Sportklettern rund um Mittweida
Gut gesichert klettern in Sachsen

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11 neue oder wiederentdeckte Felsen und Steinbrüche in Mittelsachsen, die meisten davon sind gut gesichert und sonnenexponiert.

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Foto: Mathias Weck

Info: 11 Klettergebiete nordöstlich von Chemnitz

Felsvielfalt für Genießer und Ambitionierte: Wissenswertes zum Klettern in Mittelsachsen.

Die hier präsentierten Klettergebiete haben mit den Traditionen des Elbsandsteins nur wenig zu tun. Die mittelsächsischen Felsen bieten normales Sportklettern mit besserer Absicherung. Die Neutouren sind größtenteils von oben eingerichtet worden, das Benutzen von Chalk ist erlaubt. Hier hat das moderne Sportklettern Einzug gehalten im Herzen Sachsens.

Unsere Highlights
Sportklettern Mittelsachsen
Ulf Wogenstein
Der Rosenkrieg (7-) an den Kriebethaler Wänden verfügt über Klassikerstatus.

Klettern

Das Gestein im Zschopautal ist ein harter, relativ glatter Granulit, dessen Festigkeit an den Rändern der Steinbrüche leider ein wenig nachlässt (Helm!). Geboten werden im Zschopautal fast durchweg gut abgesicherte Sportkletterrouten, nur in wenigen Routen muss mobil nachgebessert werden. Die Wandhöhen rangieren zwischen 15 und 35 Meter.

Beste Zeit

Südwest-Exposition und das schnell trocknende Granulitgestein machen die Kriebethaler Wände perfekt für die kalte Jahreszeit respektive als Alternative zur Sächsischen Schweiz bei wechselhaftem, feuchtem Wetter. Auch der Rote Bruch bei Mittweida ist eher ein Ziel für kühle Tage. Die restlichen Felsen bei Mittweida und die Zschopauwand bieten auch in der warmen Jahreszeit tageszeitabhängig ausreichend Schatten.

Sportklettern Mittelsachsen
Mathias Weck
Traumlinie: Dieser Riss im Gleisbergbruch bei Rochlitz trägt den klingenden Namen Erleuchteter Pfad (7-)

Anfahrt

Das Klettergebiet im nördlichen Zschopautal befindet sich rund 20 km nordöstlich von Chemnitz. Von den drei sächsischen Großstädten erreicht man die Klettergebiete bei Mittweida mit dem Auto in unter einer Stunde. Eine brauchbare Zuganbindung nach Mittweida existiert lediglich von Chemnitz. Von Mittweida weiter mit dem Bus oder einfacher mit dem mitgebrachten Fahrrad.

Unterkunft

An der Talsperre Kriebstein gibt es drei gut ausgestattete Campingplätze, strategisch günstig gelegen ist der in Lauenhain. Wer richtig die Seele baumeln lassen möchte, dem sei der idyllische MiO-Campingplatz im nahe gelegenen Ottendorf empfohlen, wo öfters Veranstaltungen stattfinden: www.mio-minicamping.de.

Kletterführer

Sportklettern Mittelsachsen
Verlag
Kletterführer Mittelsachsen, erschienen im Geoquest-Verlag

Im Geoquest-Verlag erschienen ist der "Kletterführer Mittelsachsen", der alle Gebiete in der Karte ausführlich beschreibt. www.geoquest-verlag.de; 25 Euro; Kletterführer Mittelsachsen direkt hier im KLETTERN-Shop bestellen. Das Bouldergebiet Chemnitztal wird im Geoquest-Boulderführer "Erzbloc" (32 Euro) vorgestellt; Erzbloc-Boulderführer direkt hier im KLETTERN-Shop bestellen.

