Versteckt im Thüringer Wald liegt ein Jagdschlösschen mit pikanter Vergangenheit: Der Herzogstuhl Rieseneck war mehr als nur Rückzugsort für die Jagd. Herzog Ernst II. von Sachsen-Altenburg ließ sich das kleine, turmartige Schlösschen zwischen 1915 und 1917 errichten – inspiriert vom mittelalterlichen Topplerschlösschen in Rothenburg ob der Tauber. Doch nicht nur die Architektur war außergewöhnlich. Der Herzog nutzte das Gebäude auch für private, amouröse Zusammenkünfte. Seine Eskapaden führten schließlich 1920 zur Scheidung von seiner Frau.
Die einzige vollständig erhaltene barocke Jagdanlage Europas
Der Standort des Herzogstuhls ist kein Zufall: Eingebettet in die historische Jagdanlage Rieseneck, liegt das Bauwerk auf einer bewaldeten Anhöhe westlich von Hummelshain. Bereits im 17. Jahrhundert existierte dort eine komplexe Anlage aus Pirschgängen, Wildgehegen und barocken Jagdelementen – heute gilt sie als eine der letzten vollständig erhaltenen ihrer Art in Europa. Was einst dem höfischen Prunk und der Inszenierung von Jagdleidenschaft diente, ist heute ein stilles Wanderziel mit historischem Flair.
Die Geschichte des Herzogstuhls ist eng mit der letzten Phase der Monarchie in Thüringen verbunden. Nach der Abdankung des Herzogs verlor das Gebäude seine ursprüngliche Funktion und wurde mehrfach umgenutzt: als Wochenendhaus, Wanderheim oder Betriebsunterkunft. Erst in jüngerer Zeit besinnen sich lokale Initiativen wieder auf die kulturhistorische Bedeutung des Ortes. Heute kümmern sich Vereine wie der Freundeskreis Rieseneck e.V. um Erhalt und Pflege der Anlage.
Perfekte Herbsttour
Wer heute vom Dorf Hummelshain aus in Richtung Rieseneck wandert, bewegt sich durch eine Landschaft, die nicht nur Natur, sondern auch Geschichte atmet. Der Herzogstuhl steht dabei sinnbildlich für ein Kapitel deutscher Adelskultur – zwischen Jagdleidenschaft, Architekturromantik und persönlicher Skandalgeschichte.
Mehr Infos über deutsche Burgen, Schlösser & Co in unserer Ausgabe 11/2025

Weitere Wanderhighlights in Thüringen

Rennsteig
Deutschlands ältester und meistbegangener Wanderweg führt durch das komplette Mittelgebirge Thüringer Wald, das daran anschließende Schiefergebirge sowie den Frankenwald. Schon 1330 wurde der Rennsteig schriftlich erwähnt, 1829 dann als Kammweg von Eisenach-Hörschel an der Werra bis Rosenthal-Blankenstein kartografiert. Im Mittelalter markierte er die Grenze zwischen Franken und Thüringen, war lange ein wichtiger Handelsweg und konnte während der Teilung Deutschlands lange nicht begangen werden. So begibt man sich bei der mehrtägigen Wanderung auf eine Reise durch die Geschichte während man durch Wälder streift und Aussichten genießt. Wer es sportlich mag, kann den Rennsteig in vier oder sechs Tagen bestreiten, zum Genießen bieten sich acht Etappen an. Auch im Winter kann die Tour mit Skiern oder Schneeschuhen bestritten werden.
ca. 169 km, 1530 hm

Saalehorizontale
Wildromantisch schlängelt sich die Saale zwischen Dornburg und Jena hindurch. An den Seiten steigen steile Muschelkalkhänge empor, hier verläuft der Weitwanderweg Saalehorizontale. Der Rundwanderweg führt meist oberhalb des Flusses entlang, Burgtürme und Felsvorsprünge bieten spektakuläre Aussichten auf das Mittlere Saaletal. Die Tour kann in fünf bis neun Etappen aufgeteilt werden, Herbergen laden mit regionalen Spezialitäten zur Einkehr ein.
ca. 91 km, 2400 hm

Naturparkweg Leine-Werra
Von Flüssen durchschnittene Muschelkalkplateaus, sanfte Laubwälder, Streuobstwiesen und das wildromantische Werratal: Auf einer Weitwanderung durch den Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal erlebt man eine hügelige Natur- und Kulturlandschaft, grüne Täler, Burgruinen und die Spuren des "Eisernen Vorhangs" aus DDR-Zeiten. Der Naturparkweg Leine-Werra führt in fünf Etappen von Heilbad Heiligenstadt nach Creuzburg im Werratal. Auch anspruchsvolle Anstiege sind dabei, die aber mit wunderbaren Ausblicken belohnt werden.
ca. 104 km, 2670 hm

Kyffhäuserweg
Das Kyffhäusergebirge ist das kleinste Mittelgebirge Deutschlands. In drei Etappen geht es auf dem Kyffhäuserweg durch mediterrane Karstlandschaften, Buchenwälder und Streuobstwiesen. In Bad Frankenhausen beginnend führt der Rundweg auf Spuren des Königs Barbarossa zur Barbarossahöhle mit ihren Grotten und Seen, zu Aussichtspunkten über den Thüringer Wald sowie zum beeindruckenden Kyffhäuser-Denkmal (siehe Bild).
ca. 37 km, 910 hm

Elsterperlenweg
Die Weiße Elster ist die Perle des Thüringer Vogtlandes. Entlang ihres Laufs verläuft der Elsterperlenweg durch das mittlere Elstertal. Waldwege führen an steilen, felsigen Hängen entlang und zu unzähligen Aussichtspunkten. Vom hübschen Städtchen Greiz sind alle Etappen der Rundwanderung gut zu erreichen. Die rund 70 Kilometer kann man an zwei Tagen schaffen oder man nimmt sich mit sechs Etappen etwas mehr Zeit und besucht historische Sehenswürdigkeiten entlang des Weges.
ca. 72 km, 1830 hm





