- Anreise, Absicherung und weitere wichtige Infos zum Klettern im Okertal
- Menü-Empfehlungen von Führer-Autor Axel Hake zum Bouldern & Klettern im Okertal
Anreise, Absicherung und weitere wichtige Infos zum Klettern im Okertal
Das eher für Agrarsteppen bekannte Niedersachen, spärlich bevölkert von mürrischen, wortkargen Menschen ("sturmfest und erdverwachsen", wie das Lied der Niedersachsen das nennt), weist in seinen südlichen Hügellandschaften eine stattliche Anzahl von erstaunlich vielfältigen Felsgebieten auf. Der Harz ragt aus den Hügeln mit einer immerhin 1142 Meter betragenden Gipfelhöhe am Brocken deutlich heraus und ist als Mittelgebirgsmauer aus der norddeutschen Tiefebene schon aus weiter Ferne zu sehen.

Das größte Granitklettergebiet des Harzes ist das Okertal. An 106 Kletterfelsen versprechen 1280 Routen und Varianten vielfältigen Kletterspaß. Kaum irgendwo sonst hat man auf engem Raum so viel Platz für alle Spielformen des Kletterns. Man kann in Bodennähe beim Bouldern patschen, hooken, slopern, beim Sportklettern Bohrhaken klippen, beim Tradklettern Keile und Friends in Risse versenken, auf langen Graten Mehrseillängenrouten klettern und zu großen Überschreitungsserien aneinanderreihen und schließlich in überhängenden Wänden mit Leitern herumhangeln.
Anreise: Ins Okertal kommt man sehr einfach mit Bus und Bahn. Das ist klimafreundlich und schont die Nerven. Wer ein Fahrrad dabeihat, ist in manchen Gebieten sogar schneller als der Fußgänger. Per Bahn nach Goslar und weiter zum am Taleingang gelegenen Ortsteil Oker. Vom Bahnhof Goslar bzw. Oker fährt die Buslinie 861 (Regionalbus Braunschweig GmbH) in Richtung Altenau durch das Okertal. Im Tal gibt es zwei Haltestellen: Eine am Beginn am Waldhaus Oker. Für die Felsgruppen bis etwa der Mitte des Tals steigt man hier aus. Die ersten Felsen der Adlerklippengruppe sind von der Haltestelle in zehn Minuten zu Fuß zu erreichen, die Marienwandgruppe in etwa 25 Minuten. Die zweite Haltestelle ist in Romkerhalle. Von hier sind es nur wenige Minuten zu den Felsen der Rabowklippengruppe, etwas weiter zur Scheckenkopf- und Kästegruppe.

Unterkunft: Neben vielen Hotels und Pensionen gibt es in der Umgebung des Okertals drei Campingplätze. Empfehlenswert ist der Platz in Göttingerode. Wohnmobilstellplätze gibt es in Schulenberg und Altenau.
Lage und Zugang: Die Felsen an den Ost- und Westhängen des Okertals stehen auf relativ kleinem Raum eng beieinander. Die Entfernung von den ersten Felsen im Norden zu den letzten im Süden beträgt 3,5 Kilometer Luftlinie.Der leichteren Orientierung halber werden die Felsen in elf Teilgebiete unterschieden. Alle Felsgruppen werden von den Parkplätzen an der Straße im Talgrund mehr oder weniger schnell erreicht.
Klettern und Naturschutz: Das Okertal ist seit 2010 Landschaftsschutzgebiet. Das Betreten des Waldes ist im LSG überall erlaubt, ebenso das Klettern auf bestehenden Kletterrouten. Temporäre Sperrungen: Rabowklippe, Uhuklippe, Großer Treppenstein und die Scheckenkopfgruppe sind vom 1. Februar bis zum 31. Juli jeden Jahres gesperrt. Aktuelle Infos über Felssperrungen findet Ihr auf den Internetseiten des DAV Landesverband Nord und der IG Klettern Niedersachsen. Zelten und Campieren ist generell verboten.

