outdoor: Früher gab es bei Globetrotter Kältekammern und Regenduschen. Heute meist nur noch eine Kletterwand und ein Kanubecken. Das ist umwelt- und klimafreundlicher. Killt Nachhaltigkeit das Konzept Erlebnisfiliale?

Andreas Vogler: Ganz und gar nicht. Viele unserer nachhaltigen Aktivitäten eröffnen neuen Raum für Erlebnisse, die lange in Erinnerung bleiben. Unsere Community-Angebote, zum Beispiel Workshops, Reiseberichte, Vorträge erschließen neue Welten, klären auf und kreieren eine Wohlfühlatmosphäre, an die man sich gerne erinnert. Für viele Kunden ist es auch ein Erlebnis, in unseren Werkstätten beim Reparieren zuzuschauen oder Secondhandprodukte zu entdecken, die alle eine persönliche Geschichte tragen. Das nachhaltigste Erlebnis erzeugen jedoch nach wie vor unsere qualifizierten Mitarbeiter, wenn sie authentisch beraten und der Kunde das Zwischenmenschliche spürt.
Werkstatt, Secondhand, Verleih, das Label »Eine grünere Wahl« und Events wie der »Grünere Monat« – wandeln sich die Geschäfte zu Öko-Shops?
Der Handel muss heute mehr als ein Shop mit klassischem Produktangebot und Verkauf sein. Er sollte bewussten Konsum fördern – also aus austauschbaren Handelsflächen Orte der Sinnhaftigkeit machen. Unsere Kunden suchen das Outdoor-Erlebnis, gleichzeitig sind sie sich aber auch ihrer Verantwortung gegenüber der Natur bewusst. Sie erwarten von uns nachhaltige Services und Aufklärung. Einen Berater, der erklärt und aufklärt, können Kunden nun vor ihrem Filialbesuch online buchen.
Kommt das gut an?
Sogar sehr gut. Wir bauen daher das Angebot »Click a Guide« mit zusätzlichen Beratungs- und Servicethemen aus.

Rechnen sich die nachhaltigen Services, mit denen Sie die Lebensdauer von Produkten verlängern?
Mit dem Verkauf von Neuware könnten Sie womöglich mehr verdienen. Wer weiß, vielleicht verdienen wir in Zukunft mehr mit Reparaturen, Verleih und Secondhandware. Kreislaufwirtschaft ist ja keine Utopie, sondern ein klares Ziel. In unserem Sortiment finden Sie nur hochwertige und langlebige Artikel. Und wenn ein Produkt ausgedient hat, können Sie es bei uns in eine Recyclingbox werfen. Die Outdoor-Branche lebt vom Naturerlebnis. Wenn wir dazu beitragen, die Kreislaufwirtschaft anzutreiben, und den ökologischen Fußabdruck der Produkte verringern, sichern wir langfristig die Grundlage unseres Geschäftserfolgs – als nachhaltigster Outdoor-Händler Europas. Jüngster Baustein im Konzept Kreislaufwirtschaft ist der Verleih.
Ist Teilen von Ausrüstung wirklich nachhaltig?
Der eigene Besitz wird zumeist pfleglicher behandelt. Das Teilen von Produkten, die von Einzelnen nur selten genutzt werden, ist absolut nachhaltig. Durch den Verleih an eine größere Gruppe amortisiert sich der Ressourcenaufwand bei der Produktion. Da alle Produkte bei uns fachgerecht gepflegt und repariert werden, ist die Lebensdauer – vor allem mit Bezug zur Nutzungsdauer – als recht hoch einzuschätzen.
Wird die zurückgebrachte Ware besonders desinfiziert?
Nach jedem Verleih werden die Produkte gereinigt und kontrolliert. Aus hygienischen Gründen verleihen wir keine kritische Ware wie Schuhe, Schlafsäcke und Baselayer. Die Nachfrage nach Reparaturen boomt.

