Besser klettern, aber wie?
Der australische Klettercoach Lee Cujes nennt hier vier häufig auftretende Misserfolgsfaktoren und erklärt, was dagegen hilft.
Die Lösungen zu den genannten Problemen sind simpel, deshalb allerdings nicht unbedingt einfach umzusetzen. Wer sie angeht, trainiert – ohne dabei einen Klimmzug zu machen. Manchmal reicht es, wenn man die Weichen im Kopf stellt. Hier gibt Lee vier Tipps, die helfen, das eigene Kletterpotenzial besser auszuschöpfen.
Head Games
Wie oft fällst Du? Ich glaube, drei von vier Kletterern sind mit ihrer Psyche, ihrem "Vorstiegskopf" nicht so gut, wie sie es gerne wären.
Symptome dafür sind:
– große Nervosität vor dem Klettern,
– es vermeiden, in Projekte einzusteigen,
– unkontrollierbares Zittern beim Klettern,
– starkes Schwitzen,
– Luft anhalten, und mehr.
Niemand ist perfekt, die Übergänge sind fließend. Zuerst sollte man sich das Problem eingestehen. Erkenne, dass dies Dein Potential begrenzt, und beschließe, daran zu arbeiten.
Wie das geht? Besprich Dich mit Deinem Kletterpartner. Entschließt Euch, das Problem gemeinsam anzugehen. Beschäftige Dich mit mit dem Thema und möglichen Lösungen. Beim Sportklettern gehört Fallen dazu – übermäßige Angst verhindert, dass man bis ans persönliche Limit klettern kann. In neun von zehn Fällen bringt es mehr, den Kopf zu trainieren, als den Körper.
Core Strength

Egal, wie stark Du bist (oder denkst, Du bist). Im Rumpf kann man immer noch stärker werden. Sieh Dir im Internet einmal Zirkus-Videoclips an und Dir wird klarwerden, wie schwach wir "starken Kletterer" tatsächlich sind und wie weit sich das Klettern auf dem Gebiet noch entwickeln muss. Ich trainiere jede Woche Leute, die unglaublich viel Körperspannung besitzen; doch wenn sie mit ihrer Kletter-Leistung dann an ihr Limit gehen, sieht man deutlich, dass es eben nicht Finger oder Arme sind, die nachgeben – sondern die Körpermitte schwächelt.
Eine starke Körperspannung hilft Dir, Deine Kraft einzusetzen und länger dranzubleiben. Mache jede Woche etwas für Deine Rumpfkraft.





The opposite of what you train
Viele Leute trainieren immer das Gleiche.
"Wie trainierst Du?"
"In der Kletterhalle Routen spulen und dann am Wochenende draußen circa fünf Routen."
"Und wie lange machst Du das schon?"
"Ein paar Jahre, denke ich."
Ein guter Grund, damit aufzuhören. Zumindest für eine Weile – überrasche Deinen Körper mit einem neuen Trainingsreiz. Wenn Du obengenanntes Muster trainierst, wird es höchste Zeit für ein paar Boulder-Einheiten. Wenn Du in erster Linie Kraft trainierst, ist es Zeit für mehr Ausdauer. Wenn Du ständig projektierst, um schwere Routen rotpunkt zu klettern, dann solltest Du stattdessen in der Halle bouldern und draußen leichtere Routen onsight klettern.
Der Schlüssel ist die richtige Mischung. Versuche zwei Monate lang dies, dann zwei Monate lang das. Abwechslung in der Belastung wird Dir eine Verbesserung bringen.
Self-limiting beliefs
Erneut, hier ein kleiner, sehr typischer, Dialog mit einem Kletterer:
"Was glaubst Du, wo Deine Schwächen liegen?"
"Zu wenig Fingerkraft. Ich kann jede 7a klettern, aber XYZ kann ich wegen der fehlenden Fingerkraft nicht klettern."
"Ich kann nichts von fehlender Fingerkraft merken. Deine Finger sind sogar ziemlich stark. Ich bin mir sicher, dass Du XYZ klettern kannst."
(tags darauf via SMS:)
"Habe XYZ drei mal durchgestiegen! Es ist alles nur im Kopf – Gute Arbeit, Coach!"
Die Lektion daraus? Wir alle sind voreingenommen, und manche Annahme über uns selbst stimmt nicht und nützt uns auch nicht. Wenn Du diese Annahmen findest, kannst Du sie prüfen – und im Idealfall aufbrechen. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist: Deine Vorstellung davon, was möglich ist, zu hinterfragen. Dies ist eine der Aufgaben, die ein guter Coach übernimmt, aber Du kannst das auch selbst tun. Denk einmal über Dinge nach, von denen "Du weißt, dass Du sie nicht kannst". Jetzt frage Dich: "Warum ist das so?". Könnte es eine Situation geben, in der Du es doch könntest? Wie würde diese Situation aussehen? Was ist dafür notwendig?
Wenn Du diese Übung machst, wirst Du feststellen, dass Deine Annahmen oft falsch sind. Gar nicht schlecht, oder?
Der Autor

Lee Cujes kommt aus Australien, wo er auch Mitte der Neunziger Jahre mit dem Klettern begonnen hat. In erster Linie konzentrierte er sich aufs Tradklettern, hat dann später Routen erstbegangen und gelangte zum Sportklettern. Nach einigen Kletter-Reisen entwickelte er ein Trainingsprogramm und begann 2007, Kletterer zu trainieren. In seinen Upskill Climbing Camps, die er rund um die Welt veranstaltet, hilft er Kletterern, ihre Fähigkeiten auszubauen und ihre Ziele zu erreichen.
Lees Blog: Upskillclimbing.blogspot.com