Ausrüstung – Absicherung:
Im Okertal herrscht eine Mischabsicherung von Bohrhaken und mobilen Sicherungen vor. Wenn Klemmkeile und Friends mit vertretbarem Aufwand platziert werden können, stecken keine Haken. Daher ist der geübte Umgang mit mobilen Sicherungen Voraussetzung für entspannte und sichere Klettertage im Tal. Empfehlenswert ist folgendes Sicherungsmaterial: Zwei 60er Bandschlingen, Klemmkeilset, Friends von Größe 0,3 (schmaler Fingerriss) bis 3 (schmaler Faustriss), 8 Expressen. Ein 60-Meter-Seil reicht an allen Felsen aus. Der Granit ist oft sehr rau und die kleinen Kristalle manchmal scharf und Rissklemmer schmerzhaft. Tape, Risshandschuhe und kniebedeckende Hosen haben daher im Okertal durchaus ihre Daseinsberechtigung.
Wann an welchen Fels?
In den heißen Sommermonaten bieten sich die kühlen Nordwände von Treppenstein, Großem Dülferklotz und Adlerklippe an sowie die Felsen im dichteren Wald in der Kuhschietentalgruppe. In den Nachmittagsstunden liegt die westliche Talseite im Schatten, zum Beispiel die schöne Ostseite der Tofana.
Wer die Sonne bevorzugt, findet an den Südwänden von Rabowklippe, Adlerklippe und Schlafendem Löwen kuschelig warme Bedingungen. Steht von November bis Februar die Sonne besonders flach, bieten die höher am Talhang gelegenen Felsen Großer Kurfürst, die Untere und Obere Studentenklippe und die Ziegenrücken Westwand oft sehr gute Kletterbedingungen.
Die oberen Felsen auf der Westseite des Tals bekommen zuerst die Morgensonne zu sehen. Das sind die Dülferklötze, die Adlerklippen und etwas später die Marienwand. Wenn das Tal langsam im abendlichen Schatten versinkt, ist es an Felsen der östlichen Talseite am längsten sonnig. Die Obere Studentenklippe wird sehr lange von der Sonne verwöhnt. Und an der hoch gelegenen Ziegenrückenklippe wird zuletzt das Licht ausgemacht.

Kletterführer: Quasi druckfrisch ist der Führer "Harz Rocks 1, Okertal" von Axel Hake. Das Buch aus dem Geoquest Verlag beschreibt auf knapp 300 Seiten alle Felsen und Routen im Mekka des Harzkletterns.
Der Boulderführer "HarzBlock" von Heiko Apel ist beim Verlag derzeit leider vergriffen. Eine Neuauflage ist für 2020 geplant. Einige wenige Exemplare sind im KLETTERN-Shop noch erhältlich.

Menü-Empfehlungen von Führer-Autor Axel Hake zum Bouldern & Klettern im Okertal
Willkommen im Restaurant Oker Rocks! Es freut mich, dass Sie den Weg zu uns in den Norden des Harzes gefunden haben. Ich möchte Sie im Namen des Restaurant Oker Rocks hier im Okertal herzlich begrüßen! Bitte bleiben Sie einen Moment bei mir. Sie werden gleich platziert, sobald ein Fels frei ist.
Haben Sie schon einen Blick auf unsere Karte geworfen? Nein? Da uns ein bisschen Zeit bleibt, würde ich Sie gerne etwas herumführen, wenn Sie Lust haben. Darf ich fragen, ob Sie schon einmal bei uns zu Gast waren? Im Vertrauen, Sie haben mit dem Okertal eine gute Wahl getroffen, Sie werden im Harz kaum etwas Schöneres finden.

