Die Methode des Flaschenzugs ist seit der Antike bekannt. Bis heute ist sie auch beim Klettern eine nützliche Methode, um die beim Heben von Lasten nötige Kraft zu verringern. Ob man nun einen schweren Rucksack nachzieht oder einem verletzten oder überforderten Nachsteiger über eine schwierige Passage helfen will: Gelegentlich kann es sehr nützlich sein, den Aufbau eines einfachen Flaschenzugs zu kennen.
Wir zeigen hier zwei Methoden, die nach dem gleichen Prinzip funktionieren und sich vor allem im eingesetzten Material unterscheiden. Einmal dient nur das Sicherungsgerät in der Plate-Funktion als Umlenkung mit Rücklaufsperre, in der zweiten Methode ersetzen wir dieses durch eine richtige Umlenkrolle mit integrierter Rücklaufsperre.
Weiter unten stellen wir euch einige der cleveren, kleinen Helfer vor, die im alpinen Gelände am Gurt nicht schaden und im Notfall eine effektive und schnelle Selbsthilfe ermöglichen.
Ausgangslage: Nachsteiger hängt an der Plate

Die Ausgangssituation in unserem Beispiel ist folgende:
- Der Vorsteiger sichert den Nachsteiger mit einem Sicherungsgerät mit Plate-Funktion nach (im Beispiel: DMM Pivot).
- Der Nachsteiger hängt (erschöpft oder verletzt) im Seil und braucht Unterstützung. Die Plate ist dadurch blockiert.
- Falls statt der Plate mit einem Halbmastwurf nachgesichert wird, kann der HMS mit einem Schleifknoten fixiert werden, ehe der Flaschenzug gebaut wird.
Methode 1: Express-Flaschenzug

- Der Express-Flaschenzug basiert im Grund nur auf einer einzigen zusätzlichen Umlenkung, die am Seil, das zum Nachsteiger führt, befestigt wird.
- Die schnellste und einfachste Methode dafür ist die Verwendung einer Tibloc. Diese kleine Behelfsklemme aus Edelstahl wiegt fast nichts und ist für alpine Unternehmungen ideal als Steigklemme oder um mal schnell einen einfachen Flaschenzug zu bauen.
- Die Tibloc wird mit einem Karabiner so am Seil zum Nachsteiger befestigt, dass sie bei Zug nach oben blockiert.
- In den Karabiner an der Tibloc wird nun das von der Plate kommende Bremsseil eingehängt. Damit ist der Expressflaschenzug bereits fertig. Die Einrichtung dauert keine Minute.
- Über die Umlenkung an der Tibloc kann nun das Bremsseil nach oben gezogen werden. Es wird dabei auch langsam durch die Plate gezogen, das dabei als Umlenkung mit Rücklaufsperre fungiert. Bei Entlastung der unteren Umlenkung blockiert die Plate wieder, die Tibloc wird am Seil wieder nach unten geschoben, und der gesamte Vorgang wiederholt.
- Vor allem in der Plate treten hohe Reibungskräfte auf, weshalb dieser Expressflaschenzug nur mäßig effektiv ist. Damit eine freihängende Person hochzuziehen, wird kaum gelingen. Dafür bedarf es vor allem einer Reduzierung der im System auftretenden Reibung (siehe Methode 2).
- Beim Nachsichern mit HMS ist diese einfache Methode schlecht anwendbar, da dieser im Gegensatz zur Plate unter Last nicht „automatisch“ blockiert. Hier greift man besser zur Methode 2.
- Die Tibloc lässt sich nur an einem Seilstrang anbringen. Wer mit Halb- oder Zwillingseil unterwegs ist, kann entweder die Tibloc durch eine Prusikschlinge ersetzen oder den Flaschenzug an nur einem Strang aufbauen. Der genügt ja, um dem Nachsteiger über eine schwere Stelle zu helfen.
Methode 2: Flaschenzug mit Umlenkrollen

