Rotation Curls

Rotation Curls: Du nimmst einen Medizinball mit Griff, oder eine kleine Hantel, nicht schwerer als maximal 3 Kilogramm. Nun führst du den im Ellenbogengelenk gebeugten Arm über die Schulter und streckst ihn im Anschluss nach hinten außen. Achte darauf, dass die Bewegung möglichst nur aus dem Schultergelenk und nicht aus dem Rumpf kommt (möglichst keine Rumpfrotation!). In der Endposition solltest du zudem deinen Ellenbogen nach unten vorne drehen (Außenrotation). Nun senkst du deinen Arm ab und führst ihn über eine "Curl- Bewegung" in die Ausgangsstellung zurück.

Fingerstrecker: Lege ein Gummiband über die Fingerspitzen der einen Hand und ziehe mit der anderen Hand das Band leicht an, so dass deine Finger halb gebeugt sind. Versuche nun, deine Finger mit einer Streckbewegung bis zur Endstellung zu spreizen und mit der anderen Hand die Spannung so zu dosieren, dass du einen leichten Wiederstand spürst. Diese Übung lässt sich auch ohne Theraband durchführen und ist dann geeignet, sie im täglichen Mobility-Programm (siehe hier) einzubauen.
Armwandern

Armwandern: Platziere deine Füße auf einer Erhöhung, ungefähr auf Tischhöhe, und bringe deinen Oberkörper in Handstandposition. Achte darauf, dass du deine Hüfte mindestens 90 Grad anwinkelst. Nun wanderst du mit den Händen am Boden von einer Seite zur anderen oder berührst im Wechsel mit einer Hand die andere, deine Halswirbelsäule bleibt gerade (Blickrichtung waagrecht zum Boden). Versuche, deinen Schultergürtel soweit es geht in Richtung Füße durchzudrücken.
Diese Übungen dienen der Verbesserung des Bewegungsumfangs sowie der Gesunderhaltung der kletterspezifischen Strukturen. Die Übungen sollten 4 bis 7 mal pro Woche mit 4 bis 20 Wiederholungen in leichter bis moderater Intensität ausgeführt werden.
Engel am Boden

Engel am Boden: Lege dich auf den Rücken und stelle die Beine locker auf. Lege die Arme in angewinkelter Position seitlich ab. In dem Bereich wo sich die Lendenwirbelsäule (LWS) leicht wölbt, lege ein Stück Schlauch oder einen Besenstiel (zwei bis drei Zentimeter Durchmesser) unter. Versuche mit dem ganzen Arm, vor allem den Handgelenken, den Boden zu berühren. Versuche, auch mit der LWS den Kontakt zum Schlauch oder Besenstiel die ganze Zeit über zu halten. Schiebe nun die Arme seitlich auf und ab, und halte die ganze Zeit über den Kontakt mit den Handgelenken und mit der LWS zum Boden.
Brezel

Lege dich auf den Rücken und stelle ein Bein angewinkelt über das andere Bein, so dass die Ferse ungefähr auf Kniehöhe des liegenden Beins steht. Drehe dich nun auf die Seite des liegenden Beins, hake deinen Fuß auf Höhe der Wade des liegenden Beins ein. In dieser Seitenlage strecke beide Arme aus. Schiebe die obere Hand etwas über die untere hinaus. Während der untere Arm bleibt, beschreibe mit dem oberen Arm einen Halbkreis, indem du ihn über Kopf auf die andere Körperseite führst, und dabei möglichst mit der Hand den Kontakt zum Boden hältst. Falls nicht möglich, hebe die Hand soweit an, dass du die Bewegung fortsetzen kannst. Wenn du auf der anderen Seite angekommen bist, führe die Hand wieder zurück in die Ausgangsposition.