Ach, Sie sind das erste Mal im Harz? Das freut mich! Na, dann informiere ich Sie gerne über das nördlichste Mittelgebirge Deutschlands. Unterbrechen Sie mich einfach, wenn Sie Fragen haben. Unsere Routenküche ist besonders für Genussrouten an festem, rauen Granitgestein bekannt, da könnte ich Ihnen viele schöne Kletterwege zwischen Drei und Sechs empfehlen. Manche davon sind sogar mehrere Seillängen lang. Wer es etwas schärfer mag, für den haben wir gerade in letzter Zeit viele neue Sportkletterwege zwischen Sieben und Zehn ins Programm aufgenommen. Unsere Köche haben sich mächtig ins Zeug gelegt, da gibt es ganz tolle Schmankerl.
Sind Sie denn im Umgang mit mobilen Sicherungsmitteln geübt? Sie haben Friends und Keile dabei? Das ist gut, denn die werden Sie sicher brauchen. Wie viele Kletterspezialitäten wir hier auf der Karte haben? Eine gute Frage! Im Okertal haben wir 1280 Routen und Varianten, da ist bestimmt etwas für Sie dabei.
Als Vorspeise kleine Häppchen
Ja, was ich empfehlen würde? Das hängt natürlich ganz von Ihrem Geschmack ab. Am besten gebe ich Ihnen einen kleinen Überblick, dann können Sie selbst Ihre Wahl treffen: Als Vorspeise empfehle ich gerne einige knackige Boulder, da können Sie sich spielerisch mit den Besonderheiten des Gesteins vertraut machen. Unser Küchenchef Heiko Apel hat mehr als 1900 Boulder in den aktuellen Boulderführer HarzBlock 2.1 aufgenommen, davon mehr als die Hälfte im Okertal. Am besten schauen Sie mal auf der östlichen Talseite in die Studentenklippengruppe – der Zustieg ist bequem in zehn Minuten zu machen. Auf dem Zustieg lohnt sich ein Abstecher zur Titanic. Dort gibt es ganz tolle Boulder, unter anderem Die Geister, die ich rief (7C+) oder den König der Welt (7C) und den König der Blechschäden (7C+).
Ja natürlich, das ist schon sehr anspruchsvoll. Aber ich verspreche Ihnen, an der Unteren Studentenklippe am Sonneneck oder etwas darüber zum Beispiel am Rapa-Nui oder dem Krönchen, da gibt es viele Boulder zwischen 5B und 7A, da werden Sie Ihren Spaß haben. Wir haben dort raue Kristallplatten, senkrechte Leistenboulder, einige Risse von fingerschmal bis körperbreit und auch Dächer mit großen, runden Henkeln – es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Eine Spezialität sind die Bewegungsprobleme an der runden Reibung – eine ganz tolle Sache – probieren Sie es einfach aus! Nein, Matten verleihen wir hier leider nicht, das tut mir leid.
Wenn Sie mich nach dem ersten Gang fragen, da nehme ich gerne etwas Leichtes, das nicht so belastet. Ich könnte Ihnen jetzt natürlich unsere Dauerbrenner Marienwand, Teufelskanzel oder Schlafender Löwe empfehlen, dort gibt es Routen in allen Schwierigkeitsgraden. Und sie liegen schnell erreichbar im Talgrund am munter sprudelnden Wasser der Oker. Ach, ich merke gerade, die Felsen sind heute bereits belegt. Das ist an schönen Tagen leider oft so, da wird es schnell richtig voll. Aber im Vertrauen, dort wird sowieso eher "Fast-Food-Kletterei" geboten – hier im Hause sagen wir unter uns gerne "Das Mekka der gehfaulen Genusskletterer" dazu.

Lang und leicht als erster Gang
Wie ich Sie einschätze, suchen Sie doch eher das Besondere, das Spezielle, eben nicht das Erlebnis von der Stange? Sozusagen Gaumenfreuden, die man nicht überall erleben kann? Das freut mich, dass ich Sie da richtig eingeschätzt habe! Da hätte ich etwas für Sie!
Wie wäre es mit langen, leichten Routen, gerne auch über mehrere Seillängen? Schönes, leichtes Steigen mit mobilen Sicherungen und Gipfelerlebnissen, vielleicht gekrönt von Abseilen oder Absteigen? Der Harz ist mit dem Brocken mit 1142 Metern Höhe ja ein richtiges Gebirge, und auch im Okertal hat man mehr als in anderen Klettergebieten oft das Gefühl, an richtigen kleinen Felsbergen unterwegs zu sein.
Die abwechslungsreichsten langen Grate unseres Tals sind der Rabowklippen-Grat (3), der Kurfürst-Grat (4+), der Treppenstein-Grat (4), der Adlerklippen-Grat (4). Das wäre etwas für Sie! Beginnen Sie doch einfach am Großen Kurfürst. Die Überschreitung startet ganz harmlos mit Platten im dritten Grad, steilt sich dann mit einem überbreiten Riss auf (wir sagen Bonanza-Riss dazu, weil man ihn an der Seite sozusagen hinaufreiten kann), gefolgt von einer tollen Reibungsplatte im vierten Grad, die direkt am Gipfel endet. Von dort kann man zum Wandfuß abseilen und steht vor den Routen der Südwand.
Entschuldigen Sie, wenn ich da einhake, urteilen Sie nicht zu früh, der vierte Grat ist im Okertaler Granit manchmal nicht so leicht, wie sie es aus anderen Gebieten kennen. Wo klettern Sie denn normalerweise? Sehen sie, hier sind Vierer oft echte Kletterei, die spezielle Techniken verlangen. Die Griffe sind rund, die Tritte auf den Platten schräg, da fühlen sich Gebietsneulinge schnell unwohl. Ja, da stimme ich zu, viele Passagen lassen sich elegant und kraftsparend lösen, aber dazu braucht man eine gewisse Eingewöhnungszeit. Also darf es die Kurfürst-Überschreitung sein? Ist notiert.
Als Hauptspeise ein Klassiker
Wenn wir gerade am Großen Kurfürst sind, da kann ich Ihnen auch gleich einige schmackhafte Hauptspeisen anbieten. Besonders empfehlenswert sind im Okertal die klassischen Sechserrouten. Was Ende der 1970er Jahre die Grenze des Menschenmöglichen war, ist heute oft die Krönung des Genusskletterns. Ich kann Ihnen versichern, bei den klassischen Sechsern des Tals kommen Sie voll auf Ihre Kosten! Das ist Genuss par excellence!
Ach, ich komme ins Schwärmen, wenn ich an den Balkonweg (6) an der Marienwand denke – ein cleaner Hand- und Faustriss, gefolgt von einer Prachtverschneidung. Oder nehmen Sie die Molybdänverschneidung (6) und die Plastikrippe (6) am Schlafenden Löwen oder die Ostwand (6) mit dem knackigen Verschneidungsriss an der Uhuklippe. Oder die Große Nordverschneidung (6+) mit ihrem beeindruckenden Dach oder die elegante Nordwestverschneidung (6) an der Treppenstein-Nordwand … entschuldigen Sie, ich schweife ab … wo waren wir? Ach ja, am Großen Kurfürst. Sie haben sich entschieden? Was darf ich notieren? Rechter A-Riss (5+), Walfischpfeiler (6), dann Weg der Freizeit (7-). Eine gute Auswahl! Die Routen können Sie übrigens auch im Winter klettern, der Fels ist plattig, steil und liegt südexponiert in der Sonne. Den Gelben Delfin (8-), den Seewolf (8) und den Frischen Fisch (9-) würde ich auch in die engere Wahl ziehen. Dieses Mal nicht? – Gut, merken Sie sich das für den nächsten Besuch vor.