Müssen Sie Ihr Team demnächst aufstocken?
Unsere Werkstätten sind in der Tat gut ausgelastet. In unserer zentralen Werkstatt in Ludwigslust, die zudem eine der wenigen Werkstätten mit einer Lizenz für die Reparatur von Bekleidung mit Gore-Membranen ist, suchen wir ständig Verstärkung, auch für neue Kompetenzen wie Sattlerei oder Gaskocher-Reparatur. In den Werkstätten wird auch gebrauchte Ware für den Second handverkauf repariert und aufbereitet.
Wie ist die Qualität der Produkte, die Kunden zum Ankauf vorbeibringen?
Unterschiedlich. Vom älteren Herrn, der seinen Höhenmesser nicht mehr braucht, bis zur Jacke, die das Herausforderndste überhaupt – ein Jahr Waldkindergarten – hinter sich hat.
Auf was sollten Kunden achten, damit ihr Produkt angenommen wird?
Die Ware sollte gereinigt und qualitativ so beschaffen sein, dass sie noch viele Abenteuer bestehen kann. Daher kaufen wir nur Markenartikel an. Sicherheitsrelevante Produkte, Hygieneartikel und Schuhe nehmen wir nicht. Bei Produkten wie Luftbooten oder Zelten kann es sein, dass wir ein paar Tage zur Bewertung benötigen. Besonders ökologische und fair produzierte Produkte zeichnet Globetrotter mit dem Label »Eine grünere Wahl« aus, um Kunden die Kaufentscheidung zu erleichtern.
Verschärfen Sie die Bewertungskriterien regelmäßig?
Wir prüfen nach jeder Saison die Anpassung von Kriterien, denn wir wollen nur Spitzenprodukte auszeichnen. Ein gutes Beispiel ist PFC: Anfangs wurde ein Verzicht noch mit einem Punkt belohnt. Heute ist PFC-Einsatz ein klares No-Go. Derzeit sind 19 Prozent des Sortiments eine grünere Wahl.
Beim Wacken Open Air 2022 wird Globetrotter mit einer Werk statt und der Frilufts x WackenEdition dabei sein. Haben Sie Hoffnung, den Berg an zurückgelassenen Einwegzelten, Isomatten und Schlafsäcken reduzieren zu können?
Jein. Wer damit leben kann, ein Zelt zu kaufen, nur um es wegzuschmeißen, der wird dies wohl auch weiterhin tun. Aber klar, wer sich ein Wacken-Zelt von uns kauft, hat davon sicher länger etwas. Ob das dann mehr an der Qualität oder der emotionalen Bindung liegt, ist nebensächlich.
Gehen Sie künftig mehr raus zu den Kunden?
Wir sind immer offen für Kooperationen wie mit Wacken. Im Kern und bezüglich Nachhaltigkeit muss aber alles passen. Mit unseren eigenen Veranstaltungen haben wir außerdem gut zu tun. März und November sind dieses Jahr unsere »Grüneren Monate«, in diesem Rahmen gibt es zum Beispiel Clean-up-Events und Upcycling-Workshops. Im April und Mai laden wir zu Freiluft-Testivals ein, auf denen man Outdoor-Ausrüstung auf den Zahn fühlen kann. Das ist für viele Kunden ein tolles Erlebnis.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was sollte die Outdoor- Branche in puncto Nachhaltigkeit beherzigen?
Ich wünsche mir mehr Transparenz und Aufklärung. Nur wenn wir gemeinsam glaubwürdig auftreten, schaffen wir die notwendigen Schritte zu einer ernsthaften Nachhaltigkeit.
Vier Säulen der Nachhaltigkeit

Eine grünere Wahl
Das Eigenlabel »Eine grünere Wahl« erleichtert Kunden die Kaufentscheidung für das nachhaltigere Produkt. Zu den Auswahlkriterien zählen unter anderem nachhaltiges Chemikalienmanagement, der Einsatz natürlicher und recycelter Materialien, faire Arbeitsbedingungen, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und Transparenz. Auch Ausschlusskriterien sind definiert wie etwa der Einsatz von PFC oder Einwegartikel.
Verleih
Ob Familienzelt, Boot oder Kindertrage: Leihen lautet die Lösung für Ausrüstung, die sonst mehr daheim verstaubt als draußen genutzt wird, oder um die neuesten Modelle auszuprobieren. Die Anmietung kann online oder stationär erfolgen. In einigen Stores können die Artikel gleich mitgenommen werden, die Filialen geben vorab auf Mailanfrage Auskunft, was verfügbar ist. Ansonsten kommt die Lieferung per DHL.

Secondhand
Alle Filialen kaufen per Einkaufsgutschein gebrauchte Ausrüstung und Kleidung an und verkaufen sie auf ihren Secondhandflächen mit zwölfmonatiger Gewährleistung weiter. Genommen werden Marken aus dem Sortiment, auch wenn sie nicht bei Globetrotter gekauft wurden. Hinzu kommen Produkte aus dem Verleih, von Fotoshootings und Tests sowie manche Reklamationen und Retouren. Die Werkstätten prüfen die Produkte und bereiten sie auf.
Reparatur- und Pflegeservice
Das Care & Repair-Team in der zentralen Werkstatt in Ludwigslust repariert, wäscht, besohlt und imprägniert. Daneben bieten inzwischen elf Globetrotter-Filialen eigene Werkstätten. Zusätzlich tourt eine mobile Werkstatt durch die Städte. Nach einem Kaufnachweis wird nicht gefragt. Die Stores veranstalten auch Workshops zu Reparatur, Pflege und Upcycling.