Schultergürtel Mobilisation

Schultergürtel Mobilisation: Im Vierfüßlerstand drückst du mit einer Hand gegen den Boden, während du die andere Hand seitlich mit gestrecktem Arm hoch ziehst. Deine Handfläche zeigt dabei nach oben, der Daumen nach außen, dein Kopf dreht mit und du schaust in deine Handfläche. Halte diese Position für circa fünf Sekunden, dann führe den Arm wieder zurück in die Ausgangsstellung und wiederhole das Ganze vier mal, dann wechselst du die Arme.
Zugschlingen dehnen

Zugschlingen dehnen: Lege dich rücklinks auf einen Gymnastikball und halte in jeder Hand ein leichtes Gewicht (2 bis 3 Kilogramm; eine kleine Kettlebell, Hantel oder Wasserflasche). Nun streckst du deine Arme zur Seite, nicht ganz gerade, sondern leicht schräg nach oben. Nimm die Gewichte möglichst weit vorn mit den Fingern, sodass deine Finger nach unten und deine Handballen nach oben zeigen. Du versuchst, nicht gegen die Gewichte zu arbeiten, sondern lässt zu, dass sie deine Finger und Arme nach unten ziehen und die gesamte Beugemuskulatur deiner Finger und Arme dehnen.
Dehnung große Rückenfaszie

Dehnung große Rückenfaszie: Du kniest auf einem Bein, das andere streckst du nach vorne und legst es auf der Ferse ab. Ziehe die Zehen des ausgestreckten Beins an und drehe die Fußspitze leicht nach innen (Supination), während du das Bein nach unten drückst. Drehe gleichzeitig deinen Oberkörper in die entgegengesetzte Richtung, also nach außen. Du solltest die Dehnung an der Rückseite des Oberschenkels und der Wade des gestreckten Beins spüren.
Das neue Adjunct-Compensatory-Training (A.C.T.) ist ein wissenschaftlich basiertes Ausgleichstraining speziell für Kletterer. Wir stellen zwei Übungszirkel daraus vor, die ihr auch zuhause machen könnt. Eigentlich wollten wir hier ausschließlich das A.C.T. vorstellen, doch haben wir die Chance genutzt, und die Kraftfactory-Coaches Patrick Matros und Dicki Korb (auch bekannt als Trainer von Alex Megos und Autoren des Gimme-Kraft-Trainingsbuchs) befragt, wie wir fit und gesund durch den Corona-Lockdown kommen.
Wie kann ich mich fithalten, was sind eure Trainingstipps während der Corona-Krise?
Patrick: Ich fange mal mit einer Warnung an: Es wird oft zu einseitig trainiert. Monotonie im Training ist einer der größten Feinde einer konstanten Leistungssteigerung und birgt zudem großes Potenzial für Überlastungsschäden. Das gilt besonders jetzt, wo viele Kletterer dringend ihre Form erhalten wollen: Wer es jetzt am Fingerboard übertreibt, schadet sich mehr, als dass es nutzt. Und zwar sowohl im Hinblick auf die Gefahr einer Überlastung als auch aufgrund eines wahrscheinlichen Formabfalls durch zu kurze Anpassungszeiten der belasteten Strukturen. Der Lockdown hält uns ja nicht nur von den Wänden und vom Klettern ab, sondern sorgt auch generell für deutlich weniger Bewegung im Alltag. Das Wichtigste ist deshalb erstmal, dass man sich täglich bewegt.
Dicki: Deshalb wäre mein Tipp: Jeden Tag mindestens eine halbe Stunde leichtes Joggen oder schnelles Gehen, das bringt den Kreislauf in Schwung, ohne den Körper zu belasten. Zur Zeit würde ich von harten Ausdauereinheiten mit sehr hoher Atemfrequenz abraten. Für die Kraft eignen sich kleine Zirkeltrainings, wie zum Beispiel: Klimmzüge, dann Liegestütze – vielleicht mit den Füßen auf einer Erhöhung, zum Beispiel einem Stuhl – gefolgt von Sit-ups mit zwei Wasserflaschen auf der Brust, Bizepscurls mit zwei Taschen, in die ihr Wasserflaschen oder ähnliches als Gewicht gebt, Handstand an der Wand... Seid kreativ, variiert die Übungen, wechselt immer etwas ab, damit der Körper vielfältigen Input bekommt.