- Wenn der Express-Flaschenzug (Methode 1) nicht ausreicht, kann mit einer Rolle mit Rücklaufsperre ein deutlich leistungsstärkerer Flaschenzug aufgebaut werden.
- Dazu wird eine Rolle mit Rücklaufsperre (in unserem Beispiel: die Micro Traxion Petzl) unterhalb der Plate in das zum Nachsteiger führende Seil eingehängt. Die Orientierung ist so, dass sie bei Zug Richtung Nachsteiger blockiert. Mit einer Schlinge mit Verschlusskarabinern (nicht nur hier sehr praktisch: die Edelrid Pure Slider Karabiner) wird diese Rolle direkt mit dem Zentralpunkt am Stand verbunden (Bild A).
- Anschließend wird die Plate entlastet, indem man mittels eines Karabiners solange Seil durchlaufen lässt, bis das Seil zwischen Plate und Umlenkrolle locker ist (Bild A).

- Man zieht nun noch mehr Bremsseil durch die Plate, bis man es in die Umlenkung an der Tibloc einhängen kann (BIld B).
- Damit ist der Flaschenzug mit selbstblockierender Umlenkrolle erst mal fertig. Hier kommt schon wesentlich mehr an Zugkraft beim Nachsteiger an, weil die Plate nicht mehr Teil des Systems ist, wodurch ein Großteil der Reibung entfällt.

- Zur Krönung kann nun noch eine weitere Umlenkrolle (im Beispiel eine Roll‘n‘Lock mit entriegelter Blockierfunktion, an dieser Stelle würde aber auch eine einfache Umlenkrolle genügen) an der Tibloc angebracht werden (Bild C). Mit diesem System braucht ihr noch ungefähr ein Drittel der Kraft, die am direkt nach unten belasteten Seil anliegt, um den Nachsteiger hochzuziehen. Damit können leichtere Personen auch einmal ein Stück freihängend hochgezogen werden. Allerdings werden nur wenige Alpinisten oder Kletterer in Mehrseillängenrouten gleich zwei Umlenkrollen dabei haben.
- Ist der Nachsteiger über die schwierige Stelle weg beziehungsweise in Gelände, wo er wieder stehen kann, zieht man das mit dem Flaschenzug eingezogene Seil durch die Plate und kann dann die Rollen und die Tibloc entfernen.
Equipment: Helfer in der Not

- Nur 35 Gramm wiegt die Tibloc von Petzl. Sie ist extrem leicht anzubringen und klemmt bei Belastung das Seil zwischen der gezahnten Innenseite und einem Karabiner fest ein (Preis: 29,95 €).
- Etwas aufwendiger konstruiert ist der Ropeman, eine kleine Seilklemme von Wild Country. Er hat einen innenliegenden Klemmbacken, aber keine Umlenkrolle (Gewicht: 62 g; Preis: 54,95 €).
- Die Petzl Micro Traxion ist eine kugelgelagerte Umlenkrolle mit integrierter Rücklaufsperre. Diese kann auch entriegelt werden, dann wird die nur 85 Gramm schwere Micro Traxion zur reinen Seilrolle. Konzipiert ist sie für Flaschenzug, Spaltenbergung und Selbstrettung (Preis: 74,95 €).
- Mit nur 60 Gramm Gewicht ist der Spoc von Edelrid die leichteste Rolle mit Rücklaufsperre am Markt. Dank der großen Karabineröse lassen sich auch Verschlusskarabiner im Spoc locker drehen (Preis: 64,95 €).
- Auch das Roll‘n‘Lock von Climbing Technology bietet Rolle und Sperre in einem. Durch seine flache, breite Rolle klemmt es sogar an Bandschlingen und kann so auch zur Regulierung der Selbstsicherungslänge am Stand verwendet werden (Gewicht: 80 g; Preis: 74,95 €).