Die ganze Story: Neue und wiederentdeckte Wände im Zschopautal und rund um Mittweida

Dass man im nördlichen Zschopautal im Erzgebirgsvorland hervorragend Sportklettern kann, ist nichts Neues. Dass sich neben den etablierten Kriebethaler Wänden und der Zschopauwand bei Frankenberg vor allem an den Felsen rund um das kleine Städtchen Mittweida in den letzten zwei Jahren unheimlich viel getan hat, sind dagegen brandheiße News. Ein Spot ist von besonderer Bedeutung: der Rote Bruch am südlichen Stadtrand von Mittweida. Wer das erste Mal vor der "Riesenwand" steht, wird den Kopf ganz schön in den Nacken legen.

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Michael Meyer
Eine der härtesten im Roten Bruch: Tobias Wolf bekämpft die Infektionskette (10-).

Bis in die 1990er-Jahre blockierte eine Fabrik den Zugang zur Wand. Die Fabrik wurde abgerissen, das Gelände verwilderte. Bereits 2013 entdeckte Gerald Krub das Potenzial und richtete mit Freunden die ersten Routen in den Randbereichen des gewaltigen Steinbruchs ein. Auch durch den zentralen Teil der Riesenwand fand Gerald eine kletterbare Linie – den heutigen Extremklassiker Desert Storm (8+). Doch dann kehrte wieder Ruhe ein im Roten Bruch, und die Riesenwand schlief ihren Dornröschenschlaf weiter.

Renaissance der Riesenwand

Erst im Frühjahr 2020 rückten die mittelsächsischen Klettergebiete an der Zschopau in den Fokus. Mit Corona setzte im Roten Bruch eine breit angelegte Erschließung ein, vor allem die beeindruckende, 35 Meter hohe Riesenwand hatte es uns angetan. Mit Tom Ehrig, Thomas Hering und Tino Tanneberger bohrten wir geniale lange Linien ein und konnten sie schließlich auch punkten. Die Schwierigkeiten in den senkrechten bis leicht überhängenden Ausdauerrouten an der Riesenwand beginnen bei UIAA 8 und reichen bis zum unteren 10. Grad. Egal ob die pumpigen Hangelrisse von Desert Gold (8), die feine Wandkletterei im Kontaktverbot (9-), die technischen Moves von Goldgräberstimmung (9) oder eben der ultralange Klassiker Desert Storm: Alle Routen an der Riesenwand sind mehr als lohnend. Neben den schweren Wegen gibt es im Roten Bruch auch viele Routen von 6- bis 7+. In der Mitte des Steinbruchs befindet sich ein geräumiger Lagerplatz – perfekt zum Spielen für Kids oder für einen gemütlichen Tag auch mit einer großen Gruppe. Einziger Wermutstropfen ist das teils noch etwas bröselige Gestein und dass durch Niederschläge regelmäßig etwas Sand in die Routen gespült wird. Ein Helm und eine Bürste gehören also mit ins Gepäck. Dafür bleibt die Riesenwand durch ihre Steilheit bei leichtem Regen relativ trocken, so dass nach einem Schauer bald wieder geklettert werden kann.

Im Seidelbruch am Rochlitzer Berg bietet Porphyrtuff Abwechslung zum Granulit im Zschopautal.

Wildromantisches Felsmenü

Auch in den anderen im neuen Kletterführer Mittelsachsen erstmalig vorgestellten Gebieten bei Mittweida hat sich viel getan. In direkter Nähe der kleinen Hochschulstadt hat die Zschopau ein wildromantisches Tal ins sächsische Hügelland gegraben – mit einigen schönen Kletterzielen an den Hängen. Die Felswände bei Kockisch bestehen aus mehreren Bereichen: Einmal die Kocksche Wand, ein ehemaliger Steinbruch mit großzügigen Linien bis 25 Meter Höhe. Bereits in den 1970er-Jahren eröffneten hier und an den restlichen Felsen des Gebiets Jürgen Kowallick und Gefährten eine Menge leichte Routen. In den letzten Jahren kamen gut gesicherte Wege in den mittleren Graden dazu. Besonders schön: Frühjahrssonne (5+) und Verbotene Frucht (7+). Wenige hundert Meter flussabwärts steht der zweiteilige Katzfels. Die bis 18 Meter hohen Felsen bieten Klettern direkt am Wasser, das Gros der Routen liegt in gemäßigten Graden. Der Pfeilerweg (6+) und die Vollendung (6+) sind sicher die schönsten. Ambitionierten empfiehlt sich der technische Leistenzauber (8-) und La perla del falesia (8). Ganz am nördlichen Ende des Gebietes Kockisch steht die zwölf Meter hohe Vergessene Wand mit leichten Routen. Auch in der näheren Umgebung: die Wilde Wand bei Ringethal und die beiden Malerfelsen. An ersterer wurden in den letzten Jahren viele Neutouren im Bereich 6- bis 7+ erschlossen, durch den nahen Wanderweg ist das Ambiente zudem sehr kinderfreundlich. Die beiden Malerfelsen liegen etwas weiter nördlich in der Nähe des Campingplatzes Lauenhain und bieten leichte Klettereien mit bis zu zehn Metern Höhe in ruhiger Umgebung.