Täglich etwas für den Kreislauf tun klingt logisch. Wie wichtig ist das im Verhältnis zum Krafttraining?
Patrick: Beides ist wichtig, wobei ob Laufen oder Radfahren, das ist Geschmackssache. Moderat betriebener Ausdauersport ist jetzt das Gebot der Stunde. Wenn wir unseren Organismus regelmäßig dosiertem Stress aussetzen, macht uns die dadurch hervorgerufene Reaktion des Körpers widerstandsfähiger (Stichwort Hormesis-Hypothese) und verbessert auch unsere Abwehrkräfte. In unseren
Mitochondrien (den sogenannten Kraftwerken des Körpers, die in Ausdauer-Muskelzellen vorkommen) werden dann verstärkt Makrophagen – sogenannte Fresszellen – gebildet, die Teil der zellulären Immunantwort unseres Körpers sind und Angreifer wie zum Beispiel Viren abwehren können. Wichtig ist, es beim Sport nicht zu übertreiben. Gehen wir zu sehr in die Erschöpfung, schwächen wir das Immunsystem (Stichwort Open-Window-Effekt), zumindest temporär. Die Mitochondrien sind der eigentliche Motor des menschlichen Stoffwechsels. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass viele und funktionsfähige Mitochondrien einen entscheidenden Faktor für Gesundheit und generelle Leistungsfähigkeit darstellen. Die biochemischen Mechanismen hierzu sind komplex, deswegen belasse ich es bei den zwei wichtigsten: Erhaltung der generellen Insulinsensitivität und eine gesteigerte Verstoffwechselung freier Fettsäuren. Beide Prozesse spielen eine Rolle bei der Erhaltung des Körpergewichts und der Prophylaxe von Zivilisationskrankheiten wie zum Beispiel Arteriosklerose. Zur Erläuterung: Schon zwei Wochen ohne Bewegung löst in gesunden, sportlichen Probanden Prozesse aus, die zum sogenannten metabolischen Syndrom führen, also einer Frühform von Diabetes. Der Mensch ist evolutionär auf tägliches Bewegen ausgelegt. Die Wichtigkeit dieser Einheiten kann also gar nicht überbetont werden. Dosiertes Ausdauertraining ist grundlegend zum Gesundbleiben!
Natürlich ist auch ein Erhalt der Kraft, also ein Krafttraining, wichtig. Was viele unterschätzen: Krafttraining steigert nicht nur die Kletterform, es steuert ebenfalls grundlegend zur Gesundheit bei. Zum Beispiel zum Erhalt der Knochendichte und der Stoffwechselaktivität des Knochens. Knochen stützen nicht nur unsere Muskeln, sie spielen auch eine Rolle als körpereigener Calciumspeicher und beim Energiestoffwechsel. Starke Knochen schützen im fortgeschrittenen Alter, also ab ungefähr 40, vor Verletzungen. Das gilt besonders für das Abspringen beim Bouldern! Darüber hinaus beeinflusst dein Knochengewebe anhand der erwähnten Prozesse viele biochemische Reaktionen im Körper. Der Energiestoffwechsel profitiert noch auf andere Art und Weise vom Krafttraining, und zwar über die tatsächliche Belastungsphase hinaus (Stichwort Nachbrenneffekt). Beim Krafttraining setzen wir Reize und fordern Leistung, die erst nach der Belastung kompensiert werden können, wie zum Beispiel ein Sauerstoffmehrbedarf. Es entsteht eine anabole Stoffwechselsituation, wobei Aminosäuren zur Wiederherstellung und zur Stärkung gestresster Strukturen im Binde-, Nerven- und Muskelgewebe herangezogen werden. Des Weiteren werden Glykogendepots wieder aufgefüllt. Beides sorgt in der Muskulatur für eine gesteigerte Mitochondrienaktivität und damit einen höheren Energieverbrauch. Deshalb ist auch die Pause nach dem Training so wichtig, sie erlaubt einen nachhaltigen Anpassungsprozess.