Zum Dessert Risse oder Sportklettern
Was darf ich als Dessert bringen? Haben Sie noch etwas Luft und Kraft? Meine Empfehlung: Sie sollten unbedingt mal eine unserer Rissspezialitäten testen! Vielleicht haben Sie schon vom Schwiegermutterriss (5) am Treppensteinturm gehört, dem Schrecken des Okertals… Ehrlich gesagt, so schrecklich ist der nicht. Schwiegermütter sind ja heute auch nicht mehr so grausig wie früher, haha… Oh, Sie sind selbst Schwiegermutter? Bitte entschuldigen Sie den kleinen Scherz. Alternativ schlage ich den Linken A-Riss (6+) am Kurfürst und den Gelben Riss (6+) am Großen Treppenstein vor Die sind wirklich schrecklich. Sehr rau und schrubbig und trotzdem will es irgendwie nicht richtig klemmen. Sehr elegant ist der Holzkeilriss (7-) an der Ziegenrückenklippe.
Wenn Sie scharfe Risse mögen – am nahegelegenen Ziegenrückenturm finden Sie den Völkermordriss (8/8+), ein enger, steiler Fingerriss. Da muss man schon mal den Arzt rufen, wenn der zubeißt. Aber keine Angst, so verklemmt sehen Sie ja gar nicht aus, haha…
Von dort oben haben Sie auch einen besonders schönen Blick über das ganze Tal in die Ebene des Harzvorlandes. Und Sie finden viele weitere prächtige Routen, der Weg lohnt sich! Unter anderem haben wir dort einen glatten Zehner im Angebot, die Letzte Bastion (10) von Nils Könekamp. Auch seine 30 Jahre zuvor gekletterte Route Fixogum (9), eine kleinleistige und kratzige Plattentour, gehört zu den Sportkletterklassikern des Gebiets. Und wenn Sie schon mal dort sind – testen Sie die Via Fritz (8-), die ist richtig toll!
Jetzt haben wir so lange über die Klettereien geredet, ich habe glatt die Getränke vergessen – Was darf ich Ihnen denn zu trinken bringen? Ein Bier aus der Region? Das Harzer Urstoff ist lecker, wird hier in der Nähe in Altenau gebraut. Was darf es für Sie sein? Ein Wasser? Medium oder naturell? Naturell also! Das Okertaler Quellwasser kann ich sehr empfehlen. Unten am Parkplatz unter dem Eschwegefelsen ist eine Wasserfassung des Tränkebachs – ja, sehr lecker, kalt und klar.
Damit wir nichts vergessen, fasse ich Ihre Okertaler Spezialitäten-Auswahl zusammen: Als Vorspeise Bouldern an den Studentenklippen, dann als erster Gang das Klettern einiger langen Grate, als Hauptspeise die klassischen Sechser des Tals. Als Dessert hatten Sie sich wahlweise für Risse oder für Routen an der Ziegenrückenklippe entschieden.
Stimmt’s soweit? – Prima! Ich beglückwünsche Sie, Sie haben eine gute Wahl getroffen. Hinterher als Digestif Schierker Feuerstein für alle, na selbstverständlich. Und jetzt wünsche ich guten Appetit, lassen Sie sich’s schmecken!