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Olaf Rieck
Noch ein Kriebethaler Klassiker: Ulf Wogenstein klettert den Großen Pfeiler (7-).

Fünf Ringe für Ringethal

Und dann gibt es noch ein besonderes Schmankerl für Genusskletterer und Wanderfreunde: die "Fünf-Ringe-Runde". Klettern ist olympisch, das soll nicht nur Hochleistungssportler motivieren. Auch Plaisirkletterer sollen vom Motto "Dabei sein ist alles" profitieren, dachte sich Steffen Heimann, der rührige Gebietsbetreuer der Kriebethaler Wände, und sanierte vor kurzem einige alte Routen. Herausgekommen ist die schöne Runde "Fünf Ringe für Ringethal", eine kombinierte, fünf Kilometer lange Wander- und Klettertour. Sie eignet sich hervorragend, um das Mittweidaer Gebiet kennenzulernen und einen schönen Tag in der Natur zu verbringen.

Start ist im alten Ortskern von Ringethal bei der sehenswerten Kirche, auf den vielen Hinweisschildern kann man einiges über die Gegend und ihre Geschichte erfahren. Auf dem Zschopautalweg geht es flussaufwärts zum ersten Felsen: die Wilde Wand mit dem Wilden Wändchen (5-) samt Gipfelbuch zum Eintragen. Weiter flussaufwärts bei der Liebenhainer Mühle kann man die Hängebrücke, das Wehr und die Fischtreppe besichtigen und auf der anderen Flussseite im beschaulichen Ort Kockisch einkehren. Westwärts geht es weiter zur Kockschen Wand. Die Frühjahrssonne (5+) bietet eine erstklassige Aussicht über das Zschopautal und ebenfalls ein Wandbuch. Von dort geht es runter ans Ufer der Zschopau zum Breiten Katzfels, wo der Sonntagsweg (5-) direkt über dem Wasser in schöner Kletterei das Felsriff hinaufführt. Keine 50 Meter flussabwärts am Schmalen Katzfels leitet im linken Teil der Felswand die Sternschnuppe (4+) mit schönen Strukturen entlang einer Kante zum obligatorischen Abseilring. Fehlt noch eine Route. Nach einer kurzen abenteuerlichen Traverse direkt über dem Wasser treffen wir wieder auf den Wanderweg. Auf ihm gelangen wir zur Vergessenen Wand und damit zum Abschluss der "Fünf-Ringe-Runde": Zum Ring im Tal (5-). Danach empfiehlt es sich, im liebevoll gestalteten Baumpark in Ringethal noch etwas zu entspannen und den erlebnisreichen Tag gemütlich ausklingen zu lassen.