Dicki: Was ich zum Thema Krafterhalt für Kletterer noch für wichtig halte: Wenn es um ein paar Wochen geht, braucht man sich noch keine Sorgen um seine Form zu machen, zwei bis vier Wochen Pause im kletterspezifischen Training haben noch keinem geschadet, eher im Gegenteil. Man könnte sogar sagen, dass ist das Positive an der momentanen Situation. Mal alles etwas runterfahren, die kleinen Mikroverletzungen ausheilen lassen, wann macht man das schon mal?
Leider sieht es ja derzeit so aus, als wäre es mit ein paar Wochen nicht getan. Wie gestalte ich also jetzt im Lockdown mein Training am besten?
Dicki: Es ist elementar, dass man vor allem bei neuen Aktivitäten langsam einsteigt, sich eine Eingewöhnungsphase zugesteht, in der man Intensität und Umfang systematisch aufbaut. Hat man dann eine Routine zusammen, gilt es wiederum, öfter mal Variation einzubauen, damit die Belastung nicht zu einseitig wird. Dabei hilft ein Plan, damit man nicht immer das gleiche Programm fährt.
Wie könnte so ein Plan aussehen?
Patrick: Grob orientiert man sich an dem Umfang, den man auch vor Corona hatte. Wenn ich zwei mal wöchentlich klettern war, sollte ich auch jetzt maximal zwei bis drei mal trainieren, die tägliche Bewegung mal vorausgesetzt. Für die meisten Kletterer eignen sich drei bis fünf aktive Tage pro Woche, je nach Möglichkeit und Motivation. Im folgenden liste ich die Inhalte auf, die man auch miteinander kombinieren kann: zum Beispiel Laufen mit Mobility, kletterspezifische Kraft mit Ausgleichstraining und so weiter. Dabei sollte man experimentieren, was für einen selbst sinnvoll ist. Es gibt kein Patentrezept, es ist wichtig, selbst auszuprobieren. Natürlich ist es besser, überhaupt etwas zu machen, als es wegen unerreichbarer Zielsetzungen bleiben zu lassen. Generell gilt: Ich kann sowohl die Häufigkeit (also wie oft pro Woche) als auch den Umfang (wie lange) der einzelnen Übungen anpassen, um alles gut aufeinander abzustimmen, so dass es für einen persönlich passt. Ich würde versuchen, 60 Prozent meiner Energie in kletterspezifisches Training zu investieren. Ich empfehle eine Kombination folgender Workouts:
- Täglich 15 bis 20 Minuten Yoga oder Mobility-Übungen
Werden Muskeln nicht nur unter Kontraktionsspannung, sondern auch unter Dehnspannung (Stichwort Loaded Stretching) gebracht, hat das einen entspannenden Effekt. Ebenso wird die Gleitfähigkeit der Faszien und Nervenhüllen erhalten und man hat durch entsprechende Übungen einen moderat kräftigenden Effekt im gesamten Bewegungsumfang. Kurz: Mache es täglich und du fühlst dich gut!
- Zwei bis vier mal die Woche Krafttraining der kletterspezifischen Muskelschlingen.
Darunter fallen Aktivitäten wie das Klettern an der eigenen Kletterwand, Fingerboard- und Campusboardtraining, sämtliche Varianten von Klimmzügen, für Boulderer auch Stütz- und Beinkrafttraining. Es reicht meist, sich zwei bis drei mal die Woche ans Fingerboard zu hängen und das Ganze mit ein paar Klimmzugübungen zu ergänzen. Hat man eine Kletterwand zur Verfügung, würde ich diese Trainingsinhalte immer zugunsten einer Kletter-Trainingseinheit reduzieren.
