Nach einer Verletzung ist guter Rat teuer. Nach eingänglicher Ruhigstellung sollten die verletzten Strukturen des Körpers schrittweise wieder an die erwünschte Belastung herangeführt werden. Dies geschieht idealerweise mit einer an die Verletzung und Person angepassten Reha. Die folgenden Auszüge aus dem Buch "Rehabilitation von Sportverletzungen" von Arjen van Duijin und Johannes Ariaan Overberg erläutern die wichtigsten Aspekte.
Eine Sportverletzung bedingt einen Ausfall mit Sportkarenz oder reduzierter Leistungsfähigkeit. Wie lange das dauert, ist von vielen Faktoren abhängig. Für den Sportler beginnt mit der Verletzung eine Phase der Unsicherheit: Wie lange falle ich aus? Bin ich danach wieder so fit und belastbar wie vor der Verletzung? Hinzu kommt ein gewisser Zeitdruck, der vom betroffenen Sportler selbst erzeugt wird (Wunsch nach schnellstmöglicher Rückkehr in den Wettkampf oder Sport)
Das Problem dabei: Wenn die Unsicherheit zunimmt und sich negative Gedanken häufen, beeinflusst dies die mentalen Verarbeitungsprozesse, was sich negativ auf Schmerzmechanismen auswirken und (Wund-)Heilungsprozesse bremsen kann. Für den betroffenen Sportler ist es von großer Bedeutung, dass für ihn so früh wie möglich ein Rehabilitationsplan erarbeitet wird, der wichtige Landmarken auf dem Weg zurück zum Sport setzt. Neben den Wundheilungsprozessen berücksichtigt ein solcher Plan ärztliche Vorgaben und Elemente aus der Trainingsplanung sowie Besonderheiten der jeweiligen Sportart.
Die biomechanische Belastbarkeit einer verletzten Struktur hängt von der ärztlichen Versorgung (z. B. Stabilität einer Sehnennaht) ab, von den biomechanischen Gegebenheiten (Druck, Hebelgesetze usw.) und nicht zuletzt von dem zu erwartenden Heilungsverlauf (Aspekte der Wundheilung). In der Summe ergibt sich daraus die Belastungssteigerung in der Rehabilitation. Wenn mehrere Strukturen verletzt sind, bestimmt die Struktur, welche am langsamsten heilt, die Einteilung der Phasen. So orientiert man sich bei einem Knochenbruch mit zusätzlicher Sehnenverletzung an der Sehnenverletzung, weil diese eine wesentlich längere Heilungszeit hat.
Die Planung der Reha-Phasen sollte von Ärzten oder Physiotherapeuten mit guter Kenntnis der Sportart vorgenommen werden. Üblicherweise beginnt man nach der eingänglichen Ruhigstellung (um die akute Phase abklingen zu lassen) mit der Wiederherstellung der Beweglichkeit. Ist der volle Bewegungsumfang schmerzfrei möglich, wird das verletzte Gewebe in kleinen, kontrollierten Schritten wieder an die Belastung herangeführt.
In der Remodellierungsphase hängen die physiologischen Prozesse viel stärker von einer konsequenten systematischen Belastungssteigerung als von autonom stattfindenden physiologischen Heilungsprozessen ab. Durch adäquate Reize finden Adaptationsprozesse im Gewebe statt. In dieser Phase werden oft dieselben Trainingsreize gesetzt wie sonst im normalen Training.
Für die Bestimmung des frühesten Wiedereintritts in ein Training (return to play, RTP) oder in die Wettkampfsituation (return to competition, RTC) müssen einige Punkte berücksichtigt werden:
- Vorgabe aus den Wundheilungsprozessen: frühester Zeitpunkt für den RTC erfolgt nach Ende der Reintegrationsphase.
- Beim Wiedereinstieg aus der Reintegrationsphase in die Wettkampfphase ist die Gefahr der Wiederverletzung hoch. Meistens gelingt es nicht, in einem Rehabilitationssetting den üblichen Trainingsumfang und die Intensität auf das Niveau der Wettkämpfe zu bringen.
- Obwohl die Entscheidung für RTP und RTC auch einer zeitlichen Vorgabe unterliegt, ist sie viel stärker von Kriterien abhängig. Somit ist die zeitliche Festsetzung der kriterienorientierten Bestimmung des RTP und RTC untergeordnet.
Die wenigsten Rehabilitationen verlaufen genau nach Plan (manchmal verbessert sich die Beweglichkeit nicht nach Plan, akute Zeichen bestehen länger als erwartet oder Kraftunterschiede sind zu groß), ist dies kein Grund dafür, keine Rehabilitationsplanung durchzuführen. Vielmehr bedarf es der Anpassung des Plans.
Das Thema Sportreha behandelt das 2021 erschienene Buch "Rehabilitation von Sportverletzungen" von Arjen van Duijin und Johannes Ariaan Overberg
