Babsi Zangerl hat im November 2024 Klettergeschichte geschrieben. Der 36-jährigen Tirolerin gelingt der Flash der Route Free Rider am El Capitan im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien. Als erste Person überhaupt klettert sie eine Route an der legendären, 900 Meter hohen Granitwand sturzfrei im ersten Versuch. Zangerl meisterte alle 34 Seillängen bis 7c+ auf Anhieb, ohne vorherige Versuche, und bewies damit eindrucksvoll ihre Klasse im Big-Wall-Klettern.
Einziger Wermutstropfen ist das knappe Scheitern ihres Lebens- und Seilpartners Jacopo Larcher, der an einer Schlüsselstelle stürzte.
Diese Ausnahmeleistung ist das Ergebnis eines langen Weges und von Zangerls Vielseitigkeit. Ihre Karriere begann in einer kleinen Boulderhalle in Tirol. Schon früh wechselte sie an den Fels, wo ihr als erster Frau ein 8b-Boulder gelang. Eine Rückenverletzung zwang sie später, das Bouldern aufzugeben. Doch gerade das öffnete neue Türen im Seil-, Trad- und Big-Wall-Klettern. Immer wieder lernte sie von Grund auf neu, entwickelte sich weiter und wurde zur Allrounderin.
Den Flash am El Cap hatten sie und Jacopo Larcher übrigens nicht als großes Projekt geplant. Nach Jahren gemeinsamer Erfahrung wagten sie den Versuch. Sie trainierten gezielt an breiten Offwidth-Rissen, die technisch und körperlich extrem fordernd sind. Die mentale Herausforderung, bei einem einzigen Versuch sturzfrei zu klettern, machte den Erfolg umso beeindruckender.
Für ihre außergewöhnliche Karriere und ihren Beitrag zum modernen Alpinismus erhält Zangerl am 20. September 2025 den renommierten Paul-Preuss-Preis. Die Verleihung findet in Altaussee statt, der Heimat des legendären Freikletterers Paul Preuss, der 1913 im Dachsteingebirge tödlich verunglückte.
Die Jury zeichnet Zangerl als "würdige Extremkletterin im Sinne von Paul Preuss" aus, für Freikletterstil, Pioniergeist, Risikobewusstsein, mentale Stärke und technische Präzision. "Es ist eine große Überraschung und Ehre, in so eine hochkarätige Liste aufgenommen zu werden", sagt Zangerl auf Rückfrage von klettern.
Babsi Zangerl denkt bereits an zukünftige Projekte, allen voran eine eigene alpine Erstbegehung. "Für mich ist es der Inbegriff von Pioniergeist, eine logische und ästhetische Linie in noch unerschlossenem Gelände zu finden", sagt sie. Auch wenn das heute in vielen Gebieten schwierig geworden sei, reize sie gerade diese Herausforderung.