- Ein bis drei mal die Woche ausgleichendes Krafttraining
Nach wie vor wird diese Art von Training unterschätzt. Dabei ist so ein Training nicht nur als Prophylaxe von Überlastungserscheinungen und Verletzungen wichtig. Es kann auch die Kletterleistungsfähigkeit selbst steigern, weil es den Zug-Muskeln ein stabiles Gerüst verleiht und diese so mehr Kraft mobilisieren können, um es mal vereinfacht zu sagen. Die Kletter-Leistungsmuskulatur muss auch oft aktiv in stark gedehnte Positionen gebracht werden – dabei helfen gut trainierte Ausgleichsmuskeln.
- Zwei bis drei mal die Woche Ausdauertraining
Je nach Geschmack Radfahren oder Laufen mit Belastungszeiten zwischen 20 und 90 Minuten. Dabei darf die Intensität etwas variieren. Diese kann über die Herzfrequenz kontrolliert werden. In welchem Bereich man dabei bleiben sollte, hängt von individuellen Faktoren ab. Wenn ich als gesunde Person zum Ausgleich Ausdauersport betreibe, sollte ich maximal 60 bis 70 Prozent meiner maximalen Herzfrequenz anpeilen. Das ist bei den meisten die Geschwindigkeit, bei der man sich nebenher noch unterhalten kann. Etwas Variation schadet nicht, also ruhig auch mal eine etwas schnellere Laufeinheit einstreuen, bei der eine Unterhaltung schwer fallen würde. Je intensiver, desto kürzer darf die Einheit sein.
Eine sinnvolle Ergänzung im Bereich der Ausdauer und der Kraftausdauer sind:
- High-Intensity-Interval-Trainingseinheiten (HIIT) einmal pro Woche
Sie lassen sich prima mit einem Zirkeltraining und entsprechend eng gesetzten Erholungszeiten arrangieren. Allerdings ist die hohe anaerobe Belastung nicht jedermanns Sache. Wer schon einmal ein entsprechendes CrossFit-Workout mitgemacht hat, weiß, wovon ich rede. Man muss kämpfen wie bei einer harten Klettertour, allerdings schießt einem das Laktat nicht nur in die Unterarme, sondern durch den gesamten Körper.
Danke Patrick und Dicki!
Wer sich für Coaching mit Patrick und Dicki interessiert, findet sie auf Instagram unter @Kraftfactory oder schreibt eine E-Mail an coaches@kraftfactory.de
Wie funktioniert Fingertraining? Wie man Fingerpower trainiert und worauf man dabei achten sollte, erklärt Klettercoach Patrick Matros.
Üblicherweise empfehle ich das Training am Fingerboard denen, die entweder im Verhältnis zur sonstigen Kraft schwache Finger haben oder denen, die in einer bestimmten Griffart schlecht sind. Beides kann man am Board ausgleichen. Zur bloßen Erhaltung der Kraft (wie jetzt im Lockdown) ist meist einmal pro Woche Fingerboard-Training ausreichend.
Zunächst stellt sich die Frage, wie man die richtige Intensität erreicht, um einen Trainingsreiz zu setzen. Dafür braucht es eine Testeinheit, bei der ich feststelle, wo mein persönliches Maximum liegt. Daran orientiere ich mich, wenn ich mich für ein Trainingsprotokoll entscheide.
