Wer häufig in den Bergen unterwegs ist, entwickelt Routine – und oft auch ein gewisses Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dieses Vertrauen kann schützen, aber auch gefährlich werden. Denn Unfälle im Hochgebirge betreffen nicht nur Anfänger. Laut DAV und Bergwacht geraten auch erfahrene Bergsteiger regelmäßig in lebensbedrohliche Situationen. Die Gründe: Überforderung, falsche Entscheidungen oder schlichte Unachtsamkeit. 10 fatale Fehler bei Bergtouren und wie du sie vermeidest.
Touren werden überschätzt – die Tagesform unterschätzt
Wer die eigenen Fähigkeiten überschätzt und sich an zu anspruchsvolle Routen wagt, setzt nicht nur seine eigene Sicherheit aufs Spiel, sondern riskiert auch, in eine ausweglose Situation zu geraten. Die Berge sind gnadenlos – das Wissen um die eigenen Grenzen rettet Leben!
Wetterprognosen werden ignoriert oder kleingeredet
"Ich hab das schon bei schlimmerem Wetter gemacht" – ein Trugschluss, der häufig mit dramatischen Folgen endet. In den Bergen können Wetterbedingungen innerhalb von Minuten kippen. Wer das Wetter nicht richtig einschätzt oder Warnungen missachtet, unterschätzt die Gefahren des Berges. Besonders bei anbahnenden Gewittern darf keinesfalls weitergewandert werden. Ein plötzliches Gewitter kann innerhalb von Minuten zu extremen Bedingungen führen und das Leben gefährden – Blitzschlag oder starke Sturmböen sind dabei keine Seltenheit.
Kommunikation wird vernachlässigt
In der Gruppe entscheidet oft das schwächste Glied über Tempo und Sicherheit. Doch wenn Erwartungen nicht klar kommuniziert werden, entstehen Missverständnisse. Besonders bei schlechter Sicht, Stress oder in schwierigen Passagen ist eine funktionierende Kommunikation essenziell. Regelmäßige Stopps zur Abstimmung, Handzeichen im Notfall und eine klare Rollenverteilung innerhalb der Gruppe erhöhen die Sicherheit erheblich.
Gruppendruck beeinflusst Entscheidungen
Selbst erfahrene Alpinisten unterschätzen die Macht sozialer Dynamiken: Niemand will der oder diejenige sein, die auf Umkehr besteht. In der Folge wird weitergegangen, obwohl Zweifel bestehen. Dabei ist es ein Zeichen von Stärke, sich gegen den Gruppendruck zu stellen – vor allem dann, wenn die eigene Intuition "Stopp" sagt. Eine offene Kommunikationskultur und ein vorab vereinbartes Sicherheitsprotokoll helfen, kritische Entscheidungen besser zu treffen.
Anzeichen körperlicher Erschöpfung werden ignoriert
Der eigene Körper sendet frühzeitig Signale, wenn er an seine Grenzen stößt – Konzentrationsmängel, Stimmungsschwankungen, Koordinationsprobleme. Wer sie ignoriert, gefährdet sich und andere. Regelmäßiges Essen, ausreichend Trinken und Pausen helfen, Leistungsabfälle abzufangen. Auch Profis sollten sich selbst aufmerksam beobachten und im Zweifel rechtzeitig abbrechen.
Falsches Schuhwerk
Unterschätzt du die Bedeutung des richtigen Schuhwerks, ist der Unfall oft schon vorprogrammiert. Zu weiche, unpassende oder abgenutzte Schuhe können bei rutschigem Untergrund, felsigem Gelände oder steilen Abhängen schnell zu Stürzen führen. Gute Bergschuhe bieten nicht nur Halt, sondern auch Schutz vor Verletzungen – gerade auf schwierigen Strecken.
Alternative Routen werden nicht mitgedacht
Oft wird an einer geplanten Route festgehalten, auch wenn sich die Umstände verändern. Wetter, Schneefelder, blockierte Wege – es gibt viele Gründe, umzudenken. Wer keinen Plan B hat, trifft im Stress oft die falsche Entscheidung. Deshalb: Vor dem Start Alternativrouten checken, Wegpunkte markieren und Zeitpuffer einplanen.
Technik ersetzt die Geländekompetenz nicht
GPS-Geräte und Apps sind wertvolle Helfer – solange sie funktionieren. Doch Akkuversagen, Signalstörungen oder Bedienfehler sind häufig. Wer sich nur auf Technik verlässt, verliert im Notfall die Orientierung. Eine Karte lesen zu können, markante Punkte im Gelände zu erkennen und die Topografie zu verstehen, gehört auch für Digital-Natives zur Grundausbildung.
Frühere Erfahrungen werden unkritisch übertragen
Nur weil man einen Klettersteig schon fünfmal gegangen ist, heißt das nicht, dass alles gleich bleibt. Bedingungen am Berg ändern sich laufend: Gletscher schrumpfen, Steinschlagzonen verschieben sich, Sicherungen lockern sich. Es ist riskant, auf Automatismen zu vertrauen. Jede Tour sollte als neue Herausforderung betrachtet werden – unabhängig davon, wie vertraut sie erscheint.
Fehler werden nicht reflektiert
Laut DAV-Experte Walter Würtl fällt es gerade erfahrenen Bergsportlern schwer, eigene Fehler einzugestehen. Doch wer keine Lehren zieht, wiederholt dieselben Risiken – mitunter unter verschärften Bedingungen. Dabei ist Fehlerreflexion ein zentraler Bestandteil der alpinen Kompetenz. Tagebuch, Debriefing in der Gruppe oder Rücksprache mit Bergführern helfen, aus kritischen Situationen zu lernen.