Biwak am Berg
Biwak-Tipps fürs Übernachten am Berg

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Biwaks beim Klettern sind in den seltensten Fällen ein Ausbund an Gemütlichkeit. Mit der richtigen Ausrüstung, Taktik und Einstellung sind sie aber auch kein Drama.

KL Biwak: Josune Bereziartu am Walkerpfeiler
Foto: Rikar Otegui

Die Nacht mit einer Backe auf einem schmalen Band abzusitzen, halb im Gurt hängend, halb mit dem Seilpartner um den engen Sitzplatz kämpfend, klingt wenig erstrebenswert. Ist es auch nicht. Aber ich versichere euch: Eine solche Nacht sorgt für unvergessliche Erinnerungen.

Ob geplant, spontan oder aus purer Verzweiflung: Manchmal ist es unumgänglich, die Nacht am Berg im Freien zu verbringen. Sei es, dass der Zustieg zur Wand schon eine Tagestour ist und deshalb ein Biwak in Wandfußnähe fällig wird. Sei es, dass die Route so hoch und lang ist, dass sie nicht an einem Tag zu schaffen ist. Sei es, dass einen äußere Umstände ausbremsen und den Durchstieg oder auch den Abstieg vom Gipfel verhindern.

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Wichtig ist zunächst einmal: Keine Panik! Eine Nacht im Freien am Berg ist nicht per se lebensbedrohlich. Ein geplantes Biwak mit der richtigen Ausrüstung an einem geeigneten Platz kann sogar erholsam und romantisch sein. Leider fallen Biwaks aber meis­tens unter die Rubrik Notbehelf und sind eher unbequem.

Komfort im Biwak ist gern genommener Luxus, viel wichtiger ist aber, auf Sicherheit zu achten. Objektive Gefahren wie Stein- und Eisschlag oder Lawinen- und Blitzgefahr gilt es dringend zu vermeiden. Wer in der Wand biwakiert, muss natürlich auch nachts gegen den Absturz gesichert bleiben.

Davon abgesehen ist im Biwak vor allem die Kombination aus Nässe und Kälte lebensgefährlich, weil sie zur Unterkühlung führen kann. Mit der heutigen Ausrüstung sind zwar auch harte Sturmnächte relativ gut zu überstehen – nur muss man besagte Ausrüstung eben dabei haben.

Wenn abzusehen ist, dass sich ein Biwak nicht vermeiden lässt, dann sollte man sich frühzeitig nach einem geeigneten Plätzchen umsehen. Denn im Dunkeln wird die Suche nicht einfacher. Viele weitere Tipps zum optimalen Biwak findet ihr auf den nächsten Seiten.

Ausrüstung und Platz finden fürs Biwak

Um ein Biwak gut zu überstehen, hilft es, wenn man die richtige Ausrüstung dabei hat. Hier gibt es den Überblick über das absolute Minimum, das man dabei haben sollte:

Die nötige Ausrüstung

  • Biwaksack (auf langen Routen immer)
  • Stirnlampe (mit frischen Batterien)
  • Kocher (mit Feuerzeug) und Topf; Gaskocher sind als Wandkocher eher geeignet
  • Trockene Wechselwäsche (lange Unterhose, Unterhemd, Strümpfe); besonders direkt am Körper sollte die Wäsche nachts trocken sein
  • Mütze und Handschuhe; gut isolierende Jacke (Daune oder Kunstfaser)
  • Eventuell leichter Schlafsack und Isomatte (oder Rucksack mit herausnehmbarer Sitzmatte)

Manchmal ist man zu müde oder es ist zu dunkel, um noch einen geeigneten Platz zu finden. Trotzdem lässt sich oft mit wenig Aufwand ein guter Platz finden – wenn man denn weiß, wonach man Ausschau halten muss. Hier gibt es ein paar Anhaltspunkte für einen sicheren und guten Platz fürs Biwakieren:

Der richtige Platz

  • Stein- und eisschlagsichere Stelle suchen (unter Überhang, auf einem Vorsprung, in sicherer Entfernung von der Wand)
  • Geschützt vor Wind und Niederschlag (zum Beispiel unter Überhang wie im Bild oder auf windabgewandter Seite eines Grats)
  • Möglichst auf Band oder Absatz, wo man zumindest sitzen, besser liegen kann
  • Platz einebnen, falls möglich Steinmauer als Windschutz bauen
  • Im Schnee in Vertiefungen biwakieren (Windkolk, Höhle graben, Mulde ausheben und mit Biwaksack abdecken)
  • Bei Gewittergefahr Platz entsprechend sicher wählen (weg vom Grat)
KL_Biwak_B_Arnold (jpg)
Der Überhang schützt vor Steinschlag und Niederschlag.

Sicherheits- und Komfort-Tipps fürs Biwakieren

Sicherheit hat beim Biwakieren Priorität über Schlaf. Daher sollte man die folgenden Sicherheitstipps beherzigen, bevor man sich dem Versuch zu schlafen widmet:

Sicher übernachten

  • Im Absturzgelände grundsätzlich angeseilt und gesichert biwakieren
  • Ausrüstungsgegenstände ebenfalls sichern, vor allem Schuhe, Handschuhe, Kleidung
  • Wenn Unterkühlung oder Erfrierungen drohen, nicht schlafen: bewegen, gefährdete Gliedmaßen massieren
  • Beim Kochen im Zelt, Biwaksack oder Schneehöhle: für ausreichende Lüftung sorgen, sonst besteht die Gefahr der Kohlenmonxid-Vergiftung

Wenn es hart auf hart kommt, und die richtige Ausrüstung fehlt, wird es höchstwahrscheinlich unbequem. Aber auch dann kann man noch versuchen, seine vorhandene Ausrüstung komfortsteigernd einzusetzen:

Kleine Komfort-Tipps

  • Ein ausgelegtes Seil gibt eine gut isolierende Unterlage ab
  • Falls ohne Schlafsack biwakiert wird: Die Füße zum Wärmen in den Rucksack stecken
  • Feuchte Innenschuhe mit in den Schlafsack nehmen (falls Schlafsack dabei)
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Jack Geldard
Das beste aller Biwaks: Mit der richtigen Ausrüstung wird das Portaledge zum Himmelbett - wie hier im Black Canyon, USA.
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