Beidarming und einarmig am Board hängen
Ich empfehle Anfängern, beidarmig zu starten, eventuell mit Entlastung durch ein Powerband. Je nach Griffgröße und Kraftlevel braucht man auch Zusatzgewicht, um einen Trainingsreiz zu erzielen. Mein Tipp: Ab 30 Kilogramm Zusatzgewicht sollte Schluss sein, da die Gefahr einer Verletzung oder Überlastung zu groß wird. Dann kann ich über die Leistengröße oder über ein einarmiges Training mit Entlastung (Rolle, Seil oder Theraband) weitermachen. Für eine Reduktion der Griffgröße spricht, dass man sich kontrolliert auf kleine Griffe, die es beim Klettern nun mal gibt, vorbereiten kann. Dagegen spricht, dass eine Reduktion der Leistenbreite ab circa 23 Millimetern aufgrund physikalischer (Reibung) und psychologischer Effekte (Schmerztoleranz) auf Kosten der Intensität des Trainingsreizes geht. Will ich die Kraft im ersten Fingerglied trainieren, reicht eine Leistengröße bis zum oben genannten Wert aus. Ich empfehle, weniger über die Leistengröße und mehr über eine Reduktion der Entlastung bei der Steigerung der Intensität zu arbeiten.
Ich kann in verschiedenen Fingerstellungen am Board hängen
Ob hängend, halbgestellt oder an spezifischen Griffen wie Slopern oder Fingerlöchern sollte von den persönlichen Schwächen abhängen, die man meistens durch das Klettern kennt. Ich empfehle zum Einstieg eine Kombination aus Sätzen mit halb gestellten ("half crimp": alle Finger in 90-Grad-Beugung im Mittelgelenk) und halb hängenden Fingern ("open crimp": immer vier Finger auf der Leiste, Zeige- und kleiner Finger hängen komplett). Hat man Schwächen bei bestimmten Griffarten, kann man entsprechend ergänzen. Da sollte erst einmal mit wenig Intensität gearbeitet werden, um die Koordination der Finger auf der ungewohnten Griffart zu verbessern.
Ich kann Kraftausdauer und Maximalkraft trainieren
Ich empfehle das System von Eva Lopez, um die verschiedenen Kraftarten zu trainieren (hier nachlesen).
Zuletzt noch grundlegende Tipps für das Fingerboardtraining:
- Niemals im ermüdeten Zustand ans Board gehen.
- Achte beim Hängen auf eine aktive Rumpf- und Schultergürtelmuskulatur.
- Nicht übertreiben! Die Kletterleistung hängt zwar stark von der Fingerkraft ab, die Finger sind aber auch ein sehr filigranes Werkzeug. Gerade zu Beginn des Training gilt:
- Gestalte die Intensität, den Umfang und die Häufigkeit deines Trainings moderat und trainiere nicht, bis dir die Fingergelenke wehtun!

Zusammen mit Prof. Dr. Volker Schöffl (im Bild rechts) haben Patrick Matros (links) und Dicki Korb (Mitte) das Adjunct-Compensatory-Training (A.C.T.) entwickelt. Es basiert auf neuesten trainingswissenschaftlichen Erkenntnissen und ist zielgenau auf den Klettersport abgestimmt. Die Sichtweise, dass es "Gegenspieler" einzelner Muskeln gäbe, die beim Klettern nicht belastet würden (beispielsweise Bizeps und Trizeps), ist zu undifferenziert und wird der Komplexität des anatomischen Zusammenspiels nicht gerecht. Bewegungen geschehen nicht dank einzelner Muskeln, sondern durch Muskelschlingen, also Gruppen von Muskeln, die in bestimmten Bereichen des individuellen Bewegungsumfangs nicht vernachlässigt werden dürfen, da sonst Dysbalancen und Schwachstellen entstehen können. In Kooperation mit Physiotherapeuten und Sportmedizinern wurden viele dieser Bewegungsmuster analysiert und Übungen dafür entwickelt. Die wichtigsten sind im Adjunct (= ergänzendes) Compensatory Training (= Ausgleichstraining) für Kletterer zusammengefasst.

Hier gibt es das komplette ACT zum kostenfreien Download: www.act.clinic
Hier gibt es das ACT als gedrucktes Heft zum Kauf: www.tredition.co.uk