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Lutz Zybell
Die zweite Station der Fünf Ringe für Ringethal: Oskar Zybell klettert die Frühjahrssonne (5+) an der Kokschen Wand

Klassiker Kriebethaler Wände

An den imposanten Felsen der Kriebe­thaler Wände nördlich von Mittweida wird bereits seit den 1960er-Jahren geklettert. Nach der Wende rückte das Sportklettern in den Vordergrund. Kletterer aus Döbeln sanierten die alten Anstiege, bauten einen Zustiegssteig und eröffneten viele lohnende neue Routen. Mit ihrem vielfältigen Angebot von etwa 70 Linien erfreuen sich die Kriebethaler Wände heute regen Zuspruchs von Kletterern aus ganz Sachsen. Besonders die bis zu 35 Meter langen Wege im Mittelteil lassen die Herzen höher schlagen. Der griffige Überhang der Ausstiegsvariante zum Rosenkrieg (7-), die athletische Männerfreundschaft (8) oder die neue 35-Meter-Linie Käpt’n Blaubär (7-) bleiben in Erinnerung. Aber auch der Große Pfeiler (7-), die Dachverschneidung (6+) und die Schärerei (7-), allesamt im Sektor Wandbuch, sowie der Ultraklassiker Zschopauwand (5+) lohnen einen Besuch in Kriebethal allemal. Der Fels in Kriebethal ist harter, strukturarmer Granulit. Daher gibt es keine ganz leichten Wege unter 5+, die Bewertungen erscheinen zudem manchmal ziemlich hart. Am Fuß der Wände gibt es direkt an der Zschopau einige schöne kleine Lagerplätze für einen chilligen Klettertag mit der Familie, nur der Zustieg und der nahe Fluss erfordern mit kleinen Kindern etwas Aufmerksamkeit. Achtung: Im Frühjahr sind die Felsen im hinteren Teil der Kriebethaler Wände gemäß der Kletterkonzeption für den Landkreis Mittelsachsen temporär gesperrt. Bitte respektiert diese Sperrzeiten, damit wir geschützten Arten wie Wanderfalke und Uhu eine störungsfreie Aufzucht der Jungvögel ermöglichen. Direkt gegenüber der Wände befindet sich die Burg Kriebstein. Auf "Sachsens schönster Ritterburg" gibt es jede Menge Spätmittelalterliches zu bestaunen. Im Sommer lädt die benachbarte Talsperre Kriebstein zudem zum Baden ein.

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Ingo Röger
Fabian Rehberg in der gut gesicherten Querung des Alten Weges (6) an der Zschopauwand

Noch mehr Fels im Süden

Der südlichste Kletterfels in Mittelsachsen ist die Zschopauwand bei Frankenberg. Der ehemalige Steinbruch weist viele gut gesicherte Wege auf, hat einen der kürzesten Zustiege in ganz Sachsen und ist durch die Nähe zur Autobahn A4 schnell zu erreichen. Im linken Teil der 30 Meter hohen Hauptwand sind senkrechte, kleingriffige Routen im unteren neunten Grad geboten, Highlight ist die Magic Line (9-). Im Mittelteil finden Genusskletterer abwechslungsreiche Kost wie Vollständiger Frühjahrsputz (6+), Direttissima (7-) oder den Alten Weg (6) mit seinem exponierten, aber gut abgesicherten Quergang. Die Zschopauwand entstand durch Sprengungen und ist in den häufig gekletterten Routen recht fest. In den Randbereichen kann es jedoch unangenehm brüchig sein, daher sollte ein Helm unbedingt mit ins Gepäck. Auch hier wurde am Wandfuß ein schöner Lagerplatz eingerichtet.

Reichhaltiges Rahmenprogramm

Das nördliche Zschopautal bietet mehr als Felsen: Mit der Talsperre Kriebstein, den Zeltplätzen, den Ruinen von Raubschlössern, geheimnisvollen Bergwerksstollen und dem schönen historischen Kern von Mittweida wartet ein vielfältiges Rahmenprogramm. Einem gemütlichen Ausflug nach Mittelsachsen steht also nichts im Weg. Ach ja: Wer lieber mit Matte als mit Seil klettert – keine 15 Kilometer von Mittweida entfernt warten im Chemnitztal 500 Boulderprobleme von 3B bis 8A darauf, bebouldert zu werden.

Die aktuelle Ausgabe
10 / 2023

Erscheinungsdatum 12.09.2023